Fall 39
Emily Jenkins (Renee Zellweger) arbeitet bei der Fürsorge und nimmt ihren Job sehr ernst. Für ihr Privatleben bleibt da wenig Zeit, weshalb sie selbst die Avancen von Doug (Bradley Cooper) ablehnt, der als Kinderpsychologe mit ihr zusammen arbeitet. Als sie, obwohl schon überlastet, einen neuen Fall erhält, zieht dieser sie fast magisch an. Es handelt sich um ein 10jähriges Mädchen, Lilith (Jodelle Ferland), dass seit drei Monaten deutlich schlechtere Schulleistungen aufweist und im Unterricht regelmässig einschläft. Ein Besuch bei ihren Eltern lässt ihr Misstrauen weiter anwachsen und als Lilith ihr erzählt, dass diese ihr etwas antun wollen, bittet sie den befreundeten Detective Mike (Ian McShane) um Hilfe. Doch dieser lehnt ab, da er auf Verdacht nicht eingreifen kann. Erst als Lilith Emily mitten in der Nacht am Telefon um Hilfe bittet, greift auch Mike ein und kann gemeinsam mit Emily gerade noch verhindern, dass die Eltern ihre Tochter in einem Ofen verbrennen. Während diese in eine Nervenheilanstalt eingeliefert werden, nimmt Emily die kleine Lilith bei sich auf, bis eine geeignete Pflegefamilie gefunden wird...
„Fall 39“, eine US-Produktion aus dem Jahre 2009, gedreht vom deutschen Regisseur Christian Alvart, ist der x-te Horrorfilm über ein böses bzw. von einem Dämon besessenes Kind, das allem Anschein nach zunächst kein Wässerchen trüben kann, am Ende aber seine wahre Fratze offenbart. Eine solche, wenig innovative Geschichte einmal aus der Perspektive einer Mitarbeiterin des Jugendamts zu zeigen, ist die eigentliche Kreativleistung dieses Films. Der Beginn, der Renée Zellweger als engagierte, verantwortungsvolle Behördenmitarbeiterin zeigt, die dabei immer wieder an die Grenzen ihres Einflussbereichs stößt und innerbehördliche Probleme offensichtlich werden, ist vermutlich nah an der Realität und dadurch spannend und stark. Früh ist allerdings klar, dass die kleine Lilith keinesfalls so unschuldig und süß ist, wie sie gemeinhin tut, und der Zuschauer freut sich auf eine interessante Hintergrundgeschichte und darauf, zu erfahren, worin die Beweggründe des Kind-Dämons liegen. Leider entpuppt sich auch „Fall 39“ als ein weiterer flacher Film ohne Aha-Effekt, da der Zuschauer außer „Das Kind ist böse. Punkt.“ nichts weiter erfährt. Gut, würde dabei eine atmosphärische, mystische Aura entfaltet wie z. B. beim von der Geschichte her gewisse Parallelen aufweisenden „The Ring“, könnte man darüber geflissentlich hinwegsehen. Stattdessen wird man hier aber mit einer fehlerbehafteten inneren Logik der Handlung, ungruseligen CGI-Effekten und einem Finale nach Schema F abgespeist. Warum wollten die Eltern das Kind ausgerechnet im Backofen verbrennen? Vermutlich nur, damit der Film Assoziationen zu „Hänsel & Gretel“ weckt. Warum verfügt das Kind über Mordskräfte, kann sich aber nicht aus dem Ofen befreien? Sinn ergibt das alles jedenfalls nicht. Neben dem starken Beginn überzeugt „Fall 39“ darüber hinaus lediglich mit den beachtlichen schauspielerischen Leistungen Jodelle Ferlands, die die kleine Lilith mimt, sehr gut von einem Gemütszustand zum nächsten umzuschalten weiß und glaubwürdig ihre manipulativen Fähigkeiten unter Beweis stellt. Renée Zellweger hat allein schon aufgrund ihres Gesichtsumfangs eine starke Leinwandpräsenz, macht ihre Sache eigentlich nicht schlecht, nervte mich aber mit ihrer Mumpsvisage irgendwann nur noch. Weniger Screentime wäre hier mehr gewesen. Nachdem „Fall 39“ so überzeugend begann, gingen den Drehbuchautoren schnell die Ideen aus, die diesen Film evtl. zu einem mehrdimensionalen Horrorbeitrag mit tragischer Note gemacht hätten. Glatter Durchschnitt zum Einmalgucken und Vergessen.