Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

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Moderator: jogiwan

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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Montclare - Erbe des Grauens

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Nach dem Tod ihrer Mutter erbt und übernimmt die Linda das Altersheim Montclare, was die junge Frau nach Jahren der Abwesenheit auch wieder an den Ort ihrer Jugend und entfremdeter Verwandschaft führt. Obwohl das Haus heruntergekommen und auch wirtschaftlich nicht unbedingt rentabel erscheint, will Linda das Heim jedoch vorerst weiterführen, als auf einmal ein Todesfall unter den Patienten wieder traumatische Erlebnisse in ihr weckt, die sie seit Kindertagen verdrängt hat. Danach beginnen seltsame Ereignisse und Linda fühlt sich auf einmal beobachtet und nicht mehr sicher. Sie beginnt in den Unterlagen ihrer verstorbenen Mutter zu suchen und findet weitere Ungereimtheiten, die darauf schließen lassen, dass es in dem weitläufigen Haus nicht mit rechten Dingen zugeht.

Wunderbarer, aber offensichtlich leider eher unbekannter Streifen aus Down Under, bei dem es wohl auch ein Vorteil ist, wenn man sich im Vorfeld nicht zu sehr über den Inhalt des Films informiert. Tut man das nicht erscheint auch lange Zeit nicht eindeutig, in welche Richtung der Film tendiert und von Familiendrama und Haunted-House-Horror, über Paranoia und Mystery bis hin zum Slasher erscheint hier eigentlich auch alles möglich. Die Auflösung wird an dieser Stelle natürlich auch nicht verraten, bzw. nur so viel, dass mich das Finale doch ziemlich überrascht hat. Zudem überzeugt „Next of Kin“ auch noch mit ein paar extravaganten Aufnahmen, einer hübschen Location und einer großartigen Hauptdarstellerin, die am Ende ebenfalls zur Hochform aufläuft. Außerdem ist das Setting im Altersheim und die eher unaufgeregte Erzählweise eine hübsche Abwechslung zu anderen Horrorfilmen, die durch Tempo versuchen, ein bestimmtes Grauen zu erzeugen. Das kommt hier eher wie von selbst, wenn die sympathische Protagonistin mehr und mehr in einen Sog aus unerklärlich erscheinenden Dingen gerät und selbst harmlose Badezimmer und freundliche Menschen auf einmal verdächtig erscheinen. Tipp!
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Die feurigen Schwestern

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Ein lesbisches Pärchen, bestehend aus einer Filmemacherin und einer Sportlerin, feiert nach einer längeren Trennung die Wiedervereinigung in einer Bar, wo sie das Ziel einer homophoben Pöbelei werden. Kurzerhand greift eine dritte Frau ins Geschehen und vermöbelt die Rüpel und schließt sich danach wie selbstverständlich den beiden Frauen an. Nach einer leidenschaftlichen Nacht zu dritt beschließt frau am nächsten Tag einen Road-Trip zu machen, der die Frauen geradewegs durch die raue Landschaft Patagoniens führt und die Filmemacherin zu ihrem neuesten Film inspirieren soll, der als Porno geplant ist. Auf der Reise treffen die drei auf weitere, sehr unterschiedliche Frauen, die sich ohne Hemmungen und Scheu von der sexuellen Freiheit der Reisenden anstecken lassen und somit auch genügend Stoff für das geplante Werk bieten.

„Las Hijas del fuego“ wird ja als feministischer Lebensporno aus der World-Cinema bzw. Arthouse-Ecke angepriesen, sodass meine Neugier geweckt war, obwohl das thematisch ja eigentlich nicht meine Baustelle ist. Sex geht aber immer und im Falle von Regisseurin Albertina Carri ist dieser auch hübsch unverklemmt, kommt leidenschaftlich und natürlich rüber und hat natürlich mit all den überschminkten und körperlich "optimierten" Fake-Lesben von Männer-orientierten Erwachsenenseiten nichts zu tun. Der weibliche Blick für Körper und Landschaften ist hier unverkennbar und auch die polyamouröse Geschichte des Road-Movies weiß durchaus zu gefallen. Der Sex ist hier auch nicht gespielt, sondern echt und fügt sich wie selbstverständlich in die Handlung ein und präsentiert sich in allen Spielarten. Zu der weiblichen Leidenschaft gesellen sich die wunderbaren Landschaftsbilder von Feuerland, die bei mir sofort das Fernweh auslösen. Dass Männer in diesem Werk nicht gut wegkommen und keine große Rolle spielen, kann man dem Streifen dabei ebenfalls durchaus verzeihen. Eigentlich alles super, würde Carri ihre ohnehin sehr lose gesponnene Geschichte nicht nach drei Viertel des Films etwas aus den Augen verlieren und am Ende geht „Die feurigen Schwestern“ mit seiner Detailfreudigkeit statt charakterlicher Tiefe für mein Empfinden auch die Glut der Leidenschaft etwas verloren. Der Höhepunkt am Ende ist hier aber durchaus wörtlich zu nehmen und die Welt bräuchte ja trotzdem noch viel mehr von diesen Filmen.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Blind Beast

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Das junge Model Aki erregt durch eine erotische Fotostrecke mit einem Fotografen lokale Berühmtheit und gerät so auch in den Fokus des blinden Michio. Der ist ebenfalls Künstler, hat sich Skulpturen verschrieben und möchte nach den Maßen des Models sein ultimatives Kunstwerk erschaffen. Da er jedoch voller Selbstzweifel steckt, entführt er gemeinsam mit seiner dominanten Mutter das junge Mädchen und stellt diese in seinem bizarr anmutenden Atelier kurzerhand vor vollendete Tatsache. Als die Tage vergehen, wird aber nicht nur die Lage für die junge Frau immer aussichtsloser, sondern sie entdeckt durch die psychische und physische Ausnahmesituation auch Neigungen, die sie selbst nicht für möglich gehalten hätte und das Schicksal nimmt seinen unbarmherzigen Verlauf.

Herrlich schräger und thematisch eigentlich völlig jenseitiger Streifen über einen blinden Künstler, der ein junges Model entführt, das sich danach aufgrund akuter Aussichtslosigkeit in bester Stockholm-Syndrom-Manier in ihren Peiniger verliebt und danach noch bestimmte Neigungen entdeckt. Der japanische Streifen ist dabei vor allem ein Fest für die Augen und präsentiert seine Geschichte mit Pop-Art-Skulpturen und erinnert entfernt an den italienischen „Femina Ridens“ auch wenn hier aus feministischer Sicht das andere Ende der Fahnenstange bzw. Geschichte abgesteckt wird. Statt bunten Bildern steht hier Düsternis am Programm und von Wendung zu Wendung geht es in die Abgründe menschlicher Sexualität. Als Zuschauer mag die Kammerspiel-artige Geschichte mit drei Protagonisten zwar manchmal etwas konstruiert wirken, aber aus dem Staunen kommt man trotzdem nicht mehr heraus. Das letzte Drittel ist ja auch für den Zuschauer eine emotionale Achterbahnfahrt der Gefühle, die zur Zeit der Entstehung wohl auch für die ein- oder andere Kontroverse gesorgt hat. Ein heftiger Trip von einem Film mit allerlei Obessionen, der mich wieder einmal mühelos geplättet hat.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

God told me to

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In memoriam Larry Cohen!

Die erste Sichtung von Larry Cohens „God told me to“ hat mich seinerzeit doch etwas irritiert zurückgelassen und was sich da damals 90 Minuten lang vor meinen Augen abspielte, war wohl nicht das, was ich mir damals erwartet habe. Der Film startet ja auch gleich mit einem Paukenschlag und zeigt einen Mann, der scheinbar wahllos von einem Hochausdach in New York aus, andere Menschen erschießt um sein Motiv dann mit „God told me to…“ zu begründen. Danach geht der Film aber rasch in eine etwas andere Richtung und vermischt seltsame Charaktere und unerklärliche Ereignisse zu einem – zugegeben – etwas vagen Streifen mit apokalyptischer Stimmung und dem unbestimmte Gefühl, dass sich auch unsere aufgeklärte Wohlstandsgesellschaft nie zu sehr in Sicherheit wiegen kann. „God told me to“ streift mehrere Genre-Richtungen und ist dabei aber auch immer irgendwie auf eine positive Art stets neben der Spur, was den Streifen auch zu einem der ungewöhnlichsten Vertreter aus den Siebzigern macht. Schade nur, dass es der Streifen seinerzeit nicht nach Deutschland geschafft hat und man auch heutzutage nach ausländischen Alternativen Ausschau halten muss. So etwas sieht man aber echt nicht alle Tage.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Carlos

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Irgendwo im wilden Westen werden arme Bauern von dem Großgrundbesitzer Philipp ausgebeutet, der die Bevölkerung mit brutaler Waffengewalt und gewaltbereiter Privatarmee unter Kontrolle hält. Widerstand regt sich aber ausgerechnet in der eigenen Familie in Form von Philipps zweiter Ehefrau Clara und seinem in Ungnade gefallenen Sohn Carlos, der heimlich in seine Stiefmutter verliebt ist. Gemeinsam mit Philipps Vertrauten, dem Leibarzt Pedro planen sie einen Putsch gegen den Despoten, in dem sie heimlich Waffentransporte organisieren. Zuerst läuft auch alles wie gewünscht, doch schon bald bringen Intrigen, Eifersucht und Lügen unter den Beteiligten den gefährlichen Plan ins Wanken und sorgen dafür, dass weiteres Unheil seinen Lauf nimmt…

„Carlos“ ist der gründlich misslungene Versuch einen historischen Stoff in Form eine Genre-Films auf die Leinwand zu bringen. Hans W. Geißendörfer in seiner Experimentierphase nimmt Schillers „Don Karlos“ und verlegt die Figuren mit internationalen Darstellern in den Wilden Westen und setzt dabei offensichtlich auch Voraus, dass man die literarische Vorlage kennt. Die Figuren werden dem Zuschauer quasi ohne große Erklärungen vor die Füße geworfen und danach gibt es die üblichen Western-Zutaten, die hier aber noch eine Spur langatmiger und nerviger als sonst daherkommen. Die Männer sind böse und gemein, die Frauen hilflos oder intrigant und auch die ödipale Vater-Sohn-Kiste und der geplante Putsch geben kaum etwas her. Statt einen Spannungsbogen zu kreieren, werden die zu erwartenden Ereignisse eher emotionslos dargeboten und alle Protagonisten gucken ständig so betroffen, als hätten die Beteiligten im Vorfeld schon gewusst, welches Schicksal diesem Machwerk droht. Statt Kino landete „Carlos“ wohl auch nur im deutschen Fernsehen und wird seitdem augenscheinlich auch von Westernfans erfolgreich negiert. Der werte und eigentlich grundsympathische Geißendörfer rühmt sich ja auch gerne damit, dass er damals völlig ahnungslos, autodidaktisch und überambitioniert seine dramatischen Inhalte als Trivialfilme inszenieren wollte um ein großes Publikum zu erreichen. Manchmal geht so etwas halt auch einfach mal in die Hose - im Falle von „Carlos“ sogar gründlich.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Die Gläserne Zelle

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Trotz den intensiven Bemühungen seines Freundes und Anwalts David wandert der Architekt Phillip nach einer Verhandlung wegen Pfusch am Bau und veruntreuten Geldern für fünf Jahre ins Gefängnis, während dem eigentliche Täter Lasky nichts nachzuweisen ist. Nach vergeblichen Versuchen den Prozess wieder aufzunehmen und nach der Entlassung hat Phillip daher nicht nur das Vertrauen in den Rechtsstaat, sondern auch zu seiner eigentlich sehr fürsorglichen Frau Lisa verloren. Schnell keimt ihn ihm der Verdacht, dass das Verhältnis von Lisa zu David nicht nur rein freundschaftlich sein könnte und auch das Verhalten seines ihm entfremdeten Sohn Timmie stützt seinen Verdacht. Phillip fühlt sich gebrandmarkt, einsam und unnütz und auch die Versuche einen neuen Job zu finden, sind nur durch den Einfluss des Anwalts von Erfolg gekrönt. Als dann auch noch der von David weiterhin bedrängte Lasky wieder in Phillips Leben tritt um weiteres Unheil zu verbreiten, dauert es nicht lange bis Phillip tatsächlich zum Täter wird…

Mit „Die Gläserne Zelle“ hat Hans W. Geissendörfer nach Motiven von Patricia Highsmith eine spannende Mischung aus Drama und Thriller geschaffen, der hinter die Fassade der deutschen Gutbürgerlichkeit und in direkt die die Abgründe der Menschheit blickt. Frankfurt ist auch scheinbar der ideale Schauplatz für diese nüchtern erzählte Geschichte eines gutsituierten Architekten, der unschuldig ins Gefängnis muss und danach das Vertrauen in die Gesellschaft verliert. Zu der verbüßten Strafe gesellt sich nach der Entlassung auch rasch ein weiteres, selbstgewähltes Gefängnis, dass den Architekten unsichtbar in einer Mischung aus zerstörten Selbstwert und Unsicherheit umgibt. Und so dauert es auch nicht lange, bis persönliche Befindlichkeiten und Eifersucht als weitere Parameter die Familie immer weiter ins Verderben führen. Geissendörfer erzählt die Geschichte dabei eher unterkühlt mit hübschen Bildkompositionen und hier passt auch seine eher reduzierte Figurenzeichnung meines Erachtens sehr gut, da die Darsteller auch nicht viele Worte benötigen um dem Publikum ihre Lage zu beschreiben. In der letzten halben Stunde wird dann die Suspense-Schraube angezogen und als Zuschauer steht man unter anderem auch vor dem moralischen Dilemma, ob man die nachvollziehbare Tat im Affekt verurteilen soll, oder der Täter seine Strafe ohnehin schon längst verbüßt hat. Jedenfalls alles sehr gut gemacht und noch besser gespielt kann ich nur nicht verstehen, warum „Die Gläserne Zelle“ nicht wesentlich bekannter ist.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Im Jahr der Schildkröte

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Heinz August ist ein 61jähriger arbeitsloser Buchhalter, der vor Jahren bereits seine Frau verloren hat und in Köln in einem Wohnbunker lebt. Bei einem seiner nächtlichen Spaziergänge durch die menschenleere Stadt fällt ihm eines Abends quasi die junge Claudia vor die Füße, die sich gerade mit ihrem Freund gestritten hat. Diese ist laut, aufdringlich, schrill resolut und so ziemlich das Gegenteil von dem eher introvertierten und stillen Mann, der sein Leben fest im Griff hat. Als er in einem Anflug aus Mitleid die junge Frau zu sich einlädt um die Nacht nicht an einer Straßenbahnhaltestelle verbringen zu müssen, ist das der Beginn einer wunderbaren, aber nicht konfliktfreien Freundschaft, bei der auch das Schicksal noch ein Wörtchen mitzureden hat.

Der von Hans W. Geissendörfer produzierte Streifen „Im Jahr der Schildkröte“ ist ein sympathischer deutscher Streifen, der zwei Charaktere zusammenführt, die unterschiedlicher eigentlich nicht sein könnte. Claudia ist die junge, chaotische und schrille Studentin mit durchaus fragwürdigen Freundeskreis und Heinz August der spießige Ex-Beamte und Witwer, der aber nicht bereit ist, sich zum sogenannten alten Eisen erklären zu lassen und seinen Lebensabend bei Schlagermusik und Bus-Werbefahrten zu verbringen. Zwar wird im Verlauf des Streifens manchmal etwas dick aufgetragen und auch die Figuren und Ereignisse wirken bisweilen etwas überzeichnet, aber abgesehen davon ist Ute Wieland ein schöner Film mit positiver Message gelungen, dem auch das tragische Ende nicht viel anhaben kann. Lebensfreude und Liebe kennt keine Altersbegrenzung und „Im Jahr der Schildkröte“ spielt auch immer etwas mit den Vorurteilen und Erwartungshaltung des Zuschauers, um diese dann natürlich nicht zu erfüllen. Insgesamt schon ein sehenswerter und erwachsen wirkender Film aus einem interessanten Blickwinkel mit einem wunderbaren Heinz Bennent und einer vielleicht etwas zu aufgedrehten Karina Fallenstein, der trotz seiner durchwegs positiven Botschaft auch nachdenklich stimmt.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Underwater Love - A Pink Musical

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Asuka ist die herzensgute, wenn auch etwas naive Mitarbeiterin einer Fischfabrik, die eines Tages überraschend einem Kappa begegnet. Das ist ein Fabelwesen, dass halb Mensch, halb Schildkröte ist, im Wasser lebt und üblicherweise Menschen gerne Streiche spielt. Dieser quartiert sich kurzerhand bei Asuka ein und stellt sich als Reinkarnation des ehemaligen Mitschülers Aoki vor. In diesen war die 35jährigen in der Schule verliebt, ehe er ertrank und sie beschloss den Chef ihrer Firma zu ehelichen. Doch mit dem Auftauchen des Fabelwesens kommen auch die Hochzeitvorbereitungen und die Beziehung ins Stocken und während der Kappa unter einem Vorwand in derselben Firma zu arbeiten beginnt und es mit Asukas Kollegin treibt, offenbart er langsam auch noch den ernsten Hintergrund seines Besuchs, der das Leben der Arbeiterin noch zusätzlich und endgültig auf den Kopf stellt…

Schräge Musical-Dramödie mit Fantasy-Einschlag, die natürlich in ersten Linie den Regeln des japanischen Pink-Films folgt. Sprich: es ist hier alles etwas Low-Budget und improvisiert es wird ein paar Mal geschnackselt und ansonsten eher wenig Rücksicht auf Anspruch, Ausstattung und handwerkliche Kunst gelegt. Und genauso sieht und hört sich „Underwater Love“ auch an. Die Geschichte ist eher zu vernachlässigen, die Erotik-Szenen für das westliche Auge kaum erotisch, die Inszenierung kann das Budget nicht verschleiern und auch die Musik der deutschen Combo Stereo Total wirkt eher als zusätzliches Gimmick, als ein integrierter Anteil gleichberechtigten Ausmaßes. Ein Musical zu machen ist auch schwierig und so hopsen die Darsteller ein wenig zur Musik herum und versuchen erst gar nicht so zu tun, als würden sie die Titel mit den gewöhnungsbedürftigen Texten in japanischer Sprache selber singen. Außerdem ging man für mein Empfinden etwas zu offensichtlich mit dem Vorsatz daran, hier ein trashiges Werk zu schaffen, das größtmöglich schräg und unkonventionell werden soll. „Underwater Love“ ist meines Erachtens auch nicht wirklich geglückt, selbst wenn man so eine krude Mischung natürlich nicht alle Tage sieht. Gerne würde ich das Pink-Musical schon nach der lustigen Eröffnungsszene mit dem Kappa im Teich in mein Herz schließen, aber die Mischung wollte gestern einfach nicht so wirklich zünden.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Sorcerer / Atemlos vor Angst

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Ein amerikanischer Krimineller, ein französischer Finanz-Betrüger, ein israelischer Terrorist und ein lateinamerikanischer Auftragskiller landen aus unterschiedlichsten Gründen in einem südamerikanischen Ort, wo sie unerkannt untergetaucht sind. Die Tage verbringen sie mit harter Schufterei und befinden sich in ständiger Angst, von der korrupten Polizei hops genommen zu werden. Als es eines Tages durch Sabotage auf einem nahen Ölfeld zu einer Explosion kommt und das Feuer nicht mehr mit herkömmlichen Mitteln gelöscht werden kann, sucht die verantwortliche Firma händeringend vier wagemutige Fahrer, die mit heruntergekommenen Fahrzeugen falsch gelagertes und hochexplosives Nitroglyzerin 200 Meilen durch den unwegsamen Dschungel zu dem brennenden Erdölfeld transportieren soll, das bei der geringsten Erschütterung explodieren könnte. Die vier Männer nehmen die Herausforderung an und begeben sich auf das angekündigte Himmelfahrtskommando, an dessen Ende eine große Summe Bargeld und der Weg in die Freiheit warten soll.

„Atemlos vor Angst“ kennt man ja vom Titel und auch Bilder der legendären Brückenszene sieht man ja immer wieder in den unterschiedlichsten Zusammenhängen. Nun stand auch endlich der gesamte Film bei mir am Programm und der entpuppt sich auch rasch als hochfunktionales Spannungskino mit interessanten Protagonisten, die sich eigentlich allesamt nicht als Identifikationsfiguren taugen. Friedkin lässt sich auch überraschend lang Zeit, seine Figuren und das Szenario einzuführen und spart dabei auch nicht mit drastischen Bildern. Trotzdem vermeidet er eine moralische Bewertung der Figuren und präsentiert diese relativ neutral aus Menschen, die in der Aussicht auf ein besseres Leben handeln. Nach knapp einer Stunde geht die Fahrt auch los, bringt die Protagonisten und das transportierte Gut an den Rand der Belastbarkeit und die Spannungsschraube wird angezogen und gipfelt in der Brückenszene, die zu recht Filmgeschichte geschrieben hat. Auch danach bleibt man konsequent abseits von etwaigen Zuschauererwartungen und lässt den Film auch dementsprechend enden. Von den Bildern her ist „The Sorcerer“ natürlich großartig und die Naturgewalten fegen über die vier Figuren hinweg, dass es einem den Atem verschlägt. Auch darstellerisch ist der Streifen ganz groß und der sprachliche Mix aus Englisch, Spanisch, Französisch und Deutsch (!) lässt das Szenario stets sehr roh und authentisch wirken. Gerne ist im Zusammenhang auch lapidar von einem „Männerfilm“ die Rede, doch Friedkins Abgesang auf westliche Ideale am Ende der Welt ist natürlich viel mehr als ein Testosteron-geschwängerter Actionfilm, sondern eher ein vielschichtiger Film über Selbstaufgabe, Karthasis und der Sehnsucht nach einem besseren Leben, in dem man begangene Fehler hinter sich lassen kann. Ein Traum, der sich nicht erfüllen kann.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Skinner

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Dennis Skinner ist ein eher unscheinbarer Mann mit Werkzeugtasche, der eines Tages im Haus von Kerry ein Zimmer mieten möchte. Die junge Frau mit Finanz- und Eheproblemen ist froh einen Mieter gefunden zu haben, der zwar etwas verschroben auch sehr sympathisch erscheint. Was Kerry jedoch nicht ahnt ist die Tatsache, dass Skinner ein völlig irrer Psychopath ist, der nachts Prostituierte und unliebsame Menschen ermordet um ihnen die Haut abzuziehen und selbst in ihre Rolle zu schlüpfen. Doch mit Skinner erscheint auch eine weitere Person in der Stadt, die mit dem brutalen Mörder noch eine Rechnung offen hat und auch sein schreckliches Treiben beenden möchte, sodass ein blutiger Showdown auch nur als eine Frage der Zeit erscheint.

Mit „Skinner“ hat Regisseur Ivan Nagy einen Slasher geschaffen, der zwar nicht mit seiner Geschichte, Figuren oder Darstellern, dafür umso mehr mit geschmackloser Gewaltdarstellung punkten kann. Die KNB EFX Crew leistet hier auch sehr solide Arbeit, auch wenn die Effekte eigentlich leicht zu durchschauen und sich aufgrund ihrer völlig überzogenen Art auch am Rande der Lächerlichkeit bewegen. Blutig und herb ist es aber allemal und der Begriff „Blackfacing“ bekommt hier ebenfalls eine neue Dimension, die völlig jenseits von Gut und Böse ist. Leider ist der Rest aber ziemlich lahm und die Geschichte über den psychopathischen Killer kommt weder in Fahrt, sondern ist zudem auch noch völlig spannungsfrei und mit haarsträubenden Mitteln erzählt. So wirken die teils surrealistischen Momente eher peinlich und auch bei der Figurenzeichnung hat man sich wenig Mühe gegeben. Darstellerisch darf man sich hier trotz bekannter Gesichter auch keine Glanzleistungen erwarten und vor allem Traci Lords, die ich normalerweise sehr schätze, wirkt in ihrer apathisch angelegten Rolle als drogensüchtiger Racheengel eigentlich völlig deplatziert. Auch Ted Raimi kann als Psycho-Killer nicht wirklich überzeugen und abgesehen von ein paar „Darf-man-das-so-bringen?“-Momenten ist „Skinner“ auch eine überraschend lahme Angelegenheit, die in allen Belangen dem Neunzigerjahre-Serienkiller-Genre nachhechelt und wohl lediglich die Gore-Fraktion überzeugen dürfte.

House on Tombstone Hill

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Eine Handvoll Freunde erreicht ein abgelegenes Landhaus, das von den jungen Mark zum Schnäppchenpreis gekauft hat und nun in gemeinsamer Arbeit renoviert werden soll. Doch schon bei der Ankunft kommt es zu ersten Meinungsverschiedenheiten und vor allem der Zimmerer Bob nervt die anderen zudem mit seinem rüpelhaften Verhalten. Als die Gruppe im Garten einen Grabstein entdeckt, der von Bob achtlos zertrümmert wird, zieht das den Zorn eines ruhelosen Geistes in Form einer alten Frau nach sich, die in der darauffolgenden Nacht die Gruppe nach der Reihe auf blutigste Weise dezimieren und in Zombies verwandeln wird.

Der nächste Streifen aus der Überraschungskiste, der sich als Troma-Produktion aus den Achtzigern entpuppt und hierzulande unter dem blumigen Titel „Hexenhaus – Blut für die Zombies“ vermarktet wurde. Bei näherer Betrachtung ist James Riffels Streifen aber lediglich eine sehr ausgedehnte Slash’n Stalk-Angelegenheit, bei der die Rahmengeschichte auf ein Minimum reduziert wird. Hauptaugenmerk liegt hier auf den blutigen Effekten, die auch hübsch auf die Laufzeit von knapp 90 Minuten aufgeteilt wurden. Die Sache mit der mordenden Oma geht ja eigentlich auch gar nicht und die jungen Leutchen agieren natürlich ebenfalls immer genau so, wie man es eigentlich nicht machen sollte. Als Zuschauer kann man sich entspannt zurücklehnen und zuschauen, wie einer nach dem anderen verhackstückt wird. Eigentlich bietet „Dead Dudes in the House“ ja auch durchaus Potential für mehr, aber nach knapp 15 Minuten ist die Geschichte mehr oder minder auserzählt und der Rest besteht aus eher spannungsarmen Schleichen durch Hausflure, dass mit übernatürlichen Ereignissen und sehr blutigen Effekten am Laufen gehalten wird. Bereits beim Abspann hat man den Rest bereits wieder vergessen und zurück bleiben auch nur die Leistungen der Effektkünstler und das grottenschlechte Make-Up der alten Dame, die zudem von einem der jugendlichen Darsteller gespielt wird. Inthaltlich typisches Videotheken-Produkt und filmisches Junkfood aus den Achtzigern mit viel blutigen Gekröse, dass an richtigen Abenden und der entsprechenden Erwartungshaltung aber durchaus Laune verbreiten kann.
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