Handlung:
Die junge Lehrerin Miriam fährt einen älteren Herrn beinah über den Haufen. Großzügig bietet sie dem Tattergreis an ihn mit in ihre Wohnung zu nehmen. Was sie aber nicht weiß ist, dass Oper Zauselbart der Führer einer diabolischen Sekte ist und in ihrer Abwesenheit versucht das in ihrem Keller befindliche Tor zur Hölle aufzumachen…
Kritik:
Um es gleich vorweg zu nehmen, die Handlung ergibt wie man sie auch dreht und wendet überhaupt keinen Sinn. Selbst wenn man die Existenz Satans und eines Höllentors akzeptiert hätte, könnte man sich noch über die merkwürdige Vorgehensweise der Sekte und das total aus der Luft gegriffene Ende mit erzwungenem Happy End beschweren. Betonung auf „könnte“, denn der Film verfügt über eine grandiose Inszenierung und gelungene Charaktere, welche Ungereimtheiten im Drehbuch gerne verzeihen lassen.
Anstatt das naheliegende zu machen und seinen Sekten-Film so zu gestalten, dass eine Person der Sekte beitritt und sich nach und nach herausstellt, wie furchtbar diese Organisation eigentlich ist, zeigt uns Soavi die Grausamkeiten der Sekte gleich in den ersten paar Szenen. Dies beschert uns nicht nur zwei unglaublich spannende und grausige Einstiege in den Film, es ankert auch die Gefahr, die von der Sekte ausgeht in unseren Hinterkopf, wo sie drohend bleibt, wenn wir in den Folgeszenen unserer sympathischen Heldin vorgestellt werden, um die wir, durch die brutale Einleitung umso mehr bangen, selbst wenn noch keine Bedrohung in Sicht ist.
Die besagte Hauptperson Miriam wird von Kelly Curtis gespielt, die uns einen wunderbaren Gegenpol zu den düsteren Sektenmitgliedern gibt. Ihre Miriam ist äußerst lebensfroh, ihr Job als Lehrerin, ihre Beziehung zu ihrem Hasen und die Tatsache, dass sie eine Schneekugel mit einem Brautpaar an ihrem Bett stehen hat (die gegen Ende eine wahnsinnig witzige Transformation erfahren wird
) deuten an, dass sie sehr viel Liebe zu vergeben hat, denn sie ist kinderlos und unverheiratet. Dies regt nicht nur die Tagträume des männlichen Publikums an, es lässt Miriam auch wie eine biblische Urmutter erscheinen. Unverheiratet und kinderlos übersetzen wir mal mit jungfräulich, aber trotzdem wäre sie eine liebevolle Mutter, läuft im letzten Viertel nur noch in einem Gewand herum, welches verdammt nach dem Marias aussieht und last but not least: Wenn ein Charakter Miriam heißt muss es einfach irgendeine Bibelmetapher geben!
Den Sektenführer gibt Herbert Lom. Was gibt es über ihn zu sagen? Herbert Lom ist einfach genial. Ich kann es nicht wirklich benennen, aber jede Sekunde, wenn er im Bild ist, strahlt er eine gleichsam unheimliche wie unscheinbare Aura aus. Ein Wolf, der keinen Schafspelz anzieht, der sich aber wie ein Schaf verhält.
Soavi inszeniert nicht nur atmosphärisch und spannend, er lässt auch wieder mal ein paar nette Kleinigkeiten einfließen, an die wir uns gerne erinnern, wie der Taschendieb, der eine Kette von einem U-Bahn fahrendem Sektenmitglied stehlen will und plötzlich ein Menschenherz in der Hand hat oder die erwähnte Veränderung der Schneekugel. Solche Sachen liebe ich am italienischen Kino, sie sind nicht wirklich notwendig, aber es ist ulkiges Zeugs, was man nicht jeden Tag sieht und ich bin froh, dass man es in den Film einfließen lässt.
Fazit: Durch das konfuse Drehbuch hätte der Film so schlecht sein können, Michele Soavi und eine Reihe exzellenter Darsteller bescheren uns aber einen mystischen Thriller der seine Spannung bis zum Ende behält und mit einigen genial-stimmigen Szenen aufwartet. 9/10