Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: So 24. Feb 2019, 19:42
The Bad Man
Nach dem Tod ihrer Großmutter erbt Mary ein großes Haus, das als Bed and Breakfast-Pension genutzt wurde. Obwohl nach dem Tod alle Gäste über die vorrübergehende Schließung informiert wurden, läutet es am ersten Abend ihrer Ankunft mit ihrem Freund PJ an der Tür und ein freundlicher Herr steht davor, der behauptet, die Großmutter gekannt zu haben und völlig überrascht auf das Ableben reagiert. Aus Gutmütigkeit überlässt Mary dem Mann ein Zimmer, der wenig später auch von seinem Beruf als Clown erzählt. Am nächsten Tag kippt die Situation aber relativ rasch, als Mary und PJ von dem Clown und einem Helfer unter Drogen gesetzt werden und dieser recht unvermittelt erklärt, Mary und PJ zu konditionieren um die Beiden dann als Sex-Sklaven in einer elitären Fetisch-Szene an den Höchstbietenden zu verkaufen. Während PJs Wille bald einmal gebrochen scheint, entpuppt sich Mary jedoch als Kämpferin, die auch bereit ist, es mit ihren sadistischen und scheinbar übermächtigen Gegnern aufzunehmen.
Der nächste „Skandalstreifen“, der für die deutsche Auswertung mächtig Federn lassen musste um dann überhaupt noch das rote Siegel zu erhalten und sich über Gratis-Werbung und vermutlich eine baldige Auswertung über Österreich erfreuen darf. Wer sich hier jedoch einen herben Splatterstreifen erwartet, wird erst einmal überrascht sein, wie „zahm“ der Streifen über weite Teile ausgefallen ist. Hier lag es wohl eher am Kopfkino bzw. am Grundton des Streifens als Thriller aus dem Fetisch- und S/M-Milieu, die den Prüfern wohl so gar nicht zugesagt hat. Für Leutchen, die mit so etwas nichts zu tun haben, wirkt das auch alles sehr seltsam und exotisch und für die breite Masse ist Scott Schirmers Streifen wohl ohnehin nicht gedacht. So wie ich diese Szene durch wenige Berührungspunkte erleben durfte, lebt diese jedoch größtenteils von der Inszenierung, teuren Fetisch-Klamotten und dem Wunsch damit einer biederen Existenz zu entfliehen, während körperliche Interaktion völlig in den Hintergrund tritt. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die „Gewalt“ in „The Bad Man“ auch eher psychologischer Natur ist und von Mythen und unausgesprochenen Obsessionen lebt. Warum sollte man auch Männlein in Weiblein mit Gewalt in eine Puppe verwandeln oder zum Hündchen degradieren, wenn das viele sogar freiwillig machen würden und sogar den sehnlichen Wunsch danach verspüren. Und so entpuppt sich auch „The Bad Man“ bei näherer Betrachtung rasch als plakative Gedankenspielerei mit allerlei dramaturgischen Stolpersteinen, die auch eher nur unbedarfte Menschen und erzkonservative FSK-Beamte schockieren wird. „The Bad Man“ lässt sich schon gucken und fügt der Grusel-Clown-Debatte einen netten neuen Beitrag hinzu, aber wenn man nicht selbst irgendwelche Neigungen mit sich herum schleppt , sollte man sich neben der ungewöhnlichen Thematik und etwas Schmodder am Ende wohl auch nicht viel mehr erwarten.
Harvest Lake
Um seinen 26. Geburtstag zu feiern, fährt Ben mit seiner Freundin Cat, sowie den Freunden Jennifer und Josh übers Wochenende in eine Hütte an einen abgelegenen See, wo sich die Geburtstagsfeierlichkeiten jedoch nicht wie geplant entwickelt. Die seltsam bizarre Vegetation am ruhigen See und eine sexuell aufgeladene Stimmung überträgt sich auf die Besucher, die gelöst durch Alkohol und Drogen und dem Auftauchen eines Fremden ihre Hemmungen hinter sich lassen und gemeinsam eine neue Körperlichkeit entdecken, in die sich bald ein weiterer Organismus drängt.
Scott Schirmer ist augenscheinlich einer der interessanteren und fleißigen jungen Regisseure, die mit Low-Budget, Indie und „Crowdgefundeten“ Werken und neuen Vertriebswegen international auf sich aufmerksam machen. Hier ist es eine entrückt wirkende Mischung aus Genre-Versatzstücken wie Horror, Drama, Tentakel-Monster, Partyfilm und Softsex, die sich inhaltlich angenehm der Prüderie und Moral widersetzt, die man ansonsten so in neueren Ami-Filmchen serviert bekommt. Zwar ist „Harvest Lake“ eher kein Horror, sondern ein durchaus interessanter Streifen, der sich inhaltlich auf vielerlei Weise lesen und deuten lässt. Andererseits darf man sich hier auch keine straighte Story oder Auflösung erwarten, sondern sollte sich ebenfalls von der aufgeladenen Stimmung und den hübschen Bildern anstecken lassen, die voller sexueller Symbolik erscheinen und bei denen es später dann natürlich auch zur Sache geht. Dabei begeht Schirmer aber nicht den Fehler irgendwie plump oder billig zu wirken, sondern umschifft elegant die Klippen, die sich bei Filmen mit nackten Körpern so ergeben können und bleibt ästhetisch stets in der Spur. Zwar ist „Harvest Lake“ kein Film für die breite Masse und will es auch gar nicht sein, aber im Gegensatz zum wesentlich plakativeren „The Bad Man“ hat mir hier die mystische Mischung aus Sex und Tentakeln auch dank unverbrauchter Gesichter und kürzerer Laufzeit wesentlich besser gemundet.
Nach dem Tod ihrer Großmutter erbt Mary ein großes Haus, das als Bed and Breakfast-Pension genutzt wurde. Obwohl nach dem Tod alle Gäste über die vorrübergehende Schließung informiert wurden, läutet es am ersten Abend ihrer Ankunft mit ihrem Freund PJ an der Tür und ein freundlicher Herr steht davor, der behauptet, die Großmutter gekannt zu haben und völlig überrascht auf das Ableben reagiert. Aus Gutmütigkeit überlässt Mary dem Mann ein Zimmer, der wenig später auch von seinem Beruf als Clown erzählt. Am nächsten Tag kippt die Situation aber relativ rasch, als Mary und PJ von dem Clown und einem Helfer unter Drogen gesetzt werden und dieser recht unvermittelt erklärt, Mary und PJ zu konditionieren um die Beiden dann als Sex-Sklaven in einer elitären Fetisch-Szene an den Höchstbietenden zu verkaufen. Während PJs Wille bald einmal gebrochen scheint, entpuppt sich Mary jedoch als Kämpferin, die auch bereit ist, es mit ihren sadistischen und scheinbar übermächtigen Gegnern aufzunehmen.
Der nächste „Skandalstreifen“, der für die deutsche Auswertung mächtig Federn lassen musste um dann überhaupt noch das rote Siegel zu erhalten und sich über Gratis-Werbung und vermutlich eine baldige Auswertung über Österreich erfreuen darf. Wer sich hier jedoch einen herben Splatterstreifen erwartet, wird erst einmal überrascht sein, wie „zahm“ der Streifen über weite Teile ausgefallen ist. Hier lag es wohl eher am Kopfkino bzw. am Grundton des Streifens als Thriller aus dem Fetisch- und S/M-Milieu, die den Prüfern wohl so gar nicht zugesagt hat. Für Leutchen, die mit so etwas nichts zu tun haben, wirkt das auch alles sehr seltsam und exotisch und für die breite Masse ist Scott Schirmers Streifen wohl ohnehin nicht gedacht. So wie ich diese Szene durch wenige Berührungspunkte erleben durfte, lebt diese jedoch größtenteils von der Inszenierung, teuren Fetisch-Klamotten und dem Wunsch damit einer biederen Existenz zu entfliehen, während körperliche Interaktion völlig in den Hintergrund tritt. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die „Gewalt“ in „The Bad Man“ auch eher psychologischer Natur ist und von Mythen und unausgesprochenen Obsessionen lebt. Warum sollte man auch Männlein in Weiblein mit Gewalt in eine Puppe verwandeln oder zum Hündchen degradieren, wenn das viele sogar freiwillig machen würden und sogar den sehnlichen Wunsch danach verspüren. Und so entpuppt sich auch „The Bad Man“ bei näherer Betrachtung rasch als plakative Gedankenspielerei mit allerlei dramaturgischen Stolpersteinen, die auch eher nur unbedarfte Menschen und erzkonservative FSK-Beamte schockieren wird. „The Bad Man“ lässt sich schon gucken und fügt der Grusel-Clown-Debatte einen netten neuen Beitrag hinzu, aber wenn man nicht selbst irgendwelche Neigungen mit sich herum schleppt , sollte man sich neben der ungewöhnlichen Thematik und etwas Schmodder am Ende wohl auch nicht viel mehr erwarten.
Harvest Lake
Um seinen 26. Geburtstag zu feiern, fährt Ben mit seiner Freundin Cat, sowie den Freunden Jennifer und Josh übers Wochenende in eine Hütte an einen abgelegenen See, wo sich die Geburtstagsfeierlichkeiten jedoch nicht wie geplant entwickelt. Die seltsam bizarre Vegetation am ruhigen See und eine sexuell aufgeladene Stimmung überträgt sich auf die Besucher, die gelöst durch Alkohol und Drogen und dem Auftauchen eines Fremden ihre Hemmungen hinter sich lassen und gemeinsam eine neue Körperlichkeit entdecken, in die sich bald ein weiterer Organismus drängt.
Scott Schirmer ist augenscheinlich einer der interessanteren und fleißigen jungen Regisseure, die mit Low-Budget, Indie und „Crowdgefundeten“ Werken und neuen Vertriebswegen international auf sich aufmerksam machen. Hier ist es eine entrückt wirkende Mischung aus Genre-Versatzstücken wie Horror, Drama, Tentakel-Monster, Partyfilm und Softsex, die sich inhaltlich angenehm der Prüderie und Moral widersetzt, die man ansonsten so in neueren Ami-Filmchen serviert bekommt. Zwar ist „Harvest Lake“ eher kein Horror, sondern ein durchaus interessanter Streifen, der sich inhaltlich auf vielerlei Weise lesen und deuten lässt. Andererseits darf man sich hier auch keine straighte Story oder Auflösung erwarten, sondern sollte sich ebenfalls von der aufgeladenen Stimmung und den hübschen Bildern anstecken lassen, die voller sexueller Symbolik erscheinen und bei denen es später dann natürlich auch zur Sache geht. Dabei begeht Schirmer aber nicht den Fehler irgendwie plump oder billig zu wirken, sondern umschifft elegant die Klippen, die sich bei Filmen mit nackten Körpern so ergeben können und bleibt ästhetisch stets in der Spur. Zwar ist „Harvest Lake“ kein Film für die breite Masse und will es auch gar nicht sein, aber im Gegensatz zum wesentlich plakativeren „The Bad Man“ hat mir hier die mystische Mischung aus Sex und Tentakeln auch dank unverbrauchter Gesichter und kürzerer Laufzeit wesentlich besser gemundet.