Lolita am Scheideweg - Jess Franco (1980)
Moderator: jogiwan
Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco (1980)
PS: alle Outdoor-Locations auf einem Bild... "La Muralla Roja" und "Xanadu" von Ricardo Bofill und davor der Strandabschnitt mit der Steinmauer... Alles nur einen Steinwurf entfernt in dem Ort Calpe in Alicante/Costa Blanca. Me likey und irgendwann schau ich mir das vor Ort mal an!
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Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco (1980)
ist dort auch dieser kreuzförmige Pool?jogiwan hat geschrieben:(...) und davor der Strandabschnitt mit der Steinmauer (...)
schönes Foto - extrem tolle Location
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Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco (1980)
Bedenkt man, dass in der deutschen Fassung über 20 Minuten fehlen und dort auch noch "Fremdmaterial" mit eingespeist wurde, bin ich schon sehr auf die spanische Fassung gespannt, die bei mir noch - zwar in grottiger Qualität und ohne Untertitel, aber immerhin - herumliegt. Jetzt muss ich erst einmal sehen, wo man den tollen Heinz-Score herbekomt. Besonders die Musik zu der Liebesszene zwischen Alba und "Lolita"s Vater hat es mir angetan.
Ich hatte mich im Vorfeld - aufgrund der Einführung - mal wieder ausgesprochen intensiv mit Franco beschäftigt. Da ich den Film vorher nicht kannte, war ich höchst erfreut, dass er durch die Bank weg alle Thesen bestättigte, die ich zuvor aufgestellt hatte. Ich denke aber, aufgrund der Kürzungen, Änderungen und der flapsigen (möglicherweise auch stark entstellenden, siehe "Eugenie" -> "Lolita") Synchro kann man den Film gar nicht objektiv beurteilen. Das vorliegende Produkt hat ja mit dem ursprünglich von Franco intendierten Werk gar nicht mehr so viel zu tun.
Ich hatte mich im Vorfeld - aufgrund der Einführung - mal wieder ausgesprochen intensiv mit Franco beschäftigt. Da ich den Film vorher nicht kannte, war ich höchst erfreut, dass er durch die Bank weg alle Thesen bestättigte, die ich zuvor aufgestellt hatte. Ich denke aber, aufgrund der Kürzungen, Änderungen und der flapsigen (möglicherweise auch stark entstellenden, siehe "Eugenie" -> "Lolita") Synchro kann man den Film gar nicht objektiv beurteilen. Das vorliegende Produkt hat ja mit dem ursprünglich von Franco intendierten Werk gar nicht mehr so viel zu tun.
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Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco (1980)
Arkadin hat geschrieben:Bedenkt man, dass in der deutschen Fassung über 20 Minuten fehlen und dort auch noch "Fremdmaterial" mit eingespeist wurde, bin ich schon sehr auf die spanische Fassung gespannt, die bei mir noch - zwar in grottiger Qualität und ohne Untertitel, aber immerhin - herumliegt. Jetzt muss ich erst einmal sehen, wo man den tollen Heinz-Score herbekomt. Besonders die Musik zu der Liebesszene zwischen Alba und "Lolita"s Vater hat es mir angetan.
Ich hatte mich im Vorfeld - aufgrund der Einführung - mal wieder ausgesprochen intensiv mit Franco beschäftigt. Da ich den Film vorher nicht kannte, war ich höchst erfreut, dass er durch die Bank weg alle Thesen bestättigte, die ich zuvor aufgestellt hatte. Ich denke aber, aufgrund der Kürzungen, Änderungen und der flapsigen (möglicherweise auch stark entstellenden, siehe "Eugenie" -> "Lolita") Synchro kann man den Film gar nicht objektiv beurteilen. Das vorliegende Produkt hat ja mit dem ursprünglich von Franco intendierten Werk gar nicht mehr so viel zu tun.
Musike:
Und zu spanischen Fassung gab es am Wochenende ein Posting aus dem Hause X-Rated in einem anderen Forum
In der Tat habe ich im Frühjahr 2013 an dem Film gearbeitet. Es stand kurz vor der Abtastung der anderen Version. Allerdings habe ich das Projekt nach langem Beraten mit meinem Anwalt fallen lassen. Der Film erfüllt leider aktuell den Tatbestand Kinderpornographie. Das kann man schön reden, man kann anderer Meinung sein und es nicht verstehen, aber es ist so, und das leider an 3 Stellen.
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Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco (1980)
nachvollziehbar - da wird wohl entsprechend nie etwas kommen...ugo-piazza hat geschrieben: Und zu spanischen Fassung gab es am Wochenende ein Posting aus dem Hause X-Rated in einem anderen Forum
In der Tat habe ich im Frühjahr 2013 an dem Film gearbeitet. Es stand kurz vor der Abtastung der anderen Version. Allerdings habe ich das Projekt nach langem Beraten mit meinem Anwalt fallen lassen. Der Film erfüllt leider aktuell den Tatbestand Kinderpornographie. Das kann man schön reden, man kann anderer Meinung sein und es nicht verstehen, aber es ist so, und das leider an 3 Stellen.
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Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco (1980)
Täusche ich mich, oder wird in der deutschen Fassung nicht erwähnt, dass die Figur der Lolita 16 Jahre alt sein soll? Ich rätsel ja auch schon seit zwei Tagen wie eine Vierzehnjährige überhaupt so aussehen kann und das war ja auch Thema mehrerer Diskussionen an den Abenden danach. Ich hätte die ohne weiteres wesentlich älter geschätzt und der Tatbestand wäre - wenn überhaupt und ohne das Werk verteidigen zu wollen - auch nur im Wissen um die Drehbedingungen erfüllt und lag auch sicher nicht in der Intention der Macher.
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Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco (1980)
ob das im Film erwähnt wird, weiß ich auch nicht mehr. Aber in diversen Inhaltsangaben habe ich das heute mehrmals gelesen!jogiwan hat geschrieben:Täusche ich mich, oder wird in der deutschen Fassung nicht erwähnt, dass die Figur der Lolita 16 Jahre alt sein soll?
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Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco (1980)
Katjas Alter war ja schon bei ihrem ersten Leinwandauftritt am Bahnhof Zoo ein Grund, den Mund verblüfft/geschockt/sprachlos offen stehen zu lassen. Da rätselt man nämlich, wie eine Zwölfjährige überhaupt so aussehen kann.jogiwan hat geschrieben:Täusche ich mich, oder wird in der deutschen Fassung nicht erwähnt, dass die Figur der Lolita 16 Jahre alt sein soll? Ich rätsel ja auch schon seit zwei Tagen wie eine Vierzehnjährige überhaupt so aussehen kann und das war ja auch Thema mehrerer Diskussionen an den Abenden danach. Ich hätte die ohne weiteres wesentlich älter geschätzt und der Tatbestand wäre - wenn überhaupt und ohne das Werk verteidigen zu wollen - auch nur im Wissen um die Drehbedingungen erfüllt und lag auch sicher nicht in der Intention der Macher.
Ich meine nicht, dass im Film selbst etwas über das Alter gesagt wurde.
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Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco
dr. freudstein hat geschrieben:Schweinkram, Unzucht
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Re: Lolita am Scheideweg - Jess Franco (1980)
„Als ich schlief, spürte ich einen stechenden Schmerz!“
Der spanische Filmbesessene Jess Franco war offenbar fasziniert von den Werken des Marquis de Sade, bezog er sich doch immer wieder filmisch auf sie. „Die Philosophie des Boudoirs“ um die minderjährige Eugenie verfilmte er gleich zwei Mal: 1970 als „Die Jungfrau und die Peitsche“ und 1980 als „Lolita am Scheideweg“ – wobei der deutsche Verleih aus „Eugenie“ schlicht „Lolita“ machte. Zudem wurde das eigentlich über 90-minütige Werk fürs deutsche Kino stark gekürzt, mit einem neuen Soundtrack versehen und um eingefügte Szenen aus „Die Insel der 1000 Freuden“ erweitert. Die deutsche Heimkinoauswertung musste weitere Federn lassen. In dieser Kritik beziehe ich mich auf die 77-minütige deutsche Kinofassung.
Die wohlhabenden und miteinander liierten Stiefgeschwister Alberto (Antonio Mayans, „Der Bastard“) und Alba de Rosa (Mabel Escaño, „Thunderbolt“) lassen es gerne krachen und suchen in ihrer gelangweilten Dekadenz nach immer neuen sexuellen Obsessionen. Diese findet Alberto in der minderjährigen Jungfrau Lolita (Katja Bienert, „Die Schulmädchen vom Treffpunkt Zoo“), Tochter seiner Nachbarn, deren Sexualität gerade erwacht. Mit ihrem Körper setzt sich Alba bei den Nachbarn dafür ein, Lolita auf die Ferieninsel der de Rosas zu locken, wo sie zum Spielball des perversen Paars wird…
Francos freie Interpretation der literarischen Vorlage ist als Erotikthriller angelegt und spielt an der spanischen Küste nahe Alicante. Ein interessantes und im Gedächtnis bleibendes Stilelement sind die Sandskulpturen entkleideter Frauen, die sich am Strand finden und sowohl Beginn als auch Ende des Films markieren. An der Entrücktheit und sadistischen Ader der de Rosas lässt Franco von vornherein keinen Zweifel, halten sie sich doch die devote Sultana (Lina Romay, „Entfesselte Begierde“) als menschliche Hündin. Fortan frönt Franco ausgiebig seinem Voyeurismus, indem er die Kamera Nahaufnahmen menschlicher Körper bzw. Körperstellen einfangen lässt, ja, die weiblichen Wesen des Films mit dem Objektiv geradezu abzutasten scheint. Zusammen mit den sonnendurchfluteten Bildern, die bewusst Überblendungen in Kauf nehmen, den Eindrücken dünn besiedelter Ferienparadiese und dem natürlichen Elemente-Dreigestirn aus Wasser, Sonne und Sand entsteht ein überaus ästhetischer, auf einlullende Weise selbstzweckhafter visueller Eindruck, der die Handschrift des leidenschaftlichen, am Resultat ernsthaft interessierten bekennenden Voyeurs Francos trägt. Konterkariert wird das natürliche Ambiente durch die architektonisch eigenwilligen, weil labyrinthischen und künstlerischen Gebäude „La Muralla Roja“ und „Xanadu“ Ricardo Bofills in ihren satten Farben schwarz und rot, in denen sich große Teile der Handlung abspielen und die immer wieder von außen gezeigt werden, damit Francos Sinn für eindrucksvolle Architektur entsprechen.
Insgesamt wirkt „Lolita am Scheideweg“ damit wie in einer irrealen, konstruierten Phantasiewelt spielend, der sich die Charaktere unterordnen, die sie als gegeben hinnehmen, da sie selbst lediglich stilisierte Ikonen und keine wirklichen ambivalenten, emotionalen Charaktere sind. Sie werden auf ihre Funktionen für den Film beschränkt und bleiben weitestgehend eindimensional („flach“ wäre hier das falsche Wort gewesen). Die de Rosas sind ein abseitiges, vergnügungssüchtiges, amoralisches Paar, das seine Sexualität nicht nur exzessiv zum eigenen Vergnügen, sondern auch zur Manipulation anderer in Form einer Waffe einsetzt. Beziehungen zu anderen Menschen sind nie freundschaftlicher Art, sondern ebenfalls manipulativ und egozentrisch, werden für eigene Zwecke ausgebeutet. In der Opferrolle findet sich Lolita, gezeichnet als extrem naive, klischeehafte Fetisch-Vorstellung einer körperlich reifen, geistig jedoch kindlichen Kindfrau, die noch mit Teddys und Puppen spielt und ihre ersten Masturbationserfahrungen sammelt. Problematisch wird hierbei, dass sie von der seinerzeit tatsächlich erst 14-jährigen Deutschen Katja Bienert gespielt wird, deren augenscheinlich bereits voll ausgereiften Körper Franco quasi stets unbekleidet und auf ebenfalls voyeuristische Weise ausgiebig ins Licht rückt. Das spezielle Interesse der de Rosas an der Kombination aus körperlicher Entwicklung und geistiger Kindlichkeit, das schließlich in einer Vergewaltigung Lolitas mündet, rückt den Film möglicherweise ins Interessengebiet von Menschen, die dieselben Neigungen verspüren, wenngleich es sich natürlich um keine Pornographie handelt: Alle Szenen sind nur gespielt, echter Sex findet nicht statt, die de Rosas sind zudem unschwer als Antagonisten und keinesfalls als Sympathieträger erkennbar, Lolita wird sich ihrer Opferrolle schließlich bewusst und kämpft dagegen an.
„Deine Gier nach Sex hat dein Gehirn zerfressen – und dein Rückenmark zerstört!“
Zwischen niveauvoller Erotik und glitschigem Sleaze pendelnd, entfacht „Lolita am Scheideweg“ die Stimmung eines fiebrigen Sextraums einer schwülen Sommernacht, obsessiver, amoralischer Fantasien, losgelöst von Zeit und Raum, und bedient ebenso sadomasochistischen Fetisch durch die zunächst klare Aufteilung in hilflose devote und handelnde sadistische Rollen. Jegliche sinnliche Wirkung zerstört Franco indes jäh, als er einen übermäßig behaarten Affenmenschen sich auf Lolita stürzen lässt. In der Folge hält immer mehr Francos Faszination für das Morbide Einzug, lässt er die Rollenkonstellation, die er zuvor behutsam aufgebaut hat, einstürzen wie einen Turm Bauklötzchen und erklärt er die symbolische Wirkung der Sandskulpturen. Lolitas Kampf und das Filmende dürften vom vermutlich wesentlich pessimistischeren Finale der Literaturvorlage abweichen, beweisen aber Gnade mit dem Zuschauer. Bei einer blutigen Szene blitzt dann leider auch arg die gefürchtete und ihm einen schlechten Ruf eingebracht habende Schludrigkeit des Jess Franco durch, denn eine Harpune o.ä. prallt sehr offensichtlich am Bauch des Ziels ab, das sich im nächsten Moment dennoch im Todeskampf wiederfindet. Hätte man diesem „Spezialeffekt“ auch nur ansatzweise die Sorgfalt zuteil werden lassen, mit der man zuvor den weiblichen Körper inszeniert hat, wäre dieser Fauxpas beim Schnitt aufgefallen. Sei’s drum, denn trotzdem schafft es das Finale, in seiner Ästhetik zu überzeugen und ein letztes Mal symbolträchtig kraft seiner Bilder in Unwirklichkeit zu schwelgen, bevor zumindest die von mir gesehene deutsche Kinofassung reichlich abrupt endet.
Eben diese Fassung wurde wie eingangs erwähnt stark bearbeitet, wobei sich – in meiner Unkenntnis der Originalfassung – die Verwendung des vorzüglichen Georg-Heinz-Soundtracks anstelle von Pablo Villas Jazz-Klängen als Glücksgriff erwiesen haben dürfte. Überraschenderweise sind auch die als Traumszenen eingefügten Versatzstücke aus „Die Insel der 1000 Freuden“ gar nicht einmal so schlecht integriert worden, sorgen sie doch zumindest für zusätzlichen Sleaze-Gehalt. Nichtsdestotrotz kann ich mir über Francos Vision dieses Films natürlich kein wirkliches Urteil erlauben, wäre aber durchaus neugierig auf die Originalfassung. Eines kann ich Franco aber in jedem Fall zu Gute halten: Trotz Erstverfilmung des Stoffs 1970 hat er sich nicht selbst kopiert, sondern etwas Neues, ganz Eigenes geschaffen – für das ich durchaus empfänglich war.
Der spanische Filmbesessene Jess Franco war offenbar fasziniert von den Werken des Marquis de Sade, bezog er sich doch immer wieder filmisch auf sie. „Die Philosophie des Boudoirs“ um die minderjährige Eugenie verfilmte er gleich zwei Mal: 1970 als „Die Jungfrau und die Peitsche“ und 1980 als „Lolita am Scheideweg“ – wobei der deutsche Verleih aus „Eugenie“ schlicht „Lolita“ machte. Zudem wurde das eigentlich über 90-minütige Werk fürs deutsche Kino stark gekürzt, mit einem neuen Soundtrack versehen und um eingefügte Szenen aus „Die Insel der 1000 Freuden“ erweitert. Die deutsche Heimkinoauswertung musste weitere Federn lassen. In dieser Kritik beziehe ich mich auf die 77-minütige deutsche Kinofassung.
Die wohlhabenden und miteinander liierten Stiefgeschwister Alberto (Antonio Mayans, „Der Bastard“) und Alba de Rosa (Mabel Escaño, „Thunderbolt“) lassen es gerne krachen und suchen in ihrer gelangweilten Dekadenz nach immer neuen sexuellen Obsessionen. Diese findet Alberto in der minderjährigen Jungfrau Lolita (Katja Bienert, „Die Schulmädchen vom Treffpunkt Zoo“), Tochter seiner Nachbarn, deren Sexualität gerade erwacht. Mit ihrem Körper setzt sich Alba bei den Nachbarn dafür ein, Lolita auf die Ferieninsel der de Rosas zu locken, wo sie zum Spielball des perversen Paars wird…
Francos freie Interpretation der literarischen Vorlage ist als Erotikthriller angelegt und spielt an der spanischen Küste nahe Alicante. Ein interessantes und im Gedächtnis bleibendes Stilelement sind die Sandskulpturen entkleideter Frauen, die sich am Strand finden und sowohl Beginn als auch Ende des Films markieren. An der Entrücktheit und sadistischen Ader der de Rosas lässt Franco von vornherein keinen Zweifel, halten sie sich doch die devote Sultana (Lina Romay, „Entfesselte Begierde“) als menschliche Hündin. Fortan frönt Franco ausgiebig seinem Voyeurismus, indem er die Kamera Nahaufnahmen menschlicher Körper bzw. Körperstellen einfangen lässt, ja, die weiblichen Wesen des Films mit dem Objektiv geradezu abzutasten scheint. Zusammen mit den sonnendurchfluteten Bildern, die bewusst Überblendungen in Kauf nehmen, den Eindrücken dünn besiedelter Ferienparadiese und dem natürlichen Elemente-Dreigestirn aus Wasser, Sonne und Sand entsteht ein überaus ästhetischer, auf einlullende Weise selbstzweckhafter visueller Eindruck, der die Handschrift des leidenschaftlichen, am Resultat ernsthaft interessierten bekennenden Voyeurs Francos trägt. Konterkariert wird das natürliche Ambiente durch die architektonisch eigenwilligen, weil labyrinthischen und künstlerischen Gebäude „La Muralla Roja“ und „Xanadu“ Ricardo Bofills in ihren satten Farben schwarz und rot, in denen sich große Teile der Handlung abspielen und die immer wieder von außen gezeigt werden, damit Francos Sinn für eindrucksvolle Architektur entsprechen.
Insgesamt wirkt „Lolita am Scheideweg“ damit wie in einer irrealen, konstruierten Phantasiewelt spielend, der sich die Charaktere unterordnen, die sie als gegeben hinnehmen, da sie selbst lediglich stilisierte Ikonen und keine wirklichen ambivalenten, emotionalen Charaktere sind. Sie werden auf ihre Funktionen für den Film beschränkt und bleiben weitestgehend eindimensional („flach“ wäre hier das falsche Wort gewesen). Die de Rosas sind ein abseitiges, vergnügungssüchtiges, amoralisches Paar, das seine Sexualität nicht nur exzessiv zum eigenen Vergnügen, sondern auch zur Manipulation anderer in Form einer Waffe einsetzt. Beziehungen zu anderen Menschen sind nie freundschaftlicher Art, sondern ebenfalls manipulativ und egozentrisch, werden für eigene Zwecke ausgebeutet. In der Opferrolle findet sich Lolita, gezeichnet als extrem naive, klischeehafte Fetisch-Vorstellung einer körperlich reifen, geistig jedoch kindlichen Kindfrau, die noch mit Teddys und Puppen spielt und ihre ersten Masturbationserfahrungen sammelt. Problematisch wird hierbei, dass sie von der seinerzeit tatsächlich erst 14-jährigen Deutschen Katja Bienert gespielt wird, deren augenscheinlich bereits voll ausgereiften Körper Franco quasi stets unbekleidet und auf ebenfalls voyeuristische Weise ausgiebig ins Licht rückt. Das spezielle Interesse der de Rosas an der Kombination aus körperlicher Entwicklung und geistiger Kindlichkeit, das schließlich in einer Vergewaltigung Lolitas mündet, rückt den Film möglicherweise ins Interessengebiet von Menschen, die dieselben Neigungen verspüren, wenngleich es sich natürlich um keine Pornographie handelt: Alle Szenen sind nur gespielt, echter Sex findet nicht statt, die de Rosas sind zudem unschwer als Antagonisten und keinesfalls als Sympathieträger erkennbar, Lolita wird sich ihrer Opferrolle schließlich bewusst und kämpft dagegen an.
„Deine Gier nach Sex hat dein Gehirn zerfressen – und dein Rückenmark zerstört!“
Zwischen niveauvoller Erotik und glitschigem Sleaze pendelnd, entfacht „Lolita am Scheideweg“ die Stimmung eines fiebrigen Sextraums einer schwülen Sommernacht, obsessiver, amoralischer Fantasien, losgelöst von Zeit und Raum, und bedient ebenso sadomasochistischen Fetisch durch die zunächst klare Aufteilung in hilflose devote und handelnde sadistische Rollen. Jegliche sinnliche Wirkung zerstört Franco indes jäh, als er einen übermäßig behaarten Affenmenschen sich auf Lolita stürzen lässt. In der Folge hält immer mehr Francos Faszination für das Morbide Einzug, lässt er die Rollenkonstellation, die er zuvor behutsam aufgebaut hat, einstürzen wie einen Turm Bauklötzchen und erklärt er die symbolische Wirkung der Sandskulpturen. Lolitas Kampf und das Filmende dürften vom vermutlich wesentlich pessimistischeren Finale der Literaturvorlage abweichen, beweisen aber Gnade mit dem Zuschauer. Bei einer blutigen Szene blitzt dann leider auch arg die gefürchtete und ihm einen schlechten Ruf eingebracht habende Schludrigkeit des Jess Franco durch, denn eine Harpune o.ä. prallt sehr offensichtlich am Bauch des Ziels ab, das sich im nächsten Moment dennoch im Todeskampf wiederfindet. Hätte man diesem „Spezialeffekt“ auch nur ansatzweise die Sorgfalt zuteil werden lassen, mit der man zuvor den weiblichen Körper inszeniert hat, wäre dieser Fauxpas beim Schnitt aufgefallen. Sei’s drum, denn trotzdem schafft es das Finale, in seiner Ästhetik zu überzeugen und ein letztes Mal symbolträchtig kraft seiner Bilder in Unwirklichkeit zu schwelgen, bevor zumindest die von mir gesehene deutsche Kinofassung reichlich abrupt endet.
Eben diese Fassung wurde wie eingangs erwähnt stark bearbeitet, wobei sich – in meiner Unkenntnis der Originalfassung – die Verwendung des vorzüglichen Georg-Heinz-Soundtracks anstelle von Pablo Villas Jazz-Klängen als Glücksgriff erwiesen haben dürfte. Überraschenderweise sind auch die als Traumszenen eingefügten Versatzstücke aus „Die Insel der 1000 Freuden“ gar nicht einmal so schlecht integriert worden, sorgen sie doch zumindest für zusätzlichen Sleaze-Gehalt. Nichtsdestotrotz kann ich mir über Francos Vision dieses Films natürlich kein wirkliches Urteil erlauben, wäre aber durchaus neugierig auf die Originalfassung. Eines kann ich Franco aber in jedem Fall zu Gute halten: Trotz Erstverfilmung des Stoffs 1970 hat er sich nicht selbst kopiert, sondern etwas Neues, ganz Eigenes geschaffen – für das ich durchaus empfänglich war.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!