Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn Blap.

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Blap
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Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn Blap.

Beitrag von Blap »

Greta - Haus ohne Männer (Deutschland, Schweiz, USA 1977, englischer Titel: Ilsa, the Wicked Warden)

Irgendwo auf dem südamerikanischen Kontinent... Die gestrenge Greta (Dyanne Thorne) leitet eine "Klinik" für Damen mit psychischen Problemen. Die Zustände sind unmenschlich, die Frauen werden gefoltert, erniedrigt und im schlimmsten Fall gar für medizinische Experimente mißbraucht. Abbie Phillips (Tania Busselier) ist auf der Suche nach ihrer verschollenen Schwester, deren letzter Aufenthaltsort die besagte Anstalt war. Sie überzeugt den engagierten Mediziner Dr. Arcos (Jess Franco) davon, dass er sie in die Klinik einweist, damit sie dort auf eigene Faust Ermittlungen anstellen kann. Dr. Arcos beobachtet das Haus sowieso schon länger mit Mißtrauen. Doch seine Anträge auf Überprüfung von offizieller Seite, wurden stets als unbegründete und überflüssige Hirngespinste zurückgewiesen. Abbie gerät nach der gefakten Einweisung umgehend in die Knochenmühle, Gretas Terror kennt keine Gnade, keine Grenzen. Die sadomasochistisch veranlagte Juana (Lina Romay) macht Abbie das Leben zusätzlich schwer. Juana spielt sich gern als Chefin vor den anderen Insassinnen auf. Gleichzeitig unterhält sie ein lesbisches Verhältnis zu Greta, der sie selbstverständich alle brisanten Informationen zuträgt. Abbie taucht tiefer und tiefer in die Hölle auf Erden ein, unfassbare Details offenbaren sich der jungen Frau. Glücklicherweise hat sie mit Dr. Arcos abgesprochen, dass dieser sie nach einigen Wochen aus der Anstalt befreit. Jedoch haben Abbie und der Doc den weitreichenden Einfluss von Greta unterschätzt, der bis in die höchsten Regierungskreise reicht...

"Greta - Haus ohne Männer" wird oft der "Ilsa" Reihe mit Dyanne Thorne zugeordnet. Die Machart unterscheidet sich allerdings deutlich von den "offiziellen" Ilsa-Streifen. Sicher, Frau Thorne spielt wie üblich ihren Peitschenstiefel runter. Doch "Greta - Haus ohne Männer" ist durch und durch ein Jess Franco Film, dem der Regisseur seinen eigenwilligen, einzigartigen Stempel aufgedrückt hat. Für eine WIP Sause geht es nicht besonders wüst zur Sache, obwohl die typischen Zutaten natürlich nicht fehlen. Es wird munter gepeitscht, gerödelt und gefoltert, aber Franco präsentiert dem Zuschauer lieber Möpse statt ausufernder Gewalt mit Mettgut (Ausnahmen bestätigen die Regel). Für den unbedarften Zuschauer mag der Pegelstand an Scheusslichkeiten vielleicht schon zu viel des Guten sein. Meiner Meinung nach gelingt Jess Franco der Balanceakt zwischen Sex und Gewalt recht souverän. Vielleicht hätten die Kulissen etwas schäbiger ausfallen dürfen, um dem Film noch eine Prise mehr Fiesheit einzuhauchen. Herrliche Kontraste offenbaren sich ab und an. Während eine junge Frau verzweifelt durch den Dschungel hetzt, die grausamen Häscher sind ihr auf den Fersen, ertönt dazu eine musikalische Untermalung, die in jedem Märchenfilm für Kinder gut aufgehoben wäre.

Die Darbietungen der Schauspieler bleiben nicht im Sumpf von Trash und Unfähigkeit stecken, die Besetzung spielt überwiegend erstaunlich gut auf. Tania Busselier kann auf eine recht überschaubare Filmkarriere zurückblicken, darunter finden sich auch ein paar HC-Beiträge. Busselier meistert ihre Aufgabe überzeugend, ihre Abbie pendelt zwischen Hass, Hoffnung und Verzweiflung umher, sie haucht dem Charakter -im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten- überzeugend Leben ein. Ihre Gegenspielerin wird von Lina Romay nicht weniger gelungen zum Leben erweckt. Zwar mag Frau Romay inzwischen eher abschreckend aussehen, doch hier finde ich sie durchaus attraktiv. Ausdrucksstarke Augen, sinnliche Lippen (im Gesicht), leckere Äpfel, was will der Lüstling mehr? Einen Dämpfer verpasst mir ihre fürchterliche Kurzhaarfrisur, die aber auch (fast) jede andere Frau entstellen würde. Doch bekanntlich ist das Leben kein Wunschkonzert, schon gar nicht für alte Chauvinisten. Dyanne Thorne steht hier nicht so sehr im Mittelpunkt, wie es bei der "Ilsa Trilogie" der Fall war. Sie blickt streng wie üblich unter der Mütze hervor, haut uns erwartungsgemäß ihre prächtige Auslage um die Ohren. Jess Franco gibt den Gutmenschen dem das Böse übel mitspielt, mehr wird an dieser Stelle nicht verraten.

Ich gebe es zu, es dauerte viele Jahre, bis ich wirklich Zugang zu den Filmen von Jess Franco finden konnte. Zwar gefiel mir "Nachts, wenn Dracula erwacht" (1970) schon immer gut, doch ansonsten stand ich seinen Werken eher skeptisch bis ratlos gegenüber. Inzwischen freue ich mich auf jede Sichtung eines Franco Films, der alte Herr wächst mir mehr und mehr ans Herz. Da unsere Sammlung im Bezug auf Franco noch grossen Nachholbedarf offenbart, war der Griff zur "Jess Franco Gold Collection" gewissermaßen unausweichbar. Dieses schicke Set enthält acht Filme auf acht DVDs, es kommt im schmucken Digipak samt Schuber ins Haus. Neben dem unterhaltsamen "Greta - Haus ohne Männer", befinden sich weiterhin folgende Franco Ergüsse in der Box:

• Jack the Ripper
• Blue Rita
• Love Letters of a portugese Nun
• Women in Cellblock 9
• Voodoo Passion
• Barbed Wire Dolls
• Wicked Women

"Greta - Haus ohne Männer" liegt in ansprechender Qualität vor. Das Bild mag ein wenig "weich" wirken, doch insgesamt bin ich mit dem Gebotenen sehr zufrieden. Zu den anderen Filmen werde ich nach erfolgtem Genuss ein paar Zeilen schreiben, ich verspüre dauerhafte Vorfreude und angenehme Gier. Das Set ist inzwischen zu Kursen unterhalb von 30€ erhältlich. Ein extrem faires Preis-/Leistungsverhältnis!

WIP + Jess Franco = 7/10 (inkl. Sympathiebonus)

Lieblingszitat:

"Was weiss ein kleiner Feld-, Wald- und Wiesendoktor, von der Behandlung schwachsinniger Asozialer. Wir sind zuständig!"



***

Als Nachschlag gab es noch das Bronson Vehikel "Der Mann ohne Nerven" (Breakout, 1975). Unter der Regie von Tom Gries, versucht Charlie den in Mexiko eingeknasteten Robert Duvall zu befreien. Jill Ireland spielt die verzweifelte Gattin von Duvall, Randy Quaid das leicht wirre Helferlein von Bronson. John Huston ist als altes Ekelpaket unterwegs.

Netter Mix aus Action und Thriller, abgeschmeckt mit einer Prise Humor. Ordentliche (aber karg ausgestattete) DVD von Columbia TriStar/Sony Pictures.

Knappe 7/10 (gut)
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Blap
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Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn Blap.

Beitrag von Blap »

The Snorkel (Großbritannien 1958, deutscher Titel: Der Schnorchel)

Paul Decker (Peter van Eyck) bringt seine wohlhabende Ehegattin um die Ecke. Die Dame wird per Gas aus dem Leben geleitet, Paul hält sich während der Tat entspannt im Zimmer auf. Um nicht selbst dem Erstickungstod anheim zu fallen, trägt er eine Taucherbrille mit Schnorchel, per Schlauch von ausserhalb des Hauses mit Atemluft versorgt. Selbst als man schliesslich die Leiche seiner Frau findet, ist der kaltblütige Bursche noch immer zugegen. Er hat sich unter dem Holzfussboden versteckt, der genug Raum für einen erwachsenen Mann bietet. Die Tochter der Ermordeten, das clevere Teeniemädchen Candy (Mandy Miller), trifft wenig später mit ihrem Kindermädchen Jean (Betta St. John) in der Villa ein. Candy verdächtigt sofort ihren Stiefvater Paul, schliesslich habe dieser bereits ihren leiblichen Vater umgebracht. Schon den Tod des Vaters von Candy konnte man Paul nicht nachweisen, und auch der Tod seiner Ehefrau ist ihm offensichtlich nicht anzulasten. Die Spuren weisen eindeutig auf einen Selbstmord hin, darüber hinaus hat der Killer sich ein überzeugendes Alibi verschafft. Das Mädchen behaart auf ihrem Verdacht, doch selbst die Polizei hält ihre Vorwürfe für nicht nachvollziehbar. Sogar die fürsorgliche Jean vermutet eine psychische Erkrankung ihres Schützlings. Der eiskalte Paul zeigt sich zunächst unbeeindruckt von den Anfeindungen seiner Stieftochter. Aber bei allen Beteiligten nagt die Situation am Nervenkostüm, was sich als grosse Gefahr für die unnachgiebige Candy erweisen könnte...

Die britische Filmschmiede Hammer geniesst bei Freunden herrlicher Grusel-/Horrorfilme einen exquisiten Ruf. Man produzierte allerdings auch zahlreiche Beiträge zu anderen Genres, darunter einige Thriller/Kriminalfilme. "The Snorkel" ist ein Vertreter dieser Gattung, der in Schwarzweiss gedrehte Film erreichte 1958 die Kinoleinwände. Auf dem Regiestuhl nahm Guy Green Platz, dessen Namen einem sicher nicht in den Sinn käme, wenn nach den wichtigsten für Hammer tätigen Regisseuren gefragt würde. An seiner soliden Arbeit ändert diese Tatsache selbstverständlich nichts. Mit Peter van Eyck konnte man ein bekanntes Gesicht für die Hauptrolle gewinnen. Als abgebrühter Bösewicht spielt van Eyck sehr überzeugend, für mich ist er ganz klar der herausragende Darsteller in diesem Film. Mandy Miller liefert sicher keine schwache Leistung ab, doch leider ging mit die Göre ziemlich schnell auf den Geist. Betta St. John kommt weitaus angenehmer rüber, allerdings verlangt man ihr nicht besonders viel ab. Die Nebenrollen sind durch die Bank solide gespielt, hinterlassen aber keinen bleibenden Eindruck.

Da die "Heldin" des Films massiv an meinen Nerven nagte, entwickelte ich nachhaltige Sympathie für den Fiesling. Der Streifen gibt nicht Preis, ob die gemeuchelte Ehegattin ein ebenso schreckliche Nervensäge wie ihre Tochter war. Sollte dies der Fall gewesen sein, kann man die Taten des Schnorchlers fast nachvollziehen... ...*¿räusper?*... Ich ringe um Contenance, wo waren wir noch stehengeblieben...? Ach ja, bei geeigneten Sympathieträgen. Es ist ja nicht mit der grausigen Candy getan. Nein, dieses Terrorkind führt auch noch einen abstossenden Köter in Fusshupengrösse mit sich, der ständig treudoof aus dem Flohpelz glotzt. Bleibt noch Jean, die mir allerdings viel zu glatt und langweilig daherkam, wen wundert da meine Zuneigung zum Killer? Das Ende hätte übrigens die Chance geboten, den Film herrlich bösartig ausklingen zu lassen. Leider entschied man sich für eine weichgespülte Variante. Der Fainess halber sei auf den Zeitpunkt der Entstehung hingewiesen, zehn Jahre später hätte man vermutlich mehr Mut bewiesen.

"The Snorkel" ist ein handwerklich ansprechend inszenierter Thriller, gut gespielt und mit ein paar echten Spannungsmomenten gesegnet. Wer dann noch das Glück hat, die Darbietung von Mandy Miller als nicht anstrengend zu empfinden, wird vielleicht sogar noch ein wenig mehr Freude als ich an dem Flick haben. Wer Kriminalfilme der gediegenen Sorte zu schätzen weiss, sollte sich "The Snorkel" durchaus zu Gemüte führen. Der Film ist zwar kein Highlight seines Genres, bietet aber ohne Zweifel (überwiegend) ansprechende, recht kurzweilige Unterhaltung. Leider liegt in Deutschland keine DVD-Auswertung vor. Ich habe zu einem Set mit dem klangvollen Namen "The Icons of Suspense Collection" gegriffen. Dort findet man sechs Hammer Produktionen vor, die auf drei DVDs verteilt wurden. An der Bildqualität von "The Snorkel" gibt es nichts zu meckern. Die Zusammenstellung enthält ferner folgende Titel:

• Cash on demand
• Stop me before i kill (Der unsichtbare Schatten)
• Maniac (Die Ausgekochten)
• Never take candy from a stranger (Vertrau keinem Fremden)
• These are the damned (Sie sind verdammt)

Wer auf den deutschen Ton verzichten kann, dazu Lust auf eine andere Seite von Hammer hat, tätigt mit dem Set einen guten Kauf. Ich freue mich auf die noch zu sichtenden Filme.

"The Snorkel" verdient sich standfeste 6/10 (obere Mittelklasse)

Lieblingszitat:

"It was suicide? There's no doubt?"
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Blap
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Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn Blap.

Beitrag von Blap »

Hollow Man - Unsichtbare Gefahr (USA 2000, Originaltitel: Hollow Man)

Im Auftrag des Pentagon, erforscht eine Gruppe von Wissenschaftlern die Möglichkeiten Lebewesen für das menschliche Auge unsichtbar zu machen. Probleme bereitet allerdings das "Zurückholen" der Lebewesen in die Sichtbarkeit, zahlreiche Versuche mit Tieren sind bereits gescheitert. Der geniale Sebastian Caine (Kevin Bacon) leitet das Projekt. Tatsächlich gelingt ihm eines Nachts der entscheidende Durchbruch, die korrekte Formel scheint endlich gefunden! Sofort trommelt Caine seine Mitarbeiter zusammen, das neue Serum soll schnellstmöglich getestet werden. Die Freude ist gigantisch, ein Gorilla kann aus der Unsichtbarkeit zurückgeholt werden, ohne dabei als Häuflein Mettgut zu enden. Zusammen mit seinen wichtigsten Mitarbeitern Linda (Elisabeth Shue) und Matthew (Josh Brolin), soll Caine das Pentagon über den aktuellen Stand der Forschungen informieren. Die Überraschung von Linda und Matthew ist gewaltig, denn Sebastian verheimlicht den Militärschädeln die neuen Erkenntnisse. Wenig später teilt Caine seinen engsten Vertrauten den eigenen Plan mit, er will sich selbst für den ersten Versuch an einem Menschen zur Verfügung stellen. Trotz ihrer ausgeprägten Skepsis ziehen die beiden Wissenschaftler mit, dem Rest der Mannschaft verschweigt man die Unkenntnis der Geldgeber. Es gelingt wahrhaftig Sebastian unsichtbar zu machen, nur schlägt die Rückkehr in die Sichtbarkeit leider fehl. Während seine Kollegen fieberhaft um eine Lösung bemüht sind, fühlt sich der Unsichtbare zunehmend in seiner Haut als Versuchsobjekt unwohl. Er verlässt heimlich die unterirdische Forschungsanlage, um in der realen Welt auf den Putz zu hauen. Seine Arroganz, sein Größenwahn und seine moralische Verdorbenheit brechen mehr und mehr aus ihm hervor, seine Kollegen ziehen viel zu spät die Notbremse...

Dem Niederländer Paul Verhoeven verdanken wir einige erstklassige Filme. 1985 durfte sich Rutger Hauer in "Flesh + Blood" durch das finstere Mittelalter metzeln. 1987 heizte Peter Weller als "RoboCop" dem Verbrechergesindel ein. Mit "Total Recall" (1990) sorgte Verhoeven für einen der besten Streifen mit Arnold Schwarzenegger. Der erotische Thriller "Basic Instinct" offenbarte 1992 einen kurzen Blick auf den Vordereingang von Sharon Stone, die nicht nur Michael Douglas ins Schwitzen brachte. 1997 schuf der Regisseur einen meiner absoluten Lieblingsfilme: Die göttliche SF-Satire "Starship Troopers", welche noch immer einen Freudentaumel bei mir auslöst. Nach diesem Überknaller folgte "Hollow Man". Die Sichtung im Kino liegt knapp zehn Jahre zurück, damals hielt sich meine Begeisterung in Grenzen. Da ich aber neugierig auf den Director's Cut war, kam vor einiger Zeit die günstig zu erstehende Blu-ray ins Haus.

Ich will es gleich vorwegnehmen, noch immer lässt mich der Film seltsam ratlos zurück, erreicht mich nicht, berührt mich nicht. Zwar gibt sich Verhoeven durchaus redlich Mühe, seine Vision vom "unsichtbaren Arschloch" nicht auf Getöse und Special Effects zu beschränken. Doch obwohl Bacon, Shue, Brolin und die restliche Besetzung solide aufspielen, blieben mir die Charaktere fremd, war mir deren Schicksal überwiegend gleichgültig. Dabei ist die Thematik sicher reizvoll. Wie geht ein Mensch damit um, wenn er sich unsichtbar durch seine Umwelt bewegen kann? Hier lässt sich Antwort leicht erraten, denn die Hauptfigur Caine wird von Beginn an als reichlich umsympathischer Bursche gezeichnet, zerfressen von Arroganz und Narzissmus. Um der Handlung mehr Tiefe einzuhauchen, baut man eine brisante Beziehungskiste ein. Linda war einst die Gespielin von Sebastian, ist aber inzwischen mit Matthew liiert. Das Pärchen hält seine glückliche Partnerschaft geheim, man fürchtet die Reaktion von Sebastian. Verhoeven zeichnet den völligen Verfall von Moral und Anstand mit gemäßigtem Tempo, Sebastian Caine wird nicht über Nacht vom Arroganzbolzen zum skrupellosen Massenmörder. Allerdings traut man der Figur die kommenden Untaten schon von Beginn an zu, man verschenkt viel Spielzeit für Offensichtlichkeiten. Trotz aller Mühen funktioniert der Film daher auf psychologischer Ebene nur sehr eingeschränkt. Vielleicht hätte man Caine zunächst weniger abstossend zeichnen sollen, doch man entschied sich für den Weg des geringsten Widerstands. Eben diesen Pfad beschreitet auch das explosive Finale. Es kommt unter der Erde zum Kampf auf Leben und Tod, es knallt und scheppert gewaltig. Optisch ist das Treiben durchaus recht reizvoll. Man hat sehr viele Ideen und jede Menge Arbeit in die Sets gesteckt. Gleiches gilt für die ansprechenden Special Effects, die damals vermutlich die Spitze im CGI Segment markierten.

Zwischen all dem Krawall, den Explosionen, der Schlacht der Effekte, wird das Bemühen um psychologische Tiefe endgütlig aufgerieben, dem Massengeschmack zum Frass vorgeworfen. Wo ist die bissige Ironie von "Starship Troopers" geblieben? Wo ist die knisternde Erotik, die packende Spannung aus "Basic Instinct" hin? Wie konnte die optische Opulenz von "Total Recall" abhanden kommen, obwohl man sich auch bei "Hollow Man" darum bemühte? Warum fehlt die kompromisslose Härte eines "RoboCop", obschon man den Unsichtbaren nach und nach völlig austicken lässt? Sicher, die Vergleiche mögen unfair sein (wirklich?), doch dieses Kreuz muss ein Filmemacher wie Paul Verhoeven schultern können. Wer die Latte dermaßen hoch auflegt, vom dem erwartet man ein erneutes Überspringen der alten Bestmarke!? Ich mag diese Einstellung "eigentlich" nicht, doch bei diesem Film wurde ich ständig von derartigen Gedanken befallen.

"Hollow Man" mutet gerade wegen seiner zur Beliebigkeit neigenden Ausrichtung wie eine Zielmarkierung an. Seht her, ich habe auch in Hollywood auf die Kacke gehauen, provoziert und fasziniert. Jetzt bin ich auf dem Gipfel angekommen, weichgespült und verpopcornt, mutlos und von meinen Kanten befreit. Nein, mit "Hollow Man" hat Verhoven keine Gurke gezüchtet, uns kein stinkendes Häuflein in den Kühlschrank gelegt. Doch er ist dem gehobenen Mittelmass anheim gefallen. Noch weit von den Brechmitteln eines Emmerich entfernt, aber auch weit hinter den eigenen Grosstaten zurückbleibend. Schade, irgendwie...

Der Director's Cut möchte der Handlung zu mehr Tiefe verhelfen, zusätzlich wird der Härtgrad dezent angezogen. Welche Version nun besser gelungen ist, vermag ich nicht zu beurteilen, ich sehe beide Fassungen auf Augenhöhe durchs Ziel laufen. Wer sich bereits bei der Kinofassung mehr Tempo wünschte, sollte besser die Finger vom DC lassen. Die Blu-ray Auswertung dürfte auch Tecknikonanisten und Pixeljünger befriedigen, Bild und Ton erfüllen entsprechende Wünsche. Dem Film verhilft dies freilich nicht zum Sprung in höhere Sphären. Auch zehn Jahre später bleibe ich ratlos zurück, es fällt mir schwer dieses Werk von Verhoeven einzuordnen. Ins Zahlenraster gepresst möchte ich 6/10 (obere Mittelklasse) ziehen. Wenn ich bei "meinen" kleinen Filmschätzchen gern auf den "Wohlfühlfaktor" hinweise, der oft weit oberhalb der Zahlenwertung liegt, dann müsste ich an dieser Stelle auf eine Art "Gleichgültigkeitsfaktor" verweisen.


Lieblingszitat:

"Wie oft soll ich es noch sagen, Frank. Der liebe Gott bin ich!"
Zuletzt geändert von Blap am Di 28. Sep 2010, 14:15, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn Blap.

Beitrag von buxtebrawler »

Blap hat geschrieben:Hollow Man - Unsichtbare Gefahr (USA 2000, Originaltitel: Hollow Man)
Sehr treffendes Review, Blap. Mir erging es mit "Hollow Man" seinerzeit ganz ähnlich und ich würde nicht mal die 6/10 ziehen...
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Blap
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Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn Blap.

Beitrag von Blap »

6/10 ist mir der Film durchaus wert. Doch während der gesamten Spieldauer beschleicht mich so ein Gefühl wie: "Da ginge doch viel mehr, das kann Verhoeven doch viel besser...".

Irgendwie ist es ja unfair, nahezu tragisch, dass grosse Regisseure besonders skeptisch beäugt werden. Ich lehne das sonst ab, aber in diesen Fall werde ich dieses nagende Unwohlsein einfach nicht los.
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Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn Blap.

Beitrag von Arkadin »

Blap hat geschrieben: Dem Niederländer Paul Verhoeven verdanken wir einige erstklassige Filme.
Nicht zu vergessen sein feines Frühwerk und der wahrlich grandiose "Zwartboek" von 2006!

"Hollow Man" sehe ich genauso, bin aber bei der Benotung strenger. 5/10 - höchstens.
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Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn Blap.

Beitrag von Reinifilm »

War nicht ein Grund für die "Weichspülung", dass "Showgirls" und "Starship Troopers" so brutal gefloppt waren? :?
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Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn Blap.

Beitrag von Blap »

Arkadin hat geschrieben: Nicht zu vergessen sein feines Frühwerk und der wahrlich grandiose "Zwartboek" von 2006!
"Black Book" steht bereits seit einiger Zeit auf meiner Einkaufsliste. Nur drängelt sich immer wieder anderer Stoff vor, schlürft das Budget vor dem Kauf vollständig auf. :(
Reinifilm hat geschrieben:War nicht ein Grund für die "Weichspülung", dass "Showgirls" und "Starship Troopers" so brutal gefloppt waren? :?
Das wäre durchaus möglich, ich habe keine Nachforschungen in dieser Richtung angestellt. Auf jeden Fall ist Verhoeven nach "Hollow Man" nicht mehr als "Hollywood-Regisseur" in Erscheinung getreten. Was sich -betrachtet man die Meinungen zu dem von Arkadin erwähnten "Zwartboek"- auf die Qualität seiner Arbeit offensichtlich sehr positiv auswirkt.
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Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn Blap.

Beitrag von Blap »

Das Rätsel des silbernen Halbmonds (Italien, Deutschland 1972, italienischer Titel: Sette orchidee macchiate di rosso)

Eine junge Frau wird brutal ermordet, bei der Leiche findet man einen silbernen Halbmond vor. Da die Dame der Strassenprostitution nachging, hält die Polizei die Tat zunächst nicht für besonders auffällig. Doch bald kommt es zu weiteren Morden -die nichts mit dem gefährlichen Milieu zu tun haben- bei denen der Killer stets einen silbernen Halbmond zurücklässt. Auch Giulia (Uschi Glas) wird zum Ziel des Unbekannten. Während einer Bahnreise wird sie im Schlafwagen attackiert und niedergestochen. Doch Giulia hat Glück, sie überlebt den Anschlag mit relativ harmlosen Verletzungen. Um den Täter von seinem Erfolg zu überzeugen, sowie die Überlebende zu schützen, berichtet die Presse vom Tod des Opfers, man inszeniert sogar eine standesgemäße Beerdigung. Mario (Antonio Sabato), der Ehemann Giulias, vertraut nicht auf die Fähigkeiten der Polizei, er beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Tatsächlich scheint Inspector Vismara (Pier Paolo Capponi) nicht der fähigste Kriminalist zu sein, seine Mitarbeitet hinterlassen ebenfalls nicht den besten Eindruck. Die privaten Forschungen fördern bald erste Spuren und Ansätz zu Tage. Es scheint ein Zusammenhang mit dem Hotel zu geben, welches Guilia nach dem Tod ihres Vaters verkaufte. Alle bisherigen Opfer waren zu einem bestimmten Zeitpunkt Gäste oder Angestellte des Hotels. Trotz aller Bemühungen verrichtet der Killer weiterhin sein Werk, während die sich die Polizei wenig angetan von den Bemühungen Marios zeigt. Wer kann das unselige Treiben des Psychopathen stoppen...???

Nun ist es also vollbracht, alle 32 Edgar Wallace Verfilmungen von Rialto sind in den letzten Monaten in meinen Klauen gelandet. Dazu noch die vier Wallace Krimis von anderen Produzenten, macht insgesamt 36x gute, sehr gute und prächtige Krimiunterhaltung, dazu auch ein wenig Mittelmaß, wirkliche Ausfälle sind nicht zu vermelden. Ungefähr zeitgleich mit "Das Geheimnis der grünen Stecknadel", wurde "Das Rätsel des silbernen Halbmonds" im Herbst 1971 produziert. Obwohl "Halbmond" ein wenig früher abgedreht war, erreichte "Stecknadel" die deutschen Kinoleinwände etwas früher (März 1972). Der Halbmond ging Ende Juni 1972 in den einheimischen Kinosälen auf, es sollte leider der letzte Film dieser herrlichen Reihe sein. Genau wie "Stecknadel", wird "Halbmond" heute dem Giallo zugerechnet. Während man in Deutschland den "klassischen" Wallace Filmen der frühen Phase mehr Bedeutung zugesteht, sind die Gialli in einigen anderen Staaten beliebter. Dies verrät ein Blick auf die Verfügbarkeit diverser DVD-Veröffentlichungen, denn "What have you done to Solange?" (Stecknadel) und "Seven Blood-Stained Orchids" (Halbmond), sind sogar in den USA längst in digitaler Form erhältlich. Wer "Stecknadel" ungekürzt geniessen möchte, ist gar auf den Import aus Italien, Großbritannien oder den USA angewiesen.

Doch wenden wir uns nun dem silbernen Halbmond zu, den der bewährte Umberto Lenzi gekonnt in Szene setzte. Lenzi fügte dem Giallo weitere Perlen hinzu, doch den meisten Fans des italienischen Genrekinos ist er wegen seiner durchschlagenden Polizei-/Gangsterfilme ein Begriff, auch einige Horror-/Kannibalenfilme gehen auf sein Konto. Wo "Stecknadel" noch dank des Schauplatzes (London) ein Band zu den früheren Wallace Filmen besass, schneidet "Halbmond" auch diese Verbindung konsequent ab. Als Kulissen dienen hier Rom und das wunderschöne Spoleto, wir bekommen gewissermaßen "Italien pur" auf die Augen. Überhaupt halte ich den Film für keinen verkehrten Einstieg in die faszinierende Welt des Giallo, das "Vorglühen" mit den Wallace Beiträgen könnte (für aufgeschlossene Zuschauer) durchaus dabei hilfreich sein. Da Rialto Film als Geldgeber mit im Spiel war, muss man sich zwar mit Uschi Glas in der weiblichen Hauptrolle abfinden, doch sie fällt zumindest nicht negativ auf. Den grössten Teil der Arbeit übernimmt sowieso Antonio Sabato, der eine ansprechende Leistung zur Schau stellt. Seine Figur ist recht kernig angelegt, daher mag man ihm den "Modeschöpfer" nicht ganz abnehmen. Aber was solls, warum Klischees nicht einfach aufbrechen? Uschi Glas war damals sehr populär, da wundert es nicht, wenn man sie aus deutscher Sicht gern in der weiblichen Hauptrolle sah. Nun reizt es mich natürlich sehr, sie wieder mit Vorwürfen bezüglich ihrer Nähe zur Champignin Soßen Union zu überziehen. Ich will es dieses eine Mal unterlassen, in der schwarzbraunen Schleimbrühe haben schliesslich schon ganz andere Zeitgenossen gerührt. Frau Glas spielt ihren Part mit Routine, leider aber auch mit der gewohnten Biederkeit. In einem Giallo erwartet man schöne Frauen, nackte Haut und Verdorbenheit. In diesen Disziplinen muss die Glas erwartungsgemäß passen. Doch belassen wir es dabei, sie spielt ihre Rolle (zu) anständig. Die Nebenrollen konnte man mit interessanten Gesichtern besetzen. Pier Paolo Capponi überzeugt als Ermittler, er ist mir noch aus dem sehr schönen Ercoli Giallo "Frauen bis zum Wahnsinn gequält" (Le foto proibite di una signora per bene, 1970) in guter Erinnerung. Attraktive Damen gibt es in der zweiten Reihe zu sehen, z.B. Marina Malfatti und Petra Schürmann. Dank Uschi Glas kommt mir plötzlich sogar Marisa Mell anziehend vor, die hier die beste der kleineren Rollen erwischt hat. Zusammenfassend möchte ich das Ensemble als respektabel bezeichnen, wirkliche Glanzlichter sind nicht zu finden. Bevor ich es unterschlage: Nebendarstellergesichtsruinenknuffel Nello Pazzafini ist auch dabei, die Polizei fühlt ihm mit Nachdruck auf den schweissnassen Zahn (wie zum Geier soll das funktionieren, Herr Blap?).

Zuvor war von "Italien pur" bezüglich der Kulissen die Rede. Dies setzt sich bei den weiteren Zutaten munter fort. Die Kamera von Angelo Lotti zeigt sich sehr lebhaft, manchmal fast ein wenig vorwitzig. Dazu der wundervolle Score von Riz Ortolani, nicht zuletzt die Regie von Umberto Lenzi, dessen Bedeutung für das italienische Genrekino selbst seine Kritiker nicht wegdiskutieren können. Selbstverständlich schaute ich mir beide Fassungen des Films an, denn auf der DVD von Universum sind glücklichwerweise beide Versionen vorhanden (Die (gekürzte) deutsche Kinofassung, ergänzend die internationale Langfassung). Während bei "Stecknadel" durch die Schnitte hauptsächlich ein Teil der Atmosphäre und Tiefe verloren gingen, wird "Haldmond" durch die Kürzungen noch stärker beschädigt. Obwohl auch "Stecknadel" Gewaltschnitte auswies, funktionierten die entsprechenden Szenen trotzdem noch. Bei "Halbmond" wirken die Morde nun völlig zerfahren, im wahrsten Sinne des Wortes "zerschnitten". Man sollte auf jeden Fall beide Fassungen gesehen haben, wobei der ungekürzten Version ganz klar der Vorzug zu gewähren ist. Auf die deutsche Synchronisation muss man bei Sichtung der ungekürzten Fassung verzichten, der Film liegt nur auf englisch vor, es sind aber deutsche Untertitel vorhanden. Das Bild ist bei der deutschen Kinofassung etwas besser, die internationale Fassung ist ein wenig zu dunkel geraten, insgesamt aber brauchbar.

"Das Rätsel des silbernen Halbmonds" ist in der achten "Edgar Wallace Edition" enthalten. Diese bietet ferner folgende Titel an:

• Der Mann mit dem Glasauge
• Das Gesicht im Dunkeln
• Die Tote aus der Themse
• Das Geheimnis der grünen Stecknadel

Insgesamt eine schöne Box, welche die "Spätphase" der Wallace Filme von Rialto beleuchtet. Leider sind "Das Gesicht im Dunkeln" und "Das Geheimnis der grünen Stecknadel" nicht ungekürzt enthalten, lediglich die deutschen Kinoversionen haben es auf die DVDs geschafft. Dieser Makel lässt sich mit Import-DVDs beheben, was in der heutigen Zeit kein Problem mehr darstellen sollte. So verdient sich auch die achte Box eine klare Empfehlung, obwohl man zwei Kröten schlucken muss.

Nach 32 Rialto Filmen (und vier "Fremdproduktionen") ergreift mich eine tiefe Zufriedenheit, der Gedanke an viele schöne Nächte mit diesen Filmschätzen. Einige Filme begleiten mich bereits seit meiner Kindheit, andere hatte ich erst einmal gesehen, fast schon wieder vergessen, manche schaute ich erst jetzt zum allerersten Mal. Jeder einzelne Filme macht mir Freude, selbst der Bodensatz wie "Der Rächer" oder "Die Gruft mit dem Rätselschloss" hatte seine Reize. Ein wenig Wehmut ist nicht zu leugnen, denn nun ist die grosse "Erstsichtung-der-DVDs" Sause vorüber. Blicke ich auf die selbsterstelle "Rangliste", offenbart diese einige Überraschungen, aber auch schon fast erwartungsgemäße Platzierungen.

Danke für die schönen Stunden! ...ihr seid freilich nicht vor meinem erneuten Zugriff sicher, zu auffällig ist eure Unterbringung im DVD-Regal, in meinen Gedanken... ...und vor allem in meinem Herzen!

Bleiben nur noch die Zahlenwertung und das Lieblingszitat, dann geht eine Ära der Freude (vorläufig) zu Ende. Einige Wallace Fans mögen "Das Rätsel des silbernen Halbmonds" skeptisch beäugen, ich rate dieser Personengruppe zum mutigen "Neuversuch". Wer den Giallo liebt, wird "Haldmond" sicher längst gesehen haben, vermutlich auch zu schätzen wissen. Für mich ist der Film ein guter bis sehr guter Vertreter des Genres !und! ein würdiger Abschluss der Wallace Reihe!

Gut bis sehr gut = 7,5/10

Lieblingszitat:

"Hast du Pilze im Ohr? Ich sag dir, er ist nicht da!"
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Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn Blap.

Beitrag von Blap »

Top Job - Diamantenraub in Rio (Italien, Spanien, Deutschland 1967, Originaltitel: Ad ogni costo)

Dreissig lange Jahre unterrichtete Professor Anders (Edward G. Robinson) an einer Schule in Rio. Zweimal pro Jahr konnte er beobachten, wie Diamanten im Wert von etlichen Millionen im Haus gegenüber kurzzeitig Station machten. Der frische pensionierte Anders sucht seinen alten Jugenfreund Milford (Adolfo Celi) auf, der inzwischen ein mächtiger Gangsterboss mit weitreichenden Kontakten ist. Er soll ihm vier Spezialisten nennen, die dazu in der Lage sind, den cleveren Plan des Professors in die Tat umzusetzen. Bald ist das kleine Team zusammengestellt, in Rio sollen die vier Profis der Steine habhaft werden. Diese Chance bietet sich nur alle paar Jahrzehnte, wenn der Liefertermin der Edelsteine in die Zeit des Karnevals fällt. Nur dann werden die Kostbarkeiten für einen etwas längeren Zeitraum im hauseigenen Tresor gelagert, es gibt in absehbarer Zeit also keine zweite Chance für einen Zugriff. Der Militärschädel Erich Weiss (Klaus Kinski) leitet die Aktion vor Ort. Agostino (Riccardo Cucciolla) und Gregg (George Rigaud) sind die Experten für den technischen Teil der Operation. Playboy Jean-Paul (Robert Hoffmann) soll die spröde Angestellte Mary Ann (Janet Leigh) verführen, sie verfügt über ein unschätzbar wichtiges Detail, ohne das die Aufgabe nicht lösbar ist. Schon die zeitlich knapp bemessene Vorbereitungsphase stellt das Team vor knifflige Aufgaben, wird man den Plan des Professors tatsächlich erfolgreich durchziehen können...???

Giuliano Montaldo inszenierte mit "Top Job - Diamantenraub in Rio" ein Heist-Movie der feinen Sorte. Der Film punktet mit wundervollen Kulissen, guter Ausstattung und natürlich seiner erstklassigen Besetzung. Montaldo gewährt Handlung und Figuren den nötigen Raum zur Entfaltung. Er unterbindet jeglichen Anflug von Hektik, leistet sich aber auch zu keiner Zeit dramaturgische Hänger, die das Werk in Langeweile oder gar Belanglosigkeit abdriften lassen. Zunächst präsentiert man dem Zuschauer den knuffigen Edward G. Robinson, einen liebenswerten älteren Herrn, der aus der (abgetragenen) Wäsche schaut, als könne er kein Wässerchen trüben. Ihn zusammen mit Adolfo Celi spielen zu sehen, sorgt bereits für einen ersten Höhepunkt des Streifens. Anschliessend sammelt Robinson seine Helferlein ein, schliesslich übernimmt Kinski in Rio das Ruder. Klaus Kinski wirkt in "Top Job" sehr diszipliniert, man nimmt ihm sogar den Militärtypen ab, obwohl man sich das verschrobene Genie kaum in einer solchen Rolle vorstellen kann. Robert Hoffmann umwirbt als aalglatter Schönling Janet Leigh, die eine herrlich kantige Leistung abliefert. Als Sympathieträger fungieren Riccardo Cucciolla und George Rigaud, einer als einfacher Mann aus dem Volk, der andere als Gentleman den nichts aus der Ruhe zu bringen vermag. Innerhalb der Gruppe kommt es -trotz aller Professionalität- zu Spannungen, Kinski darf ausführlich gegen Hoffmann wettern.

Die Durchführung des Raubzuges sorgt für Spannung, ist auf den Punkt genau inszeniert, kommt ohne Krawall und Gewalt aus. Im Finale twistet es dann gewaltig, was mit massiven "Atmosphärenwechselbädern" einhergeht. Kurzzeitig macht sich unvermittelt eine triste, hoffnungslose Stimmung breit, die in völligem Gegensatz zur unterschwellig fröhlich-brodelnden Atmosphäre des restlichen Films steht. Doch damit ist die Zielline noch nicht erreicht, die Stimmung kippt ebenso flott wieder in einer andere Richtung, um letztlich in einem grossen "Ohhh, Aaaahhh..." zu münden. Von einem Heist-/Caper-Movie erwartet man derartige Plot Twists. Schön, wenn sie so gelungen wie in diesem Film auf den Zuschauer einstürzen. An dieser Stelle soll der gelungene Score von Ennio Morricone nicht unterschlagen werden, der immer perfekt den Ton trifft. Ein Film ohne nenneswerte Makel, sympathisch und immer wieder sehenswert.

In Deutschland mussten wir lange auf eine DVD-Veröffentlichung von "Top Job" warten. Dank Koch Media kann man diese Lücke nun günstig schliessen. Die DVD kommt mit einer schönen Bildqualität daher. Zwar kann die Vorlage ihr Alter ab und an nicht vertuschen, doch mir sind ein paar Kratzer und Laufstreifen weitaus lieber, als ein durch den Filterwolf zu Tode gewürgter Klassiker. Der Ton liegt in deutscher und englischer Sprache vor, das Bonusmaterial bietet einen Trailer und eine kleine Bildergalerie an. Schmuckstück im Bonusbereich ist ein gut dreissigminütiges Interview mit Giuliano Montaldo. Es macht Freude den Ausführungen des Regisseurs zu lauschen, die halbe Stunde vergeht wie im Fluge. Die DVD lässt "eigentlich" keine Wünsche übrig. Ich hätte sie mir allerdings lieber in einem etwas höheren Preissegment gewünscht. Der sehr günstige Kurs von knapp unterhalb 10€, zwingt zu Einschränkungen bei der Ausstattung. Mir wäre ein schickes Digi im Schuber, abgerundet durch ein Booklet, lieber gewesen. Dafür würde ich gern ein paar Euro mehr bezahlen, der Film wäre diese gehobene Ausstattung sicher wert gewesen, die man bei einigen anderen Koch Veröffentlichungen vorfindet. Doch genug der Kritik! Eine DVD zu "Top Job" war längst überfällig, vielen Dank dafür!

Gut bis sehr gut = 7,5/10 (mit steigender Tendenz)

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