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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Fr 27. Aug 2010, 21:45
von buxtebrawler
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Die Bande des Captain Clegg
England im 18. Jahrhundert. Captain Collier (Patrick Allen) wird damit beauftragt den brutalen und gnadenlosen Captain Clegg zu finden. Als er in einem kleinen Dorf auf den ehrenwerten Dr. Blyss (Peter Cushing) trifft, erzählt der Colier, dass Clegg gestorben sei und auf dem Dorffriedhof begraben liegt. Collier beschließt trotzdem weiter nachzuforschen und so werden bald erste Zweifel in Collier wach und auch Blyss scheint etwas zu verbergen. Als dann auch noch Moorgeister auftauchen, ist Collier der Lösung sehr nahe...
„Die Bande des Captain Clegg“, ein recht eigenwilliger Abenteuerfilm aus dem britischen „Hammer“-Hause, basiert auf dem Roman „Doctor Syn – A Tale of Romney March“ und wurde erstmals bereits in den 1930er Jahren verfilmt. Unter der Regie von Peter Graham Scott und mit einem klassischen, hochkarätigen „Hammer“-Schauspielerensemble entstand Anfang der 1960er ein Film, der von einer Gruppe Schmuggler handelt, die in einem Dorf ihren Geschäften nachgeht, aber noch ganz andere Geheimnisse zu haben scheint. Star des Films ist Peter Cushing, der hier als intelligenter, verschlagener Vikar in einer seiner besten Rollen zu sehen ist. Die Rolle ist ihm wahrlich wie auf den Leib geschneidert. Die Handlung besteht in erster Linie aus dem Katz- und Mausspiel zwischen den Fahndern, die nach dem angeblich verstorbenen Piraten Captain Clegg suchen und die Einwohner des Dorfes der Schmuggelei zu überführen suchen und der Schmugglergruppe, die die Obrigkeit herrlich und höchst unterhaltsam an der Nase herumführt. Dabei wurde bewusst auf ein gängiges Gut/Böse-Schema verzichtet und die Fahnder kommen nicht sonderlich gut weg. Die Kriminellen sind hingegen perfekt in der Dorfgemeinschaft integriert und versuchen mit List und Tücke, diesen Zustand aufrecht zu erhalten und ihre Jäger loszuwerden. Darin steckt durchaus eine sympathische Outlaw-Romantik, die Graham Scott hier zelebriert. Hinzu kommt eine düstere Komponente im Zusammenhang mit den vermeintlichen „Moorgeistern“ und einer lebendig scheinenden Vogelscheuche. Die Erzählweise fiel recht flott aus, die Bilder sind prachtvoll, die Schauspieler klasse und der Humor kommt auch nicht zu kurz. Für einen herzlichen Lacher meinerseits sorgte die Idee, Hänfling Cushing in einer Kampfesszene gegen einen waschechten Wrestler antreten zu lassen - das sieht man sicherlich nicht alle Tage. Mir fällt gerade auf, wie schwer es ist, diesen Film zu beschreiben, ohne dabei zuviel von der Handlung vorwegzunehmen. Wobei diese eigentlich recht vorhersehbar ausfiel und meine Vorsicht daher evtl. auch gar nicht nötig wäre. Trotzdem behält „Die Bande des Captain Clegg“ als untypischer Piratenfilm immer ausreichend Spannung bei, um den Zuschauer an den Schirm zu fesseln. Für Irritationen vieler Kritiker sorgte allerdings die Tatsache, dass es sich eben NICHT um einen Gothic-Horror-Beitrag handelt, den anscheinend viele erwartet hatten. Möglicherweise wurde „Captain Clegg“ auch in diese Richtung zu vermarkten versucht. So ist es sicherlich nicht auf handwerkliches Unvermögen zurückzuführen, dass die „Moorgeister“ eindeutig als Männer in Skelettkostümen zu erkennen sind, sondern war wohl so beabsichtigt. Nichtsdestotrotz wurden einige dieser Szenen sehr atmosphärisch umgesetzt. Mich hat „Captain Clegg“ jedenfalls prächtig unterhalten, insofern spreche ich eine klare Empfehlung für Freunde des etwas anderen „Hammer“-Films und insbesondere Fans von Peter Cushing aus.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mo 30. Aug 2010, 15:12
von buxtebrawler
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Der Satan mit den langen Wimpern
Janet leidet unter einem traumatischen Kindheitserlebnis, bei dem sie ihre Mutter ihren Vater töten sah. Nun lebt sie alleine in einem alten Haus. Henry und Grace, ein sinistres Paar, versuchen, Janet durch ein paar fingierte Ereignisse in den Wahnsinn zu treiben und sie zu einem Mord an Henrys Ehefrau zu bewegen. Der Plan funktioniert, doch dann brechen über Henry und Grace ebensolche mysteriösen Vorkommnisse herein wie über Janet…
„Der Satan mit den langen Wimpern“ trägt einen deutschen Titel, der sich zwar gut anhört, aber nicht viel mit dem Film zu tun hat bzw. etwas in die Irre führt. Es handelt sich dabei um nämlich um den britischen Psychothriller „Nightmare“ aus dem Jahre 1964, umgesetzt von Regisseur Freddie Francis für die „Hammer Film Productions“. Wie auch sein ähnlicher Film „Haus des Grauens“ („Paranoiac“), der nur ein Jahr zuvor erschien, wurde bewusst in schwarz/weiß gefilmt, was entscheidend zur sehr düsteren Grundstimmung und unwohligen Atmosphäre beiträgt, die für mich der eigentliche Star des Films ist. In der Darstellerriege tummeln sich nämlich keine allzu großen Namen und das Drehbuch wirkt dann doch etwas arg konstruiert, packt aber ein sehr ernstes, hartes Thema an: Die Angst der Kinder vor der Vererbbarkeit der Geisteskrankheiten ihrer. Im Prinzip kann man den Film in zwei Episoden aufsplitten: Der erste dramatische Höhepunkt ist bereits zur Hälfte der Spielzeit erreicht, woraufhin die gleiche Geschichte leicht variiert und mit anderer Rollenverteilung erneut erzählt wird. Das Finale des Films ist dann letztendlich natürlich wenig überraschend und der Gipfel des Drehbuchkonstrukts, aber nicht zuletzt aufgrund der schauspielerischen Qualitäten Moira Redmonds dennoch spannend und sehr unterhaltsam umgesetzt worden. Die größten Qualitäten liegen aber in den alptraumhaften, gruseligen Szenen, derer es einige zu genießen gibt. Für Freunde des Psychothrills der alten Schule daher sicher eine gute Wahl.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mo 30. Aug 2010, 17:38
von buxtebrawler
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Der Fluch von Siniestro
Irgendwo im Spanien des 18. Jahrhunderts: ein widerlicher, verkommener Landstreicher vergewaltigt ein taubstummes Mädchen im Gefängnis, nachdem sie die Zudringlichkeiten des Grafen von Siniestro nicht erwidert hat. Nachdem sie den Sadisten gemeuchelt hat, kommt sie bei einem Arzt unter, stirbt aber bei der Geburt ihres Sohnes Leon. Schon als Kind neigt Leon zu gewissen Anfällen bei Vollmond, doch als er erwachsen wird, bricht es aus ihm heraus. Leon (Oliver Reed) verwandelt sich in einen Werwolf und geht reißend in dem Landstrich um. Als er begreift, was mit ihm vorgeht, trifft er eine schwere Entscheidung...
„Der Fluch von Siniestro“ aus dem Jahre 1961, lose basierend auf dem Roman „Der Werwolf von Paris“, war der erste und leider auch einzige Werwolf-Film der britischen „Hammer Film Productions“. Mit der Regie betraut wurde „Hammer“-Veteran Terence Fisher, der zuvor bereits Filme wie „Dracula“ und „Frankensteins Rache“ gekonnt inszenierte. Die ins Spanien des 18. Jahrhunderts verlegte Geschichte holt zunächst einmal gaaanz weit aus und erzählt eine lange Vorgeschichte: Ein dekadenter, sadistischer Aristokrat macht sich und seinen Gefolgsleuten einen Spaß aus dem Hunger und Durst eines Tippelbruders, „schenkt“ ihn seiner Frau und lässt ihn in einen Kerker werfen, wo er in Vergessenheit gerät und durch extrem fleischhaltige Ernährung und totale Isolation zu einer (un)menschlichen Bestie mutiert. Er vergewaltigt ein stummes Mädchen, das der mittlerweile von Krankheit entstellte Aristokrat zu ihm in den Kerker warf, nachdem sie sich ihm verweigerte. Die Frucht aus dieser Vergewaltigung ist Leon, der zudem unter extrem ungünstigen Sternen geboren wird… Dieser überlange Prolog ist prächtig gelungen und für mich bereits der Höhepunkt des Films. In „Hammer“-typisch grandiosen Kulissen, die die Vergangenheit lebendig scheinen und mit all ihrer Farbpracht fast schon Märchen-Atmosphäre aufkommen lassen, schürt der Film Emotionen wie Mitleid und Verachtung und auch der Humor wird nicht gänzlich ausgespart. Die Masken z.B. des alternden, entstellen Aristokraten und des entmenschlichten Bettlers wurden hervorragend umgesetzt und steigern die Erwartungshaltung für die nun folgende Werwolfgeschichte. Dabei bekommen wir aber zunächst noch einige Szenen aus Leons Kindheit zu sehen, die seine Andersartigkeit dokumentieren. Als endlich Oliver Reed als erwachsener Leon gezeigt wird, ist „Der Flucht von Siniestro“ schon weit vorangeschritten und leider scheint dem Drehbuch etwas die Puste auszugehen. Das angefixte Publikum wartet nun auf spektakuläre Verwandlungen und Gewaltausbrüche, bekommt stattdessen aber eine über weite Strecken recht zahme Schilderung von Leons Alltag zu sehen sowie eine Liebesgeschichte aufgetischt: Leon hat sich in ein Mädchen verliebt, das seine Gefühle zwar erwidert, aber bereits einem reichen Pfeffersack versprochen wurde. Hier plätschert die Geschichte etwas vor sich hin, die Dramaturgie gerät ins Stocken. Leons explizit dargestellte Verwandlung, der Höhepunkt eines jeden Werwolf-Films, hat man sich bis zum tragischen Finale aufgespart. Die Werwolfmaske geht letztlich zwar in Ordnung, ich hätte sie mir aber wesentlich grauenvoller gewünscht. Der Clou, dass Leon durch ehrliche und aufrichtige Liebe von seinen Verwandlungen abgehalten werden kann, wird mehr am Rande erwähnt und hätte, mehr in den Vordergrund gebracht, die Tragik des Showdowns sicherlich wirkungsvoll verstärkt. Die Aussage des Films, der den Werwolf nicht als von Grund auf böse Bestie, sondern als leidenden, ambivalenten Charakter darstellt, ließe sich durchaus wie folgt lesen: Eine Klassengesellschaft gebiert ihre eigenen Monster, für die es keinen Platz in ihr gibt. Oder so. Hätten Fisher und sein Team es vollbracht, die Qualitäten der ersten halben Stunde bis zum Finale aufrechtzuerhalten, würde „Der Fluch von Siniestro“ heute mit Sicherheit zu den größten „Hammer“-Würfen (Achtung, Wortspiel) zählen. Aber auch so bleibt ein interessanter, sehenswerter Film nicht nur für Freunde des klassischen britischen Horrorkinos.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mi 1. Sep 2010, 20:54
von buxtebrawler
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Theo gegen den Rest der Welt
Theo (Marius Müller-Westernhagen) ist LKW Fahrer. Als er auf der Autobahnraststätte Stuckenbusch von der Toilette kommt, hat man ihm seinen Truck samt Ladung geklaut. Dabei war der nagelneue VoIvo noch nicht einmaI abbezahlt. Theo nimmt mit 2 Freunden die Verfolgung quer durch Europa auf...
Regisseur Peter F. Bringmann präsentiert uns nach „Aufforderung zum Tanz“ im 1980 erschienenen „Theo gegen den Rest Welt“ zum zweiten Mal Marius Müller-Westernhagen in der Rolle des sympathischen Verlierers Theo Gromberg, der hier als Lkw-Fahrer seinen Volvo quasi „unterm Arsch“ weggeklaut bekommt. Das führt zu einer Verfolgungsjagd durch mehrere Länder, die in einer bekömmlichen Mischung aus Road-Movie und Komödie daherkommt. Mit seinem anarchischen Humor war der Film seinerzeit ein Kassenschlager und auch aus heutiger Sicht unterhält die Dreiecksbeziehung zwischen Theo, seinem italienischen Kumpel Enno und der schweizerischen Medizinstudentin Ines angenehm kurzweilig, wobei sich sehr viel Zeitkolorit und natürlich Ruhrpottcharme dazugesellt. Ständig den Kredithai im Rücken und den Dieben immer einen Schritt hinterher, verschlägt es das Trio in verschiedene europäische Städte, wo man auf Gauner, Halbwelt, schöne Frauen und eine feine Gesellschaft trifft, die natürlich aufgemischt wird. Der Realismus bleibt dabei aber auf der Strecke und wer, wie ich, eine Wendung der Geschichte, womöglich hin zu einem „Happy End“, erwartet, liegt falsch: Über einen dramaturgischen Höhepunkt, ab dem die Ereignisse einen unvorhergesehenen Verlauf nehmen, gibt es nicht und das Ende bleibt offen. Schade eigentlich.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Do 2. Sep 2010, 20:40
von buxtebrawler
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Die letzten Sieben
Nach einem Atomkrieg sind lediglich noch sieben Menschen am Leben, darunter ein Rancher, ein Geologe und ein Gangster, die sich auf dem Land auf einer Ranch begegnen. Unter den Anwesenden brechen schon bald die ersten Konflikte aus und die radioaktive Strahlung tut ihr übriges. Ein Mutant, der durch die Gegend streicht, bedeutet ebenfalls tödliche Gefahr...
„Die letzten Sieben“ aus dem Jahre 1955 ist nicht nur einer der ersten Filme des berüchtigten US-Billigfilmers Roger Corman, sondern zugleich auch einer der ersten Endzeitfilme überhaupt. Militär und Atomkraft liefern hier nicht wie sonst in Science-Fiction-Filmen der 1950er nicht unüblich die Lösung der Probleme, sondern haben sie selbst verursacht. Der nukleare Holocaust ist eingetreten und in einem strahlengeschützten Tal finden die titelgebenden Überlebenden zusammen. In für damalige Verhältnisse ungewohnter Deutlichkeit wird also die Atombombe für das Ende der menschlichen Zivilisation verantwortlich gemacht, was Cormans Film eine erfreulich kritische Ausrichtung verleiht. Mit sehr bescheidenen finanziellen Mitteln wurden recht übersichtliche Sets geschaffen und in eine düstere Atmosphäre getaucht. Die Charaktere, die zufällig aufeinandergetroffen sind und von nun an als Gruppe zu überleben versuchen, wurden bewusst wild zusammengewürfelt. Aus dieser Ausgangslage – vollkommen unterschiedliche Charaktere befinden sich in einer Extremsituation auf engem Raum – bezieht „Die letzten Sieben“ einen Großteil seiner Brisanz, denn die Konflikte sind natürlich vorprogrammiert. Sicherlich gerieten einige Charaktere recht eindimensional, andere wie z.B. Tänzerin Ruby wiederum fielen interessant und mehrschichtig aus. Die tragikomische Gestalt eines Tippelbruders mit seinem geliebten Esel sorgt für den kleinen Humoranteil des Films. Doch obwohl dieser Stoff eigentlich schon für einen reizvollen Vollzeitfilm gereicht hätte, begibt sich das Drehbuch weiter in den Horrorbereich und führt Mutationen als Folge der atomaren Verstrahlung ein, die einst normale Menschen zu entstellten und bedrohlich erscheinenden Karnivoren macht. Höhepunkt der Mutationen ist dann letztendlich ein dreiäugiges Monster, das sich erst gegen Ende des Films zeigt und für einen arg trashigen Beigeschmack sorgt. Dieses Ungetüm erschreckt heute nämlich niemanden mehr und sorgt viel eher für unfreiwillige Komik. Einzig wenn dem Zuschauer bewusst wird, um wen es sich bei dem Monster aller Wahrscheinlichkeit nach ursprünglich gehandelt hat, verfehlt es seine Wirkung nicht gänzlich. Die Schauspieler machen ihre Sache überzeugend, negative Ausreißer sind mir nicht aufgefallen.

Aus sehr eingeschränkten Möglichkeiten wurde sehr viel herausgeholt. „Die letzten Sieben“ ist somit als Monstertrash nur bedingt geeignet, als intelligenter Frühendzeitfilm aber umso besser.

„Was für eine unheimliche Macht die Atomkraft ist – sie ist imstande, die Welt zu verändern!“ – „Gewiss! Und wir müssen dafür sorgen, dass sie sie zum Guten verändert!“

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Fr 3. Sep 2010, 14:10
von buxtebrawler
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Die Augen des Satans
Das außerirdische, fliegendes Gehirn Gor vom Planeten Arous, nistet sich im Kopf des Wissenschaftlers Steve March ein und erlangt die Kontrolle über dessen Körper. Mit Hilfe des Wissenschaftlers will es den Mächtigen der Welt seine Forderungen offenbaren, denn mit reiner Gedankenkraft, kann es ganze Städte vernichten. Gor, will die Welt versklaven, um eine interstellare Kampfflotte zu errichten, mit ihrer Hilfe soll die Galaxie unterjocht werden. Doch Val, ein weiteres Gehirn vom Planeten Arous, arbeitet mit Steves zukünftiger Frau Sally den finsteren Plänen entgegen.
Ein böses Gehirnwesen namens Gor vom Planeten Arous besucht die Erde, um sie sich Untertan zu machen und ergreift Besitz vom Körper des Wissenschaftler Steve March, während ein gutes Gehirnwesen namens Vol in den Körper eines Hundes fährt, um Gor an seinem Vorhaben zu hindern. Das wäre grob umrissen die Geschichte des US-Science-Fiction-Heulers von Nathan Juran aus dem Jahre 1957. Und was schon reichlich bescheuert klingt, wurde auch ebenso umgesetzt. Die mit ihren Schlafaugen niedlich und übrigens absolut identisch aussehenden Gehirnwesen treffen auf Erdenbürger, die es anscheinend relativ normal finden, unvermittelt derartigen Wesen gegenüberzustehen und werden sogar gesiezt! John Agar als besessener Wissenschaftlicher erhält dann und wann diabolische Kontaktlinsen und eine verdammt dreckige Lache und macht sich einen Spaß daraus, per bloßem Blick Flugzeuge vom Himmel zu holen und eine Runde ranghoher Politiker aufzumischen. Außerdem wird er unter dem Einfluss Gors spitz auf seine biedere Madame wie Nachbars Lumpi. Diese versteht es aber souverän, ihn abblitzen zu lassen und sich zusammen mit ihrem Vater nicht anmerken zu lassen, dass Hilfe in Form ihres von Vol besessenen Hundes bereits ebenfalls auf der Erde gelandet ist. Diese Selbstverständlichkeit, mit der die Erdlinge mit dieser Situation umgehen, ist nur einer von mehreren Drehbucheinfällen, die für ungläubige Gesichter beim Publikum sorgen dürften. John Agars unfreiwillig komisches Overacting passt hervorragend in diesen allgemein unfreiwillig komischen Film, in den auch noch krampfhaft das Auftauchen radioaktiver Strahlung eingebaut wurde, ob es nun zum Film passt oder nicht. Die Frage, warum Steve March stets von schmerzhaften Krämpfen geplagt wird, wenn das Gehirnwesen sich seines Körpers bemächtigt, während der Hund im Falle von Vols Eindringen nicht mal mit der Wimper zuckt, ist wahrscheinlich lediglich mit der mangelnden Fähigkeit des Filmteams zur Tierdressur zu beantworten. Das Finale, in dem Agar alias March auf der Fontanelle des materialisierten Hirnwesens herumkloppt, ist zwar amüsant anzusehen, enthält dem erwartungsfrohen Publikum schöne Hirnmatschaufnahmen o.ä. aber leider vor. Der finale Dialog ist dann noch mal ein echter Brüller und wie March aus der Nummer wieder rauskommt - immerhin wurden in seiner Gestalt zahlreiche Tötungsdelikte begangen und die ganze Welt erpresst –, erklärt uns der Film nicht mehr. Effektetechnisch bekommt man neben einigen schlechten Miniaturmodell-Verwüstungen und –Explosionen und Agars Kontaktlinsen außer den Hirnwesen nichts geboten, wobei sich Letztere durch ihr frühes Erscheinen schnell abnutzen. Überraschend waren aber ein paar Kameraeinstellungen, für die der Kameramann anscheinend kurzzeitig seine kreative Ader entdeckt hat. Fazit: Bei allem Unterhaltungswert dieses 50ies-Sci-Fi-Horror-B-Movie-Autokino-Trashs halten mich lediglich die Protagonisten davon ab, von einem hirnlosen Film zu sprechen, haha.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mo 6. Sep 2010, 15:57
von buxtebrawler
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Tanz der Totenköpfe
Irgendwo in einer abgelegenen Gegend von England im Nebel liegt das Höllenhaus, einstmals Residenz einer mysteriösen Person, die Macht ausübte und Willenskraft über alles schätzte. Jetzt ist es ein gefürchtetes Spukhaus. Die dortigen unheimlichen Vorgänge sollten bereits zweimal erforscht werden, doch endete das jedesmal in Tod und Katastrophen. Jetzt versuchen ein Wissenschaftler (Clive Revill), seine Frau (Gayle Hunnicutt), ein Medium (Pamela Franklin) und der einzige Überlebende des letzten Versuchs (Roddy McDowall) das Rätsel erneut zu lösen. Im Haus angekommen treten bei Seancen ungewöhnliche Phänomene auf, Unsichtbare belästigen die Einwohner, Dinge bewegen sich, doch allmählich scheint man der Lösung des Rätsels um Hell House näher zu kommen. Doch obwohl man eine Maschine mit sich führt, die das Haus "reinigen" soll, erlebt man eine böse Überraschung...
Der britische Regisseur John Hough („Draculas Hexenjagd“) setzte für den 1973 erschienenen „Tanz der Totenköpfe“ das Drehbuch von Richard Matheson um, der gleichzeitig Autor der Roman-Vorlage ist. Das Ergebnis ist ein sehr interessanter Horrorfilm, der wie mir scheint einen Spagat zwischen traditionellem Grusel à la „Hammer“ oder Cormans Poe-Verfilmungen und dem aufkommenden moderneren Horrorkino der 1970er versucht, als wolle er das Gothic-Horror-Ambiente in die Moderne portieren. Dabei führt er den Zuschauer in einen wahren Sinnesrausch aus bedrohlicher „Haunted House“-Kulisse, einer effektiven bis experimentellen Farb- und Geräuschkulisse und einer hochkarätigen Kameraführung, der atmosphärisch fesselt, sich gleichzeitig aber des „Form vor Inhalt“-Konzepts verdächtig macht. Denn so überzeugend die Schauspieler auch agieren mögen, gegen das seltsame Drehbuch kommen auch Pamela Franklin, Roddy McDowall, Clive Revill und Gayle Hunnicutt nicht immer an: Was vermutlich als Konfliktsituation „Naturwissenschaft versus Para-Hokuspokus-Medium“ zwischen Lionel Barrett und Florence Tenner/Ben Fischer angelegt war, mündet in pseudowissenschaftlichem Popanz, so dass die Meinungsverschiedenheiten der Gruppe aus Zuschauersicht sich nicht um Grundlegendes, sondern eher um Nuancen drehen. Zwar bekommen wir ein paar nette Effekte, symbolträchtige Szenen und auch ein wenig Blut zu sehen, auf ein furioses Finale muss man aber vergeblich warten. Was als Auflösung der Geschehnisse, als Aha-Effekt fungieren sollte, erweist sich als wahrer Rohrkrepierer, der für Kopfschütteln sorgen dürfte. Schafft man es aber, sich hauptsächlich auf die wunderbare Optik und Atmosphäre des Films zu konzentrieren, sollte man als Genrefreund zufriedengestellt werden. Für wen interessantes Horrorkino allerdings erst mit den innovativeren Beiträgen der 1970er beginnt, braucht die Totenköpfe erst gar nicht zum Tanz zu bitten. Nachdenklich stimmt mich aber noch, dass mich das „Haunted Hill“-Remake mehr an diesen Film als an das eigentliche Original erinnert...

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Di 7. Sep 2010, 14:31
von buxtebrawler
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Blutige Seide
Im Modesalon von Contessa Christina Cuomo tragen sich schreckliche Dinge zu: Mehrere Mannequins werden von einem maskierten Killer brutal abgestochen. Inspektor Sylvester von der römischen Polizei nimmt die Ermittlungen auf, tappt aber im Dunkeln, als der Mörder wieder und wieder zuschlägt. Nach und nach stellt sich heraus, dass im Mittelpunkt der Morde das Tagebuch eines der Models steht, in dem sämtliche Skandale und dunkle Machenschaften im Haus der Contessa aufgezeichnet sind...
Mit „Blutige Seide“ erschuf der italienische Ausnahmeregisseur 1964 den Prototypen des Giallos. Die unheimliche Mordserie in der Model- und Modeszene Roms wurde von Bava in eine Ästhetik gebettet, die exakt zum Milieu passt: Künstlich, unwirklich, dekadent. Er inszenierte den Film, als wollte er die Möglichkeiten des Farbfilms komplett ausreizen und tauchte die Sets in knallige Farbthemen, wie man es zuvor aus Hollywood gewiss noch nicht kannte, vollführte schnittfreie Kamerafahrten und ungewöhnlich Einstellungen und machte seine Zuschauer zu faszinierten Voyeuren (und legte damit den Grundstein für spätere filmische Eskapaden z.B. eines Dario Argentos). Diese Durchästhetisierung, innerhalb derer die Morde für die Entstehungszeit ungewöhnlich explizit dargestellt und genüsslich ausgekostet werden, stellt den eigentlichen Inhalt, ob bewusst oder unbewusst, in den Hintergrund; der Star ist hier sozusagen die Verpackung. Bei den Charakteren scheint es sich um allesamt degenerierte Personen zu handeln, die ihre persönlichen Abgründe hinter einer schillernden Fassade aus Pomp und Schick zu verstecken versuchen, sich dabei aber in einer vernichtenden Spirale aus Misstrauen, Missgunst und letztlich Gewalt befinden, die zu ihrem Schicksal wird. Durch diesen Subtext in Kombination mit Ausstattung und Inszenierung schlägt Bava die oberflächliche Scheinwelt quasi mit ihren eigenen Waffen. Das Finale wartet selbst nach der Enttarnung des Mörders noch mit einem unerwarteten Plottwist auf, übertreibt es dabei genretypisch und lässt spätestens hier eine subtile Karikatur reißerischer, herbeikonstruierter Geschichten vermuten. Mit seinem malerischen Kunstwerk „Blutige Seide“ war Bava seiner Zeit voraus, als erster Vollblut-Giallo war der Film Einfluss auf und Vorreiter für ganze (Sub-)Genres und ist nach wie vor, betrachtet mit den Augen eines Filmästheten, ein wahrer Genuss.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mi 8. Sep 2010, 14:43
von buxtebrawler
Thrash-Altenessen – Ein Film aus dem Ruhrgebiet
Die Dokumentation "Thrash-Altenessen" von Thomas Schadt widmet sich der strukturschwachen Arbeiterstadt Essen und der neben Sodom und Destruction wohl bekanntesten und einflussreichsten, deutschen Thrash Metal-Band KREATOR die dort beheimatet ist. Der Regisseur interviewt die Band zu ihrer Lebenseinstellung, begleitet sie durch die Ruhrpottstadt und wohnt ihnen im Proberaum bei...
Wenn Dokumentarfilmer Thomas Schadt mit seinem Ende der 1980er gedrehten Film die Thrash-Metal-Band Kreator porträtieren wollte, ist er gescheitert. Als Dokumentation einer lokalen Szene zu einem bestimmten Zeitpunkt und unter starker Einbeziehung ihres Umfelds funktioniert „Thrash-Altenessen“ aber sehr gut und mit größerem zeitlichen Abstand vielleicht sogar umso besser. Kurz und bündig wird grob umrissen, worum es sich beim Phänomen „Thrash“ handelt, im weiteren Verlauf kommen die Protagonisten selbst zu Wort und die Basis der Szene wird in ihrem Alltag beleuchtet. Das führt dazu, dass Schadts Film vor Zeit- und Lokalkolorit nur so strotzt und die sowohl jungen Thrasher, als auch deren Umfeld, Eltern etc. ungekünstelt und frei von der (gebeutelten) Leber weg aus ihrem Leben berichten, was das Phänomen Thrash-Metal in unmittelbaren Bezug zu seiner Umwelt setzt, deren Produkt es letztendlich ist. Mit Kreator-Frontmann Mille wird kein einziges Gespräch gezeigt, aber seine Songs kommentieren das Umfeld und spiegeln die Sicht junger, rebellischer Ruhrpottchaoten auf die Welt wider. Sie sprechen für sich selbst. Viele Interviews und Statements wirken dabei ob ihrer Unbedarftheit unfreiwillig komisch, dennoch bekommt man kaum das Gefühl, dass die Gesprächpartner vorgeführt und der Lächerlichkeit preisgegeben werden sollten. Sie wirken sympathischer und authentischer als abgezockte Medienfressen und Promotionprofis und verleihen dem Film seinen Charme. Dabei gibt es ein Wiedersehen mit vielen bekannten Gesichtern aus der Ruhrpott-Thrash-Szene, die in anderen Bands aktiv waren oder sind. Es mag sein, dass das ungeschönte Bild Altenessens, das hier gezeigt wird, als Ausrichtung des Films schon vor den Dreharbeiten feststand und eine gewisse Tendenz zur Faszination für das Proletarische bis hin zum Kaputten aufweist – aber lag Schadt damit so verkehrt, dass sein Film als unrealistisches Zerrbild betrachtet werden muss? Ich glaube nicht. Sicherlich kann man bei Ausflügen zu Autobahnbaugegnern im Rentenalter nach dem direkten Bezug zum Thrash fragen und auch ich bin der Meinung, dass Schadt dabei etwas zu weit abgedriftet ist. Evtl. ist das einem etwas naiven Blickwinkel eines Außenstehenden geschuldet, dessen Assoziationskette Ruhrpott – Beton – Tristesse – Thrash-Metal sein mag, die dann doch arg vereinfacht ausfällt. Über jeden Zweifel erhaben sind aber die mitreißenden, auch heute noch unglaublich energiegeladen, impulsiv und ekstatisch wirkenden Konzertausschnitte, bei dem die Kamera keinerlei Distanz zum Publikum aufweist und es gleichberechtigt neben der Band einfängt. Und sieht man dann am Schluss Mille vollkommen ausgepumpt und verschwitzt im Backstageraum sitzen, wird auch dem Letzten bewusst, das Ruhrpott-Thrash ehrliche, anstrengende Malocherarbeit ist eben deshalb genau dort hingehört.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mi 8. Sep 2010, 21:21
von buxtebrawler
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Der Kuss des Vampirs
Als dem jungen Ehepaar Gerald und Marianne Harcourt auf der Hochzeitsreise durch Europa das Benzin ausgeht, treffen sie auf den mysteriösen Dr. Ravna, der ihnen den Weg zu dem verfallenen Grand Hotel zeigt. Dort angekommen bemerken sie, dass die Besitzer ein unheimliches Geheimnis hüten...
Achtung, meine Kritik enthält Spoiler!

„Der Kuss des Vampir(s)“, einer der früheren Vampirfilme der britischen „Hammer Film Productions“, muss ohne große Namen für die Hauptrollen und mit dem seinerzeit im Horrorbereich unerfahrenen Regisseur Don Sharp auskommen, der diesen eigenständigen, also von der hammer’schen Dracula- und Karnstein-Reihe losgelösten Film 1963 inszenierte. Sein Film beginnt vielversprechend mit einem sehr atmosphärischen, harten Prolog, in dem man bereits Gewalt, Blut und einen Make-Up-Effekt serviert bekommt. Das soll es dann aber leider auch schon für längere Zeit diesbzgl. gewesen sein, denn die einerseits sehr vorhersehbare und überraschungarme, andererseits aber auch seltsame Handlung um eine sehr kultivierte Vampirfamilie, die höheren gesellschaftlichen Kreisen angehört, den schönen Künsten nachgeht und sich auch bei Tageslicht vor der Tür herumtreiben kann, ohne zu Staub zu zerfallen, fiel sehr langatmig und trotz subgenretypischer sexueller Assoziationen bieder, ja fast schon spießig aus – obwohl sich das junge Ehepaar bereits sehr frühzeitig in ihren Händen befindet und somit viel Raum für spannende Konfliktsituationen gewesen wäre. Wären die Charaktere von irgendeiner besonderen, facettenreicheren Natur, wäre es bestimmt interessant gewesen, diese näher kennenzulernen - so aber wartet man sehnsüchtig auf ein baldiges Ende der hochgestochenen Dialoge und endlich ein wenig Vampiraction. Die Begegnung Mariannes mit dem blutsaugenden Familienoberhaupt Dr. Ravna in seiner Eigenschaft als Vampir gegen Mitte des Films ist sodann auch als sehr gelungen zu bezeichnen: Die Atmosphäre ist angespannt, ein Knistern liegt in der Luft, Noel William überzeugt als Obervampir auch ohne aufwändige Maske. Nach dieser gelungenen Szene muss man in Sachen Spannung und Dramaturgie aber wieder einige Abstriche machen, konzentriert sich am besten auf die wieder einmal prächtige Ausstattung der Kulissen und erfreut sich an den hübsch anzusehenden jungen Schauspielerinnen. Auf dem Weg zum Finale schlägt das Drehbuch noch ein paar Purzelbäume und macht Dr. Ravna zum Führer einer ganzen Vampirsekte und den leider die Spielzeit über etwas blass bleibenden Vampirjäger und gebrochenen Mann Professor Zimmer zum Teufelsanbeter, der mit des Beelzebubs Hilfe (!) ausgerechnet eine Armada Fledermäuse (!!) auf die vampiristische Brut hetzt... nun gut. Das Finale im Hitchcock-Stil ist jedenfalls schön anzusehen und in die Geschichte kann man, wenn man denn möchte, eine Warnung vor oberflächlich perfekt und geschickt auftretenden, manipulativen Blendern hineininterpretieren, die trotz offensichtlich gesellschaftlicher Akzeptanz Böses im Schilde führen. „Der Kuss des Vampirs“ ist ein durchwachsenes Gothic-Vampir-Horror-Vergnügen, das in seiner zurückhaltenden Art hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt, mit der Summe seiner Stärken dem genreinteressierten Zuschauer aber dennoch ein überdurchschnittliches Filmerlebnis anzubieten vermag.