Letzte Woche war ich tatsächlich mal wieder im Kino! Mein Gott, wie lange bin ich nicht mehr im Kino gewesen? Auf jeden Fall mal seit dem Unfall, und der war im Sommer 2020 ...
Mabel’s blunder (Mabel Normand, 1914) - Mabel Normand, Charley Chase, Harry McCoy
Unaufregende und nette Komödie, die mit einfachem Slapstick und einer zuckersüßen Mabel Normand punkten möchte. Mabel ist Sekretärin in einem Büro und mit dem Sohn des Chefs verlobt. Der Chef hat allerdings auch ein ernsthaftes Auge auf sie geworfen und will sie bei jeder Gelegenheit rumkriegen. Als eines Tages eine wildfremde Frau in das Büro des Juniorchefs rauscht und mit diesem in nächster Nähe poussiert und kuschelt wird Mabel hochgradig eifersüchtig. Ihr Bruder und sie wechseln die Kleidung, sie chauffiert als Mann den Verlobten mitsamt fremder Frau zu einer Party um herauszukriegen was dort läuft, während der Chef mit dem als Frau verkleideten Bruder flirtet und ebenfalls zu der Party fährt. Das Ergebnis ist, natürlich, ein heilloses Durcheinander. Slapstick pur …
Die Auflösung ist aus heutiger Sicht natürlich von vornherein klar, und so richtig spannend ist das alles nicht. Eine harmlose Komödie eben, aber Mabel Normand, in Personalunion als Hauptdarstellerin und Regisseurin unterwegs und nach weit über 100 Filmen sichtlich erfahren in der Selbstdarstellung, ist halt eine richtig süße Zuckerschnute, der man selbst bei solchen Filmchen ewig zuschauen könnte. Aber eigentlich wäre MABEL’S BLUNDER ein Fall für die alte TV-Serie
Väter der Klamotte, wenn es die noch gäbe…
A caught in a cabaret (Mabel Normand, 1914) - Charles Chaplin, Mabel Normand, Harry McCoy, Chester Conklin, Edgar Kennedy
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Charly arbeitet als Kellner in einer Kneipe, und als er einmal frei hat und eigentlich im Park vor den jungen Damen renommiert, rettet er Mabel vor einer versuchten Vergewaltigung. Mabel ist natürlich begeistert und nimmt ihn mit zu ihren bessergestellten Freunden, bei denen er sich als Botschafter von Grönland einführt, sich hemmungslos besäuft und Mabel immer wieder zum Lachen bringt. Dadurch sticht er einen anderen Mann aus, der ihn daraufhin verfolgt und so herausfindet, dass Charlie in Wirklichkeit eben kein Botschafter ist, sondern nur ein kleiner Kellner. Und der beste Weg, um selber wieder bei Mabel landen zu können, scheint zu sein, dass die ganze gutsituierte Mischpoke in den Bums gebracht, um Charlie zu demaskieren.
Eine eher unlustige Komödie, die oft etwas planlos wirkt und keinen wirklichen roten Faden verfolgt. Charly Chaplin gibt seine Figur als Tramp, wobei er aber oft recht ruppig wirkt. Sehr ernsthafte körperliche Auseinandersetzungen sind hier eh an der Tagesordnung – Habe ich CAUGHT IN A CABARET vielleicht als frühen Actionfilm missverstanden? Die Prügelei mit dem Vergewaltiger ist etwas zu lang und ausgesprochen hart, und auch die Auseinandersetzungen zwischen den Kellnern in der Kneipe sind eher derb als lustig.
Nein, so richtig überzeugt hat mich das nicht. Chaplin ist nicht wirklich komisch, Zuckerschnute Mabel Normand ist hübsch anzuschauen, und was das Ende mit dem Grobian in der Gaststätte soll, das muss mir mal jemand erklären. Aber immerhin ist der Running Gag mit der Schwingtür zwischen Kneipe und Küche sehr lustig. Man merkt einfach deutlich, dass die Keystone Produktionen immer schnell schnell schnell hergestellt wurden, und Sorgfalt beim Dreh eher nicht so berücksichtigt wurde. Auf der anderen Seite stimmt die Chemie zwischen den häufigen Partnern Normand und Chaplin, die aber zu wenig gemeinsame Szenen haben um hier wirklich noch die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Insgesamt eine eher maue Angelegenheit ohne rechten Biss …
Matrimony’s speed limit (Alice Guy-Blaché, 1913) - Fraunie Fraunholz, Marian Swayne
Fraunie hat sich verspekuliert und ist pleite, weswegen er seine Verlobte Marian jetzt nicht mehr heiraten mag. Ihr Geld will er aber auch nicht annehmen, eigentlich will er nur noch leiden. Also setzt Marian ein gefälschtes Telegramm auf, in dem Fraunie über eine riesige Erbschaft seiner toten Tante aus dem mittleren Westen aufgeklärt wird. Einzige Bedingung: Um das Geld zu erhalten muss er heute bis 12 Uhr heiraten. Das sind noch 12 Minuten! Also rennt Fraunie wie ein Verrückter herum und fragt jede Frau, die ihm über den Weg läuft, ob sie ihn heiraten will, derweil Marian wiederum Fraunie sucht, ihn aber nicht findet. Noch 8 Minuten …
Ein hohes Tempo, aber nicht zu hoch. Herrlich überkandidelte Schauspieler, aber immer mit den Füßen auf dem Boden der Tatsachen. Eine knackige und abgedrehte Grundidee, keinerlei Nebenhandlungen oder unpassende Ideen, alles straight forward erzählt, und fertig ist eine Komödie, die auch über 100 Jahren nach ihrer Entstehung noch richtig zündet. Ausgesprochen komisch das ganze, wenngleich der ein oder andere Gag leider nicht genutzt wird …
The ocean waif (Alice Guy-Blaché, 1916) - Carlyle Blackwell, Doris Kenyon, Edgar Norton, Fraunie Fraunholz, William Norris
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Millie Jessop ist eine Ocean Waif, eine Waise des Meeres – Als Kind wurde sie von ihrem Ziehvater am Strand gefunden und verrichtet seitdem Frondienste für ihn. Bis es ihr als junge Frau irgendwann reicht, sie davon läuft und sich in einem leeren Haus einquartiert. Just zu dieser Zeit sucht der Schriftsteller Ronald Roberts einen Platz, an dem er ungestört sein neues Buch schreiben kann, und er findet – Das leere Haus, in dem heimlich Millie lebt. Das Haus aber hat den Ruf, dass dort der Geist einer toten Frau lebt …
Leider existiert THE OCEAN WAIF nur noch in einer sehr schlecht erhaltenen Fassung. Viele Zwischentitel müssen verloren gegangene Filmteile erklären, von manchen Abläufen existieren nur noch Standbilder, und einiges ist im Lauf der Jahrzehnte gar vollends verloren gegangen. Was für ein Jammer, denn das, was noch vorhanden ist, ist eine klassische RomCom wie sie heute nicht moderner sein könnte: Der reiche Schriftsteller der sich in eine arme Waise verliebt, dann aber wegen seiner Verlobten einen Rückzieher macht (machen muss), doch als die Waise fast einer Vergewaltigung zum Opfer fällt und eine Leiche zurückbleibt, da entflammt auch seine Leidenschaft für das arme Mädchen wieder.
Das ist der Stoff aus dem die romantischen Dramen von Hedwig Courths-Mahler bis Diana Gabaldon sind, und THE OCEAN WAIF macht als Drama mit leicht komödiantischem Einschlag auch heute noch mächtig was her. Die Personen sind sympathisch, und vor allem der armen Mille als geknechteter Tochter fliegen die Herzen nur so zu. Wobei sie bemerkenswerterweise als unabhängige und starke Frau gezeigt wird, die durchaus bereit ist, gegen alle Widerstände ihren eigenen Weg zu gehen. Barfuß! Eine Lebenseinstellung, die im Jahr 1916 so wohl nur von einer feministisch orientierten Regisseurin wie Alice Guy-Blaché kommen kann.
Aber diese Tendenzen sind nur schwach vorhanden und werden eher von Cineasten bemerkt, in erster Linie ist der Film romantisch, komisch, spannend, und einfach nur wunderschön. Wenn Millie im Dunkeln in das leere Haus eindringt und das Bild blau viragiert ist, dann kommt schnell gediegene Gruselstimmung auf. Sie findet eine Lampe, zündet diese an, und schwupps ist das Bild rötlich viragiert und Wärme durchflutet die Szenerie. Toll gefilmt, klasse gespielt, und einfach ein wunderbarer kleiner Film …