Re: Welchen Film habt ihr zuletzt gesehen?
Verfasst: Mi 26. Sep 2018, 15:12
4. Filmfest Bremen
Der weiße Elefant - 20-minütiger Kurz-Doku-Kunstfilm des Bremer Filmemachers Jan van Haselt. Der Film handelt von Rio de Janeiro kurz vor der WM 2014. In kurzen Vignetten wird Amüsantes, Nachdenkliches und Beängstigendes gezeigt und auf der Tonspur kommentiert. Eine Stadt voller unterschiedlicher Facetten und kurz vor dem Abgrund, voll von ebenso skurrilen wie interessanten Gestalten, aber auch voller Wut und Gewalt. Die Geschichten. Bilder und Töne ziehen so schnell, dass man nach sehr kurzweiligen 20 Minuten das Gefühl hat, es wären erst die Hälfte vergangen. Sehr empfehlenswert.
My Heart Is an Octopus or My Father on the Shore of the Black Sea - Ein fast zweistündiger Experimentalfilm des Bulgaren Neno Belchev, der sich schwer in Wort fassen lässt. Ich will es aber trotzdem versuchen. Belchevs Vater war ein widerspenstiger Künstler im kommunistischen Bulgarien der 70er und 80er Jahre, wo er sich allerlei Repressionen ausgesetzt sah und auch im Gefängnis landete. Nach seinem Tod wurden seine Werke vernichtet. Sein Sohn, der eher erfolglos in die Fußstapfen seines Vaters trat, macht sich auf Spurensuche und sucht sich dabei selber. Was davon Realität und was Fantasie ist, wird nie richtig klar. Belchev erzählt die Geschichte als Collage aus Found-Footage, Fake-Found-Footage, nachgestellten Szenen in denen mal er, mal ein anderer Schauspieler die Rolle des Vaters übernimmt und Animationen. Das wird alles teils chronologisch, teils als reiner "stream of consciousnesses" aneinander montiert, immer begleitet von dem stetigen Voice-over-Kommentar des Filmemachers. Leider ist ihm - wie er in der Q&A nach dem Film erzählte, da ein Missgeschick unterlaufen, denn die englischen Untertitel wurden immer ausgefaded, sobald sie erschienen, was das Leben sehr anstrengend, teilweise unmöglich machte. Der Film ist herausfordernd, anstrengend, manchmal surreal, zutiefst sarkastisch, aber niemals langweilig und höchst spannend. Lediglich am Ende hat nach der x-ten Ab- und dann doch noch einmal Aufblende das Gefühl, Belchev konnte sich nicht so recht von seinem Werk trennen und ein Ende finden. Das kommt (nach einer Einblendung, in der uns der Filmemacher gratuliert, dass wir bis dahin durchgehalten haben) dann ein so wundervoller, großartiger Abspann, dass man da dann doch noch länger hätte zugucken können. In einer für den Film ungewöhnlich positiven Note tanzt Belchev ausgelassen zu einem Radiosong. In alter Jogginghose, nur von Knie bis Schulter gefilmt und nach einiger Zeit auch ordentlich prustend, aber nie aufgebend. Toller Film!
El Revenge -Ein brasilianisch-argentinisches Roadmovie, welches mir sehr gut gefallen hat. Zwar ist die Handlung (die Freundin des brasilianischen Hauptdarstellers wird von diesem mit einem argentinischen Starkoch erwischt - gerade als er ihr einen Heiratsantrag machen will. Völlig am Ende, wird er von seinem besten Freund (ein alter Kindskopf, der nicht erwachsen werden will) erst betrunken gemacht und dann ins Auto Richtung Argentinien gesetzt. Der Plan: Wenn die Argentinier uns die Frauen weg nehmen, rächen wir uns und drehen den Spieß einfach um! Wie es weiter geht, kann sich wahrscheinlich jeder denken, der in seinem Leben schon ein humoristisches Road-Buddy-Movie gesehen hat. In dieser Hinsicht ist der Film absolut vorhersehbar und wenig einfallsreich. Allerdings weiß er mit seinen beiden super sympathischen Anti-Helden, pointierten Dialogen, viel Lokalkolorit - vor allem was die Hass-Liebe zwischen Brasilianern und Argentiniern angeht - , sowie einen flotten Soundtrack punkten. Ein im positiven Sinne des Wortes netter Film, bei dem es viel zum Lachen gibt und der ein großes Herz für seine Figuren hat. Das muss einfach auch mal sein.
Der weiße Elefant - 20-minütiger Kurz-Doku-Kunstfilm des Bremer Filmemachers Jan van Haselt. Der Film handelt von Rio de Janeiro kurz vor der WM 2014. In kurzen Vignetten wird Amüsantes, Nachdenkliches und Beängstigendes gezeigt und auf der Tonspur kommentiert. Eine Stadt voller unterschiedlicher Facetten und kurz vor dem Abgrund, voll von ebenso skurrilen wie interessanten Gestalten, aber auch voller Wut und Gewalt. Die Geschichten. Bilder und Töne ziehen so schnell, dass man nach sehr kurzweiligen 20 Minuten das Gefühl hat, es wären erst die Hälfte vergangen. Sehr empfehlenswert.
My Heart Is an Octopus or My Father on the Shore of the Black Sea - Ein fast zweistündiger Experimentalfilm des Bulgaren Neno Belchev, der sich schwer in Wort fassen lässt. Ich will es aber trotzdem versuchen. Belchevs Vater war ein widerspenstiger Künstler im kommunistischen Bulgarien der 70er und 80er Jahre, wo er sich allerlei Repressionen ausgesetzt sah und auch im Gefängnis landete. Nach seinem Tod wurden seine Werke vernichtet. Sein Sohn, der eher erfolglos in die Fußstapfen seines Vaters trat, macht sich auf Spurensuche und sucht sich dabei selber. Was davon Realität und was Fantasie ist, wird nie richtig klar. Belchev erzählt die Geschichte als Collage aus Found-Footage, Fake-Found-Footage, nachgestellten Szenen in denen mal er, mal ein anderer Schauspieler die Rolle des Vaters übernimmt und Animationen. Das wird alles teils chronologisch, teils als reiner "stream of consciousnesses" aneinander montiert, immer begleitet von dem stetigen Voice-over-Kommentar des Filmemachers. Leider ist ihm - wie er in der Q&A nach dem Film erzählte, da ein Missgeschick unterlaufen, denn die englischen Untertitel wurden immer ausgefaded, sobald sie erschienen, was das Leben sehr anstrengend, teilweise unmöglich machte. Der Film ist herausfordernd, anstrengend, manchmal surreal, zutiefst sarkastisch, aber niemals langweilig und höchst spannend. Lediglich am Ende hat nach der x-ten Ab- und dann doch noch einmal Aufblende das Gefühl, Belchev konnte sich nicht so recht von seinem Werk trennen und ein Ende finden. Das kommt (nach einer Einblendung, in der uns der Filmemacher gratuliert, dass wir bis dahin durchgehalten haben) dann ein so wundervoller, großartiger Abspann, dass man da dann doch noch länger hätte zugucken können. In einer für den Film ungewöhnlich positiven Note tanzt Belchev ausgelassen zu einem Radiosong. In alter Jogginghose, nur von Knie bis Schulter gefilmt und nach einiger Zeit auch ordentlich prustend, aber nie aufgebend. Toller Film!
El Revenge -Ein brasilianisch-argentinisches Roadmovie, welches mir sehr gut gefallen hat. Zwar ist die Handlung (die Freundin des brasilianischen Hauptdarstellers wird von diesem mit einem argentinischen Starkoch erwischt - gerade als er ihr einen Heiratsantrag machen will. Völlig am Ende, wird er von seinem besten Freund (ein alter Kindskopf, der nicht erwachsen werden will) erst betrunken gemacht und dann ins Auto Richtung Argentinien gesetzt. Der Plan: Wenn die Argentinier uns die Frauen weg nehmen, rächen wir uns und drehen den Spieß einfach um! Wie es weiter geht, kann sich wahrscheinlich jeder denken, der in seinem Leben schon ein humoristisches Road-Buddy-Movie gesehen hat. In dieser Hinsicht ist der Film absolut vorhersehbar und wenig einfallsreich. Allerdings weiß er mit seinen beiden super sympathischen Anti-Helden, pointierten Dialogen, viel Lokalkolorit - vor allem was die Hass-Liebe zwischen Brasilianern und Argentiniern angeht - , sowie einen flotten Soundtrack punkten. Ein im positiven Sinne des Wortes netter Film, bei dem es viel zum Lachen gibt und der ein großes Herz für seine Figuren hat. Das muss einfach auch mal sein.