bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt
Die Spur des Falken
„Ich bin ja völlig derangiert, Mr. Spade!“
US-Filmemacher John Huston adaptierte einst einen bereits zweimal verfilmten Roman Dashiell Hammetts in Drehbuchform und debütierte mit dessen Inszenierung sogleich als Regisseur: Mit dem 1941 veröffentlichten „Die Spur des Falken“ schuf er dabei nicht weniger als den Hard-Boiled-Detective-Film-Genre- und Film-noir-stilbegründenden Meilenstein der Filmgeschichte, der zahlreiche andere Autoren und Regisseure inspirierte und Nachahmer nach sich zog.
„Sie tun mir Unrecht, sagte die Schlange, als sie das Kaninchen verspeiste!“
San Francisco, USA: Als eine Frau (Mary Astor, „Vertauschtes Glück“) das Büro des Privatdetektivs Sam Spade (Humphrey Bogart, „Der versteinerte Wald“) aufsucht, ahnt dieser noch nicht, in welch tödliche Auseinandersetzungen er durch diesen schicksalhaften Besuch hineingezogen werden wird. Sie sei auf der Suche nach ihrer Schwester, sagt sie, und bittet Spade und seinen Partner Miles Archer (Jerome Cowan, „Tanz mit mir“), den ihr angeblich verdächtigen Thursby zu observieren. Dieser Job wird Archer das Leben kosten, kurz darauf ist auch Thursby tot – und Spade unter Mordverdacht. Dessen Ermittlungen konzentrieren sich nun auf die unheilige Frau, deren wahrer Name Brigid O’Shaughnessy lautet. Anscheinend geht es um eine Falken-Skulptur, hinter der aus zunächst unerfindlichen Gründen mehrere Leute her sind…
Eine Texttafel erläutert zu Beginn knapp die Hintergründe der Skulptur des Malteser Falken, anschließend gehört der Film ganz seinen Schauspielerinnen und Schauspielern respektive den von ihnen verkörperten Figuren, allen voran Sam Spade, einem arroganten Kontrollfreak und Macho, der eine Affäre mit der Frau (Gladys George, „Die wilden Zwanziger“) seines Partners pflegte und nach dessen Tod nicht zögert, die bisher gemeinsame Detektei in Windeseile umzubenennen. Er ist ein kaltschnäuziger Unsympath und Einzelgänger und als furchtloser, souveräner Privatdetektiv der Archetyp des zweifelhaften Film-noir-Protagonisten, dem erst in der weiteren Genre- und Stil-Ausentwicklung gebrochene männliche Charaktere als Alternative angeboten werden würden.
Brigid O’Shaughnessy hingegen ist die klassische Femme fatale: Durchtrieben, (nicht nur) mit den Waffen einer Frau manipulativ um ihren eigenen Vorteil kämpfend und dabei über Leichen gehend. Sie gibt sich verletzlich, hilflos und unschuldig, ist aber eigentlich ähnlich zielstrebig und tollkühn wie ihre männlichen Kollegen, eventuell gar noch skrupelloser. Sie wechselt ständig ihren Namen und hat die Geschichte mit ihrer Schwester nur erfunden. Thursby habe sich als ihr Freund aufgespielt; sie habe wissen wollen, mit wem sie es zu tun hat. Nun fühle sie sich verfolgt. Was kann man dieser Frau glauben? Die Geschichte wird komplex, um nicht zu sagen: verworren. Der offenbar homosexuelle Joel Cairo (Peter Lorre, „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“) wird ebenfalls bei Spade vorstellig und bietet ihm im Namen seines Auftraggebers 5.000 Dollar für die Beschaffung des Malteser Falken. Plötzlich bedroht er ihn mit einer Waffe, um sein Büro durchsuchen zu können, doch knockt Spade ihn aus. Beim Versuch, die Wahrheit herauszufinden und den ganzen Spuk unversehrt durchzustehen, avanciert Spade zu einem noir-typisch etwas schrägen, umso ambivalenteren Typus von Identifikationsfigur und Sympathieträger. Und seinen Chauvinismus stellt er unter Beweis, indem er sich mir nichts, dir nichts seine Klientin greift und sie küsst…
Der unfähige Möchtegern-Gangster Wilmer Cook (Elisha Cook Jr., „Tin Pan Alley“) und zwei ermittelnde Polizisten, die ebenfalls immer wieder mit Spade aneinandergeraten, komplettieren den Reigen sich gegenseitig übers Ohr hauender Figuren, mit denen Spade zuweilen gemeinsame Sache macht. Im letzten Drittel sind alle Akteure in einem Raum vereint und Dialog reiht sich an Dialog, aber Kamera und Sprach- sowie Bewegungsrhythmus sorgen für Dynamik. Besagte Kamera trägt ihren entscheidenden Anteil zur Definition des Film-noir-Stils bei, indem sie die Licht- und Schattenspiele des deutschen Expressionismus aufgreift und mit mal mehr, mal weniger allegorischen Asymmetrien arbeitet. Eine rein positive Charakterkonnotation wird man hier vergebens suchen, dafür umso mehr Habgier und Verkommenheit finden.
Damit vereint „Die Spur des Falken“ bereits einen Großteil der Film-noir-Versatzstücke, wenngleich ihm mit dem eher komödiantisch geprägten männlichen Gangster-Duo noch etwas Comichaftes anhaftet, das späteren Beiträgen zur Schwarzen Serie (wie die damaligen Noir-Filme auch zusammenfassend bezeichnet wurden, hat also nichts mit „Der Prinz von Bel-Air“ und Konsorten zu tun) abgehen sollte. Auch ist die Geschwätzigkeit dieses Films noch untypisch. Die titelgebende Skulptur erweist sich als typischer MacGuffin Hitchcock’scher Prägung (und wurde in den 1980ern zum Namen einer der besten Heavy-Metal-Bands Dänemarks). Sam Spade wird im Filmverlauf ungesunde Gefühle für O’Shaughnessy entwickeln, diese aber verleugnen und begraben, statt an ihnen zu verzweifeln und zugrunde zu gehen wie spätere von Schwarzen Witwen gefressen werdende Noir-Antihelden. Auch ohne durch die Handlung führende, im Präteritum gehaltene Off-Stimme des Protagonisten, die ein Markenzeichen manch späteren Genrebeitrag werden sollte, ist man als Zuschauer(in) mit wenigen Ausnahmen recht eng an Spades Seite und nimmt so dessen subjektive Perspektive ein.
Definitiv eine reife und wichtige Pionierleistung Hustons, die Bogart endgültig zu Filmstarruhm verhalf, wenngleich spätere, fatalistischere Beiträge in Sachen düsterer Stimmung meines Erachtens die Nase vorn haben. Hierzu sei jedoch angemerkt, dass ich mich auf die deutsche Fassung mit ihrem gegenüber dem US-Original geänderten, nunmehr jazzigen Soundtrack beziehe, die, so heißt es, eine ganz andere Atmosphäre als die ursprünglich intendierte erzeuge. Eventuell werde ich dies beizeiten überprüfen, indem ich mich mit der Originalfassung auseinandersetzen werde – doch, ach, wirken andere anzuschauende und zu besprechende Genrebeiträge gerade ähnlich verführerisch wie manch Femme fatale auf mich…
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt
Wie ein wilder Stier
„Ich bau' nirgendwo Scheiße!“
Nach seiner überaus erfolgreichen Zusammenarbeit mit Robert De Niro für „Taxi Driver“ sowie dem Dreh der Dokumentarfilme „American Boy: A Profile of – Steven Prince“ und „The Band“ ließ sich US-Ausnahmeregisseur Martin Scorsese nach anfänglichem Zögern von De Niro überreden, die Biographie des US-Boxers Jake LaMotta zu verfilmen. Mit Mardik Martins Drehbuchentwürfen soll De Niro allerdings unzufrieden gewesen sein, weshalb Paul Schrader als Ko-Autor verpflichtet wurde. De Niro, der die Hauptrolle übernahm, lernte und trainierte eigens für den Film den Boxsport und ließ sich dabei von LaMotta persönlich begleiten. „Wie in wilder Stier“ wurde 1980 veröffentlicht, sahnte zwei Oscars ab, war für zahlreiche weitere nominiert und wird bis heute immer wieder in Film-Bestenlisten genannt.
„Ich mag deinen Schweißgeruch.“
Der Film deckt den Zeitraum 1941 bis 1964 ab, eine Zeit, in der der in der Bronx geborene Italoamerikaner Jake LaMotta den Boxring betrat, zum Weltmeister im Mittelgewicht wurde, sich scheiden ließ, neu heiratete, Vater wurde, sich mit der Mafia einließ und schließlich nach seinem Karriereende nach Florida zog, dort eine Bar eröffnete, im Gefängnis landete, um sich anschließend als Stand-up-Humorist zu verdingen. Der überwiegende Teil des Films wurde in Schwarzweiß gedreht, so auch der Auftakt, der Schattenboxen im Ring in Zeitlupenbildern stilisiert. Zeitsprung ins Jahr 1964: Der sichtlich gealterte Jake erzählt von früher, visualisiert durch eine von nun an den Hauptteil des Films einnehmenden Rückblende, beginnend mit einem brutalen Boxkampf aus dem Jahre 1941, in dessen Anschluss es zu Tumulten kommt. Jakes Ehefrau (Lori Anne Flax) ist ein übertemperamentvoller Drachen; er hängt viel mit seinem jüngeren Bruder Joey (Joe Pesci, „Im Netz der Gewalt“) herum und hat ein Auge auf die frühreife 15-jährige Vickie (Cathy Moriarty, „Matinée“) geworfen.
Innerhalb dieser Rückblende gibt es mehrere Zeitsprünge, zunächst einen zu einem Kampf im Jahre 1943. Jake ist mittlerweile mit Vickie liiert. 1944 kommt Farbe in die Bilder und eine ganze Reihe von Ereignissen wird im Zeitraffer in Form von Zusammenschnitten aus Super-8-Privatfilmmaterial und Fotos abgehandelt. Heirat, Kindergeburten, weitere Kämpfe. Danach entnimmt Scorsese den Bildern wieder ihre Farbe, schwarzweiß geht’s weiter. Joey managt Jake mittlerweile, der immer eifersüchtiger wird und Vickie damit zunehmend auf die Nerven geht. Die Mafia fordert, dass Jake endlich nach ihrer Pfeife tanzt – dann erhalte er seinen ersehnten Titelkampf. Irgendwann haben sie ihn weichgekocht und er lässt sich darauf ein. Seine sportlichen Erfolge stehen jedoch im Kontrast zu privaten Problemen, die er selbst verursacht: In seinem krankhaften Misstrauen dreht er völlig durch, verprügelt seinen Bruder vor den Augen seiner Kinder und schlägt seine Frau.
Schonungslos dokumentiert der Film Jakes Stärken im Ring und seine Schwächen im Privaten sowie deren Eskalation. Zugleich ist „Wie ein wilder Stier“ auch eine Schilderung des harten gesellschaftlichen Milieus, dem die LaMottas entstammen. Im Ring scheint Jake sein Aggressionspotential zugutezukommen, zum Leidwesen seiner Gegner. Außerhalb des Rings steht es ihm Weg. Scorsese-typisch ist erneut die Thematisierung und Anklage toxischer Maskulinität italoamerikanischer Männer. Und erneut geht er mit viel Bedacht vor, um eine Verklärung des Protagonisten zu vermeiden. Die Boxszenen, die wirken, als habe man damals generell ohne Deckung geboxt, wurden derart aufwändig gefilmt, dass sie in der Filmwelt neue Standards setzten. Zudem notierte ich im emotionalen Überschwang: „Geile Kamera und mordmäßiger Schnitt!“ Tatsächlich ging einer der beiden Oscars an Thelma Schoonmaker für den besten Schnitt, der andere an De Niro als bestem Hauptdarsteller. Michael Chapmans Kameraarbeit war immerhin nominiert. „Wie ein wilder Stier“ ist bis in die Nebenrollen beeindruckend geschauspielert und Scorseses Regiearbeit ohne nennenswerte Makel.
Man braucht sich nicht fürs Boxen zu interessieren, um diesem Film etwas abgewinnen zu können. Bereits für seinen Stil und seine Technik ist er sehenswert. Inhaltlich handelt es sich um ein bemerkenswertes Beispiel für ein ungeschöntes Porträt einer damals noch lebenden und ja selbst an der Entstehung des Films beteiligt gewesenen Person, das darüber hinaus sporthistorische Einblicke liefert und quasi nebenbei einiges über die USA erzählt. Scorsese schließt seinen Film mit einer ein Bibelzitat enthaltenden Texttafel und einer Kondolenz an seinen Lehrer.
P.S. von einem Betroffenen: Welch Gemeinheit, dass Jake von seiner Frau und seinem Bruder bereits als fett bezeichnet wird, wenn er lediglich einen minimalen Bauchansatz entwickelt hat…
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt
Ein Zombie hing am Glockenseil
„Ich sehe ein… Glockenseil!“
Nachdem der italienische Regisseur Lucio Fulci nach Komödien, Western und Gialli mit der inoffiziellen „Dawn of the Dead“-Fortsetzung „Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies“ das Horrorgenre für sich entdeckt hatte, folgte im Jahre 1980 in diesem Film mit dem blumigen (und etwas albern klingenden) deutschen Titel „Ein Zombie hing am Glockenseil“ der Auftakt seiner losen „Gates of Hell“-Trilogie. Durch seine exemplarische Hervorhebung in der Anti-Horrorfilm-TV-Dokumentation „Mama, Papa, Zombie“ avancierte „Paura nella città dei morti viventi“ (so der Originaltitel) zu einem der berüchtigsten, aber auch populärsten und beliebtesten Opfer bundesdeutscher Kunstzensur: Nach der Ausstrahlung jener Dokumentation wurde Fulcis Film zunächst indiziert und später gar nach § 131 aufgrund seiner Gewaltdarstellung beschlagnahmt.
„Ich sehe Leichen! Eine Stadt voller Leichen!“
Das Medium Mary (Catriona MacColl, „Über dem Jenseits“) sieht während einer Séance in New York, wie Pater Thomas (Fabrizio Jovine, „Ein Mann auf den Knien“), der Priester des weit entfernt gelegenen, auf keiner Karte verzeichneten Dorfs Dunwich, sich an einem Glockenseil erhängt. Wie im Buch Henoch beschrieben, öffnet er damit eines der Portale zur Hölle. Mary erleidet daraufhin eine Katalepsie, wird für tot gehalten und in einem Sarg bestattet. Gerade noch rechtzeitig wird der Journalist Peter (Christopher George, „Grizzly“) auf sie aufmerksam und kann sie befreien. Gemeinsam reisen sie nach Dunwich, das sich als das ehemalige Hexen-Dorado Salem entpuppt. Vor Ort geht es tatsächlich nicht mit rechten Dingen zu: Tote kehren als geisterhafte Zombies zurück und an Allerseelen soll es für alle zu spät sein. Viel Zeit bleibt Peter und Mary nicht mehr, um zusammen mit dem einheimischen Gerry (Carlo De Mejo, „Der Pfaffenspiegel“) das Grab des Priesters zu finden und zu versuchen, dem Schrecken Einhalt zu gebieten…
„Vielleicht hat ein Flugzeug die Schallmauer durchbrochen…“
Nach einem herrlich morbiden Auftakt mit der Séance und dem titelgebenden Suizid wird aus dem angeblich über 4.000 Jahre alten Buch Henoch zitiert und fortan zunächst zwischen zwei Handlungsorten und Erzählsträngen changiert: New York und Dunwich. Während in New York Peter auf Mary durch ihren vermeintlichen Tod während einer spiritistischen Sitzung aufmerksam wird und Fulci eine perfekte, klaustrophobische Lebendig-begraben-Szene umsetzt, in deren Zuge Peter an zwei gewerkschaftlich organisierte Totengräber gerät und daher selbst zu Schaufel und Spitzhacke greifen muss, geht es in Dunwich bereits wesentlich höher her. Gebäude erhalten geheimnisvolle Mauerrisse, Pater Thomas spukt umher, eine junge Frau erbricht ihre Eingeweide. Beide Handlungsebenen werden zusammengeführt, als es Peter und Mary gelingt, den Ort ausfindig zu finden, nachdem ihnen ein Medium geraten hat, dort das Tor zur Hölle noch vor Allerseelen zu schließen.
In Dunwich wird zumindest in der deutschen Synchronisation viel Unfug geplappert, werden irre Behauptungen aufgestellt, die keiner Überprüfung standhalten – möglicherweise handelt es sich dabei ebenfalls bereits um Vorboten der Apokalypse, einer Vorstufe zur Zombifizierung. Wesentlich härter gehen dann die Zombies zu Werke, die mit Vorliebe derart brutal nach den Skalps ihrer Opfer grabschen, dass sie dabei gleich ein Stück Hirnmasse mitrupfen. Dieser Brutalität in nichts nach steht wiederum ein noch nicht zombifizierter Dorfbewohner, der den zurückgebliebenen Dorfperversling Bob (Giovanni Lombardo Radice, „Asphalt-Kannibalen“) für die vielen Todesfälle verantwortlich macht, sich kurzerhand zu Ankläger, Richter und Vollstrecker in Personalunion erklärt und Bob sadistisch hinrichtet, indem er ihm bei lebendigem Leibe eine fetten Bohrer durch die Schläfen jagt, bis er auf der anderen Seite wieder herauskommt. Selbstzweckhaftes Gesplatter? Vielmehr eine Parabel auf und Kritik am provinziellen latenten Faschismus. So zumindest wollte Fulci die Sequenz verstanden wissen, was durchaus nachvollziehbar erscheint. Als Dr. Joe Thompson gönnt sich Fulci einen kurzen Cameo.
Geisterzombies als Unheilbringer und Apostel des Untergangs, eine Welt am Abgrund. Das zumindest namentlich Lovecraft entlehnte Örtchen Dunwich wirkt wie aus der Zeit gefallen und verleiht dem Treiben einen Gothic-Horror-Touch. Die Suspense-Szenen sind von hoher Qualität; die Kamera zoomt italotypisch auf Augen- und Mundpartien, fängt aber auch Gianetto de Rossis fantastische, schmodderige, ekelhafte Spezialeffekte ohne falsche Scheu ein, während ein grandioser Soundtrack Fabio Frizzis das modrige Treiben musikalisch unterlegt. MacColl und George sind in ihrer Gegensätzlichkeit ein interessantes Duo, ihre Rollen (und somit auch das Publikum) sehen sich einer schaurig bedrückenden, morbiden Atmosphäre ausgeliefert, die neben den expliziten Spezialeffekten eines der großen Pfunde des Films darstellt. Seltsam oberflächlich und entmenschlicht wirkt indes die Interaktion anderer Figuren miteinander.
Für Handlungsfetischistinnen und -fetischisten ist „Paura…“ indes eher nix. Die Handlung dient hier mehr als lose Klammer, die die von Beginn an der Realität, wie wir sie kennen, entrückten Ereignisse zusammenzuhalten versucht. Fulcis Film wirkt, seiner Lovecraft’schen Inspiration folgend, ir- bis surreal und aber irritiert dabei mit einer derartigen Unschärfe, dass mitunter uneindeutig bleibt, was als Phantastik-Element Folge der Priesterselbstentleibung und was ganz herkömmlicher menschlicher Irrsinn ist, der möglicherweise zur Verzweiflung und Schwächung des Paters beitrug. Dessen Vorgeschichte bleibt nebulös bzw. wird schlicht nicht aufgegriffen. Leider fehlen, so heißt es, aufgrund eines technischen Defekts beim Ausgangsmaterial allen Fassungen die letzten Sekunden, die die apokalyptische Tendenz des Stoffs unterstreichen.
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, sich auf „Ein Zombie hing am Glockenseil“ einzulassen. Aufgrund des Rufs, der ihm vorauseilt, dürfte vorrangig jene sein, sich von den harschen Spezialeffekten erschrecken zu lassen respektive sich an ihnen zu erfreuen. Nicht selten lernt man bei Neusichtungen insbesondere die oben umrissene Atmosphäre und die eigenartige Stimmung zu schätzen, oder aber man beginnt, auf Handlungsdetails zu achten und die dargestellten Geschehnisse in Kontext zu „Über dem Jenseits“ und den Umtrieben eines Dr. Freudstein zu setzen. Aufgrund der Einführung Dr. Christoph Seelingers im Rahmen einer Wiederaufführung im Kino, der auf ein Zitat Fulcis verwies, in dem der Regisseur von einem „Artaudian film“ spricht, einem „absoluten Film“ nach Antonin Artaud, der bewusst ohne nachvollziehbare Handlung und innere Logik konzipiert worden sei, ergibt sich eine weitere Lesart, die sämtlichen Kritikerinnen und Kritikern, die eben jenes an „Paura…“ bemängeln, den Wind aus den Segeln nimmt, der dafür dann aber wiederum eigentlich sogar noch zu viel klassische Narration aufweist.
Für mich persönlich ist „Ein Zombie hing am Glockenseil“ das Äquivalent zu einem doomigen Death-Metal-Song, für den ich sicherlich nicht immer in Stimmung bin, von dem ich mich aber dann und wann gern niederwalzen lasse. Sogar noch einmal eine Klasse besser gelang Fulci die Verfilmung einer mit Zombieterror einhergehenden höllischen Endzeitvision nur ein Jahr später mit „Über dem Jenseits“ – wobei es auch Stimmen gibt, die den Glockenseil-Pater gegenüber jenem Meisterwerk favorisieren.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt
Doc of the Dead
Film-Dokumentarfilmer Alexandre O. Philippe („The People vs. George Lucas“) widmet sich in seinem rund 80-minütigen Dokumentarfilm aus dem Jahre 2014 dem Zombiefilm und dem popkulturellen Phänomen, das dieser hervorbrachte.
Er beginnt mit einer fingierten TV-Nachrichten-Collage über Zombieattacken, gefolgt von einem hübsch gestalteten Vorspann und einer Straßenumfrage zum Thema Zombies zum lockeren Einstieg. Anschließend scheint Philippe das Zombie-Horror-Subgenre von „White Zombie“, dem ersten Tonfilmbeitrag also, an aufrollen zu wollen, landet dann aber doch recht zügig bei George A. Romero, „28 Days Later“, „The Walking Dead“ sowie „World War Z“ und überspringt leider den britischen „Nächte des Grauens“, jenes bedeutende Bindeglied, in dem einerseits noch Voodoo im Spiel war, andererseits aber erstmals Untote sich aus ihren Gräbern erhoben. Etwas später wird dafür noch einmal etwas genauer auf die Begriffsursprünge und die kulturellen Wurzeln inklusive haitianischer Gesprächspartnerinnen und -partner eingegangen. Auch die von Wes Craven in „Die Schlange im Regenbogen“ verarbeitete Gifttheorie wird herangezogen.
Philippe integriert zahlreiche Film- und auch Videospielausschnitte, Bilder von Conventions usw. und beleuchtet verschiedene Aspekte des Subgenres, gibt in der ohnehin eher knapp bemessenen Laufzeit aber auch einer offenbar eigenen Zombiefilm-Parodie fragmentarisch und episodisch Raum. „Doc of the Dead“ kommt ohne durch die Dokumentation führenden Sprecher aus, vereint dafür aber zahlreiche meist recht unterhaltsame Statements aus Interviews mit den Regisseuren George A. Romero, Alex Cox und Stuart Gordon, den Schauspielern Bruce Campbell Simon Pegg, den Autoren Robert Kirkman (verantwortlich für die „The Walking Dead“-Comicvorlagen), Max Brooks („World War Z“) und John Russo („Die Nacht der lebenden Toten“, „The Return of the Living Dead“), Spezialeffektkünstler Tom Savini oder Schauspielerin Judith O’Dea (Barbra aus „Die Nacht der lebenden Toten“).
Als Erklärungsversuche für die Renaissance des Subgenres in den 2000ern werden die Terroranschläge vom 11. September 2001 und der Hurricane Katrina angeführt. Verglichen mit anderen Dokumentationen zum Phänomen des modernen Horrorfilms legt man derartig hintergründige Überlegungen aber rasch ad acta. Lieber widmet man sich den Zombies als Massenphänomen, indem man die leidige Diskussionen über langsame versus schnelle Zombies aufgreift und befeuert, den sog. Zombie Walk beleuchtet, bei dem sich tausende als Zombies verkleidete Menschen treffen, um als Parade gemeinsam durch die Straßen zu schlurfen, einige schräge Geschäftsideen vorstellt und last but not least zu erörtern versucht, was bei einer Zombie-Apokalypse zu tun wäre. Ab einem gewissen Punkt geht es leider fast ausschließlich um derartige Begleiterscheinungen und nicht mehr um die Spielfilme. Irgendwelche Zombie-Schutzbunker, mit denen dummen Amis das Geld aus der Tasche gezogen werden soll, erschienen Philippe für seinen Film offenbar relevanter als auch nur mit einer Silbe beispielsweise auf die italienischen Vertreter des Subgenres einzugehen.
Das ist ziemlich enttäuschend und seinem mutmaßlichen Anspruch, den Weg der Zombies von ihren Anfängen bis in die Popkultur hinein nachzuzeichnen, wird „Doc of the Dead“ auf diese Weise kaum gerecht. Erschrocken habe ich mich weniger über die Zombies und ihre Untaten, sondern viel mehr darüber, wie furchtbar rechthaberisch und selbstverliebt „Zombie Survival Guide“- und „World War Z“-Autor Max Brooks während einer in Auszügen gezeigten Podiumsdiskussion zusammen mit George Romero wirkt… Nichtsdestotrotz unterhält „Doc of the Dead“ in seiner Oberflächlichkeit kurzweilig und birgt möglicherweise das Potential, Genre-unerfahrene Zuschauerinnen und Zuschauer anzufixen.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt
Examen
„Hey, komm, was ist denn los?“ – „Gar nichts…“ – „Dann können wir ja weitermachen.“ – „Nein!“ – „Warum denn nicht?“ – „Darum nicht.“ – „Ich muss doch keinen Grund haben! Ich möchte gern ein bisschen die Enten beobachten!“ – „Enten schwimmen nachts nicht. Ihre Scheinwerfer kriegen im Wasser einen Kurzschluss.“ („Examen“ – Dialoge aus der Hölle!)
„Examen“ ist ein Vertreter der ersten Welle Slasher-Rip-Offs, also im Fahrwasser der Genregrößen „Halloween – Die Nacht des Grauens“ und „Freitag der 13.“ entstandener Subgenre-Vertreter aus der zweiten Reihe. Da ist einiges Schönes bei, aber auch weniger Gelungenes. US-Regisseur Jimmy Hustons („Der Vollstrecker kennt kein Erbarmen!“) Beitrag zählt leider zu letzterem. Widmen wir uns dieser Chose einmal etwas ausführlicher:
„… du wirst wochenlang nichts anderes als deine schlaffe Alte in den Händen halten. Sie muss doch jetzt auch schon fast 30 sein!“
Am Lanier College neigt sich das Semester dem Ende entgegen, und was die Studentenschaft noch nicht ahnt: auch ihr Leben. Im Nachbarort wurde ein junges Pärchen erstochen, der Mörder ist flüchtig – und auf dem Weg nach Lanier. Inmitten dieser beunruhigenden Situation leistet sich die Gamma-Verbindung einen makabren Scherz, doch aus Spaß soll alsbald Ernst werden…
„Sinnlose Mordtaten sind ein Phänomen der heutigen Zeit!“
Mit unheilschwangerer Klaviermusik zu Kamerafahrten über einen idyllisch anmutenden See beginnt es eigentlich recht vielversprechend. Am benachbarten College knutscht ein Studentenpärchen im Auto, wo es jedoch überfallen und getötet wird. Nach diesem Prolog geht’s ans Lanier College, wo die Abschlussprüfungen bevorstehen. Die absonderlichen Dialoge lassen Rückschlüsse auf ein eher niedriges Bildungsniveau zu. Chemie-Professor Dr. Reynolds (Don Hepner, „Young Warriors“) geht mit einer jungen Blondine fremd, der Studentin Lisa (DeAnna Robbins, „Die Rückkehr der Rebellen“) – wie er es zuvor offenbar bereits mit etlichen anderen seiner Schäfchen zu tun pflegte. Footballer Wildman (Ralph Brown) benimmt sich wie ein Arsch, aber alle scheinen‘s in Ordnung zu finden. Plötzlich schießen Maskierte auf dem Campus um sich und töten scheinbar zahlreiche Studenten – ein fieser Scherz der Gammas, der u.a. dazu dient, dass Gary alias Fuchs (Terry W. Farren) die Gelegenheit bekommt, die Prüfungsaufgaben zu stehlen.
„Mit diesen Schwachköpfen wird es ein böses Ende nehmen!“
Wie bei „Halloween“ sieht man immer mal wieder jemanden von hinten herumstehen, eine Art Vorbote des kommenden Unheils. Die Verbindung will einem Streber ans Leder, der nach dem Streich die Bullen gerufen hatte, welche allerdings überaus desinteressiert reagierten. Nach dem Diebstahl der Prüfungsaufgaben muss Fuchs die Verbindungsaufnahmerituale über sich ergehen lassen, wobei er böse malträtiert wird. Dessen Freundin Janet (Sherry Willis-Burch, „Killer Party“) hadert mit dem Verbindungsquatsch. Und schon ist der Film ohne jede wirkliche Horrorszene (vom Prolog abgesehen) zur Hälfte rum. Wildman sprüht sich Deo in den Mund und soll Schmerztabletten entwenden, während Gary noch immer in Unterhose an einen Baum gefesselt ist. Der paranoide Radish (Joel S. Rice, „Terror im Parkett“) erzählt ständig von umherlaufenden Psychopathen und der Gag soll vermutlich sein, dass er Recht behalten wird. Auf ein paar False Scares hin folgt nun endlich der erste Mord an diesem lausigen College: Ganz wie im Prolog-Gemeuchel werden erst Gary und anschließend Janet erstochen – offscreen. „Examen“ ist bis jetzt völlig unblutig. In Point-of-view-Perspektive schleicht jemand herum, womit Regisseur Huston einen Haken an eine weitere Subgenre-Stilistik setzen kann. Dann ist Wildman in der Turnhalle dran. Verbindungchef Mark (John Fallon) geht ihn suchen, findet dessen Leiche im Spind und muss schließlich auch dran glauben. Radish findet wiederum dessen Leiche und alarmiert die Polizei, doch nach dem Verbindungsstreich glaubt ihm der Sheriff nicht mehr. Dann stirbt auch er.
„Es gibt keine Anzeichen von Kriminalität an dieser Schule. Noch nicht...“
Mittlerweile ist der Film also – endlich, möchte man meinen – beim Zehn-kleine-Slasherfütterchen-Prinzip angekommen. Lisa hatte sich inzwischen auf ihr Schäferstündchen mit Dr. Reynolds im Kunstzimmer vorbereitet und kommt, ähem, zum Stich – durch den Mörder. Erwartungsgemäß wird die Züchtigste nun das Final Girl, das sich wehrt und sich zu verstecken versucht. Erstmals bekommt man den stummen Killer in Gänze zu Gesicht. Ein Bediensteter kommt noch vorbei, um Mitch abzuholen, doch das Timing ist denkbar schlecht, denn er wird involviert und getötet, bevor unser Final Girl dem Killer endlich den Garaus machen kann. Wer glaubte, dass dieser nun endlich eine Identität, ein Motiv und eine Hintergrundgeschichte erhalten würde, sieht sich getäuscht – in dieser Hinsicht liefert „Examen“ überhaupt nichts, weshalb das Ende ebenso enttäuschend ausfällt wie weite Teile des Films, der somit völlig doof und sinnentleert erscheint. Und wo war Dr. Reynolds eigentlich?
Es reicht eben nicht, einfach ein paar Morde aneinanderzureihen, um einen guten Slasher zu liefern – schon gar nicht, wenn man ungefähr die Hälfte des Films mit idiotisch überzeichneten College-Klischees verstreichen lässt, bevor in Lanier überhaupt etwas von Belang geschieht, und die Kills dann auch noch denkbar zahm ausfallen. Dass Huston aber so vorgegangen ist, wie er es nun einmal tat, lässt erahnen, dass er seine Subgenre-Vorbilder überhaupt nicht verstanden hat und ohne jede Inspiration oder zündende Idee ausschließlich auf einen schnellen Cash-in aus war. Gute Slasher erzählen etwas über Ängste, über Psychologie, sind metaphorisch oder allegorisch, entfalten eine bedrohliche Stimmung und unheilige Atmosphäre. Nichts davon findet sich hier und der Film guckt sich ebenso dröge weg, wie sich meine hier ausgewalzte Beschreibung der Handlung vermutlich liest. Geradezu passend dazu präsentieren sich die deutschen Billig-Synchronsprecherinnen und -sprecher, die bisweilen sogar mit einem leichten bayrischen Akzent auffallen.
Ich weiß nicht, ob man aus dem Laien- und B-Ensemble mehr hätte herausholen können, aus der erzählten Geschichte jedoch ganz sicher – denn immerhin verstand es Huston, zahlreiche gängige Zutaten aufzugreifen und einzusetzen. Sein Stalk’n’Slash-Examen hat er mit dieser unterdurchschnittlich gelösten Prüfung jedoch verfehlt. Und die Quellenangaben fehlten auch…
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Tatort: Spiel mit Karten
„Pass auf dich auf, lass dich nicht von fremden Herrn anreden und verlier kein Geld…“
Die klassischen Münchner „Tatort“-Episoden um Kriminalhauptkommissar Melchior Veigl (Gustl Bayrhammer), Kriminalhauptmeister Ludwig Lenz (Helmut Fischer) und Kriminalobermeister Josef Brettschneider (Willy Harlander) gingen mit ihrer am 27. Juli 1980 erstausgestrahlten 14. Ausgabe in die vorletzte Runde: „Spiel mit Karten“ wurde von Regisseur Wolf Dietrich inszeniert, der damit, nach einem Drehbuch Theo Regnies, seinen vierten und letzten Beitrag zur öffentlich-rechtlichen Krimireihe leistete.
„Ich hab‘ ihn gehasst!“
Hansgünther Geroth (Alexander Allerson, „Teufelscamp der verlorenen Frauen“), Herausgeber eines Münchner Anzeigenblatts, verunglückt nach einem Besuch der Gaststätte „Waldschänke“ mit seinem Auto tödlich. Es stellt sich heraus, dass seine Bremsleitungen durchtrennt worden waren, was die Mordkommission auf den Plan ruft. Kommissar Veigl und Co. ermitteln, dass Geroth regelmäßig auf Pferderennen gewettet hatte und sich diese Leidenschaft offenbar u.a. dadurch finanzierte, dass er eine Kartei unterhielt, in der er minutiös belastendes Material gegen wohlsituierte Mitbürger notierte, um diese im Bedarfsfall mit den Informationen gegen Geld zu erpressen. Die Zahl potentiell Verdächtiger, die ein Motiv gehabt hätten, ist damit ungewöhnlich hoch. Nicht einmal seine Ehefrau Angelika (Ilse Neubauer, „Der Durchdreher“) konnte ihn leiden, woraus sie nach dessen Tod keinen Hehl macht. Und die Erpressungen nehmen kein Ende: Textilfabrikant Paul Kronhoff (Georg Marischka, „Lieb Vaterland, magst ruhig sein“) wird gedroht, seine Affäre mit einem Au-pair-Mädchen öffentlich zu machen. Und dann wird auch noch in Geroths Redaktion eingebrochen. Viel zu tun für die Münchner Polizei…
„Herr Lenz, Sie sind der beste Indianer vom Münchner Polizeipräsidium!“
Der im Februar und März 1980 gedrehte Fall beginnt in der „Waldschänke“, wo sich das spätere Opfer als wenig sympathischer Stelzbock geriert. Sein tödlicher Unfall wurde beeindruckend inszeniert, die sich daraus entwickelnde Geschichte erinnert mit ihren Topoi jedoch sowohl an den kurz vorausgegangenen Essener „Tatort: Schussfahrt“ als auch den Münchner „Tatort: Maria im Elend“. Veigl, Lenz und Brettschneider arbeiten hier gut zusammen; Brettschneider sucht die Witwe auf, Veigl und Lenz verschlägt’s erst zum Schrottplatz, Veigl anschließend in die „Waldschänke“, wo er auf einen ihm fast schon zu auskunftsfreudigen Gastwirt (Michael Stippel, „Sternsteinhof“) trifft – und Kellnerin Rita (Gaby Herbst, „Caribia“), mit der Geroth angebändelt hatte. Auch sie scheint nicht sonderlich von dessen Ableben betroffen zu sein; der Eindruck, dass Geroth ein recht unbeliebter Zeitgenosse gewesen war, verfestigt sich.
Als Herr Kronhoff sich bei der Polizei meldet, weil er erpresst werde – erst von Geroth, nun mutmaßlich von einem Komplizen – und beim Einbruch in die Redaktion Geroths Karteikarten entwendet werden, ist relativ klar, in welche Richtung die Reise geht, die für die Zuschauerinnen und Zuschauer in erster Linie in Form relativ minutiöser Polizeiarbeit besteht. Interessanter wird es, als Veigl und Co. des Erpressers während einer (ebenfalls ziemlich gut inszenierten) Geldübergabe auf der Autobahn habhaft werden. Dadurch gelangt der Karteikasten auch in die Hände der Polizei – und mit ihm manch brisante Information. Nun gilt es, verschiedene Personalien aus jener Kartei abzuklappern.
Schaute man bislang außer im Prolog permanent der Polizei über die Schulter, reicht uns Regisseur Dietrich im letzten Drittel erstmals Szenen aus Täterperspektive dar. Dieser lange Zeit eher konservative „Tatort“ erhält nun zudem mit dem Umstand, dass etliche Unternehmer Dreck am Stecken haben, einen interessanten, in Ansätzen kapitalismuskritischen Subtext. Ein ganzes Geflecht wird hier schließlich entwirrt. Viel Ermittlungsarbeit also im vorletzten Münchner Fall, immerhin mit etwas Tempo versehen, inszenatorische Höhepunkte aber sind die vereinzelten Spannungsszenen sowie die Stunts. Für eine Kfz-Verfolgungsjagd hatte man gar in langwierigen Verhandlungen, so heißt es, eine Genehmigung eingeholt, um auf einem Autobahnteilstück in der Nähe des Flughafens München-Riem drehen zu dürfen.
Insgesamt kann man einen „Tatort“ wie diesen – abgesehen von der einmal mehr nervenden Sprachbarriere, wenn hier im breiten Bayrisch von der Krachledernen gezogen wird – so anbieten, durchaus auch heute noch, weshalb er sich aufgrund seiner beschriebenen Vorzüge bei 6 von 10 Karteikarten einpendelt.
„Pass auf dich auf, lass dich nicht von fremden Herrn anreden und verlier kein Geld…“
Die klassischen Münchner „Tatort“-Episoden um Kriminalhauptkommissar Melchior Veigl (Gustl Bayrhammer), Kriminalhauptmeister Ludwig Lenz (Helmut Fischer) und Kriminalobermeister Josef Brettschneider (Willy Harlander) gingen mit ihrer am 27. Juli 1980 erstausgestrahlten 14. Ausgabe in die vorletzte Runde: „Spiel mit Karten“ wurde von Regisseur Wolf Dietrich inszeniert, der damit, nach einem Drehbuch Theo Regnies, seinen vierten und letzten Beitrag zur öffentlich-rechtlichen Krimireihe leistete.
„Ich hab‘ ihn gehasst!“
Hansgünther Geroth (Alexander Allerson, „Teufelscamp der verlorenen Frauen“), Herausgeber eines Münchner Anzeigenblatts, verunglückt nach einem Besuch der Gaststätte „Waldschänke“ mit seinem Auto tödlich. Es stellt sich heraus, dass seine Bremsleitungen durchtrennt worden waren, was die Mordkommission auf den Plan ruft. Kommissar Veigl und Co. ermitteln, dass Geroth regelmäßig auf Pferderennen gewettet hatte und sich diese Leidenschaft offenbar u.a. dadurch finanzierte, dass er eine Kartei unterhielt, in der er minutiös belastendes Material gegen wohlsituierte Mitbürger notierte, um diese im Bedarfsfall mit den Informationen gegen Geld zu erpressen. Die Zahl potentiell Verdächtiger, die ein Motiv gehabt hätten, ist damit ungewöhnlich hoch. Nicht einmal seine Ehefrau Angelika (Ilse Neubauer, „Der Durchdreher“) konnte ihn leiden, woraus sie nach dessen Tod keinen Hehl macht. Und die Erpressungen nehmen kein Ende: Textilfabrikant Paul Kronhoff (Georg Marischka, „Lieb Vaterland, magst ruhig sein“) wird gedroht, seine Affäre mit einem Au-pair-Mädchen öffentlich zu machen. Und dann wird auch noch in Geroths Redaktion eingebrochen. Viel zu tun für die Münchner Polizei…
„Herr Lenz, Sie sind der beste Indianer vom Münchner Polizeipräsidium!“
Der im Februar und März 1980 gedrehte Fall beginnt in der „Waldschänke“, wo sich das spätere Opfer als wenig sympathischer Stelzbock geriert. Sein tödlicher Unfall wurde beeindruckend inszeniert, die sich daraus entwickelnde Geschichte erinnert mit ihren Topoi jedoch sowohl an den kurz vorausgegangenen Essener „Tatort: Schussfahrt“ als auch den Münchner „Tatort: Maria im Elend“. Veigl, Lenz und Brettschneider arbeiten hier gut zusammen; Brettschneider sucht die Witwe auf, Veigl und Lenz verschlägt’s erst zum Schrottplatz, Veigl anschließend in die „Waldschänke“, wo er auf einen ihm fast schon zu auskunftsfreudigen Gastwirt (Michael Stippel, „Sternsteinhof“) trifft – und Kellnerin Rita (Gaby Herbst, „Caribia“), mit der Geroth angebändelt hatte. Auch sie scheint nicht sonderlich von dessen Ableben betroffen zu sein; der Eindruck, dass Geroth ein recht unbeliebter Zeitgenosse gewesen war, verfestigt sich.
Als Herr Kronhoff sich bei der Polizei meldet, weil er erpresst werde – erst von Geroth, nun mutmaßlich von einem Komplizen – und beim Einbruch in die Redaktion Geroths Karteikarten entwendet werden, ist relativ klar, in welche Richtung die Reise geht, die für die Zuschauerinnen und Zuschauer in erster Linie in Form relativ minutiöser Polizeiarbeit besteht. Interessanter wird es, als Veigl und Co. des Erpressers während einer (ebenfalls ziemlich gut inszenierten) Geldübergabe auf der Autobahn habhaft werden. Dadurch gelangt der Karteikasten auch in die Hände der Polizei – und mit ihm manch brisante Information. Nun gilt es, verschiedene Personalien aus jener Kartei abzuklappern.
Schaute man bislang außer im Prolog permanent der Polizei über die Schulter, reicht uns Regisseur Dietrich im letzten Drittel erstmals Szenen aus Täterperspektive dar. Dieser lange Zeit eher konservative „Tatort“ erhält nun zudem mit dem Umstand, dass etliche Unternehmer Dreck am Stecken haben, einen interessanten, in Ansätzen kapitalismuskritischen Subtext. Ein ganzes Geflecht wird hier schließlich entwirrt. Viel Ermittlungsarbeit also im vorletzten Münchner Fall, immerhin mit etwas Tempo versehen, inszenatorische Höhepunkte aber sind die vereinzelten Spannungsszenen sowie die Stunts. Für eine Kfz-Verfolgungsjagd hatte man gar in langwierigen Verhandlungen, so heißt es, eine Genehmigung eingeholt, um auf einem Autobahnteilstück in der Nähe des Flughafens München-Riem drehen zu dürfen.
Insgesamt kann man einen „Tatort“ wie diesen – abgesehen von der einmal mehr nervenden Sprachbarriere, wenn hier im breiten Bayrisch von der Krachledernen gezogen wird – so anbieten, durchaus auch heute noch, weshalb er sich aufgrund seiner beschriebenen Vorzüge bei 6 von 10 Karteikarten einpendelt.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt
Evil Dead Rise
„Geister existieren nicht.“
Ursprünglich sollte die Fortsetzung des „Tanz der Teufel“-Remakes „Evil Dead“ aus dem Jahre 2013 eine Direct-to-Streaming-Produktion werden. Glücklicherweise entschied sich die Produktionsfirma New Line um und brachte den von Lee Cronin (zweiter abendfüllender Spielfilm nach seinem Debüt „The Hole in the Ground“) inszenierten „Evil Dead Rise“ im Jahre 2023 – satte zehn Jahre nach dem gelungenen Vorgänger also – weltweit in die Kinos. Unter den Produzenten finden sich erneut Sam Raimi und Bruce Campbell, zwei der Schöpfer des berüchtigten und ikonischen Originals aus dem Jahre 1981.
„Ich werde deine Seele verschlingen!“
Gitarrentechnikerin Beth (Lily Sullivan, „Das Mädchen deiner Träume“) beendet gerade eine Tournee mit einer Rockband, als ihr auf einer dreckigen Clubtoilette durchgeführter Schwangerschaftstest positiv ausfällt. Hilfesuchend sucht sie ihre ältere Schwester, die Tätowiererin Elle (Alyssa Sutherland, „Der Teufel trägt Prada“), in Los Angeles auf, die dort mit ihren drei Kindern Bridget (Gabrielle Echols, „Reminiscence – Die Erinnerung stirbt nie“), Danny (Morgan Davies, „Devil's Playground“) und Kassie (Nell Fisher) eine Wohnung in einem dem baldigen Abriss geweihten Hochhaus lebt. Der Familienvater ist bereits vor geraumer Zeit abgehauen, wovon Beth jedoch erst nach ihrer Ankunft erfährt, da sie entsprechende Nachrichten Elles gar nicht erst abgehört hat. Elle hat also selbst genug Probleme und soll nun auch noch ihrer von ihr als „Groupie“ diskreditierten kleinen Schwester helfen, die noch nicht einmal ihre Nachrichten abruft und offenbar nicht einmal für sich selbst Verantwortung übernehmen kann? Doch es werden noch weitaus schwerwiegendere Probleme auf die Familie zukommen: Ein Erdbeben reißt ein Loch in den Fußboden der Tiefgarage, in dem Danny ein Gewölbe voller altertümlicher, religiös konnotierter Artefakte sowie Schallplatten und das „Necronomicon“ – ohne von dessen Bedeutung etwas zu ahnen – entdeckt. Die Platten und das unheimliche Buch nimmt er mit in sein Zimmer. Als der Hobby-DJ das Vinyl abspielt, erklingt die Stimme eines Priesters, der von seinen Experimenten mit Dämonenbeschwörung berichtet und jene schwarzmagische Formel ausspricht, die die dämonische Entität befreit. Diese befällt zunächst Elle und versucht anschließend, der ganzen Familie den Garaus zu machen – die verzweifelt versucht, sich im aufgrund des Erdbebens weitestgehend von der Außenwelt abgeschnittenen Hochhaus zu schützen und um ihr Überleben zu kämpfen…
Bevor es einen nach L.A. und in damit für die „Tanz der Teufel“-Reihe ungewohnte Gefilde verschlägt, wohnt man einem Prolog irgendwo in der Natur bei, wo ein paar Teenies oder Twens zu urlauben gedenken, aber aufgrund dämonischer Umtriebe teils skalpiert, teils getötet werden. Der Dämon, hier im Körper einer jungen Frau, zeigt sich ungewohnt literarisch, indem er aus dem Schauerliteraturklassiker „Sturmhöhe“ zitiert. Und die Kamera nutzt früh die Gelegenheit für eine Reminiszenz ans Original in Form einer rasanten Fahrt der subjektiven Kamera.
Die Ereignisse in L.A., die die eigentliche Handlung ausmachen, spielen chronologisch einen Tag vorher. Die aus interessanten Figuren bestehende Familie wird einem in angenehmem Erzähltempo nahegebracht: Mutter Elle Tätowiererin, Tante Beth Gitarrentechnikerin mit Ambitionen zu mehr, Sohn Danny begeistert mit Analogtechnik hantierender DJ und die ältere Tochter Bridget ein smarter, feministischer, politisch wacher und engagierter Lisa-Simpson-Verschnitt, während die kleine Kassie mit ihrer Puppenmodifikation durch radikalen Enthauptungsscherenschnitt mehr nach Wednesday Addams zu kommen scheint. Man ist alles andere als vermögend, schlägt sich aber solidarisch und halbwegs harmonisch durch den Alltag und hat sich gegenseitig gern.
Jedoch dauert es ist nicht lange, bis der Dämon von Elle Besitz ergreift, die sich daraufhin auch optisch derart verändert, als wolle sie einen Marilyn-Manson-Ähnlichkeitswettbewerb gewinnen. Lacher jedenfalls gibt es nach dem schwarzhumorig auslegbaren Prolog kaum noch, stattdessen bestimmten fiese Fratzen, Ekelszenen, brutale Gewalt, Bodyhorror und später auch Splatter die Szenerie, wenn der familiäre Schutzraum zusehends zerstört und die schwangere Beth immer stärker in eine verantwortliche Mutterrolle hineingedrängt wird. Überlebenskampf und Horror bestehen dabei mitnichten ausschließlich aus Action und grafisch expliziter Eskalation, sondern auch aus ruhigeren, unheimlichen Momenten, in denen sich das Böse sprichwörtlich anschleicht oder vermeintliche Sicherheit sich nach und nach als Trugschluss erweist. Die Kamera zieht dabei alle Register, das Grauen in all seinen Formen zu illustrieren. Hervorzuheben sind die Blicke durch den Türspion auf den Hausflur, die mehr verbergen, als – wie die Geräuschkulisse auf der Tonspur beweist – gerade geschieht, aber dennoch mehr zeigen, als einem lieb sein dürfte. Leider ist die Ausleuchtung mitunter etwas sehr schummrig geraten. Ansonsten gibt es an „Evil Dead Rise“ visuell wenig zu beanstanden: Die Kulissen sind mit ihrem realistischen Look toll geraten und störend klinisch oder künstlich ausgefallene CGI sind mir keine aufgefallen.
„Evil Dead Rise“ geht Insofern kompromisslos vor, als er die Dämonen vor Kindern nicht Halt machen lässt und man tatsächlich nie weiß, wem es als nächstes an den Kragen gehen wird. Letzteres erhöht die Spannung und da die Figuren ausreichend sympathisch gezeichnet werden, ist man mit ihnen mitzufiebern geneigt. Ungewohnt, aber auch eine willkommene Abwechslung ist der urbane Handlungsort, der nach dem Erdbeben dennoch ein klaustrophobisches Isolationsgefühl entfacht. Neben der obligatorischen Kettensäge steht ein sogar noch zerstörerischeres Werkzeug parat, das das Blut auch diesmal regnen lässt, zudem steckt der Film voller versteckter Anspielungen auf die ursprüngliche Reihe sowie andere Genregrößen.
Nell Fisher als Kassie ist ein engelsgesichtiges, unnerviges, offenbar schauspielerisch tatsächlich talentiertes kleines Mädchen, Morgan (ehemals Morgana) Davies gibt als ihr Bruder den Musikfreak, der Regale voller Schallplatten und entsprechendes Audioequipment hat, das wahlweise Lust auf oder auch Angst vor analoger Technik macht. Auf dem ersten Kellerfundstück, das er damit abspielt, ist dann auch Bruce Campbell zu hören, der als Zeitreisender offenbar versuchte, den Priester dazu zu bringen, das Necronomicon zu zerstören. Ferner erfährt man von diesen Platten, dass offenbar drei Exemplare des Buchs existieren. In diesem Kontext klafft aber auch die wohl größte Logiklücke des Films: In den 1920ern gab es noch gar keine Vinyl-Schallplatten, sondern lediglich welche aus Schellack, die Danny wiederum mit seinen Plattenspielern gar nicht hätte abspielen können…
Alyssa Sutherland spielt ihre antagonistische Rolle wahrlich furchterregend, sieht aber auch von vornherein irgendwie ein wenig unheimlich aus. Die Entdeckung des Films jedoch ist Gabrielle Echols, die, obwohl oder vielleicht auch gerade weil burschikos zurechtgemacht, einen äußerlich wie charakterlich interessanten, nicht alltäglichen Rollentypus einbringt und sich als Nachwuchsschauspielerin für weitere Produktionen empfiehlt. Nach seinem infernalischen Showdown mit fiesen Mutationen und noch einmal gallonenweise Kunstblut verknüpft ein Epilog den Prolog mit dem Vorausgegangenen und rundet einen heillos überzogenen, bösen, Mainstream-Kino-Grenzen auslotenden, dabei jedoch nicht bis zum Alleräußersten gehenden und zuweilen etwas arg konstruierten Horrorfilm ab, der sich gut in die Filmreihe einfügt und sich zugleich wohltuend von seinen Vorgängern abhebt, um nicht nur ein Aufguss von Altbekanntem zu sein.
Ob das das Unheil an die Oberfläche holende Erdbeben eine Allegorie auf die Unmöglichkeit sicherer Atommüllendlager darstellen und die Wandlung Elles zu einem grauenerregenden Bösen die Dämonisierung feministischer, tätowierter, fortschrittlicher und selbstbewusster Frauen aus der Arbeiterklasse durch eine konservative, patriarchale Gesellschaft versinnbildlichen soll, sei einmal dahin-, aber gern zur Diskussion gestellt. In jedem Falle aber handelt es sich um einen Film über die Kraft von Mutterinstinkten mit starken weiblichen Rollen.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt
A Lizard in a Woman's Skin
„Sounds like a football match!”
„A Lizard in a Woman's Skin”, der nach „Nackt über Leichen“ zweite Giallo des italienischen Genre-Tausendsassas Lucio Fulci, stammt aus dem Jahre 1971 und hat leider bis heute keine deutsche Auswertung erfahren. Dennoch erfreut er sich auch hierzulande innerhalb der italophilen Cineastinnen- und Cineastengemeinde großer Popularität und Beliebtheit.
„What you‘re doing?” – „Painting.”
London, Anfang der 1970er Jahre: Carol Hammond (Florinda Bolkan, „Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger“), Tochter eines renommierten Politikers und Ehefrau des erfolgreichen Unternehmers Frank Hammond (Jean Sorel, „Belle de jour – Schöne des Tages“), hadert mit ihrem langweiligen und zerrütteten Eheleben, in dem nichts Aufregendes mehr geschieht. Ihr Mann scheint seinerseits das Interesse an ihr verloren zu haben, betrügt er sie doch seit geraumer Zeit mit einer anderen Frau. Daher träumt sich Carol in ekstatische Fantasien um ihre attraktive Hippie-Nachbarin Julia (Anita Strindberg, „Der Schwanz des Skorpions“) hinein, deren ungezwungener, hemmungsloser Lebenswandel in einem starken Kontrast zu dem Carols steht und der gerade deshalb eine starke Faszination auf sie ausübt. Kurz nachdem Carol ihrem Therapeuten einen Traum offenbarte, in dem sie Julia nach einer gemeinsamen Nacht ersticht, wird Julia tatsächlich tot aufgefunden – und ihr Brieföffner findet sich als Tatwaffe am Tatort. Hat Carol also gar nicht geträumt? Kann sie nicht mehr zwischen Traum und Wirklichkeit unterscheiden? Oder spielt jemand ein perfides Spiel mit ihr…?
Fulci eröffnet seinen Film mit einer surrealen Alptraumsequenz Carols – ästhetisch verfremdet, in knalligen Farben und erotisch aufgeladen. Letzteres ist auch die entfesselte Orgie, die Julia in ihrer Wohnung feiert. „A Lizard in a Woman's Skin” beginnt demnach als Erotik-Giallo, schwenkt nach einer weiteren, ähnlich surrealen Alptraumsequenz, nun jedoch mit blutigen Gore-Einlagen, in den Horrorbereich über. Nachdem Carol ihrem Psychologen von ihrem mörderischen Traum berichtet hat, findet dieser Deutungsmuster und spricht ihr Mut zu. Als sich herausstellt, dass Julia wirklich ermordet wurde, steht zunächst einmal der Verdacht im Raum, dass jemand Carol in den Wahnsinn treiben will. Der irische Hippie Harry Smith ist geständig, erzählt jedoch, wie sich in einer herrlich grotesken Szene rasch herausstellt, lediglich Mist. Die Polizei ermittelt, doch Carol und ihre Stieftochter Joan (Ely Galleani, „5 Dolls for an August Moon“) stellen ihrerseits Nachforschungen in der Hippiekommune an.
Ein Whodunit? gepaart mit Motivsuche also, wobei die polizeiliche Ermittlungsarbeit um den ständig Melodien pfeifenden Inspektor Corvin (Stanley Baker, „Sodom und Gomorrha“) für einen Giallo relativ stark im Fokus steht, was ihn nun als eine Melange aus Psycho-Thriller und Kriminalfilm erscheinen lässt. Eine Persönlichkeitsspaltung Carols wird ebenso in Betracht gezogen wie eine Täterschaft Franks. Die eine oder andere Wendung führt aufs Glatteis respektive von ihm herunter; sie sind dem Genre entsprechend gut gelöst, ein weiterer Mord erhöht die Fallhöhe. Fulci gelingen eine spannende Narration und Dramaturgie ebenso wie aufsehenerregende Kameraeinstellungen (besonders schön: das Spiegelbild des Carol verhaftenden Polizisten in ihrer Pupille), verstörende Bilder wie die der Tierversuche in einer Klinik, in der Carol von jemandem verfolgt wird, bis hin zu nervenzerrenden Terrorszenen, allen voran die unheimliche Hatz in einer Kirche inklusive aufgescheuchter Fledermäuse. An den Spezialeffekten war wohlgemerkt niemand Geringerer der spätere Oscar-Preisträger Carlo Rambaldi beteiligt.
Als man glaubt, endlich des Rätsels Lösung gefunden zu haben, folgt jedoch der irgendwie leider auch genretypische eine Twist zu viel. Dieser lässt „A Lizard in a Woman's Skin” überkonstruiert und zu dick aufgetragen erscheinen, zumal sich damit letztlich nach all den Wendungen schlicht der erste Verdacht bestätigt. Vom schwächelnden Ausgang einmal abgesehen, ist Fulcis zweiter Giallo aber ein fiebrig psychedelischer, insbesondere mit Florina Bolkan hochkarätig besetzter, oft hervorragend fotografierter und von einem fidelen Morricone-Soundtrack veredelter Genrebeitrag. Dieser erweckt bei mir ein bisschen den Eindruck, Fulci habe mit verschiedenen Ausrichtungen des Genres, von Erotik über Psycho und Horror bis hin zu konventionelleren Krimianleihen, experimentiert und die einzelnen Teile zu einem interessanten und unterhaltsamen Potpourri zusammengesetzt, das zudem exploitativ im (ich nenne es mal) Hippiefilm wildert. Sehenswert!
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt
Bei Anruf Mord
„Glauben Sie wirklich an ein vollkommenes Verbrechen?“
Alfred Hitchcocks Verfilmung des gleichnamigen Theaterstücks – für beide steuerte Frederick Knott das Drehbuch bei – stammt aus dem Jahre 1954 und orientiert sich stark an der Vorlage, überraschte jedoch mit seinen satten Farben und der Verwendung von 3D-Technologie. Dieser Melange aus Täterperspektiven-Thriller und Kriminalfilm sollte aber Hitchcocks einziger 3D-Film bleiben. Zugleich markierte er seine erste Zusammenarbeit mit Schauspielerin Grace Kelly.
„Ich glaube, ich bekomme jetzt meinen Nervenzusammenbruch...“
Der ehemalige Tennisprofi Tony Wendice (Ray Milland, „Ich bin ein Atomspion“) ist seiner Frau Margot (Grace Kelly, „12 Uhr mittags“) überdrüssig, seit sie eine Affäre mit Mark Halliday (Robert Cummings, „Ein Baby kommt selten allein“) hatte, nicht jedoch ihres Vermögens. Daher plant er den perfekten Mord an Margot, den sein alter Bekannter Charles Swann (Anthony Dawson, „Wölfe in der Nacht“), ein Hochstapler und Kleinganove, für ihn durchführen soll. Swann soll Margot erwürgen, kurz nachdem sie einen Anruf Tonys entgegengenommen haben wird, wodurch er ein Alibi hätte. Er hat jedoch nicht mit der Wehrhaftigkeit seiner Frau gerechnet, die Swann in Notwehr ersticht. Der verschlagene und intelligente Tony arbeitet daraufhin geschickt und subtil daran, seine Frau als Mörderin hinzustellen, damit sie hingerichtet wird und er sie endlich los ist, aber ihr Vermögen erbt. Chefinspektor Hubbard (John Williams, „Sabrina“) scheint auf den gerissenen Ex-Sportler hereinzufallen…
Bereits mit seinen Observierungen zu Beginn wird Tony als manischer Perfektionist eingeführt. Sein Plan wird bis ins Detail offengelegt, er hat nichts dem Zufall überlassen. Doch ein Dialog zwischen ihm und Mark über den perfekten Mord gerät zu einer Art böser Vorausahnung, unbemerkt vom sich eiskalt gerierenden Tony. Die Exposition ist unheimlich dialoglastig, mir persönlich zu sehr. Die Durchführung des Mordanschlags wiederum ist hochspannend inszeniert, hier wird Hitchcock seinem Ruf als Meister der Suspense gerecht. Nachdem Tonys Plan zunächst nicht aufging, tritt er weiter als großer Manipulator in Erscheinung, der dennoch seinen Vorteil aus der missglückten Aktion zu ziehen versucht.
Ungefähr in der Filmmitte wird das Wort „Intermission“ eingeblendet und „Bei Anruf Mord“ findet – leider – vollends zum dialoglastigen Kammerstück zurück. Bis auf rar gesäte, kurze Außenaufnahmen spielt sich alles in Tonys und Margots Wohnung und dort zumeist im ein und demselben Raum statt. Inspektor Hubbard stößt hinzu und ermittelt, während Tony sich fintenreich aus allem herauszureden und die Schuld auf seine Frau zu lenken versucht. Tatsächlich wird Margot wegen Mordes verhaftet, bis (Achtung: Spoiler!) Hubbard Tony doch noch überführt. All dies geschieht rein verbal, wobei es durchaus Momente gibt, in denen Tonys rhetorisches Geschick, seine perfide, um die Ecke gedachte Taktik und der Scharfsinn sowohl Tonys als auch des Inspektors faszinieren. Wer genau zu folgen versucht, dem kann dabei schon mal der Kopf schwirren (für einen verkaterten Sonntag ist das eher nix), insgesamt ist die Inszenierung aber bar jeder Schauwerte und ermüdend.
Zu dieser Wirkung bei trägt neben der Beschränkung auf eben diesen einen Raum die emotionslose Gefühlskälte nahezu aller Beteiligter, ausgenommen Margot. So verdient und gut die Schauspieler auch sein mögen, hier werden sie in großen Teilen zu reinen Textaufsagern degradiert. Immerhin darf der Inspektor mit dem einen oder anderen Spruch etwas Humor einbringen. Zur allgemeinen Steifheit, Kälte und Gelacktheit des Films passen auch die irritierenden direkten Konsequenzen des Mordversuchs: Ein (verhinderter) Mörder, den ein Scherenstich unmittelbar umbringt und ein Opfer, das eigentlich zumindest einen zerquetschten Kehlkopf davongetragen haben müsste, aber völlig wohlauf scheint.
Hier geht es nicht vornehmlich um Emotionen, menschliche Abgründe, um Wahnsinn, Blut und Tränen, sondern um klugscheißerische Dialogduelle roboterartiger Menschen, die den Wahnsinn hinter diesen Taten kaschieren und wie Kavalierdelikte gesitteter Gentlemen erscheinen lassen. Das mag in Theaterkulissen funktionieren, ist mir für einen Spielfilm aber zu wenig. Zugutehalten möchte ich diesem aber Hitchcocks Farb-„Dramaturgie“, die sich in Margots immer düsterer werdender Kleidung niederschlägt. Die 3D-Technik hat Hitchcock jedoch äußerst sparsam – anscheinend in lediglich drei kurzen Szenen – eingesetzt, wovon man indes erst recht nichts hat, wenn man sich die verbreitete 2D-Fassung ansieht.
Für Hitchcock handelte es sich um eine schnell abgedrehte Gelegenheitsarbeit, die viele Freundinnen und Freunde fand. Doch auch wenn „Bei Anruf Mord“ bei der Zweitsichtung etwas gewann und für Fans unterkühlter Knobelkrimis eine Offenbarung sein sollte, kann ich mich nicht dazuzählen.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt
Ausgeburt der Hölle
„Eine Dattelplantage in der toten Zeit ist der einsamste Ort der Welt.“
Diese erste Science-Fiction-Produktion der American Releasing Corporation, aus der kurz darauf die berüchtigte American International Pictures wurde, ist ein Paradebeispiel dafür, wie seinerzeit Schwarzweiß-Lowest-Budget-Drive-in-B-Movies entstanden: Ein möglichst aufsehenerregendes Filmplakat wurde gezeichnet und damit auf Verleihersuche gegangen, Drehbuch und Umsetzung folgten erst in den nächsten Schritten. Gleich drei Regisseure, David Kramarsky, Lou Place und niemand Geringerer als Roger Corman hatten ihre Finger im Spiel, die allesamt mit diesem im Jahre 1955 veröffentlichten Filmchen debütierten. Doch während Corman sich zum König der B-Movies erheben sollte, trat Place anschließend nur noch für „Daddy-O“ als Regisseur in Erscheinung, während es für Kramarsky bei diesem einen Ausflug auf den Regiestuhl blieb.
„Wir leben wie auf einem anderen Planeten!“
Am Arsche Kaliforniens betreiben Allan (Paul Birch, „...denn sie wissen nicht, was sie tun“) und Carol Kelly (Lorna Thayer, „Revolte im Frauenzuchthaus“), die dort zusammen mit Tochter Sandra (Dona Cole, „Mit Leib und Seele“) leben, eine mehr schlecht als recht laufende Dattelplantage. Insbesondere Carol leidet unter der Situation und der mit ihr einhergehenden Isolation. Ihren geistig behinderten, stummen Farmhelfer (Leonard Tarver, „The Lonesome Trail“) haben sie in einem Schuppen untergebracht und nennen ihn nur „Er“, weil sie seinen Namen angeblich nicht kennen. Ausgerechnet in diese Gemengelage verschlägt es eine außerirdische Macht, die sich telepathisch die Tiere und den nur mit niedriger Intelligenz ausgestatten Farmhelfer Untertan macht – wovon die Kellys noch nichts ahnen, als sie plötzlich von Vögeln, Kühen und ihrem eigenen Schäferhund Duke (London, „Der kleine Vagabund“) angegriffen werden…
„Wir lebten von Gehirnen!“
Im Prolog spricht der unsichtbare Außerirdische zu uns Menschen, anschließend klagt Plantagenbetreiber Allan sein Leid aus dem Off. Die Handlung skizziert das Bild einer unglücklichen Familie, deren Mutter sich zudem vor dem stummen „Er“ fürchtet, den ihr Mann und ihre Tochter jedoch als harmlos erachten. Die wirklich seltsamen Ereignisse kündigen sich durch einen schrillen, die Kaffeekanne zum Platzen bringenden Pfeifton an, der mitnichten von einem Flugzeug, wie Carol zunächst mutmaßt, stammt. Bald beginnen die Augen des Hundes zu leuchten und zu blitzen, was sich auch auf andere Tiere überträgt – der einzige Spezialeffekt des Films, der – anscheinend lediglich in der internationalen Fassung - nachträglich durch manuelles Zerkratzen des Filmmaterials an den entsprechenden Stellen eingefügt wurde. Ansonsten werden jegliche technischen Kniffe vermieden, selbst die Kampfszenen zwischen Mensch und Tier wurden lediglich aus verschiedenen Aufnahmen zusammengeschnitten, ohne dass beide Parteien sich jemals zusammen im Bild befunden hätten. Eine Kampfszene zwischen zwei Menschen wiederum wird sogleich mit übertrieben aufregender Orchestermusik unterlegt.
Ja, „Ausgeburt der Hölle” ist verdammt trashig. Das Ufo, das dort irgendwo in der Wüste herumliegt, ist ein Teekessel mit Antenne und die winzige Kreatur, die in ihm haust und man nur ganz am Schluss kurz zu Gesicht bekommt, sieht aus wie eine Mischung aus Katze und Fledermaus, mit starrer Mimik und wenig bedrohlich. Allerdings soll es sich bei ihr auch nicht um die eigentliche außerirdische Macht handeln, sondern lediglich um einen kleinen Handlanger des körperlosen Bösen. Mit diesem plaudert die Familie gegen Ende sogar. Familienvater Allan weiß den ganzen Film über erstaunlich gut Bescheid und ist überraschend souverän, während seiner Frau eher die Nerven durchgehen. Der Film wird recht kitschig, als sich herausstellt, dass Liebe gegen Außerirdische hilft und „Ers“ Identität plötzlich gelüftet wird: Es ist Karl, den Allan noch aus dem Krieg kennt – worüber er pathetisch zu schwadronieren beginnt.
Die Szenen mit „Er“ alias Karl sind in ihrer menschlichen Ausrichtung aber grundsätzlich ganz nett, der Film leidet trotz seiner nur 75 Minuten Laufzeit aber unter der einen oder anderen Länge. Zu rar gesät sind Kreaturen-Action, Überlebenskampf oder Beschäftigung mit dem körperlosen Alien, zu überschaubar das Ensemble, zu öd das Ambiente. Kein Wunder, denn das Budget war denkbar knapp und der Film ein Schnellschuss, der lediglich ein wenig Gewinn generieren sollte, um anschließend wieder in Vergessenheit zu geraten und vom nächsten Schlocker abgelöst zu werden, der zum Begleitprogramm fummelnder Jugendlicher in den Autokinos auserkoren wird. Niemand hätte damals damit gerechnet, dass sich Jahre später – im nächsten Jahrtausend gar! – noch jemand für diese Erzeugnisse interessieren würde. Damit ist die Entstehungsgeschichte dieses Films interessanter als der Film selbst, der jedoch von filmhistorischer Bedeutung ist. Und könnte ich in der Zeit zurückreisen und mich 1955 mit der Liebsten ins Autokino schmuggeln, um der „Ausgeburt der Hölle“ beizuwohnen – ich würd’s tun.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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