Lolita am Scheideweg - Jess Franco (1980)

Moderator: jogiwan

Benutzeravatar
CamperVan.Helsing
Beiträge: 10768
Registriert: Sa 26. Dez 2009, 12:40

Lolita am Scheideweg - Jess Franco (1980)

Beitrag von CamperVan.Helsing »

Bild
Im Jahr 1795 schrieb der Marquis de Sade "Die Philosophie im Boudoir".

1970 entstand auf der Basis dieses Werks Jess Francos Film "Die Jungfrau und die Peitsche", der nach seinem Kinoeinsatz hierzulande quasi als verschollen galt, aber vor einigen Jahren bei EPIX mit einer 16er-Freigabe auf DVD erschien.

1980 befasste ich Franco erneut mit diesem Stoff. In den 10 Jahren dazwischen hatte Onkel Jesus sich einen Ruf als Erotomane schwer erarbeitet. Absehbar also, dass es hier mehr in die vollen gehen könnte.

Alberto de Rosa und seine nymphomanische Stiefschwester Alba bringen die minderjährige Eugenie (in der deutschen Fassung: Lolita!) in ihr Ferienhaus auf einer abgelegenen Insel, wo Drogen eingeworfen werden, wo vergewaltigt und ausgepeitscht wird. Und gemordet wird auch, denn Alberto hat einen ziemlichen Hau weg und neigt dazu, Frauen am Strand aus dem Sand nachzumodellieren und sie anschließend umzubringen...

In der spanischen Version 94 Minuten lang, wurde der Film für den deutschen Markt von Carl Spiehs für seinen Residenz-Verleih gekauft (nein, die Lisa-Film war an der Produktion nicht beteiligt) und bearbeitet. Die Kinofassung soll noch 77 Minuten gelaufen sein, die Videoversion bringt es auf 70, die RTL-TV-Ausstrahlung auf 64 Minuten. Die Musik, die im Original von Franco und Pablo Villa stammt, wurde komplett durch Mucke von Gerhard Heinz ersetzt (während des Vorspanns ist ganz kurz noch etwas Originalmusik zu hören), einige Szenen aus der 1977er Lisa-Produktion "Die Insel der 1000 Freuden" von Hubert Frank wurden als Traumsequenzen in den Film hereingeschnitten (dies betrifft die Lesben-Szenen mit Bea Fiedler als Traum von Lolita und die Szene, in der Otto Retzer Scarlett Gunden misshandelt, als Traumszene von Alba) und Lolita teilweise ein abmilderndes Voice-over verpasst. Und der Name der Titelfigur wurde natürlich von "Eugenie" in "Lolita" geändert, wofür wohl eher Nabokov herhalten musste als die gleichnamige Interpretin von Seemannsliedern...

In der RTL-Fassung ist die Retzer-Szene wiederum nicht mehr enthalten, bei Albas Tod hat sie keinem Schaum mehr vor dem Mund (zu trashig??) und die Figur Sultanas fehlt dort fast vollständig. Dies betrifft gleich die Anfangsszene, wo Sultana (Lina Romay, die hier schon etwas fülliger wurde) im Haus fiepend und angeleint auf die Ankunft von Alba und Alberto wartet und Alba anschließend ableckt, später weitere Szenen, die sie an der Leine zeigen und letztlich auch ihre Ermordung durch Alberto.

Dafür enthält die RTL-Ausstrahlung wiederum eine wichtige Szene, die in der Videofassung fehlt. Nach der Sexszene zwischen Alba und Eugenies Vater, die ja damit endet, dass Alba sagt, dass keine weiteren Treffen geben werde, kommt es eben doch zu einem solchen, wobei Alba Daddy auspeitscht, worauf er wieder sagt, dass er ohne sie nicht leben könne. Alba stellt daraufhin die Forderung, Alberto die Tochter zu überlassen, der Vater wehrt sich zwar zuerst, sie sei doch noch ein unschuldiges Kind, willigt dann aber doch ein. Dann setzt die Videofassung wieder mit der Szene ein, in der die Eltern Eugenie Alberto und Alba für den Ferienaufenthalt übergeben.


Die spanische Fassung, die ich vor langer Zeit in ziemlich schlechter Quali sah, ist insbesondere in den problematischen Sequenzen z.T. entschieden länger. Der Filmtitel lautet ja im Original "Eugenie - Historia de una perversion" und macht ja schon recht deutlich, dass wir uns hier auf adult terrain bewegen. Christian Keßler bezeichnet ihn als "one of Francos best works" und in der IMDB heisst es
This film has some of the most erotic footage I have seen on film, particularly the seduction of Eugenie, shown entirely with closeups of the the lips, eyes, breast and pubic region
, womit der Autor nicht unrecht hat. Das führt zu dem großen Haken am Film. Eugenie/Lolita wurde gespielt von Katja Bienert, und die war damals just 14 Jahre alt. Schon hinsichtlich der "Schulmädchen vom Bahnhof Zoo" hatte ich mein Unverständnis über Katjas Mutter zum Ausdruck gebracht, und das gilt hier in weitaus stärkerem Maße. Eine 14-jährige (unabhängig davon, dass Katja älter aussah, als sie tatsächlich war und unabhängig davon, dass in de Sades Vorlage lt. der Wikipedia Eugenie erst 15 Jahre alt war) hat in einem Film mit dieser Thematik in dieser Umsetzung schlichtweg nichts zu suchen.

Und so bleibt letztlich ein sehr zwiespältiger Eindruck zurück. Katjas Alter scheint wohl auch ein (oder der) Grund zu sein, dass der Film anscheinend nicht mehr erhältlich ist.
The more I see
The less I know
About all the things I thought were wrong or right
& carved in stone
Benutzeravatar
Santini
Beiträge: 5626
Registriert: Do 26. Nov 2009, 16:48

Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco

Beitrag von Santini »

Attenzione!
Dieser Artikel enthält (massive) Spoiler. :opa: ;)
► Text zeigen
Bild
dr. freudstein
Beiträge: 14488
Registriert: Sa 19. Dez 2009, 19:55

Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco

Beitrag von dr. freudstein »

Schweinkram, Unzucht :basi:
Benutzeravatar
Onkel Joe
Forum Admin
Beiträge: 17972
Registriert: Sa 28. Nov 2009, 08:40

Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco

Beitrag von Onkel Joe »

Demnächst dürfen wir alle diese seltene Perle dann im Kino genießen :popcorn: .
Wer tanzen will, muss die Musik bezahlen!
dr. freudstein
Beiträge: 14488
Registriert: Sa 19. Dez 2009, 19:55

Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco

Beitrag von dr. freudstein »

ugo-piazza hat geschrieben: 1980 befasste ich Franco erneut mit diesem Stoff. In den 10 Jahren dazwischen hatte Onkel Jesus sich einen Ruf als Erotomane schwer erarbeitet. Absehbar also, dass es hier mehr in die vollen gehen könnte.
Du warst das :shock: Danke schön :thup:

Hier noch die Stabangaben:

Alternativtitel: Erotismo / Wicked Memoirs of Eugenie

Originaltitel: Eugenie (Historia de una perversión)

Herstellungsland: Spanien / 1980

Regie: Jesus Franco

Darsteller: Katja Bienert, Melo Costa, Mabel Escaño, María del Carmen González, Antonio Mayans,
Patricia Quow, Antonio Rebollo, Lina Romay u.a.

Story:
Sie ist unschuldig, blutjung und schön wie Sünde: Lolita. Alberto de Rosa ist ein reicher, aber etwas zwielichtiger Erotomane, der mit seiner Stiefschwester Alba zusammenlebt - und das in des Wortes umfassendster Bedeutung. Was ihn aber nicht hindert, die 16jährige Lolita unbedingt besitzen zu wollen - und das um jeden Preis. Um ihren Stiefbruder bei der Stange zu halten, entwickelt Alba einen raffinierten Plan: Sie verführt Toni, Lolitas Vater, willigt aber nur ein, auf Dauer seine Geliebte zu werden, wenn er damit einverstanden ist, daß Lolita Alberto gehört. Wenig später laden die de Rosas Lolita in ihr Sommerhaus ein. Durch Aphrodisiaka willen- und hemmungslos gemacht, macht Lolita eine gefährliche Persönlichkeitsveränderung durch, entwickelt höchst unkindliche Virtuosität bei den exzessiven Sexspielen. Bis sie eines Tages eine furchtbare Entdeckung macht: Alberto ist ein Wahnsinniger, der alle Frauen, die er verführt, auf bestialische Weise umbringt. Lolita steht am Scheideweg...

http://www.ofdb.de/film/6138,Lolita-am-Scheideweg
Benutzeravatar
CamperVan.Helsing
Beiträge: 10768
Registriert: Sa 26. Dez 2009, 12:40

Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco

Beitrag von CamperVan.Helsing »

dr. freudstein hat geschrieben:
ugo-piazza hat geschrieben: 1980 befasste ich Franco erneut mit diesem Stoff. In den 10 Jahren dazwischen hatte Onkel Jesus sich einen Ruf als Erotomane schwer erarbeitet. Absehbar also, dass es hier mehr in die vollen gehen könnte.
Du warst das :shock: Danke schön :thup:
:oops: :palm:
The more I see
The less I know
About all the things I thought were wrong or right
& carved in stone
Benutzeravatar
Onkel Joe
Forum Admin
Beiträge: 17972
Registriert: Sa 28. Nov 2009, 08:40

Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco

Beitrag von Onkel Joe »

ugo-piazza hat geschrieben:
dr. freudstein hat geschrieben:
ugo-piazza hat geschrieben: 1980 befasste ich Franco erneut mit diesem Stoff. In den 10 Jahren dazwischen hatte Onkel Jesus sich einen Ruf als Erotomane schwer erarbeitet. Absehbar also, dass es hier mehr in die vollen gehen könnte.
Du warst das :shock: Danke schön :thup:
:oops: :palm:

:kicher:
Wer tanzen will, muss die Musik bezahlen!
Benutzeravatar
Santini
Beiträge: 5626
Registriert: Do 26. Nov 2009, 16:48

Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco (1980)

Beitrag von Santini »

Bild
Benutzeravatar
jogiwan
Beiträge: 38287
Registriert: So 13. Dez 2009, 10:19
Wohnort: graz / austria

Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco (1980)

Beitrag von jogiwan »

Der wohlhabende Alberto lebt gemeinsam mit seiner Stiefschwester Alba ein zügelloses Leben voller erotischer Obsessionen und wilder Fantasien. Als er eines Tages am Strand von Alicante die junge und unschuldige Lolita erblickt ist es um ihn geschehen und er hat nur noch Augen für das blutjunge Mädchen, das der wesentlich ältere Mann auf jeden Fall besitzen möchte. Um den Plan in die Tat umzusetzen verführt Alba den Vater von Lolita, macht ihn sexuell hörig und bringt ihn auch dazu, seine Tochter für ein Wochenende in die Obhut der beiden Geschwister zu überlassen. Alberto sieht sich am Ziel seines Plans und verführt gemeinsam mit seiner Schwester und jeder Menge Alkohol und bewusstseinserweiternden Drogen die junge Lolita, die sich schon bald in einem erotischen Alptraum wiederfindet…

„Lollita am Scheideweg“ ist eigentlich ein typischer Franco-Film aus den Achtzigern, in dem der spanische Regisseur wieder ausgiebig der weiblichen Anatomie huldigt und eine etwas fragwürdige und auch wenig geschmackssichere Geschichte voller erotischer Obsessionen erzählt. Am Strand von Alicante werden aber nicht nur weibliche Körper und männliche Fantasien zelebriert, sondern mit ausgeborgten und sehr schmissigen Soundtrack auch die beiden Bauwerke „La Muralla Roja“ und „Xanadu“ von Architekt Ricardo Bofill, ins beste Licht gerückt. Die Geschichte ist dabei wie üblich eher Nebensache und hat einen etwas unschönen Beigeschmack, wenn man das Alter der sehr jungen Katja Bienert bedenkt. Frau Bienert agiert aber dennoch sehr solide als eine der wenigen Sympathieträgerin in einem Kaleidoskop der Perversionen, in dem auch fleißig Filmmaterial aus „Die Insel der 1000 Freuden“ integriert wurde. Der ganze Streifen ist dabei eher unspektakulär und mit seiner fiebrigen Diskont-Entrücktheit auf eine eher skurrile Weise unterhaltsam, ehe „Lolita am Scheideweg“ am Ende etwas zu unbedarft ins Thriller-Genre kippt. Als nicht so großer Franco-Fan kein wirkliches Highlight, aber ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich den Streifen nicht dennoch in dem präsentierten Umfeld sehr genossen hätte.
it´s fun to stay at the YMCA!!!



» Es gibt 1 weitere(n) Treffer aus dem Hardcore-Bereich (Weitere Informationen)
purgatorio
Beiträge: 15618
Registriert: Mo 25. Apr 2011, 19:35
Wohnort: Dresden

Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco (1980)

Beitrag von purgatorio »

LOLITA AM SCHEIDEWEG (EUGENIE (HISTORIA DE UNA PERVERSIÓN), Spanien 1980, Regie: Jesus Franco)

Die erste halbe Stunde war unfassbar leer und langweilig, wenn auch die Kameraarbeit sehr toll war (was ich erst nach dem Bianchi zu schätzen wusste). Die Musik allerdings gehört explizit hervorgehoben!
Das zweite Drittel hatte dann plötzlich Handlung, war aber doof. Zum Ende geschieht dann wenigstens etwas! Insgesamt moralisch sehr fragwürdig. Im Heimkino wohl ungenießbar, im Kino ging das noch klar. (Man muss natürlich damit leben können, dass die damals 14jährige Katja Bienert im Prinzip die ganze Zeit nackt ist).
Unbedingt erwähnt werden muss noch die unfassbar fantastische Location. In der ersten Hälfte des Films bewahrte sie mich vor dem Wegnicken. Auch hier muss Jess Franco ein hervorragend geschultes Auge für Details und Perspektiven attestiert werden! Insgesamt aber trotzdem nur 3-4/10
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
- nicht nach Mitternacht füttern
- kein Wasser
- kein Sonnenlicht
Antworten