Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Mi 8. Aug 2018, 19:32
von jogiwan
Death Valley
Die vier Freunde Josh, Daniel, Anthony und Brick aus Los Angeles fahren in die Wüste zu einem Rave um dort den Geburtstag von Josh zu feiern, der mittlerweile einen langweiligen Bürojob hat und ebenfalls froh ist, aus der Stadt rauszukommen. Damit das Ganze für alle ein unvergessliches Wochenende wird, hat Brick etwas Meskalin im Gepäck und alle vier haben während der Veranstaltung einen hübschen Trip und lernen dabei auch die hübsche Amber kennen. Der Trip ist aber rasch zu Ende, als man am nächsten Tag die Heimreise antreten möchte und die Freunde feststellen müssten, dass ihr Auto aufgebrochen wurde. Rasch stellt sich heraus, das Einheimische nicht nur Handy und Gepäck, sondern auch die Batterie des Autos gestohlen haben und vermutlich Kohle zu erpressen. Bei der Übergabe kommt es jedoch zu turbulenten Szenen und wenig später gibt es zwei Schwerverletzte und eine Horde gewaltbereite Einheimische auf Motorrädern, die sich in der unendlich weiten Wüste hinter den Städtern und ihrer neuen Freundin hermachen.
„Death Valley“ ist auch einer dieser vielen Grabbeltischfunde, von denen man sich eigentlich nicht so viel erwartet und der sich aber bei näherer Betrachtung als durchaus solide Mischung aus Backwood-Slasher, Thriller und Survival-Drama entpuppt. Die Konfrontation von Stadtmenschen gegen Landeier ist ja ohnehin ein beliebtes Szenario und die schier unendliche Mojave-Wüste bietet sich als abgelegene Location für derartige Filme ja ohnehin förmlich an. Nach einer kurzen Vorstellung der Charaktere und dem Mini-„Burning-Man“-Rave in der Wüste kippen auch rasch die Ereignisse und die durchaus sympathischen Städter befinden sich auf einmal mitten im Schlamassel, aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt. „Death Valley“ ist dabei durchaus flott und dramatisch erzählt und auch der Bodycount ist überraschend hoch, auch wenn hier ausufernde Brutalitäten ausbleiben. Irgendwie hat mich der 2004 entstandene Streifen von seinem Konzept her stark an „Green Room“ erinnert und weder Gut noch Böse wissen so recht, wie sie mit der Situation umgehen sollen, die in weiterer Folge auch immer weiter eskaliert. Zwar erreicht das kleine B-Movie dabei natürlich nicht die Intensität von Jeremy Saulniers Werk, ist aber auf dem richtigen Weg und hat mich als kleine Genre-Produktion aus der Indie-Ecke auch durchaus überzeugt.
Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Do 9. Aug 2018, 19:41
von jogiwan
29 Palms
Eine Tasche voller Geld und einer abgetrennten Hand, die eigentlich einem Auftragskiller gehören, der im Auftrag eines Casino-Bosses einen vermeintlichen FBI-Agenten ermorden soll, löst eine Welle von bizarren Verwicklungen aus. Zuerst ist es ein dusseliger Sicherheitsmann, der das Geld in seine Gewalt bringt, später gerät es an einen korrupten Polizisten, ehe es völlig unerwartet in die Hände des eigentlich unschuldigen Opfers des Mordkomplotts fällt. Später sind gleich eine Handvoll Menschen hinter dem Geld her und alle treffen sich nach und nach in dem beschaulichen Ort Twenty-Nine Palms am Rande des Joshua Tree Nationalparks, wo es natürlich in weiterer Folge auch zum spektakulären Showdown kommt.
Drei Taschen mit unterschiedlichen Inhalt die zu Verwicklungen führen, kennt man eigentlich ja schon aus Peter Bodganovichs „Is‘ was Doc“. Wenn man da die groteske Situationskomik weg nimmt und die sympathischen Figuren durch Tarantino-eske Charaktere ersetzt hat man wohl so etwas „29 Palms“, der immer cooler und witziger sein möchte, als er eigentlich ist. Der Film kommt auch nie so richtig in Fahrt und mit seiner Pseudo-Coolness und überzeichneten Charaktere fand ich den Streifen auf Dauer auch eher etwas albern, als dass mich die ganze Sause irgendwie begeistert hätte. Keine Ahnung was hier schief gelaufen ist, aber irgendwie bringt Regisseur Leonardo Ricagni seinen bunt zusammengewürfelten Cast aus bekannten Gesichtern, die überdrehte Geschichte aus bekannten Gangster-Versatzstücken und die hübschen Wüsten-Locations nicht so richtig unter einen Hut und obwohl „29 Palms“ teilweise doch recht gut aussieht, wollte sich bei der Mischung aus Pulp-Gangsterfilm, Roadmovie und schwarzer Action-Komödie mit einer großen Portion Vintage-Flair und einer Prise Kritik am Umgang mit Ureinwohnern einfach keine große Freude einstellen. Unter der Hand eines erfahrenen Regisseurs wäre der Streifen vielleicht besser ausgefallen, aber hier wirkt von der Figurenzeichnung der namenlosen Protagonisten, den haarsträubenden Entwicklungen über die leise Gesellschaftskritik bis hin zum Timing der Gags irgendwie so ziemlich alles in den Wüstensand gesetzt und auch wenn der Streifen sicher kein Totalverhau ist, so muss man sich schon fragen, ob man das nicht alles wesentlich besser auf den Schirm hätte zaubern können.
Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Sa 11. Aug 2018, 19:16
von jogiwan
Frühling für Hitler
Der abgehalfterte und schmierige Max Bialystock ist ein Broadway-Produzent, der sich nach einigen Flops finanziell über Wasser hält, in dem er alten Witwen als Gigolo das Geld aus der Tasche zieht. Als er eines Tages auf den Wirtschaftsprüfer Leo trifft, der einen Blick in seine unstimmigen Bücher wirft, wird gemeinsam die Idee geboren, mit dem schlechtesten Skript und dem unfähigsten Regisseur einen gigantischen Flop zu produzieren um nach dem Absetzen des Stückes und Abschreibung der Kosten das Geld der Investoren selbst einzusacken. Mit dem höchst fragwürdigen „Frühling für Hitler“ und der theatralischen Rehabilitation des Führers scheint auch das ideale Stück gefunden zu sein, dass Publikum und Kritiker gleichermaßen verschreckt wie verärgert. Doch am Tag der Premiere kommt irgendwie alles anders als erwartet…
Mel Brooks Erstlingswerk „The Producers – Frühling für Hitler“ ist ja schon ein sehr schräges Filmereignis, dass ein herrliches Feuerwerk der Geschmacklosigkeiten abfeuert und hübsch gegen die glitzernde Welt des Broadways und seine bisweilen sehr exzentrischen Figuren austeilt. Zwar startet der Streifen doch etwas behäbig und braucht auch eine Zeit, bis er in die Puschen kommt, aber ab der Hälfte des Streifens dreht der Streifen so auf, dass einem förmlich der Mund offen steht. Dabei gibt es vom geldgeilen Produzenten über den Schrank-Nazi bis hin zum schwulen Regisseur auch viel spannende Figuren und die goldene Nazi-Revue-Einlage mit SM-Optik muss man wohl mit eigenen Augen gesehen haben um das zu glauben. Brooks ist es aber außerordentlich gut gelungen, sich mit beißendem Humor dem sehr ernsten Thema zu nähern und nebenher auch noch in andere Richtungen auszuteilen. Herausgekommen ist der nicht immer geschmackssichere Komödienklassiker über die Abgründe der Welt des Showbusiness und ein Film, der auch 50 (!) Jahre nach Erscheinen den Zuschauer auf unangenehme, wie spaßige Weise berührt.
PS: Sollte man sich aber wohl besser in der englischen Originalfassung angucken.
Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: So 12. Aug 2018, 19:30
von jogiwan
Fatal Frames - Okkulte Morde
Der amerikanische Regisseur Alex wird von seinem italienischen Freund Daniel engagiert, um in Italien für seine Freundin und Sängerin Stefania ein Video zu dem Song „Eternal City“ zu drehen, dass auch die Vorzüge der ewigen Stadt entsprechend in Szene setzen soll. Doch schon am Tag seiner Ankunft wird Alex Zeuge wie eine Frau an einem der Drehorte vor seinen Augen brutal ermordet und dabei gefilmt wird. Ein Mord, wie er genau nach selben Muster auch bereits in New York geschehen ist und bei Alex‘ Frau ebenfalls ermordet wurde. Doch Alex scheidet als Täter aus und so geht die Polizei auch von einem Nachahmungstäter aus, der die darauffolgenden Tage weiter im Umfeld der Video-Produktion mordet und dabei auch den Regisseur mit allerlei sonderbaren Ereignissen immer weiter an seiner Wahrnehmung zweifeln lässt.
„Fatal Frames“ eilt ja kein besonders guter Ruf voraus und auch hier gibt es eigentlich nur negative Stimme zu lesen, sodass es wohl an der Zeit war, dem Streifen aus dem Jahr 1996 eine neue Chance zu geben. Das Problem an Al Festas Streifen ist auch, dass er irgendwie auch in die Giallo-Ecke gedrängt wird, wo der Streifen eigentlich nur bedingt etwas zu suchen hat. Wenn man „Fatal Frames“ hingegen als musikalischen Okkult-Thriller mit Neunziger-Videoclip-Trockennebel-Ästhetik, einer Prise Tourismus-Werbung und Erotik, sowie jeder Menge Cameos wahrnimmt, hat der Streifen durchaus seine Momente. Mit David Warbeck, Alida Valli, Donald Pleasance, Linnea Quigley und Angus Scrimm hat der Streifen durchaus große Namen zu bieten und wo sieht man schon auch die ganzen völlig überlaufenen Touri-Attraktionen Roms quasi menschenleer als Mord-Location bzw. Leute die ständig in dunklen Räumen sitzen? Die Geschichte und das Drehbuch von Multitalent Al Festa sind ja doch etwas doof und als Festa räumt auch ausgiebig Platz für die lasziven Sangeskünste von Frau Stella ein, die im wahren Leben natürlich rein zufällig auch die Gattin des Regisseurs ist. Trotzdem mutet es witzig an, wenn die Protagonisten im Film nicht müde werden zu betonen, um welches Talent es sich bei der Schauspielerin/Sängerin handelt und der Zuschauer ihr schauspielerisches Talent wie das Overacting von David Warbeck durchaus ambivalent wahrnehmen darf. Mit 130 Minuten ist „Fatal Frames“ auch viel zu lange ausgefallen, die Auflösung ebenfalls nicht sonderlich prickelnd und etwas mehr Spannung hätte dem Teil wohl auch nicht geschadet. Ein guter Film ist „Fatal Frames“ wohl noch immer nicht, aber mittlerweile würde ich ihn dank der durchaus ungewöhnlichen Kombination aus Musikfilm mit Videoclip-Ästhetik, Thriller mit Gore-Elementen und augenzwinkernden Okkult-Nonsens und sonstigen Momenten, bei denen man sich nur an den Kopf greifen kann auch wesentlich wohlwollender betrachten, als bei der ersten Sichtung.
PS: Leutchen, gebt dem durchaus nochmals eine Chance und ich muss ja ehrlich zugeben, dass ich auch den Song mittlerweile mag...
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Mo 13. Aug 2018, 20:10
von jogiwan
Death Valley
jogiwan hat geschrieben:Leider arg traniger Slasher aus der Achtziger-Kiste, der zwar ständig versucht, Spannung aufzubauen die dann stets kurz darauf verpufft und auch kläglich daran scheitert, dass er dem Zuschauer abgesehen von ein paar (in der deutschen Fassung entfernten und) blutigen Kehlenschnitten auch ja nichts Kontroverses zumuten möchte. Die Idee, einen kleinen und von der Scheidung seiner Eltern mitgenommenen Klugscheißer als ungleichen Gegenpol zu einem psychopathischen Serienkiller zu positionieren ist zwar ziemlich doof aber schon irgendwie originell, würde sich der Streifen dann im Katz-und-Maus-artigen Verlauf nicht stets so vorhersehbar entwickeln, dass man als Zuschauer auch ja nicht in seinen moralischen Grundfesten erschüttert wird. Irgendwie wurde ich bei der Sichtung das Gefühl nicht los, dass hier einfach extrem viel Potential ungenutzt bleibt und statt einer fiesen Genre-Perle, die „Death Valley“ durchaus hätte werden können, ist ein zu braver Streifen in netter Kulisse und mit netten Darstellern herausgekommen, bei dem das amerikanische Familienbild stets gewahrt bleibt.
Langsam bin ich ja alle „Death Valley“-Filme durch und die erneute Sichtung dieses kleinen Schnarchers hat die Eindrücke nicht nur bestätigt, sondern bestärkt und irgendwie kommt der Film leider nie so richtig in die Puschen und wäre nicht der Soundtrack, würde man wohl nie so genau wissen, dass die jeweilige Szene eigentlich als spannend empfunden werden sollte. Die Geschichte ist einfach Mist und vor allem das Finale mit dem sehr seltsamen Verhalten einiger Figuren fand ich fast schon ärgerlich. Nope, so ist das nix!
Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Di 14. Aug 2018, 18:58
von jogiwan
Route 666
Gemeinsam mit seinem Partnerin Steph und einem Team aus US-Marshalls soll der toughe Jack La Roca die Quasselstrippe Rabbit nach Los Angeles bringen, wo dieser als Kronzeuge vor Gericht aussagen soll. Doch hinter Rabbit sind nicht nur die Mafia, sondern auch die Russen hinterher und so beschließt die ganze Truppe eine Abkürzung in Form einer abgesperrte Straße an der Route 66 durch die Mojave-Wüste zu nehmen, obwohl La Roca immer wieder von seltsamen Flashbacks heimgesucht wird. Doch diese Abkürzung erweist sich als fataler Fehler, als hinter der Truppe nicht nur weiter Berufskiller und korrupte Bullen, sondern auch noch untote Zombies hermachen, unter denen sich zu allem Überfluss neben Schwerkriminellen auch noch Jacks früh verstorbener Vater befindet.
Für die Ideen zu diesem Film müsste Regisseur William „Paratroopers“ Wesley ja eigentlich mit lebenslangen Drehbuchschreibeverbot belangt werden und ich habe schon sein langen keinen Streifen gesehen, der so derartig mit klischeeüberladenen Figuren, einem fragwürdigen Handlungsverlauf und dämlichen Genre-Mix langweilt. „Route 666“ versucht sich ja eifrig im Fahrwasser von „From Dusk til Dawn“ und vermischt Road-Movie, pseudocoole Cop-Action mit blutdürstenden Rache-Zombies (?) und fährt dabei alles so gnadenlos an die Wand, dass man als Zuschauer nur noch mit den Ohren schlackern kann. Hier passt so rein gar nichts zusammen, ist technisch mehr schlecht als recht zusammengeschustert und außerdem fehlen in der deutschen FSK-18-Fassung zu allem Überfluss auch noch die Gore-Momente, die den haarsträubenden Film aber auch nicht einen Deut besser machen. Wenn dann irgendwann nach knapp 40 Minuten auf einmal völlig unmotiviert und unspektakulär die Zombies auftauchen fühlt man sich als Eurohorror-Fan doch tatsächlich an Filme wie „Oase der Zombies“ oder „Zombie Lake“ erinnert und hier langweilt einfach alles von den Figuren, über die Handlung bis hin zur inflationär verwendenten Wackelkamera-Optik in den Actionscenen und dem völlig unbedarften Umgang mit Zombie- und Geister-Mythen, die hier immer so verwendet werden, wie man sie gerade braucht. Herausgekommen ist ein entbehrlicher Film, bei dem mir auch nur noch fliegende Haie gefehlt haben und über den ich dann auch kein weiteres Wort mehr verlieren mag. Die geschnittene deutsche DVD ist sowieso ein Fall für die Tonne. Avoid!
Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Mi 15. Aug 2018, 20:16
von jogiwan
Ghostland
Die junge Beth interessiert sich für H. P. Lovecraft und schreibt von ihrer Mutter ermuntert eigene Gruselgeschichten, während ihre Schwester Vera jedoch herzlich wenig von der schriftstellerischen Begabung ihrer Schwester hält und ebenso wenig begeistert ist, gemeinsam in das gruselige Haus ihrer verstorbenen Tante zu ziehen. Dort geschieht auch gleich am Abend ein schreckliches Verbrechen, dass sich nachhaltig auf das Leben der beiden Schwestern auswirkt und während Beth zur gefeierten Autorin heranwächst, bleibt Vera traumatisiert im Haus zurück und scheint den Verstand verloren zu haben…
Pascal Laugier ist ja eigentlich ein Garant für geschundene Frauenkörper und polarisierende Filme und da ist auch „Incident in a Ghostland“ keine Ausnahme. Hier geht es um zwei junge Mädchen, ein grausames Verbrechen und unterschiedliche Arten dieses zu verarbeiten. Dabei entpuppt sich der Streifen als durchaus tricky erzählt und als Zuschauer kann man nie so recht sicher sein, welche Abgründe hier als nächstes so warten. Dabei will ich an dieser Stelle nicht viel verraten und Laugier hat auch sichtlich Spaß daran, dem Zuschauer den Boden unter den Füßen wegzureißen und genüsslich das Szenario gleich mehrfach kippen zu lassen. Dennoch bleibt die Geschichte relativ straight, intensiv erzählt und bietet auch gleich ein paar Überraschungen und Herzklopf-Momente, auch wenn den Protagonisten wie schon in vorangegangenen Filmen doch relativ viel zugemutet wird. Herausgekommen ist ein solider und temporeicher Grusler aus der Psycho-Ecke, der meines Erachtens durchaus zu den besseren Beiträgen der letzten Zeit zählt, auch wenn wir hier vom guten Mittelfeld und nicht dem Spitzenfeld ausgehen. Der weibliche Cast inklusive Myléne Farmer macht seine Sache jedenfalls ganz gut, der Look des Hauses ist hübsch spooky und der während den Dreharbeiten schlimm verletzten Taylor Hickson wünsche in an dieser Stelle ebenfalls gute Besserung.
Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Do 16. Aug 2018, 19:38
von jogiwan
Alex Strangelove
Alex Truelove ist beliebt bei seinen Freunden, Schulsprecher seiner High School, hat einen Youtube-Channel und lernt eines Tages die hübsche Claire kennen, die so etwas wie seine Seelenverwandte ist. Die Beiden kommen zusammen und dennoch trübt ein dunkles Wölkchen die aufkeimende Beziehung. Im Gegensatz zu seinen restlichen Freundeskreis ist Alex noch Jungfrau und zur Verwunderung von Claire scheint er es auch gar nicht eilig zu haben, diesen Umstand zu ändern. Immer wieder wird der große Tag verschoben, bis Alex eines Tages auf einer Party Elliot kennenlernt. Dieser ist offen schwul, sympathisch, nie um einen Ratschlag verlegen und hinterlässt auch bei dem Schüler einen größeren Eindruck, als Alex sich selbst zugestehen mag. Dennoch wird der Plan der Entjungferung weiter verfolgt und als der Tag X näherkommt und er sich mit Claire ein Hotelzimmer nimmt, läuft erst recht alles aus dem Ruder…
Netter „Coming-of-Age“-Streifen als Netflix-exklusive Mischung aus Komödie und Drama, das voll und ganz auf die Youtube-Generation zugeschnitten ist. Die Geschichte ist nett, die Charaktere sind nett, die Ereignisse sind nett und dennoch fehlt „Alex Strangelove“ irgendwie das Herzliche und auch das Intime, dass ich mir bei einer derartigen Produktion gewünscht hätte. Bei näherer Betrachtung ist der Streifen auch nicht so gelungen, wie er mit etwas mehr Mut hätte sein können und selbst Themen wie Drogen, Sex und Suff werden auf nette Weise abgearbeitet. Alex weiß ja selber nicht so genau, wo er im Leben steht und „Alex Strangelove“ zeigt zum Teil auch die Widersprüchlichkeit unserer Gesellschaft, die sich einerseits sehr offen gibt und in Wirklichkeit immer noch sehr prüde ist. Früher war das Outing ein spezieller Moment unter Freunden und Familie, heute teilt man dieses im „Storytelling-Modus“ einfach mit der ganzen Welt auf Yotube und generiert damit millionenfache Klicks und ebnet sich den Weg zur „DuRöhre-Personality“ mit eigenem Drama-Channel. Der Weg dahin ist aber wohl immer noch gleich steinig und auch wenn man heute selbstbewusster vor die Kamera tritt, so ist dieser Schritt immer noch mit vielen Mühen, schwierigen Entscheidungen, Konsequenzen und auch Anfeindungen verbunden. „Alex Strangelove“ ist aber natürlich ein netter und positiver Film und auch recht nett gemacht und natürlich ist auch das Ende dann sehr nett ausgefallen. Alles sehr nett, aber das hatten wir ja bereits…
Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Fr 17. Aug 2018, 20:10
von jogiwan
Electroma
"Electroma" ist ja einer meiner Lieblingsfilme, obwohl sich dieser Streifen dem Zuschauer auf den ersten Blick doch sehr sperrig präsentiert und leider auch keinen großen Bekanntheitsgrad besitzt. Hier gibt es nicht nur keine Dialoge, sondern auch keine großen Erklärungen und doch ist die Handlung auf vielseitige Weise lesbar und handelt von unerfüllbaren Träumen und Sehnsüchten. Dazu gibt es Folk- und Soul-Musik aus den Siebzigern und wunderbare Bilder, die den Zuschauer auf fast schon hypnotische Weise einlullen. Michelangelo Antonionis „Zabriskie Point“ (den ich ja zwischenzeitlich gesehen habe) dürfte hier wohl der größte Einfluss für die Mischung aus Roadmovie und existenziellen Drama mit Sci-Fi-Einschlag sein und dennoch ist „Electroma“ stets eigenständig und weit davon entfernt sich irgendwie dem Zuschauer anzubiedern. Ein melancholisches Midnight-Movie mit formidablem Soundtrack und schönen Bildern, das man so sicher nicht von den beiden Daft Punkern erwartet hätte und auch herzlich wenig mit der kommerziellen und musikalischen Seite der Franzosen zu tun hat.
Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Sa 18. Aug 2018, 19:26
von jogiwan
Ex Machina
Der Programmierer Caleb arbeitet für den Technologiekonzern Bluebook und gewinnt bei einer internen Firmenlotterie eine Woche am Anwesen des Gründers Nathan. Doch der Trip entwickelt sich wenig später anders als geplant, als Caleb von Nathan die Chance erhält, seine neueste Schöpfung, ein Humanoid mit künstlicher Intelligenz namens Ava darauf zu testen, ob diese ein Bewusstsein hat, oder dieses nur aufgrund ihrer Daten simuliert. Der arrogant-überhebliche Nathan ist sichtlich stolz auf seine Entwicklung und auch Caleb ist bald hin- und hergerissen zwischen dem Wissen, dass es sich um ein künstliches Wesen handelt, dem Reiz der technischen Möglichkeiten und der Tatsache, dass Ava dabei nur allzu menschlich erscheint…
Alex Garland hat mich vor kurzen ja bereits mit „Auslöschung“ ziemlich begeistert und „Ex Machina“ ist ein nicht minder interessanter Sci-Fi-Beitrag und Regie-Debüt, der die Gehirnwindungen des Zuschauers ganz schön in Trab hält. In dem minimalistisch anmutenden Vier-Personen-Kammerspiel geht es um das Thema künstliche Intelligenz und ethische und philosophische Fragen, die diese Entwicklung aufwerfen und zeigen, wie schnell die Grenzen und Wahrnehmungen verschwimmen, wenn man das Gegenüber nicht mehr als Maschine empfunden wird. Dabei ist „Ex Machina“ aber nicht nur sehr originell, vorzüglich gespielt und hübsch anzusehen, sondern auch noch ziemlich spannend ausgefallen und der Zuschauer kann sich mit seinen Eindrücken hier ebenfalls nie sicher sein, während sich die Lage im abgeschiedenen Anwesen immer weiter zuspitzt. Wenn die Persönlichkeit und alles, was einen Menschen ausmacht erst einmal beliebig reproduzierbar ist, wird das wohl auch kein gutes Ende nehmen und der Mensch ist ja auch in vielerlei Hinsicht sehr begabt darin, sein eigenes Ende einzuleiten. Die Optik im Spannungsfeld zwischen High-Tech und rauer Natur ist dabei mindestens so spannend wie das Oscar-prämierte Drehbuch und auch sonst gibt es hier auch nix zu meckern. Tipp!