Das Wirtshaus von Dartmoor - Rudolf Zehetgruber (1964)

Moderator: jogiwan

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Blap
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Re: Das Wirtshaus von Dartmoor - Rudolf Zehetgruber (1964)

Beitrag von Blap »

Die Kroete hat geschrieben: Der ist ganz nett, mehr sollte man von dem Film nicht erwarten. Wallace-Niveau wird hier definitiv nicht geboten :!:
:troest:
Sicher wird die Oberklasse des Wallace-Kosmos deutlich verfehlt. Aber vor Streifen wie z. B. "Die Gruft mit dem Rätselschloss", muss sich das morastige Wirtshaus nicht verstecken.
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untot
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Re: Das Wirtshaus von Dartmoor - Rudolf Zehetgruber (1964)

Beitrag von untot »

Ich hab ja eine große Schwäche für die guten alten Krimis aus den 60ern und vor allem für Edgar Wallace, aber der hier muss sich wirklich nicht verstecken, er ist jetzt kein Überflieger, aber wirklich gute Krimikost!
Düstere Stimmung, undurchsichtige Gestalten und eine kleine feine Story verprechen spannende Unterhaltung.

7/10
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buxtebrawler
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Re: Das Wirtshaus von Dartmoor - Rudolf Zehetgruber (1964)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 29.10.2021 noch einmal bei Pidax innerhalb der "Deutscher Krimi-Kult"-7-DVD-Box:

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Enthält:
DAS RÄTSEL DER GRÜNEN SPINNE
DIE NYLONSCHLINGE
DAS GEHEIMNIS DER ROTEN QUASTE
DAS WIRTSHAUS VON DARTMOOR
DER NEBELMÖRDER
DER WÜRGER VOM TOWER
DER SPINNENMÖRDER

Quelle: https://www.ofdb.de/view.php?page=fassu ... vid=113026
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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Maulwurf
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Re: Das Wirtshaus von Dartmoor - Rudolf Zehetgruber (1964)

Beitrag von Maulwurf »

 
Das Wirtshaus von Dartmoor
Deutschland 1964
Regie: Rudolf Zehetgruber
Heinz Drache, Ingmar Zeisberg, Paul Klinger, Friedrich Joloff, Mady Rahl, Dieter Eppler, Stanislav Ledinek, Ralf Wolter, Friedrich Schoenfelder, Kai Fischer, Wolfgang Völz, Gerd Frickhöffer, Judith Dornys, Fritz Eberth


Das Wirtshaus von Dartmoor.jpg
Das Wirtshaus von Dartmoor.jpg (103.99 KiB) 499 mal betrachtet
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Nebel wabert über dem Moor. Ein Käuzchen schreit. Obskur-schrille Musik, die verdächtig nach Peter Thomas klingt, umfasst den Gang eines Mannes. Er bleibt stehen. Dreht sich um. Die Polizei kommt immer näher. Es ist Zeit, sich zu beeilen. Der Mann geht weiter, direkt zu dem Gerippe eines toten Baumes. Er betätigt einen verborgenen Hebel, und aus dem Sumpf taucht ein Steg auf, der ihn über das gefährliche Gelände und in Sicherheit bringt vor dem Zugriff der nahenden Polizei, und direkt unter den unheimlichen Mauern des Wirtshauses von Dartmoor. Ein mysteriöser Fall für Inspektor Cromwell von Scotland Yard, der so ganz nebenbei eine schöne Freundin findet, seinen Vorgesetzten Sir James zufriedenstellt, und auch sonst beweist, dass er ein patenter Kerl ist, den die Zuschauer damals wie heute so richtig ins Herz schließen konnten.

Alles klar, wir sprechen hier von einem Edgar Wallace-Krimi. Die einen lieben diese Serie, die anderen fürchten sie, und beide Male sind die Gründe die gleichen. Die Schauspieler, die Handlungsbausteine, der Zeitgeist …
Neben der Constantin, der Produktionsfirma der großen Wallace-Klassiker, gab es zu dieser Zeit auch noch ein paar andere Produktionsfirmen, die alle auf den Erfolgszug aufspringen wollten, unter anderem die Arca-Winston Films aus Göttingen, die es mit DAS WIRTSHAUS VON DARTMOOR tatsächlich schaffte, generell gesehen einen der besten Filme der Serie zu schaffen.

Aus dem Gefängnis von Dartmoor sind in den letzten drei Jahren zwölf gefährliche Verbrecher entkommen, und von keinem von ihnen wurde jemals eine Spur gefunden. Inspektor Cromwell von Scotland Yard hat eine Ahnung warum, und seine Spürnase führt ihn in das Wirtshaus, gleich beim Gefängnis schräg gegenüber, und nur durch ein paar wenige Meilen Moor und Sumpf voneinander getrennt. Dort trifft er einen Mann namens Smith, der aus Australien stammt und hier einen Besuch macht. Im Moor. In dieser Kaschemme. Mit dem Gesicht von Heinz Drache. Schnell stellt sich heraus, dass Smith gar nicht Smith heißt, sondern Anthony Nash, und der letzte geflohene Sträfling früher mal sein Freund war, dieser aber ein Verbrechen beging und die Schuld auf Nash lenkte. Nash ist jetzt hier um diesen Mann zu finden. Und um sich zu rächen.

Was macht DAS WIRTSHAUS VON DARTMOOR zu etwas Besonderem? Was unterscheidet ihn von den Erfolgsreißern der Constantin? Klar die oben erwähnten Bausteine sind alle da, werden nach Plan aneinandergefügt und ergeben in Summe, wie vom Reißbrett, einen ordentlich inszenierten Krimi. Aber da ist noch mehr: Ingmar Zeisberg als Thekenkraft Evelyn, die mit ihren Reizen sehr freizügig umgeht, und in ihren Szenen eine herbe und umfassende Erotik verströmt. Obwohl sie die weibliche Hauptfigur ist (erzähl mir hier bitte keiner was von der blassen Judith Dornys!), ist sie doch offensichtlich nicht ganz stubenrein, scheinen ihr kriminelle Intrigen nicht fremd. Eine ungewöhnliche Frau in einer starken Rolle, die die meisten ihrer Kollegen auf die Plätze verweist. Oder Paul Klinger, der hier schon im letzten Drittel seiner langen Karriere stand, und dem grantigen und hartnäckigen Inspektor Cromwell viel Profil verleiht. Nicht die altväterliche Gutmütigkeit eines Siegfried Lowitz, nicht das junge Aufbegehren eines Joachim Fuchsberger, und auch nicht die überhebliche Art eines Heinz Drache. Klinger ist einfach … anders. Abgeklärter. Nüchterner. Richtig gut passend als Inspektor von Scotland Yard.
Dann ist da noch das relativ hohe Tempo des Films, das vom Drehbuch regelmäßig Handlungssprünge und vom Zuschauer ein gewisses Maß an Mitdenken erfordert. In sich ist zwar alles logisch, aber manchmal ging wohl der Schweinsgalopp mit dem Zehetgruber durch. Oder der Zehetgruber mit dem Schweinsgalopp, so genau weiß man das nicht. Das Setting im Moor scheint fast auf die, zu dieser Zeit recht erfolgreichen, Gruselfilme aus Italien zu verweisen: Der Sumpf wabert, Nebelschwaden ziehen über das Moor, und fast erwartet man, dass gleich eine schwarze Kutsche auftaucht mit einem finsteren Arturo Dominici an Bord. Oder einer kalt-verführerisch lächelnden Barbara Steele. Horrorstimmung pur, und wenn Heinz Drache am Ende durch den Sumpf flüchtet, das Gesicht verschmutzt, Panik im Blick, und vor ihm zwei unheimliche Lichter einen vermeintlichen Weg weisen, dann könnte das auch aus einem Horrorstreifen der Universal sein. Oder aus einem Italo-Western …

Die Nebendarsteller sind perfekt in ihren Rollen: Kai Fischer, die in jeder ihrer viel zu wenigen Szenen mehr Sex ausstrahlt als die meisten anderen Schauspielerinnen in den schwarzweißen Wallace-Krimis. Eine Frau, die damals schon alle Filmregeln sprengte, und in kein Klischee passen konnte und wollte. Ralf Wolter als komischer Sidekick, der bei weitem nicht so nervt wie Eddi Arendt sondern sehr zurückhaltend komediert und dabei tatsächlich erstklassig passt. Friedrich Joloff als gehbehinderter Kneipenwirt mit dem Tod in den Augen. Mady Rahl als seine neugierige Frau, und wir wissen, dass die Neugierde die Katze tötete. Friedrich Schoenfelder mag als Sir James vielleicht nicht so überzeugend wirken wie Siegfried Schürenberg als Sir John, dafür ist er ernster und ernstzunehmender. Und hat durch seine Stimme bei mir persönlich sowieso einen ganz hohen Bonus. Wolfgang Völz schaut als kluger Kleinkriminaler am Ende auch einmal kurz vorbei, Dieter Eppler ist wie so oft der obskure Spießer mit dem Hang zum Bösewicht (oder umgekehrt, auch hier weiß man das nicht so genau), und Stanislav Ledinek ist Epplers abgefuckte Version. Es passt einfach alles perfekt zusammen, und dass die Figuren sich manchmal anders orientieren, Entscheidungen treffen die man ihnen nicht zutraut, und diese die Handlung in eine ungeahnte Richtung drehen, das ist dann noch das Sahnehäubchen.

DAS WIRTSHAUS VON DARTMOOR mag mit den Klassikern DER HEXER oder DIE TOTEN AUGEN VON LONDON vielleicht nicht ganz mithalten, aber er steht auf jeden Fall in vorderster Reihe der deutschen 60er-Krimis und macht mächtig Laune.

8/10
Der Sieg des Kapitalismus ist die endgültige Niederlage des Lebens.
(Bert Rebhandl)
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