Deliria-Italiano

Eigentlich hatte ich mir ja mal vorgenommen, zu jedem Film den ich dieses Jahr gucke, hier etwas zu schreiben. Damit bin ich soooo weit im Hintertreffen, dass ich nicht weiß, ob ich das durchziehen kann bzw. irgendwann mal schaffe aufzuarbeiten. Deshalb ausser der Reihe mal der Hinweis darauf, dass ich heute einen (für mich) der besten Filme der letzten 10 Jahre gesehen habe. Ein Animationsfilm. Aber was für einer. Spider-Man: Across the Spider-Verse. Der erste Teil hatte mir schon sehr gut gefallen und mich visuell sehr beeindruckt. Dieser haut noch mal 'ne Schippe drauf. Da hat man in jeder Szene das Gefühl, dass sich da jemand sehr genau Gedanken gemacht hat, wie diese nun grafisch umgesetzt werden soll. Wieder wechseln die Stile in rasanter Geschwindigkeit, aber nie zum Selbstzweck, sondern das macht in dem Moment immer 100% Sinn. Das geht dann von klassischer Marvel-Comic-Zeichnung, über Lichtenstein-mäßige Grafiken zu CGI. Dann werden plötzlich gar avantgardistische Sprengel reingeworfen. Wow. Und wie gesagt: Es passt immer. Also visuell macht der Film schon eine Menge her. Dann ist da die Figurenzeichnung, die einfach toll ist und einen emotional involviert. Das macht einfach Spaß. Grandios der Bösewicht The Spot, der von Witzfigur zur kosmischen Bedrohung mutiert - aber immer nachvollziehbar und mit einer echten Entwicklung. Es macht einfach Spaß den Figuren zuzusehen, man ist gerne mit ihnen zusammen und versteht auch ihre Gefühle, Motive. Dann zum Schluss das Drehbuch, welches so intelligent ist, die Geschichte zwar auf vielfältige Weise interpretierbar zu machen und viele Themen (Coming-Of-Age, Eltern/Kinder-Konflikte, Außenseitertum, natürlich die Last der Verantwortung, die Suche nach Individualität uvm) reinzupacken, aber trotzdem das Ganze nicht zu überladen. Und die 1000 Anspielungen an die Marvel- und Spidey-Geschichte (alles sogar wichtig für die Story, die dadurch erst so richtig rund wird) tuen ein übriges, um den Fanboy ein gar nicht mehr aus dem Gesicht verschwindendes Grinsen zu zaubern. Die 140 Minuten vergingen wie im Fluge und als dann das letzte Bild kam, hörte man im für Samstag 14:!0 und draußen bestes Sommerwetter recht gut besuchten Kinosaal ein lautes, ziemlich ungläubiges "OOH!".

Rocker rocken Japan.
Terror - Die Rocker von Japan Der japanische Rockerfilm. Unentdecktes Land. Neulich schon den schönen ANGEL LOSERS gesehen, der voll auf den Frontallappen abzielte. Heute Abend dann CRAZY THUNDER ROAD. Das nennt man wohl vorbereitet sein.
Dieser Beitrag ist von 1969. Der Titel sagt es schon. Die Rocker rocken nicht nur, sondern terrorisieren auch. Und das nicht zu knapp.
Die junge Satoko wird von ihnen verfolgt und vergewaltigt. Sie begeht Selbstmord. Ihr Bruder, ein Großwildjäger (!!), schwört Rache.
Sein Motto zwischendurch: "Ich kann nicht tanzen. Ich trinke lieber!" Aber das nur so nebenbei. Untermalt ist dieses Schauspiel nicht mit Rockermusik, sondern mit fortwährendem Dudel-Swing. Beschwingt geht es dann Richtung Rache, die auch hier nicht sonderlich warm dargereicht wird. Beschwingt gehe dann auch ich heute Abend ins Kino, wenn es auf der verückte Donner-Straße geht.

fritzcarraldo hat geschrieben: ↑So 11. Jun 2023, 11:20 "Ich kann nicht tanzen. Ich trinke lieber!"

Tanzen, trinken & Motorrad fahren...
... mach ich alles am liebsten im sitzen!

Hier:
Squadra antiscippo aka "Die Bullen auf den heißen Feuerstühlen"
Gesehen hab ich die olle italienische DVD von Minerva (+ deutscher Tonspur), wird definitiv Zeit für ein Upgrade...
(zusammen mit "Killer Cop" wird da ganz sicher was demnächst bestellt)
So in unregelmäßigen Abständen ist der Film völlig in Ordnung, geplappert wird dabei recht viel, lustig ist beileibe nicht alles, aber in the right mood unterhält der Arbeitsalltag von Nico Giraldi ganz vortrefflich.

Keine Rocker, sondern Biker
Crazy Thunder Road Japan 1980
Cinema Bremen
Weird Xperience.
Wilde Mischung aus Biker-, Coming-of-age-, Endzeit- und Experimentalfilm. Mit ganz viel Punkattitüde, Faschismus-Allegorie und einem fantastischen Soundtrack.

Collateral Ewig nicht gesehen. Ist aber nicht nur gut gealtert, finde ihn sogar noch besser als vor 19 (!) Jahren. Es gibt zwar einige Ungereimtheiten (wann hatte Max Vincent von der Lady mit der Visitenkarte erzählt? Oder hab ich das verpasst?) und so gut Tom Cruise auch agiert, er wirkt immer wie ein Alien in der Rolle. Aber wenn er dann fast schon terminatormäßig durch die Gegend walzt, passt das auch schon wieder. Eigenwillig fehlbesetzt wie ich finde, aber wirklich gut. Bei mir kein Widerspruch. Auch mehr Hintergrund für die Ermittlerseite hätte ich gut gefunden. Egal. Man kann nicht alles haben. Denn die wirklichen Stärken von Michael Mann werden voll ausgeschöpft. Das Urbane. Die Großstadt bei Nacht. Das ist unfassbar grandios in Szene gesetzt.
Ein Meisterstück.
Ach so. Und ist es Zufall, dass Cruise hier Vincent heißt? Genau wie in Farbe des Geldes....

Killer stellen sich nicht vor Thriller mit Delon als Michel, einem Profi-Zocker aus Paris, der irgendwie ins Visier von Waffenhändlern Gerät.
Eigentlich gut gemacht und gespielt und auch mit gewissen Härten gespickt.
Aber das alles hat wenig Tempo und weniger Atmosphäre als ich dachte. Da hätte ich doch irgendwie mehr erwartet. Und das Ende? Nun ja.

Crazy Thunder Road (1980)
Kino
Die Rockerbosse von Japan habern nicht mehr so recht Lust, Außenseiter zu sein, und wollen nur noch Biker sein. Eine kleine Gruppe Abtrüniger einer Bande findet das aber unoriginell, sind noch nciht bereit, Erwachsen zu werden und rebellieren weiter. Eine ultrarechte Wehrsportgruppe versucht sie, für ihre Zwecke auszunutzen...
Wilder schneller Film. Im Mittelpunkt Jen, schon eher der Punk unter eher Teddyboyrockern, eine Mischung aus Sid und Rotten, ohne jegliche Möglichkeit sich unterzuordnen. Das alles mit einer Mischung aus Post-Punk und Biker - Musik unterlegt.
Abgedreht, rasant, schnell, sehr gut gefilmt, hat mir Spaß gemacht und ist eien unbedingte Empfehlung.

Hängt ihn höher (1968)
Arte
Der Versuch, mit Eastwood nach seinem italienausflug in den USA einen Italo-Western zu drehen.
Ein Mann wird unschuldig an einem Baum aufgeknüpft und im letzten Moment von einem vorbeikommenden Marshall geretett. Um sich rächen zu können, läßt er sich selbst von einem Richter mit Großmannssucht als Marshall anwerben.
Viele Einstellungen erinnern tatsächlich an Italowestern, die baumelnden Schuhe, immer wieder Eastwoods Augen in Großaufnahme, die Ambivalenz von Eastwoods Rolle, z. T. die Musik. Aber Hollywood ist nicht Cinecitta, Ted Post kein Leone (dem der Film wohl angeboten wurde), sondern eher ein guter Handwerker, Dominic Frontiere kein Morricone, so dass er Enniohaftes immer wieder mit klassischem Score mischt.
Und eine Rolle wie Rachel Warren hätte man auch nur schlecht in Italien finden können. Allerdings hatte ich die stärker in Erinnerung, ist mit ihren eigenen Racheplänen zwar erst interesant, leider wird sie von ihren düsteren Gelüsten befreit, nachdem sie vom Helden gefreit wird. Dieser hingegen jagt weiter seinen Dämonen hinterher, und das ist anscheinend auch gut so. Auch als Versuch, ein Anti-Tadesstrafenfilm zu sein , scheitert er.
Halbherzige Mischung aus US- und Italowestern, der insgesamt gut schaubar ist, aber doch auch Längen hat, zB bei der Gruppenaufhängung.
So mittel.

Die Viper Heiliger Strohsack! Was war das denn?
Rom offene Stadt. Also für das Verbrechen. Man dreht sich nur mal kurz um und Zack läuft schon wieder ein fieses Verbrechen ab. Es wird gemordet, vergewaltigt und gebrandschatzt was das Zeugs so hergibt.
Kommissar Ferro (toller Name; Maurizio Merli), der eisenharte (!) Cop kommt schon gar nicht mehr hinterher. Sein Chef auch nicht, wenn es darum geht, ihm zu sagen, dass er doch bitte nicht ständig das Gesetz in die eigene Hand nehmen soll, während er mit der anderen (un-) angemessen rumballert wie nichts Gutes. Diese Diskussionen führt er dann auch mit seiner Freundin, einer liberalen Staatsanwältin.
Dazu geißelt irgendwann auch noch ein Krimineller namens "Der Bucklige" (Tomas Milian) die römische Gesellschaft. Zeuge: "Wie er ausgesehen hat? Na, er hatte einen Buckel!"
Lenzis Reißer ist fast schon ständig unangenehm. Die gezeigte Gewalt ist heftigst inszeniert und nicht so "drüber" wie im anderen Merli-Reisser, den ich neulich sah, STADT IN PANIK. Trotz alledem geht der Film in der letzten halben Stunde noch ein höheres Tempo als zuvor und dieses unangenehme Gefühl weicht etwas auf und die Diskussionen über Vigilantentum und Gewalt und Gegengewalt werden natürlich auch nicht wirklich tiefergehend geführt.
DIE VIPER ist wirklicher ein Straßenfeger im wahrsten Wortsinn. Unfassbar!

The Boogeyman (im Kino; 7/10)

Im Vorfeld lief übrigens ein Horror-Trailer nach dem anderen, das Genre scheint derzeit wieder sehr populär zu ein.

Operation Rogue (2014)
Soldaten Action aus der neuzeitlichen Corman Schmiede.
In den Philippinen sammelt eine Terrorgruppe Material für eine fiese Bombe, und da demnächst ein Anti-Terror-Treffen führender Politiker in der Nähe ist, sind die Marines hinter ihnen her, mischen sie auf. Dabei stirbt der Sohn des Oberterroristen nebst einiger Zivilisten. So wird dann die Tochter eines Obermarine entführt. Und der Anschlag natürlich trotzdem weiter vorbereitet. Da muss natürlich eine Einheit unter dem besten hin....
In den 80ern nannte man das Action Gülle, aber hier haben wir einiges auf der Habenseite: in der Hauptrolle Marc Dacascos, ein sehr guter Kämpfer und im Schauspielbereich nicht schlecht, dann Treat Williams (er war der Grund, den Film endlich mal einzuwerfen), und die Tochter darf auch kämpfen und macht das auch ganz gut: Sofia Pernas.
Klar, die Terroristen sind die typischen Moslemkiller, zwischen Ehre, Kalkül, Großmannssucht und leichtem Wahn. Und die stark angelegte Frau will letztendlich demnächst dann auch eine Familie haben. Und jeder Anflug von Kritik schlägt leider nicht in Zynismus um, sondern wird in einem Wust von Kameradschaft und Soldatenheldentum beerdigt.
Aber er ist schnell erzählt, rasant gedreht und langweilt nie. Und die Action ist, wenn auch mit mäßiger CGi aufgepeppt, sehr gut anzuschauen, da dann auch vor allem die Handgreiflichkeiten!
Unterhaltung!

Auf der vorliegenden spanischen DVD (mit deutschen Ton und UT) sind neben den deleted scenes zwei kurze Interviews mit Corman. Ich mag den gerne zuhören.