Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch
Verfasst: Di 25. Feb 2020, 19:49
Der Nebelmann
In dem abgelegenen Bergort Avechot verschwindet eines nebligen Abends die 16jährige Tochter eines bigotten Paares. Wenig später wird der Fall medial aufgegriffen und in dem ehemaligen Tourismusort wimmelt es bald von Polizei und Journalisten, die hinter der heilen Fassade jede Menge Abgründe wittern. Der erfolgreiche Profiler Vogel ist auch gut darin Geheimnisse zu lüften und mit den sensationsgierigen Medien zusammenzuarbeiten um seine Ziele zu erreichen. Mit dem Lehrer Loris und jeder Menge Indizien ist auch bald der vermeintliche Täter ermittelt, der sich und seine Familie auch bald im Mittelpunkt einer medialen Hetzkampagne wiederfindet, bei dem es auch irgendwann gar nicht mehr um Schuld oder Unschuld geht.
Überraschend solider Thriller im Stil von Filmen wie „Das Schweigen der Lämmer“ und „Sieben“ über menschliche Abgründe, Sensationsgier und persönlichen Befindlichkeiten, die auch vor der Vernichtung eines anderen Menschen nicht halt machen. Dabei wechselt „Der Nebelmann“ mehrfach die Perspektive und springt in der Zeit herum, sodass man als Zuschauer schon aufpassen muss um nicht den Faden zu verlieren. Hübsch ist auch die unaufgeregte Erzählweise, die fast so wirkt, als wären mit der Entführung eines Mädchens die Ereignisse eingetreten, die in dem abgelegenen Ort eigentlich schon von jedem erwartet wurden und auch die Rolle von Medien kritisch hinterfragt wird. Mit jeder weiteren Spur zieht der Fall auch bis zu seinem überraschenden Ende immer weitere Kreise, wobei auch hier lang nicht klar ist, worum es dem Regisseur überhaupt geht. Wer sich einen klassischen Thriller erwartet, wird hier eher enttäuscht werden, aber ansonsten kann man dem toll gemachten und pragmatisch gespielten Streifen aus italienischer Produktion auch nichts vorwerfen. Wer nordische Thriller mag, sollte auch „Der Nebelmann“ antesten. Tipp!
Suspiria
Mit seinem Remake von „Suspiria“ hat Luca Guadagnino mit Fragmenten der Originalvorlage eine Art Anti-Unterhaltungs-Horrorfilm gedreht, der sich auch überhaupt nicht um die Erwartungshaltung des vorwiegend männlichen Genre-Publikums kümmert. In der Geschichte, in der Männer kaum eine Rolle(n) spielen, dreht sich alles um weibliche Themen wie Schuld und Scham, die hier auf interessante Weise präsentiert werden. Dabei erinnert das Remake nicht nur aufgrund seiner Darstellerinnen und Handlungsort mehr als Fassbinder als an Argento und um Horror geht es eigentlich auch nur am Rande. Themen wie die RAF werden angeschnitten und machen im Kontext auch durchaus Sinn, doch auch ein politischer Film ist der verstörend geamachte „Suspiria“ nicht geworden. Eigentlich wird alles umschifft, was als Zugeständnis an ein männliches Publikum verstanden werden könnte und selbst das blutige Ende ist völlig abstrakt gehalten und geht auch eher in Richtung körperliches Terrorkino. In diesem Punkt ähnelt der Film auch „Funny Games“ von Haneke, der auch nur vermeintlich auf ein Genre-Publikum schielt, nur um diesem dann den Spiegel vorzuhalten. Über Guadagninos Version könnte man sicherlich stundenlang diskutieren und es würden die Themen nicht ausgehen und ich sehe den Film auch weniger als Remake, sondern viel mehr als radikale Neuinterpretation, dass mit übergroßem Popo ins Gesicht der Horrorfilmfans aus der Fraktion der sensationslüsternen Unterhaltungsfraktion fährt und dafür hat sich Herr Guadagnino durchaus Respekt verdient.
Pumpkinhead
Eigentlich könnte „Pumpkinhead“ ja ein netter Genre-Snack im Stile eines Stephen King-Streifens sein und der Roman „Friedhof der Kuscheltiere“ stand hier wohl übergroß Pate - jedoch entpuppt sich der Streifen von Stan Winston trotz seines schönen Looks und dem eindrucksvollen Monster, als eine Art Luftnummer, die nie richtig in die Gänge kommt. Die Geschichte über den Motorrad-Unfall, der ja immerhin der Aufhänger der weiteren Verläufe sind, wird völlig uninspiriert dargeboten und auch die Trauer des Vaters und das Verhalten der Jugendlichen stehen immer an der Kippe zum Trash. Daher funzt auch der Rest dann nur noch bedingt und selbst dann verzettelt sich die Story noch in Nebensächlichkeiten, anstatt sein eindrucksvolles Monster zur Höchstform auflaufen zu lassen. Das Drehbuch mit durchaus guten Ideen und dem schönen Finale hätte man wirklich noch einmal gründlich überarbeiten und ausmisten sollen. So wirkt das alles schaumgebremst und wie ein Zugeständnis an ein breites Publikum, dass man offensichtlich nicht mit unschönen Dingen verschrecken wollte. Wie auch die anderen sehen ich den Streifen daher als durch und durch mittelprächtiges wie -mäßiges Vergnügen. Ein Film der verschenkten Möglichkeiten.
Darkroom
Janet besucht ihre Familien, die in einem abgelegenen Haus wohnt um ihren Freund Steve vorzustellen, der die junge Frau eigentlich heiraten möchte. Doch die hat genug von dem konservativen Gedankengut ihrer Mutter und will sich eigentlich weder binden, noch Kinder in die Welt setzen. Doch diese Probleme rücken weit in den Hintergrund, als sich auf einmal ein mysteriöser Killer daran macht, die Familienmitglieder und das Umfeld von Janet auf grausame Weise zu ermorden. Während Janets Verdacht zuerst auf den unsteten Freund ihrer Schwester fällt und dieser auch keine Gelegenheit auslässt, um sich verdächtig zu machen, wird jedoch bald klar, dass der Täter im direkten Umfeld von Janet zu suchen ist…
Durchschnittlicher aber guckbarer Slasher von der Stange über einen Killer mit Psycho-Knacks, der den Zwang hat, seine Opfer zu fotografieren und in der abgelegenen Gegend auch dafür sorgt, dass ihm auch so schnell die Vorlagen nicht ausgehen. Die Geschichte ist eher rasch erzählt und auch die Identität des Killers wird eigentlich auch nicht allzu lange geheim gehalten, sodass es auch hier nicht zu großen Spannungsmomenten und/oder Überraschungen kommt. Selbst das Motiv des Killers hat man ja auch schon in dutzend anderen Filmen auf ähnliche Weise gesehen und dient hier eher vordergründig für die ganzen Ereignisse. Dennoch ist „Darkroom“ durchaus passabel inszeniert und auch die Figuren mit ihren schrecklichsten 80er-Frisuren sind halbwegs sympathisch gezeichnet, sodass man gerne mit ihnen mitfiebert. Die Morde sind blutig inszeniert und gut über die Laufzeit verteilt und das Finale ist ebenfalls ganz in Ordnung. Da hat man aus der Kiste schon wesentlich Schlechteres gesehen – Besseres natürlich auch. Die VÖ von Vinegar Syndrome ist aber wie üblich top, hat zwei Interviews mit Darstellern an Bord und kommt codefree.
In dem abgelegenen Bergort Avechot verschwindet eines nebligen Abends die 16jährige Tochter eines bigotten Paares. Wenig später wird der Fall medial aufgegriffen und in dem ehemaligen Tourismusort wimmelt es bald von Polizei und Journalisten, die hinter der heilen Fassade jede Menge Abgründe wittern. Der erfolgreiche Profiler Vogel ist auch gut darin Geheimnisse zu lüften und mit den sensationsgierigen Medien zusammenzuarbeiten um seine Ziele zu erreichen. Mit dem Lehrer Loris und jeder Menge Indizien ist auch bald der vermeintliche Täter ermittelt, der sich und seine Familie auch bald im Mittelpunkt einer medialen Hetzkampagne wiederfindet, bei dem es auch irgendwann gar nicht mehr um Schuld oder Unschuld geht.
Überraschend solider Thriller im Stil von Filmen wie „Das Schweigen der Lämmer“ und „Sieben“ über menschliche Abgründe, Sensationsgier und persönlichen Befindlichkeiten, die auch vor der Vernichtung eines anderen Menschen nicht halt machen. Dabei wechselt „Der Nebelmann“ mehrfach die Perspektive und springt in der Zeit herum, sodass man als Zuschauer schon aufpassen muss um nicht den Faden zu verlieren. Hübsch ist auch die unaufgeregte Erzählweise, die fast so wirkt, als wären mit der Entführung eines Mädchens die Ereignisse eingetreten, die in dem abgelegenen Ort eigentlich schon von jedem erwartet wurden und auch die Rolle von Medien kritisch hinterfragt wird. Mit jeder weiteren Spur zieht der Fall auch bis zu seinem überraschenden Ende immer weitere Kreise, wobei auch hier lang nicht klar ist, worum es dem Regisseur überhaupt geht. Wer sich einen klassischen Thriller erwartet, wird hier eher enttäuscht werden, aber ansonsten kann man dem toll gemachten und pragmatisch gespielten Streifen aus italienischer Produktion auch nichts vorwerfen. Wer nordische Thriller mag, sollte auch „Der Nebelmann“ antesten. Tipp!
Suspiria
Mit seinem Remake von „Suspiria“ hat Luca Guadagnino mit Fragmenten der Originalvorlage eine Art Anti-Unterhaltungs-Horrorfilm gedreht, der sich auch überhaupt nicht um die Erwartungshaltung des vorwiegend männlichen Genre-Publikums kümmert. In der Geschichte, in der Männer kaum eine Rolle(n) spielen, dreht sich alles um weibliche Themen wie Schuld und Scham, die hier auf interessante Weise präsentiert werden. Dabei erinnert das Remake nicht nur aufgrund seiner Darstellerinnen und Handlungsort mehr als Fassbinder als an Argento und um Horror geht es eigentlich auch nur am Rande. Themen wie die RAF werden angeschnitten und machen im Kontext auch durchaus Sinn, doch auch ein politischer Film ist der verstörend geamachte „Suspiria“ nicht geworden. Eigentlich wird alles umschifft, was als Zugeständnis an ein männliches Publikum verstanden werden könnte und selbst das blutige Ende ist völlig abstrakt gehalten und geht auch eher in Richtung körperliches Terrorkino. In diesem Punkt ähnelt der Film auch „Funny Games“ von Haneke, der auch nur vermeintlich auf ein Genre-Publikum schielt, nur um diesem dann den Spiegel vorzuhalten. Über Guadagninos Version könnte man sicherlich stundenlang diskutieren und es würden die Themen nicht ausgehen und ich sehe den Film auch weniger als Remake, sondern viel mehr als radikale Neuinterpretation, dass mit übergroßem Popo ins Gesicht der Horrorfilmfans aus der Fraktion der sensationslüsternen Unterhaltungsfraktion fährt und dafür hat sich Herr Guadagnino durchaus Respekt verdient.
Pumpkinhead
Eigentlich könnte „Pumpkinhead“ ja ein netter Genre-Snack im Stile eines Stephen King-Streifens sein und der Roman „Friedhof der Kuscheltiere“ stand hier wohl übergroß Pate - jedoch entpuppt sich der Streifen von Stan Winston trotz seines schönen Looks und dem eindrucksvollen Monster, als eine Art Luftnummer, die nie richtig in die Gänge kommt. Die Geschichte über den Motorrad-Unfall, der ja immerhin der Aufhänger der weiteren Verläufe sind, wird völlig uninspiriert dargeboten und auch die Trauer des Vaters und das Verhalten der Jugendlichen stehen immer an der Kippe zum Trash. Daher funzt auch der Rest dann nur noch bedingt und selbst dann verzettelt sich die Story noch in Nebensächlichkeiten, anstatt sein eindrucksvolles Monster zur Höchstform auflaufen zu lassen. Das Drehbuch mit durchaus guten Ideen und dem schönen Finale hätte man wirklich noch einmal gründlich überarbeiten und ausmisten sollen. So wirkt das alles schaumgebremst und wie ein Zugeständnis an ein breites Publikum, dass man offensichtlich nicht mit unschönen Dingen verschrecken wollte. Wie auch die anderen sehen ich den Streifen daher als durch und durch mittelprächtiges wie -mäßiges Vergnügen. Ein Film der verschenkten Möglichkeiten.
Darkroom
Janet besucht ihre Familien, die in einem abgelegenen Haus wohnt um ihren Freund Steve vorzustellen, der die junge Frau eigentlich heiraten möchte. Doch die hat genug von dem konservativen Gedankengut ihrer Mutter und will sich eigentlich weder binden, noch Kinder in die Welt setzen. Doch diese Probleme rücken weit in den Hintergrund, als sich auf einmal ein mysteriöser Killer daran macht, die Familienmitglieder und das Umfeld von Janet auf grausame Weise zu ermorden. Während Janets Verdacht zuerst auf den unsteten Freund ihrer Schwester fällt und dieser auch keine Gelegenheit auslässt, um sich verdächtig zu machen, wird jedoch bald klar, dass der Täter im direkten Umfeld von Janet zu suchen ist…
Durchschnittlicher aber guckbarer Slasher von der Stange über einen Killer mit Psycho-Knacks, der den Zwang hat, seine Opfer zu fotografieren und in der abgelegenen Gegend auch dafür sorgt, dass ihm auch so schnell die Vorlagen nicht ausgehen. Die Geschichte ist eher rasch erzählt und auch die Identität des Killers wird eigentlich auch nicht allzu lange geheim gehalten, sodass es auch hier nicht zu großen Spannungsmomenten und/oder Überraschungen kommt. Selbst das Motiv des Killers hat man ja auch schon in dutzend anderen Filmen auf ähnliche Weise gesehen und dient hier eher vordergründig für die ganzen Ereignisse. Dennoch ist „Darkroom“ durchaus passabel inszeniert und auch die Figuren mit ihren schrecklichsten 80er-Frisuren sind halbwegs sympathisch gezeichnet, sodass man gerne mit ihnen mitfiebert. Die Morde sind blutig inszeniert und gut über die Laufzeit verteilt und das Finale ist ebenfalls ganz in Ordnung. Da hat man aus der Kiste schon wesentlich Schlechteres gesehen – Besseres natürlich auch. Die VÖ von Vinegar Syndrome ist aber wie üblich top, hat zwei Interviews mit Darstellern an Bord und kommt codefree.