Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

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Moderator: jogiwan

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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Microwave Massacre

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Der Bauarbeiter Donald wünscht sich nichts sehnlicher als einen Burger und Stück Fleisch vom Grill, während sich seine Gattin May den höheren Weihen kulinarischer Genüsse verschrieben hat. Und so steht statt bodenständiger Küche auch stets etwas Sonderbares aus der Gourmet-Ecke am Speisenplan, sodass der schwer arbeitende Mann zumeist mit hungrigen Magen ins Bett muss. Als ihm deswegen eines Tages der Geduldsfaden reißt und er seine May im Affekt ermordet, entdeckt Donald jedoch durch eine Verkettung eher unglücklicher Umstände, dass Menschenfleisch aus der Mikrowelle eine wahre Delikatesse ist. So ist nicht nur die Entsorgung des Leichnams gesichert, sondern auch rasch die Kollegen von Donalds Kochkünsten überzeugt, sodass er bald Nachschub benötigt…

Low-Budget Horrorkomödie aus dem Jahr 1983 mit blumigem Titel, der jedoch eher in Richtung Komödie, als blutiges Massaker geht. Hauptdarsteller Jackie Vernon war zu Lebzeiten Stand-Up-Comedian und so ist auch der Streifen voller anzüglicher Gags, von denen aber – zugegeben – ein paar gar nicht so schlecht ausgefallen sind. „Microwave Massacre“ ist auch immer zotig und unter der Gürtellinie, während der Horror-Anteil hingegen eher etwas vernachlässigt wird. Zwar wird die Kannibalen-Thematik auch nicht ähm… jeden schmecken, aber mehr als ein paar abgetrennte Körperteile aus der Halloween-Abteilung und Ketchup-Spritzer gibt es hier nicht zu sehen. Dafür gibt es viel nackte Haut, schlechte Gags ohne Ende und überzeichnete Figuren und Situationen. Ein guter Film ist „Microwave Massacre“ ja nicht geworden, aber unterhaltsam ist er allemal und Freunde des schlechten Geschmacks kommen hier durchaus auf ihre Kosten. Wäre die Geschichte etwas runder, der Horror-Anteil konsequenter und würde nach knapp 70 Minuten nicht gar so abrupt enden – der Streifen hätte durchaus noch größeres Kultpotential gehabt. So ist er irgendwie aber weder Fisch noch Fleisch und setzt sich etwas zwischen die Stühle und ist daher auch eher Leutchen empfohlen, die sich an seltsamen Filmen und wenig ernstgemeinte Horrorkomödien aus der eher unteren Schublade erfreuen können.

The Violence Movie

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Ein psychopathischer Killer bricht aus einem Gefängnis aus und versteckt sich ausgerechnet im Haus des erklärten Horrorfans Joey Hammond. Als dieser nach Hause kommt ist er jedoch bereits durch eine Durchsage im Radio alarmiert und bemerkt rasch die Anwesenheit des Killers. Es kommt zu einem Kampf auf Leben und Tod, wobei im Haus dankenswerterweise allerlei Gegenstände herumliegen, die man im Kampf gegen einen degenerierten Killer gut gebrauchen kann…

Im Jahr 1988 haben sich wohl drei Horrorfans kurzerhand eine Videokamera geschnappt und zwei Kurzfilme mit dem Titel „The Violence Movie I & II“ gedreht, die über die Jahre wegen ihres naiven Charmes wohl so etwas wie Kultstatus erlangt haben und auf VHS die Runde machten. Die beiden Filme haben zwar kein Budget, aber dafür umso mehr Schmodder und zwei Akteure, die auch vor Motorsägen, Macheten und Stunts auf dem Hausdach nicht zurückschrecken. Irgendwie sind beide Streifen lustig anzusehen und die DVD hab mich mir einmal für ein paar Dollar mitbestellt, sodass die ganze Sache durchaus in Ordnung geht. Natürlich hätte man "Violence Movie I & II" inklusive tonnenweise Anschlussfehler und sonstigen Unzulänglichkeiten auch genauso gut auf DuRöhre hochladen und gratis zur Verfügung stellen können und wenn man die beiden Filme nicht zu Gesicht bekommt, ist das wohl auch kein allzu großer cineastischer Verlust. Aber etwas Ruhm sei den Machern durchaus vergönnt, die ihre beiden Werke nachträglich neu geschnitten und vertont haben und die ganzen Filmplakate an den Wänden machen ebenfalls Laune. Lustige No-Budget-Amateur-Ware von Slasher-Fans mit viel Enthusiasmus und bescheidenem Ergebnis und knapp 30 Minuten auf sympathische Weise verschwendete Lebenszeit.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

High Fidelity

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Der etwas selbstherrliche, aber durchaus sympathische Musikfreak Rob ist wie seine beiden Angestellten zwar ein popkulturelles Lexikon, steckt aber nach dem wiederholten Scheitern seiner Beziehung aber in der schweren Krise. Sein Plattenladen in Chicago läuft mäßig, die Wohnung gleicht einer Lagerhalle für Vinyl, sein soziales Leben nicht existent und seine Ex-Freundin Laura ist dabei auszuziehen, sodass er dieses zum Anlass nimmt, seine vergangenen Beziehungen aufzuarbeiten. Diese scheiterten zumeist an kleinen Dingen, unterschiedlichen Perspektiven und anderen Missverständnissen des Lebens, hinterließen jedoch trotzdem Wunden und Rob beginnt sich erstmals ernsthaft mit seinem Leben auseinanderzusetzen, was in seinem Fall zu durchaus unerwarteten wie unpopulären Erkenntnissen führen.

Ein ganz wunderbarer Film voller liebenswert schräger Charaktere, den Stephen Frears hier nach einem Roman von Nick Hornby und jeder Menge bekannter Schauspieler geschaffen hat. Hier geht es um Popkultur, Musik, Sammelleidenschaft genauso wie um den Ernst des Lebens und die Schwierigkeit zwecks Erwachsenwerdens aus bestimmten Schubladen herauszukommen. Wer kennt nicht den Moment, wo man voller vermeintlich ansteckender Freude über eine bestimmte Leidenschaften referiert, nur um dann eher fassungslos festzustellen, dass dem Gegenüber das überhaupt nichts oder nur wenig bedeutet. Im Falle von „High Fidelity“ ist es ein Vinyl-Freak, der seine eigentlich verständnisvolle Freundin verliert, weil er lieber mit anderen Freaks fachsimpelt, Compilations und Top 5-Listen von Songs erstellt, als sich um andere Dinge des Lebens zu kümmern. Der Film ist dabei vollgepackt mit guter Musik, sympathischen Figuren und nachvollziehbaren Ereignissen lustiger und dramatischer Natur, die wohl jeder hier ab einem gewissen Alter nachvollziehen kann. Lange Rede kurzer Sinn: das Feuer der Leidenschaft muss ja nicht gänzlich klein gehalten werden, aber ab und an kann etwas Input von außen und eine andere Sichtweise auf eine bestimmte Sache ja nicht schaden. Und genau das ist meines Erachtens auch die Botschaft von „High Fidelity“ seine eigene Wohlfühl-Blase auch einmal zu verlassen um andere Sichtweisen zuzulassen oder andere Menschen zu verstehen um im Leben nicht als verschrobener Einzelgänger zu enden.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Die Nacht der Creeps

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jogiwan hat geschrieben:Wunderbar unterhaltsame 80er-Jahre-US-Horrorkomödie, in der so ziemlich alles zusammenkommt, was man sich an charmanten B-Movie-Bestandtteilen vorstellen kann. Aliens, Zombies, Nerds, schleimige Parasiten und eine große Portion gute Laune, wenn es den außerirdischen Schleimschnecken und ihren unfreiwilligen Wirten an den Kragen geht. Fred Dekker hat in seinem launigen Werk jedenfalls alles richtig gemacht und auch die neue Blu-Ray bringt nicht nur den Streifen wahlweise als Kinoversion oder im Director's Cut, sondern hat auch noch ein einstündiges "Making-Of" an Bord, das mindestens genauso unterhaltsam wie der Hauptfilm ausgefallen ist und in dem sich auch fast alle Beteiligten sehr gerne an die Dreharbeiten zurück erinnern. "Die Nacht der Creeps" ist dann auch sicher einer der besten Vertreter aus dem Bereich der Horrorkomödien und ist auch 27 Jahre nach seiner Entstehung noch immer der volle Bringer.
Und das Geschreibsel hat auch noch knapp 6 Jahre später Gültigkeit. Zwar hätte man zu Beginn das Tempo etwas erhöhen können und das Original-Kinoende finde ich noch immer besser, als das des Director-Cuts, aber ansonsten gibt es nicht viel zu meckern.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

The Zombie Diaries:

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Ein vierköpfiges Reporterteam macht sich nach alarmierenden Meldungen über eine ansteckende Seuche auf dem Weg von London in ein kleines Dorf um dort einen Landwirt zu interviewen. Am Hof angekommen ist dieser aber wie der gesamte Ort menschenleer und das Team wird Zeuge, wie eine Seuche ausbricht, die Menschen in lebende Tote verwandelt. Ein Monat später ist Großbritannien bereits von der tödlichen Seuche gezeichnet und eine Gruppe von Überlebenden macht sich auf den Weg um in von Untoten bevölkerten Orten nach Lebensmitteln und brauchbaren Dingen zu suchen. Aufgrund der aussichtslosen Lage kommt es bald zu Spannungen und ein Mitglied des Teams entpuppt sich ebenfalls als wenig teamfähig, sodass bald Gefahr von weiterer Seite droht…

Found-Footage die Drünfzigste, dieses Mal in Form von Video-Material eines Kamerateams und eines Plünderer-Trupps, die sich in einer von Zombies verseuchten und postapokalyptischen Welt durchschlagen müssen. Positiv hervorzuheben sind hier auch sicher die langsamen Zombies, aber da es sich aber um eine englische Indie-Produktion handelt, darf man sich hier von den Effekten nicht allzu viel erwarten. Zwar hat „The Zombie Diaries“ durchaus ein paar schöne Momente und die menschenleeren Orte in Kombi mit dem VHS-Look fand ich durchaus stimmig, aber der Rest der Geschichte ist irgendwie umständlich erzählt und verzettelt sich am Ende neben den üblichen Wendungen in eine eher doofe Richtung. Die Idee und Ausführung wären eigentlich ganz passabel, aber offensichtlich wollte man hier der omnipräsenten Bedrohung durch Untote noch etwas hinzufügen, was irgendwie den Film aber nicht weiter, sondern dramaturgisch eher ins Schlingern bringt. George A. Romero dürfte mit seinem kurz danach entstandenen „Diary of the Dead“ ja ein ziemlich ähnliches Feld beackert haben, doch den Streifen habe ich leider noch immer nicht gesehen, sodass ich hier keine Vergleiche ziehen kann. Wer Indie- und Found-Footage-Filmen mag, kann ja durchaus einen Blick riskieren und besser als die desaströsen Bewertungen auf der IMDB ist „The Zombie Diaries“ allemal, aber Innovation, ein Highlight oder Herausragendes sollte man sich besser nicht erwarten.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

World of the Dead: The Zombie Diaries II

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Der englische Low-Budget-Film „The Zombie Diaries“ war ja am Beginn der Found-Footage-Welle mit dabei und trotz schlechter Bewertungen vieler Fans anscheinend ein großer Erfolg. Ich fand den ja als Fan kostengünstiger Werke mit einigen Abstrichen eigentlich ganz okay, auch wenn man bei dem 2006 entstandenen Streifen sicherlich vieles besser machen könnte. Der Nachfolger namens „World of the Dead: The Zombie Diaries II“, der fünf Jahre später entstanden ist, schließt ziemlich nahtlos an die Ereignisse des Erstlings an und greift auch Figuren des Vorgängers wieder auf. Doch ansonsten wird eigentlich alles wieder gleich oder sehr ähnlich präsentiert, nur dass es sich dieses Mal um Videomaterial eines kleinen Armeetrupps handelt, der nach der Stürmung eines Stützpunkts durch Zombies versucht sich mit der Reporterin aus Teil 1 an die Küste durchzuschlagen, wo Rettung warten soll. Dabei gibt es natürlich auch viele Kontakte mit Zombies und bösen und bereits ebenfalls bekannten Plünderern und der Streifen entwickelt dabei weitgehend überraschungsfrei sein apokalyptisches Endzeit-Szenario. Zwar wirkt hier auch aufgrund des größeren Budgets vieles besser, blutiger und runder, aber von innovativ und packend sind wir hier auch noch immer weit entfernt. „World of Dead: The Zombie Diaries II“ ist dann eher der kleine Found-Footage-Zombie-Genre-Snack für Zwischendurch, der systemerhaltend unterhält, aber den Fan aus der Ecke inhaltlich kaum überraschend wird.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Die Notlüge

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Der erfolgreiche Fernsehmoderator Hubert hat sich bereits vor Jahren von seiner Frau Helga getrennt und ist nun mit Patricia zusammen. Helga ihrerseits ist bereits von ihren neuen Freund Wolfi schwanger und dennoch fahren alle gemeinsam mit den zahlreichen Enkeln von Wien in die Steiermark um in Graz den Geburtstag der betagten Mutter zu feiern. Dort angekommen hat die gute Dame jedoch einen leichten Schwächeanfall erlitten und der beherzte Sanitäter erklärt Hubert, dass jegliche weitere Aufregung tödlich enden könnte. Da der Moderator seiner Mutter aber weder von der Trennung, noch von der neuen Freundin erzählt hat, versucht Hubert daher das heile Familienbild zu wahren und überzeugt auch die anderen davon, der Mutter eine Komödie mit geänderten Rollen vorzuspielen, was im Verlauf eines turbulenten Nachmittags prompt immer zu weiteren Verwicklungen führt.

Kurzweiliger Streifen nach einem Drehbuch von Pia Hierzegger, die hier auf sympathische Weise alltäglichen Patchwork-Familienalltag und steife Jubiläumsfeierlichkeiten zu einer Dramödie verarbeitet, die auch mit regionalen Eigenheiten und Grazer Schauplatz glänzen kann. Die Figuren wirken lebendig und auch wenn sich die Verwicklungen als durchaus turbulent entwickeln, so sind sie doch niemals übertrieben oder unglaubwürdig. Der ständige Aufmerksamkeitswettkampf unter Geschwistern wird ebenfalls thematisiert wie urbaner Bobo-Gesinnungsterror und außerdem wird sich hier jeder wiederfinden können, der sich bereits bei solchen Feierlichkeiten als das sprichwörtliche fünfte Rad am Wagen gefühlt hat. Die Geschichte ist herrlich spaßig erzählt und meines Erachtens auch wesentlich besser, was dem Zuschauer sonst so als deutschsprachige Komödie zugemutet wird. Ich mag ja die Darsteller allesamt auch sehr gerne und so hat mir die Mischung aus Komödie mit leichten dramatischen Anleihen und bitterbösen Alltags-Beobachtungen natürlich auch sehr gut gefallen.

Harri Pinter, Drecksau

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Harri Pinter war in den Achtzigern ein lokal erfolgreicher Eishockey-Spieler und hat sich durch eine legendäre und nicht ganz saubere Aktion den Spitznamen "Die Drecksau" erarbeitet. Doch der damalige Liga-Sieg des KAC hat dem mittlerweile Mitvierziger und Fahrschullehrer ein übergroßes Ego bescherrt, dass auch heute noch sein Selbstbild bestimmt. Als er jedoch seine Freundin Ines mit einem anderen im Bett erwischt, ist das erst der Beginn einer Reihe von Ereignissen, die Harri Pinter auf die harte Tour lernen lassen, dass er doch nicht so der begehrenswerte Macker ist, der er selbst immer zu sein glaubte.

Für den ORF produzierte Streifen in der Reihe "Stadt-Komödien" der aber auch in den südlichen Teilen von Österreich erfolgreich im Kino gelaufen ist. Das liegt aber vermutlich weniger an den Qualitäten des Streifens, sondern eher am beliebten Hauptdarsteller und den regionalen Eigenheiten von "Harri Pinter, Drecksau" die hier aufs Korn genommen oder besser gesagt eher portratiert werden. Der KAC ist ja ein beliebter Eishockey-Klub in Kärntnen und die Titelfigur ein Ex-Profisportler, der sich selbst für den Größten hält und danach eine persönliche Karthasis durchleben muss. Das ist zwar auch immer etwas sympathisch gezeichnet und von Selbstüberschätzung, Sport-Nostalgie, falsches Eigenbild bis hin zur Midlife-Krise wird auch alles mitgenommen, aber irgendwie wenig nachhaltig präsentiert. Der Streifen hat zwar durchaus ein paar nette Momente, ist aber größtenteils harmlos und ist gerade so kritisch, wie es die portraitierten Männerfiguren im realen Leben aushalten können um das Publikum nicht zu vergraulen. Das darf dann über banale Figurenzeichnung und überzeichnete Alltagssituationen schmunzeln, aber mehr Tiefgang oder gar Selbstrefektion sollte man sich bei dem Werk auch nicht erwarten. Vom völlig antiquierten Frauenbild, dass unterschwellig transportiert wird, will ich hier erst gar nicht anfangen. Alles größtmöglich biederes und braves Zielgruppen-Schmeicheln, ohne Ecken und Kanten und eigentlich tut hier nicht nur die Titelfigur so, als hätte es die letzten dreißig Jahre einfach nicht gegeben. So oder so ähnlich stelle ich mir wohl auch eine Til Schweiger-Komödie vor und das obwohl ich den Jürgen Maurer normalerweise wirklich sehr mag.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Horror of Malformed Men

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jogiwan hat geschrieben:Holladrio - was für ein Film! Ich wusste ja im Vorfeld nicht viel über "Horrors of malformed Men" und was als durchaus spannender und gut gemachter Paranoia-Thriller beginnt, wandelt sich im letzten Drittel dann zu einem wahren "Over-the-Top"-Streifen mit psychedelischen Exploitation-Einschlag, bei dem dann die Kinnladen wohl reihenweise runterklappen werden. Was da so alles abgeht wird zwar nicht verraten, aber die ganze Sause kippt kurzerhand in so strange Gefilde, dass man die ganze Sache als aufgeschlossener Zuschauer schon gesehen haben sollte. Bunte Bilder und gar grausame Dinge prallen in Ishiis Finale zusammen und es ist wenig verwunderlich, dass dieses psychotronische Horrorwerk im Jahre 1969 in seinem Heimatland kurzerhand von den Leinwänden verbannt wurde. Wer von obskuren Filmen jeodch nicht genug bekommen kann, ist bei "Horrors of malformed Men" defintiv an der richtigen Adresse. Die Ami-DVD von Synapse hat übrigens eine ausnehmend schöne Bildqualität, bietet die japanische Originalversion samt englischen Untertiteln und auch noch jede Menge Bonus.
Mittlerweile habe ich mir "Horrors of Malformed Men" auch auf Blaustrahl aus dem Hause Arrow gegönnt und die erneute Sichtung bestätigt meine positiven Eindrücke. Zwar versteckt sich der Höhepunkt des Films bereits in der Mitte, aber auch das eigentliche Ende ist hübsch over-the-top. Ein wunderbar schaurig schräger und jenseitiger Streifen.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Fever Pitch - Ballfieber

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Lehrer Paul ist Arsenal-Fan und Dauerkarten-Besitzer seit er in jungen Jahren vom Fußball-Virus infiziert wurde. Jeder zweite Samstag ist daher fix verplant und auch sonst kreisen seine Gedanken vorwiegend um Spielaufstellungen, Ergebnisse und den sehnlichst gewünschten Gewinn der Meisterschaft, der zum ersten Mal seit 18 Jahren für seine Mannschaft in Reichweite ist. Als sich Paul in seine Kollegin Sarah verliebt, die mit Fußball jedoch gar nichts am Hut hat, ist das der Beginn einer turbulenten Beziehung, bei der dem gemeinsamen Glück beiden immer wieder Fußball in die Quere kommt. Den „das Leben ist hart, wenn du eine Frau liebst und elf Männer vergötterst“.

Britische Verfilmung von Nick Hornbys Erfolgs-Romans, der sich mit dem Glück und Leid eines Fußballfans auseinandersetzt, dass ja meist sehr nahe beieinander liegt. Doch „Fever Pitch“ setzt sich auch mit der anderen Seite auseinander und so entsteht der Glücksfall einer vielschichtigen Dramödie, die sowohl für Sportfans als auch für absoulte Sportmuffel geeignet ist. Einerseits beschreibt er die brennende Leidenschaft für Mannschaftssport, auf der anderen Seite aber auch die Sicht Außenstehender auf die ganze Thematik, ohne die eine oder andere Sache als wichtiger zu werten. Dazu kommt ein lokal- und zeitpolitischer Bezug zu einer englischen Fußball-Saison, in der wenige Sekunden entscheidend waren und diese einmalige Ausnahmesituation ist ebenfalls sehr treffend eingefangen. Dabei ist die Figur des Paul kein Hooligan, sondern eher ein „Durchschnitts-Fan“, dessen Leben sich trotzdem voll und ganz um das Thema Fußball und der Besuch der Fankurve entwickelt hat. Sarah hingegen hat mit dem Sport nichts am Hut und reagiert auch bisweilen mit welcher Selbstverständlichkeit alles den Heimspielen untergeordnet wird, sodass kleinere Kontroversen nicht ausbleiben. Und da ich selbst mit einem Fußballfan samt Dauerkarte zusammen bin und mich für den Sport so überhaupt nicht interessiere, kann ich das natürlich erst recht nachvollziehen.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Paperhouse

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Die elfjährige Anne ist nicht nur ein Kind mit einer lebhaften Fantasie, sondern auch etwas störrisch und leidet darunter, dass sie von ihren geschäftigen Eltern etwas vernachlässigt wird. Als sie ausgerechnet an ihrem Geburtstag aufgrund ihres Verhaltens vom Unterricht suspendiert wird und wenig später kollabiert, erwacht sie vor einem Haus, das sie zuvor im Unterricht in ihr Heft gemalt hat. Wenig später wird Anne schwer krank, muss ein paar Tage im Bett verbringen und malt aus Langweile einen Jungen ans Fenster ihrer Zeichnung, dem sie ebenfalls wenig später in ihren Träumen begegnet. Mark leidet ebenfalls an einer schweren Krankheit und wirkt hoffnungslos, während Anne versucht den Jungen aufzumuntern. Als Annes Fieber aber ebenfalls steigt, verschlimmern sich die Träume und sie und Mark werden von einer mysteriösen Figur verfolgt, die mit Gewalt versucht, in den Zufluchtsort der Beiden einzudringen und die Beiden zu sich zu holen.

„Paperhouse“ ist eigentlich ein recht ungewöhnlicher „Coming-of-Age“-Streifen, in dem ein elfjähriges und mit einer lebhaften Fantasie ausgestattetes Mädchen eine schwere Krankheit durchlebt. Da Anne sich ihren körperlichen Zustand nicht wirklich erklären kann, erschafft sie bewusst und unbewusst eine Fantasiewelt, die sie zuvor in ihr Heft gemalt hat und ihr die Dinge erklärt, für die sie in ihren jungen Jahren noch keine logische Erklärung hat. Dabei wirkt „Paperhouse“ aber wie eine Mischung aus Drama, Fantasy und Horror und erinnert auch stark an „Sieben Minuten nach Mitternacht“ oder auch „Die Zeit der Wölfe“, die hier eine ähnliche Geschichte erzählen. Außergewöhnlich sind hier jedenfalls nicht nur die überraschend düsteren und alptraumhaften Momente und Settings, sondern auch die Tatsache, dass Anne als störrische Kind am Anfang der Pubertät gezeichnet wird, das durchaus eigensinnig ist. Anfänglich sind die Ereignisse aber nicht nur für Anne, sondern auch für den Zuschauer recht schwer zu verorten, da das Geschehen aus der Perspektive des elfjährigen Kindes erzählt wird und der Streifen so wirkt, als würde sich sein Inhalt in Richtung Mystery-Thriller entwickeln. Dieses Versprechen wird letzten Endes aber nicht eingelöst und so ist es auch wenig verwunderlich, dass „Paperhouse“ die Geschmäcker der Genre-Fans durchaus spaltet.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

The Corruption of Chris Miller / Maske des Grauens

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Seitdem ihr Mann sie überraschend verlassen hat, lebt Designerin Ruth mit ihrer psychisch labilen Stieftochter Chris in einem mondänen Anwesen in der spanischen Provinz. Nach einem traumatischen Erlebnis leidet Chris unter nächtlichen Tobsuchtsanfällen, die von Ruth in einer Mischung aus Abscheu und Mitleid ertragen werden. Eines Morgens entdeckt Ruth den englischen Studenten Barry in ihrer Scheune, der beim Trampen vor dem Regen Zuflucht gesucht hat. Als Barry bemerkt, dass der Mann im Haus fehlt, ist er gerne bereit diese Rolle einzunehmen lässt sich auf ein sexuelles Spiel mit Ruth und ihrer zuerst sehr zurückhaltenden Stieftochter Chris ein. Zur gleichen Zeit erschüttert jedoch auch eine brutale Mordserie die nähere Umgebung und schon wenig erscheint klar, dass Barry vermutlich nicht so zufällig wie angenommen in das Leben der beiden Frauen getreten ist.

Schön in Szene gesetzter und auch sonst ganz großartiger Thriller aus Spanien, der bislang scheinbar leider etwas unter dem Radar der meisten Filmfans unterwegs ist und vor kurzem ein schönes Release von Vinegar Syndrome erhalten hat. Der Kammerspiel-artige „The Corruption of Chris Miller“ erinnert aufgrund seiner drastischen Morde und psychosexueller Komponente natürlich stark an italienische Giallo (ich rechne ihn da ohnehin dazu) und andererseits wirkt er auch elegant wie ein Hitchcock-Streifen, was neben der Hauptdarstellerin Jean Seberg auch an der schönen Kameraarbeit und hübschen Settings liegt. Die Geschichte beginnt ja gleich mit einem Paukenschlag und einem sehr grafisch inszenierten Mord, ehe sich „Maske des Grauens“ danach relativ viel Zeit lässt um seine drei Hauptfiguren näher zu portraitieren. Dabei spielt das Drehbuch auch hübsch Katz und Maus und als Zuschauer kann man sich nie sicher sein, wer jetzt gerade mit wem ein abgekartetes Spiel spielt. Spannend sind auch die verdrängte Sexualität und die Hassliebe der beiden Frauen, die eine Art gegenseitige Zweckgemeinschaft bilden, die durch das Auftauchen des Mannes empfindlich gestört wird. Zwar lässt sich Juan Antonio Bardem (übrigens der Onkel von Javier Bardem) dabei relativ viel Zeit, aber die knapp 110 Minuten vergehen dank großartiger Darsteller, der aufgeladenen Stimmung und dem grandiosen Finale auch wie im Flug. Für mich ein absolutes Highlight des europäischer Genre-Films und ich hoffe auf ein baldiges Release in Deutschland – Synchro gibt es ja. Tipp!
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