Re: Das Leichenhaus der lebenden Toten - Jorge Grau
Verfasst: Sa 9. Jul 2011, 12:02
OT: No Profanar el sueno de los Muertos! – Non si profonara al Sonno dei Morti
Spanien/ Italien 1974
D: Ray Lovelock, Christina Galbo, Arthur Kennedy
London Calling (The Clash)
George (ein durch einen Vollbart gut getarnter Ray Lovelock) betreibt eigentlich ein Antiquariat in London, doch kotzt ihn das Stadtleben an. Überall Smog, die Menschen auf den Straßen tragen Schutzmasken vor dem Mund, um den ganzen Dreck nicht einatmen zu müssen. Immerhin rennen sporadisch durchgeknallte Feministinnen nackt durch die Straßen…
Dem will George entfliehen, er schnappt sich sein Motorrad für ein Wochenende auf dem Land, wo er sich ein Haus gekauft hat. Bei einem Tankstopp wird sein Zweirad allerdings von der etwas verwirrten Edna niedergefahren (Frau am Steuer – Ungeheuer!). Da die Reparatur ein paar Tage dauern wird, nötigt George Dame Edna kurzerhand, ihn mitzunehmen. Vielleicht war George auch einfach überzeugt, dass Ednas lange schwarze Lederstiefel gut mit seiner schwarzen Lederjacke harmonieren könnten. Anyway, Edna ist auf dem Weg zu ihrer Schwester Cathy, die auf einer Farm in der Nähe wohnt und ein massives Drogenproblem hat (Heroin is coming back in a big fucking way). Auf dem Weg zu Sister Morphine verfahren sich die beiden aber zunächst, so dass George einen anderen Farmer nach dem Weg fragt. Dabei fällt ihm ein merkwürdiges Gerät an einem Mähdrescher auf, das mittels Radioaktivität Insekten und anderen Schädlingen den Garaus machen soll. Edna, an ihrem Mini zurückgelassen, wird dort unterdessen von einem Mann attackiert, bei dem es sich um einen Landstreicher Guthrie handeln soll. Doch ist jener vor einer Woche verstorben!
Endlich bei Schwesterchen angekommen, wird dort just Schwager Martin ebenfalls angegriffen und getötet. Der ermittelnde Inspektor (Kennedy) verdächtigt Cathy, da
a) die Ehe eher unglücklich und streitbehaftet verlaufen sein soll und
b) bekanntlich unter Drogeneinfluss Menschen zu Taten fähig sind, die sonst nicht begehen könnten und sich nachher an nichts erinnern können.
Außerdem hat er eine nicht verheimlichte Abneigung gegen Hippies wie George: „Ihr seid alle gleich, ihr ungewaschenen, verkommenen Langhaarigen, angezogen wie Schwule, Drogen, Sex – fähig zu jeder Schweinerei!“ George verabschiedet sich darauf hin mit „Heil Hitler!“ Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft – NOT!
Da Cathy einen Kollaps erlitten hat, wurde sie ins örtliche Krankenhaus gebracht, wo der Chefarzt ratlos vor anderen Patienten steht: Seit ein paar Tagen wird eine unglaubliche Aggressivität auf der Säuglingsstation festgestellt.
George und Edna investigieren unterdessen auf dem Friedhof, wo sie feststellen müssen, dass Guthries Sarg leer ist! Der stakst nämlich in der Tat untot in der Gegend herum, hat dem Friedhofswärter bereits das Lebenslicht ausgepustet und erkannt, dass mit ein bisschen Blut auch die übrigen herumliegenden Leichen wieder zum Leben erweckt werden können. George und Edna können zwar entkommen, indem sie die Zombies verbrennen, ein sie bewachender Bobby wird jedoch von den Ereignissen ziemlich zerrissen (angesichts des Trailers hätte ich so eine krasse Gewaltdarstellung nicht erwartet)…
Inspektor Kennedy ist nun endgültig davon überzeugt, es mit Satanisten zu tun zu haben. Nun klingt es natürlich unglaubwürdig, dass Tote aus den Gräbern steigen, aber ein eingeschränkter Ermittlungshorizont ist nicht unbedingt von Vorteil…
Mittlerweile ist es gelungen, die Reichweite des radioaktiven Insektentöters auf 5 Meilen zu steigern. Das bedeutet, noch mehr frisch Verschiedene im Strahlungsradius, und sie scheinen alle auf dem Weg ins Krankenhaus zu sein, wo heute großes Barbecue angesagt ist. Na ja, eigentlich gibt es ja eher rohes Fleisch…
Auch unter den Helden des Filmes breitet sich das Zombietum aus. Der Inspektor knallt George als vermeintlichen Mörder ab und lässt sich von der Presse feiern, doch es gibt noch ein Wiedersehen, und danach bewirbt sich der Inspektor bei den Dead Kennedys.
Nachdem heute auch der Bundesrat zugestimmt hat, aus der Kernkraft auszusteigen, obwohl doch noch vor wenigen Monaten die Laufzeit drastisch verlängert werden sollte, war auch eine Sichtung von Jorge Graus Zombiefilm mal wieder fällig.
„Das Leichenhaus der lebenden Toten“ aka „Invasion der Zombies“ ist schließlich nicht nur ein Zombiefilm (der er freilich ist), sondern auch ein gesellschaftskritisches Werk, das die Fortschrittsgläubigkeit jener Zeit anprangert. Es sollte allerdings noch einige Zeit vergehen, bis sich die Erkenntnis durchsetzte, Emissionen zu reduzieren oder zu filtern. Atommüll wurde kurzerhand in sog. „Forschungsbergwerke“ wie Asse 2 gekippt und kleine Zwischenfälle wie Harrisburg oder Tschernobyl geflissentlich ignoriert. Wer in der Elbmarsch lebte, hatte halt Pech, dass die Kinder aus ungeklärten Gründen an Leukämie erkrankten. 1974 dürften Atomkraftgegner in der Tat noch als „Spinner“ durchgegangen sein, zum Glück ändern sich die Dinge auch mal positiv.
Auch die Polizei kommt hier sehr schlecht von der Parade, und ich weise darauf hin, dass bei Erscheinen des Films in Graus Heimatland Spanien noch der Franco regimte, und damit meine ich nicht den Jess. Es dürfte also nicht allzu weit hergeholt sein, wenn ich annehme, dass Grau über den englischen Umweg das Verhalten der spanischen Polizei anprangern wollte.
Umso bedauerlicher, dass auch deutsche Gesetzeshüter mit dem Film auf Kriegsfuß standen und den Film im Rahmen der Ermittlungen gegen den Astro-Krekel auf Basis eines 27-seitigen Gutachtens von Rudolf Stefen beschlagnahmen ließen. Leider kenne ich das Gutachten, doch ich bezweifle, dass Stefen die Kritik von David Pirie in seinem legendären „Vampir Filmkult“ von 1977 gelesen hat, in dem Pirie dem Film bescheinigt, dem Vampirfilm neue Wege zu erschließen, indem er die Ideen seines außergewöhnlichen Vorbildes (gemeint ist Romeros „Night of the living dead“) weiter zu entwickeln. Aber „Night“ ist ja trotz FSK 16 und diverser Ausstrahlungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ja auch mittlerweile beschlagnahmt hierzulande, weil inkompetente Richter zwei unterschiedliche Filme mit gleichem Titel nicht auseinander halten können.
Spanien/ Italien 1974
D: Ray Lovelock, Christina Galbo, Arthur Kennedy
London Calling (The Clash)
George (ein durch einen Vollbart gut getarnter Ray Lovelock) betreibt eigentlich ein Antiquariat in London, doch kotzt ihn das Stadtleben an. Überall Smog, die Menschen auf den Straßen tragen Schutzmasken vor dem Mund, um den ganzen Dreck nicht einatmen zu müssen. Immerhin rennen sporadisch durchgeknallte Feministinnen nackt durch die Straßen…
Dem will George entfliehen, er schnappt sich sein Motorrad für ein Wochenende auf dem Land, wo er sich ein Haus gekauft hat. Bei einem Tankstopp wird sein Zweirad allerdings von der etwas verwirrten Edna niedergefahren (Frau am Steuer – Ungeheuer!). Da die Reparatur ein paar Tage dauern wird, nötigt George Dame Edna kurzerhand, ihn mitzunehmen. Vielleicht war George auch einfach überzeugt, dass Ednas lange schwarze Lederstiefel gut mit seiner schwarzen Lederjacke harmonieren könnten. Anyway, Edna ist auf dem Weg zu ihrer Schwester Cathy, die auf einer Farm in der Nähe wohnt und ein massives Drogenproblem hat (Heroin is coming back in a big fucking way). Auf dem Weg zu Sister Morphine verfahren sich die beiden aber zunächst, so dass George einen anderen Farmer nach dem Weg fragt. Dabei fällt ihm ein merkwürdiges Gerät an einem Mähdrescher auf, das mittels Radioaktivität Insekten und anderen Schädlingen den Garaus machen soll. Edna, an ihrem Mini zurückgelassen, wird dort unterdessen von einem Mann attackiert, bei dem es sich um einen Landstreicher Guthrie handeln soll. Doch ist jener vor einer Woche verstorben!
Endlich bei Schwesterchen angekommen, wird dort just Schwager Martin ebenfalls angegriffen und getötet. Der ermittelnde Inspektor (Kennedy) verdächtigt Cathy, da
a) die Ehe eher unglücklich und streitbehaftet verlaufen sein soll und
b) bekanntlich unter Drogeneinfluss Menschen zu Taten fähig sind, die sonst nicht begehen könnten und sich nachher an nichts erinnern können.
Außerdem hat er eine nicht verheimlichte Abneigung gegen Hippies wie George: „Ihr seid alle gleich, ihr ungewaschenen, verkommenen Langhaarigen, angezogen wie Schwule, Drogen, Sex – fähig zu jeder Schweinerei!“ George verabschiedet sich darauf hin mit „Heil Hitler!“ Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft – NOT!
Da Cathy einen Kollaps erlitten hat, wurde sie ins örtliche Krankenhaus gebracht, wo der Chefarzt ratlos vor anderen Patienten steht: Seit ein paar Tagen wird eine unglaubliche Aggressivität auf der Säuglingsstation festgestellt.
George und Edna investigieren unterdessen auf dem Friedhof, wo sie feststellen müssen, dass Guthries Sarg leer ist! Der stakst nämlich in der Tat untot in der Gegend herum, hat dem Friedhofswärter bereits das Lebenslicht ausgepustet und erkannt, dass mit ein bisschen Blut auch die übrigen herumliegenden Leichen wieder zum Leben erweckt werden können. George und Edna können zwar entkommen, indem sie die Zombies verbrennen, ein sie bewachender Bobby wird jedoch von den Ereignissen ziemlich zerrissen (angesichts des Trailers hätte ich so eine krasse Gewaltdarstellung nicht erwartet)…
Inspektor Kennedy ist nun endgültig davon überzeugt, es mit Satanisten zu tun zu haben. Nun klingt es natürlich unglaubwürdig, dass Tote aus den Gräbern steigen, aber ein eingeschränkter Ermittlungshorizont ist nicht unbedingt von Vorteil…
Mittlerweile ist es gelungen, die Reichweite des radioaktiven Insektentöters auf 5 Meilen zu steigern. Das bedeutet, noch mehr frisch Verschiedene im Strahlungsradius, und sie scheinen alle auf dem Weg ins Krankenhaus zu sein, wo heute großes Barbecue angesagt ist. Na ja, eigentlich gibt es ja eher rohes Fleisch…
Auch unter den Helden des Filmes breitet sich das Zombietum aus. Der Inspektor knallt George als vermeintlichen Mörder ab und lässt sich von der Presse feiern, doch es gibt noch ein Wiedersehen, und danach bewirbt sich der Inspektor bei den Dead Kennedys.
Nachdem heute auch der Bundesrat zugestimmt hat, aus der Kernkraft auszusteigen, obwohl doch noch vor wenigen Monaten die Laufzeit drastisch verlängert werden sollte, war auch eine Sichtung von Jorge Graus Zombiefilm mal wieder fällig.
„Das Leichenhaus der lebenden Toten“ aka „Invasion der Zombies“ ist schließlich nicht nur ein Zombiefilm (der er freilich ist), sondern auch ein gesellschaftskritisches Werk, das die Fortschrittsgläubigkeit jener Zeit anprangert. Es sollte allerdings noch einige Zeit vergehen, bis sich die Erkenntnis durchsetzte, Emissionen zu reduzieren oder zu filtern. Atommüll wurde kurzerhand in sog. „Forschungsbergwerke“ wie Asse 2 gekippt und kleine Zwischenfälle wie Harrisburg oder Tschernobyl geflissentlich ignoriert. Wer in der Elbmarsch lebte, hatte halt Pech, dass die Kinder aus ungeklärten Gründen an Leukämie erkrankten. 1974 dürften Atomkraftgegner in der Tat noch als „Spinner“ durchgegangen sein, zum Glück ändern sich die Dinge auch mal positiv.
Auch die Polizei kommt hier sehr schlecht von der Parade, und ich weise darauf hin, dass bei Erscheinen des Films in Graus Heimatland Spanien noch der Franco regimte, und damit meine ich nicht den Jess. Es dürfte also nicht allzu weit hergeholt sein, wenn ich annehme, dass Grau über den englischen Umweg das Verhalten der spanischen Polizei anprangern wollte.
Umso bedauerlicher, dass auch deutsche Gesetzeshüter mit dem Film auf Kriegsfuß standen und den Film im Rahmen der Ermittlungen gegen den Astro-Krekel auf Basis eines 27-seitigen Gutachtens von Rudolf Stefen beschlagnahmen ließen. Leider kenne ich das Gutachten, doch ich bezweifle, dass Stefen die Kritik von David Pirie in seinem legendären „Vampir Filmkult“ von 1977 gelesen hat, in dem Pirie dem Film bescheinigt, dem Vampirfilm neue Wege zu erschließen, indem er die Ideen seines außergewöhnlichen Vorbildes (gemeint ist Romeros „Night of the living dead“) weiter zu entwickeln. Aber „Night“ ist ja trotz FSK 16 und diverser Ausstrahlungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ja auch mittlerweile beschlagnahmt hierzulande, weil inkompetente Richter zwei unterschiedliche Filme mit gleichem Titel nicht auseinander halten können.