Im Sommer des gleichen Jahrs begab ich mich mit Freunden zu einer Veranstaltung, die sich "Das Fest" nannte: Kostenlose Open-Air-Konzerte in einem Karlsruher Stadtpark, bei denen die Gäste, darunter ich, sich wirklich maßlos betranken. Ich lernte dort eine gewisse "Prinzessin Urinella" kennen, die so hieß, weil sie, was wir mit eigenen Augen sehen durften, regelmäßig ihre Blase in eine Bierbong entleerte, die ihre männlichen Bekannten dann tatsächlich kompromisslos leertranken.
Jahre später bin ich dann mit meiner damaligen Freundin und ihrer kleinen Tochter auf dem Weg zu einer Hochzeit von Leuten, die ich nicht kannte und heute auch nicht wiedererkennen würde, erneut in Karlsruhe gestrandet. An die Brücke, die sich über die Freigehege des Zoos spannt, erinnerte ich mich sofort, obwohl ich Jahre nicht an sie gedacht hatte. Damals war ich so glücklich und so verliebt, dass ich es sogar schön fand, dass das Kind die ganze Zeit quengelte, und dass wir so verpeilt waren, dass uns erst einfiel: Wir haben noch überhaupt kein Geschenk!, als wir aus dem Karlsruher Bahnhof traten. Es sollte unsere letzte Reise zu dritt bleiben.
Das letzte Mal in Karlsruhe bin ich dieses Frühjahr gewesen, nachdem ich mir im Schwarzwald eine so lala Aufführung von Wagners RHEINGOLD angeschaut hatte, mit Wotan als Zirkusdirektor und Fasolt und Fafner als Dompteure. Es war früh morgens, und ich hielt es für eine gute Idee, mir im Bahnhof ein überteuertes Billig-Bier zu kaufen, das sogar schmeckte, weil sich alles auf einmal anfühlte, als ob man nochmal 16 wäre. Auf der Weiterfahrt las ich dann Harold Brodkeys "Geschichte meines Todes" zu Ende. Spoiler: Der an Krebs erkrankte Autor erlebt das Ende des Protokolls seines eigenen Sterbens nicht als Lebender. Im Kino bin ich in Karlsruhe nie gewesen. Kurz gesagt: Ich freue mich!