Re: Foren-relevante (Horror-) Filme mit Musik-Thematik
Verfasst: Sa 21. Mai 2016, 00:23
Ich pack's mal hier mit rein:
Celtic Frost - A Dying God
Mit der Band „Hellhammer“ leisteten die Schweizer Thomas Gabriel Fischer und Martin Eric Stricker Pionierarbeit im Bereich des Extreme Metals, mit „Celtic Frost“ hoben sie diesen auf ein neuen Level und fanden bereits mit dem ersten vollwertigen Longplayer „To Mega Therion“, ihren eigenen avantgardistischen Stil, zu dem auch eine Zeit lang gehörte, sich immer wieder neu zu erfinden. Nachdem Stricker, der sich mittlerweile Martin Ain nannte, auf besagtem Debüt kurioserweise zwar die Songs mitschrieb, jedoch kein Instrument einspielte, kam es 1988 jedoch zum einem ernsthaften Zerwürfnis mit Fischer, der längst als Tom G. Warrior bekannt war. Der vollzogene Stilwechsel auf dem „Cold Lake“-Album war einer zuviel und die erneut ohne Ain eingespielte Platte wurde zum ungeliebten Bastard der Diskographie. Für „Vanity / Nemesis“ fand man zwar wieder zusammen und, wie ich finde, zu alter Stärke zurück, doch dann war für lange Zeit Schluss. Erst nach der Jahrtausendwende fand man wieder zusammen und veröffentlichte 2006 das extrem düstere Album „Monotheist“, an das eine Welttournee anschloss. Regisseur Adrian Winkler begleitete die Band auf der Tournee, sammelte Material für diesen fürs schweizerische Fernsehen gedrehten Dokumentarfilm und erhielt ungeahnt intime Einblicke in Bandstruktur und -leben. Kurz vor dessen Ausstrahlung löste sich die Band am 9. September 2008 erneut und bis dato endgültig auf.
Die Gründe dafür verdichten sich im Laufe dieser großartigen Rockumentary, in der vornehmlich Schwyzerdütsch gesprochen wird, die ich jedoch glücklicherweise englisch untertitelt bei YouTube finden konnte. In den zahlreichen Interview-Passagen mit der damals aktuellen Besetzung wird natürlich auch Hellhammer thematisiert, eine Band, die nach Aussage Toms aufgrund seiner unwirtlichen Kindheit unbedingt nötig war. Dennoch wird er nachdenklich in Anbetracht des krassen Gesamtkunstwerks, das Hellhammer inkl. verstörender Textinhalte war und die Band reflektiert ihren Einfluss, den sie auf die ’90er-Jahre-Generation norwegischen Black Metals hatte, im Zuge dessen Sturm-und-Drang-Zeit diverse Kirchen mittels Brandstiftung dem Erdboden gleichgemacht wurden. Lächelt man als deutscher Zuschauer zunächst vielleicht noch über das für unsere Ohren irgendwie niedlich klingende Schwyzerdütsch, findet man sich doch schnell in sehr ernsten Auseinandersetzungen mit schwierigen Themen wieder.
Doch bald wird deutlich, dass der Film auch ein Sammelsurium an Kuriositäten ist, sei es eine hochdeutsch vorgetragene Intro-Ansage bei einem Konzert in Japan, sei es, die Band beim Schminken zu beobachten oder die Begegnung mit der damals anscheinend als Hellhammer-Tributband gehandelten japanischen All-Girl-Combo Gallhammer. Einen neuerlichen Eindruck von der ungewöhnlichen Intimität des Films liefert ein Konzert in der Schweiz, genauer: dem ersten Züricher Gig seit 20 Jahren, zu dem neben H.R. Giger (der diverses Artwork für die Band gestaltet hat) auch Martins Eltern erscheinen. Verstärkt wird nun auf die ungewöhnliche und schwierige Beziehung zwischen Martin und Tom eingegangen, die anscheinend trotz großem gegenseitigem Respekt nie so richtig lange miteinander können. Während der US-Tour kristallisiert sich heraus, dass sich auf der direkt satte 47 Konzerte umfassenden Reise ein Tourkoller einstellt, der sich negativ auf die Stimmung innerhalb der Band auswirkt. Diese diskutiert nun darüber, ob noch drei Mexico-Gigs drangehängt werden sollen. Der neue Drummer Franco Sesa empfindet immensen Druck, vor allem beim Nachspielen des in der Szene heiliggesprochenen alten Materials, und bezeichnet sein Engagement in der Band vor laufender Kamera nicht als Traum, sondern als Alptraum. Auf keinen Fall möchte er noch weitere Termine in Mexico dranhängen, was auf Unverständnis bei Tom stößt. Martin versucht zu vermitteln und Kompromisse zu finden, wo es keine mehr geben kann – was anscheinend von Tom dahingehend interpretiert wird, dass ihn die Band weniger interessiere.
Vor diesem Hintergrund scheint sich zu bewahrheiten, dass Celtic Frost nun einmal aus komplizierten Persönlichkeiten besteht, die deshalb immer aneinander geraten, ja, aneinander geraten müssen und dass Tom oftmals eine andere Realität empfindet als Martin – wie es Martin ausdrückte. Dass die Dokumentation, von der Band abgesegnet, den Zuschauern derart tiefe Einblicke gewährt, hat mich doch nachhaltig überrascht, hilft aber auch ungemein, die Bandgeschichte besser zu verstehen.
Abgerundet wird Winklers Film von zahlreichen alten Fotos und Videos, beispielsweise dem kultigen Auftritt in einer TV-Jugendsendung der 1980er. Man bekommt Bilder einer US-Tour jenes Jahrzehnts zu sehen und die „Cold Lake“-Phase wird aufgegriffen, zu der Tom äußert, er sei damals schlicht zu glücklich mit seiner neuen Frau gewesen. Aus der Gegenwart stammen Aufnahmen einer Autogrammstunde in den USA und von Celtic-Frost-Tattoos diverser Fans.
Wenn Franco zwischendurch mutmaßt, es sei Olymp des Erfolgs, mit einer solchen Anti-Mainstream-Musik in diesem Ausmaße Erfolg zu haben, möchte man ihm beipflichten – und wird unweigerlich selbst nachdenklich, wenn eine Texttafel am Ende erklärt, dass kurz nach Abschluss der Dreharbeiten Celtic Frost wieder begraben wurden. Extreme Charaktere, extreme Musik, ein wackeliges Bandgefüge und alles ist authentisch: Für mich persönlich wurde „Celtic Frost – A Dying God“ zu einer der faszinierendsten Banddokumentationen überhaupt.
Celtic Frost - A Dying God
Mit der Band „Hellhammer“ leisteten die Schweizer Thomas Gabriel Fischer und Martin Eric Stricker Pionierarbeit im Bereich des Extreme Metals, mit „Celtic Frost“ hoben sie diesen auf ein neuen Level und fanden bereits mit dem ersten vollwertigen Longplayer „To Mega Therion“, ihren eigenen avantgardistischen Stil, zu dem auch eine Zeit lang gehörte, sich immer wieder neu zu erfinden. Nachdem Stricker, der sich mittlerweile Martin Ain nannte, auf besagtem Debüt kurioserweise zwar die Songs mitschrieb, jedoch kein Instrument einspielte, kam es 1988 jedoch zum einem ernsthaften Zerwürfnis mit Fischer, der längst als Tom G. Warrior bekannt war. Der vollzogene Stilwechsel auf dem „Cold Lake“-Album war einer zuviel und die erneut ohne Ain eingespielte Platte wurde zum ungeliebten Bastard der Diskographie. Für „Vanity / Nemesis“ fand man zwar wieder zusammen und, wie ich finde, zu alter Stärke zurück, doch dann war für lange Zeit Schluss. Erst nach der Jahrtausendwende fand man wieder zusammen und veröffentlichte 2006 das extrem düstere Album „Monotheist“, an das eine Welttournee anschloss. Regisseur Adrian Winkler begleitete die Band auf der Tournee, sammelte Material für diesen fürs schweizerische Fernsehen gedrehten Dokumentarfilm und erhielt ungeahnt intime Einblicke in Bandstruktur und -leben. Kurz vor dessen Ausstrahlung löste sich die Band am 9. September 2008 erneut und bis dato endgültig auf.
Die Gründe dafür verdichten sich im Laufe dieser großartigen Rockumentary, in der vornehmlich Schwyzerdütsch gesprochen wird, die ich jedoch glücklicherweise englisch untertitelt bei YouTube finden konnte. In den zahlreichen Interview-Passagen mit der damals aktuellen Besetzung wird natürlich auch Hellhammer thematisiert, eine Band, die nach Aussage Toms aufgrund seiner unwirtlichen Kindheit unbedingt nötig war. Dennoch wird er nachdenklich in Anbetracht des krassen Gesamtkunstwerks, das Hellhammer inkl. verstörender Textinhalte war und die Band reflektiert ihren Einfluss, den sie auf die ’90er-Jahre-Generation norwegischen Black Metals hatte, im Zuge dessen Sturm-und-Drang-Zeit diverse Kirchen mittels Brandstiftung dem Erdboden gleichgemacht wurden. Lächelt man als deutscher Zuschauer zunächst vielleicht noch über das für unsere Ohren irgendwie niedlich klingende Schwyzerdütsch, findet man sich doch schnell in sehr ernsten Auseinandersetzungen mit schwierigen Themen wieder.
Doch bald wird deutlich, dass der Film auch ein Sammelsurium an Kuriositäten ist, sei es eine hochdeutsch vorgetragene Intro-Ansage bei einem Konzert in Japan, sei es, die Band beim Schminken zu beobachten oder die Begegnung mit der damals anscheinend als Hellhammer-Tributband gehandelten japanischen All-Girl-Combo Gallhammer. Einen neuerlichen Eindruck von der ungewöhnlichen Intimität des Films liefert ein Konzert in der Schweiz, genauer: dem ersten Züricher Gig seit 20 Jahren, zu dem neben H.R. Giger (der diverses Artwork für die Band gestaltet hat) auch Martins Eltern erscheinen. Verstärkt wird nun auf die ungewöhnliche und schwierige Beziehung zwischen Martin und Tom eingegangen, die anscheinend trotz großem gegenseitigem Respekt nie so richtig lange miteinander können. Während der US-Tour kristallisiert sich heraus, dass sich auf der direkt satte 47 Konzerte umfassenden Reise ein Tourkoller einstellt, der sich negativ auf die Stimmung innerhalb der Band auswirkt. Diese diskutiert nun darüber, ob noch drei Mexico-Gigs drangehängt werden sollen. Der neue Drummer Franco Sesa empfindet immensen Druck, vor allem beim Nachspielen des in der Szene heiliggesprochenen alten Materials, und bezeichnet sein Engagement in der Band vor laufender Kamera nicht als Traum, sondern als Alptraum. Auf keinen Fall möchte er noch weitere Termine in Mexico dranhängen, was auf Unverständnis bei Tom stößt. Martin versucht zu vermitteln und Kompromisse zu finden, wo es keine mehr geben kann – was anscheinend von Tom dahingehend interpretiert wird, dass ihn die Band weniger interessiere.
Vor diesem Hintergrund scheint sich zu bewahrheiten, dass Celtic Frost nun einmal aus komplizierten Persönlichkeiten besteht, die deshalb immer aneinander geraten, ja, aneinander geraten müssen und dass Tom oftmals eine andere Realität empfindet als Martin – wie es Martin ausdrückte. Dass die Dokumentation, von der Band abgesegnet, den Zuschauern derart tiefe Einblicke gewährt, hat mich doch nachhaltig überrascht, hilft aber auch ungemein, die Bandgeschichte besser zu verstehen.
Abgerundet wird Winklers Film von zahlreichen alten Fotos und Videos, beispielsweise dem kultigen Auftritt in einer TV-Jugendsendung der 1980er. Man bekommt Bilder einer US-Tour jenes Jahrzehnts zu sehen und die „Cold Lake“-Phase wird aufgegriffen, zu der Tom äußert, er sei damals schlicht zu glücklich mit seiner neuen Frau gewesen. Aus der Gegenwart stammen Aufnahmen einer Autogrammstunde in den USA und von Celtic-Frost-Tattoos diverser Fans.
Wenn Franco zwischendurch mutmaßt, es sei Olymp des Erfolgs, mit einer solchen Anti-Mainstream-Musik in diesem Ausmaße Erfolg zu haben, möchte man ihm beipflichten – und wird unweigerlich selbst nachdenklich, wenn eine Texttafel am Ende erklärt, dass kurz nach Abschluss der Dreharbeiten Celtic Frost wieder begraben wurden. Extreme Charaktere, extreme Musik, ein wackeliges Bandgefüge und alles ist authentisch: Für mich persönlich wurde „Celtic Frost – A Dying God“ zu einer der faszinierendsten Banddokumentationen überhaupt.