Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

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Moderator: jogiwan

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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber

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Albert ist mit unlauteren Mitteln zu Macht und Reichtum gekommen und sieht sich selbst als Connaisseur, der die schönen Dinge im Leben liebt. Mit seinem Gefolge und seiner Frau Georgina speist er jeden Tag im seinem Lokal „La Hollandais“, das von dem Starkoch Richard geführt wird. Dort schreit er herum und brüskiert die anderen Gäste mit seinem schlechten Benehmen, was jedoch von allen toleriert wird. Als sich Georgina, die Albert von Herzen verabscheut, jedoch eines Tages mit einem anderen Gast des Lokals eine heiße Affäre beginnt, bleibt das auch Albert nicht lange verborgen und der gehörnte Ehemann greift zu drastischen Mitteln um den Seitensprung zu rächen.

Peter Greenaways Arthouse-Skandalfilm aus den Achtzigern, bei dem natürlich sofort der artifizielle Charakter und die Farbgebung ins Auge sticht. Mit satten Farben und irritierenden Kostümwechseln wird eine Geschichte über die Auswüchse ungleicher Machtverhältnisse präsentiert, die am Ende in einem kannibalistischen Akt ausufern. Seinerzeit wurde der Film wohl als Abrechnung mit der Politik Thatchers gesehen, doch auch ohne Kenntnis der damaligen politischen Verhältnisse ist Peter Greenaway ein sehr provokantes Statement gelungen, dass zartbesaitete Gemüter auch heutzutage noch gehörig verstören wird. Der selbstverliebte und sich maßlos überschätzende Albert als Sinnbild des sadistischen und cholerischen Tyrannen, der sein Umfeld nach Belieben terrorisiert und die anderen Figuren, lassen sich ja auch auf andere Dinge umlegen und auch sonst gibt es viel Symbolhaftes in dem Streifen entdecken, der ausgiebig mit seinem extravaganten Farbkonzept spielt. Ich habe „Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber“ seinerzeit in jungen Jahren im ORF gesehen und es ist erstaunlich, wie viele Szenen mir davon im Gedächtnis geblieben sind. Eine wunderbare Wiederbegegnung mit einem vielschichtigen, schwarzhumorigen und fordernden Streifen, der meine Leidenschaft für außergewöhnliche Filme doch nachhaltig geprägt hat.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Querelle

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jogiwan hat geschrieben:"Querelle" gilt ja laut Wikipedia ja gemeinhin als "schwer zugänglicher" Film und die surrealistische Handlung, der extrem künstliche Charakter der Inszenierung und die englische Sprachfassung mit ihren hochgestochenen Dialogen macht des dem Zuschauer auch nicht gerade die sexuell aufgeladene und schwül-schwule Geschichte über den umtriebigen Seemann Querelle zur Gänze zu verstehen. Dabei setzt Fassbinder in seiner tragischen Geschichte über Liebe, Sex und Tod auf verschwitze Leiber, homoerotische Figuren in einer phallisierten Kulisse, schreckt auch vor Darstellung entsprechender Akte nicht zurück. Aber auch wenn man nicht alles versteht oder verstehen kann, hat Fassbinder doch einen sehr schön zu schauenden und vor allem sehr ungewöhnlichen Streifen geschaffen, der für sein Entstehungsjahr auch ordentlich Gas gibt und in dessen kunstvoll ausgeleuchteten Bilderwelten man sich irgendwie gerne verliert. Das Hetero-Publikum sei aber an dieser Stelle einmal vorgewarnt, den der Film ist schon sehr, sehr :jogi:
Jetzt auch auf Blaustrahl und in Deutsch gesehen und wie schwer sich manche Menschen mit der Thematik und dem Streifen noch immer tun, davon zeugen ja auch die vorangegangenen Beiträge hier. „Querelle“ ist für Fassbinder-Verhältnisse kein sonderlich zugänglicher Streifen und hat trotz der schwül-fiebrigen Atmosphäre einen eigentlich sehr destruktiven Charakter. Alle Sinne verwirrend verliert sich Zuschauer wie die titelgebende Figur in einer Halbwelt aus Sex, Drogen, Alkohol, schweren Jungs und leichten Mädchen, die sich allesamt am Abgrund bewegen und von der normalen Welt zurückgezogen haben. Manipulative Menschen, Abgründe, Mord und Totschlag in einem entrückten Setting des ewigen Sonnenuntergangs sind hier die Eckpunkte für die Geschichte geschwisterlicher Rivalität, sexueller Selbstfindung, sonstigen Begierden und das Schlechte im Menschen, dass hier ausgiebig hervorgekehrt wird. Alle hübsch anzuschauen ist „Querelle“ ein Streifen, der sich wieder einmal auf höchst unterschiedliche Weise interpretieren lässt, auch wenn es hier meines Erachtens vor allem um schlechte Erfahrungen geht, die wohl auch Fassbinder in seinem Leben und Karriere zuhauf gemacht hat.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Die Papsttochter

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Kurz nachdem die Äbte und Nonnen eines beschaulichen Klosters eine Fleischfachverkäuferin aus den Armen eines brutalen Zuhälters gerettet haben, erfahren diese von einem düsteren Geheimnis aus der Vergangenheit. Eine Nonne unter ihnen hat mit niemand geringerem als dem Papst persönlich ein uneheliches Kind, dass zu einer drallen Blondine herangereift in einer Autowerkstätte in der Nähe arbeitet. Als ein Inquisitor auf das Mädchen angesetzt wird um diese zu töten und das Geheimnis für immer ein Geheimnis bleiben zu lassen, verliebt sich der Mann der Kirche jedoch in die lebenslustige Frau und das neu gefundene Paar beschließt kurzerhand den Spieß umzudrehen…

Das Schaffen von Jochen Taubert und ich werden in diesem Leben ja ohnehin keine Freunde mehr und auch „Die Papsttochter – Wir kommen im Namen des Herrn“ ist ein weiterer Kelch, den man eigentlich getrost an sich vorüberziehen lassen kann. Wo andere Filmemacher wenigstens noch einen Funken Leidenschaft, Kreativität und das Bestreben einer Steigerung in ihrer Arbeit erkennen lassen, filmt Taubert seit mittlerweile Jahrzehnten auf konstant niedrigsten Niveau und bläht seine aus einem Gag ent- und bestehenden Geschichten mit der ewiggleichen Formel und Abspännen auf unendliche Weise auf. Hier sind es zuerst Prostituierten-Stammtischwitze, dann eine Kirchenvertuschungsgeschichte, die dem Zuschauer willkürlich zusammengewürfelt, schlecht gespielt und mit schrecklicher Musikuntermalung präsentiert werden. Dazu gibt es amerikanische Autos, ein paar lahme Verfolgungsjagden und Witze, nackter Haut und Splattereinlagen, die sich mit ihrer dargebrachten Lieblosigkeit mühelos mit dem nicht vorhandenen Drehbuch messen können. Noch dazu kommt das Ganze mit einem Humor- und Filmverständnis, dass so überhaupt nicht dem meinigen entspricht und augenscheinlich auf eine Zielgruppe abschielt, zu der ich persönlich auch absolut keinen Kontakt suche. Taubert fährt ja offensichtlich noch immer ganz gut damit, dass es Leute wie mich gibt, die mit unverbesserlichem Optimismus noch immer auf „den Einen“ guten Film hoffen, der nicht in allen Belangen völlig desaströs ausgefallen ist – es ist aber wohl wirklich an der Zeit, diese Hoffnung für immer zu Grabe zu tragen.

Deadly Manor

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„Deadly Manor“ ist leider wirklich ein arg uninspirierter Slasher aus einer Zeit, in der dieses Genre bereits schon lange ihren Zenit überschritten hatte und den Zuschauer mit haarsträubenden und zugleich völlig langweiligen Ereignissen quält. Eigentlich wären die jungen Leute ja gar nicht so unsympathisch, aber schon die Art und Weise wie die Reisegruppe zu dem tödlichen Anwesen kommt, lässt dem mündigen Zuschauer gepflegt die Stirn runzeln. Auch dann werden gekonnt alle Alarmsignale negiert und von den Protagonisten alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann. Eine Stunde passiert dabei herzlich wenig und die Spannungsmomente, die aufgebaut werden, verpuffen stets irgendwo in der Belanglosigkeit. Auch das etwas ereignisreichere Finale und die passable Auflösung können den Film dann nicht mehr retten und zurück bleibt der Eindruck eines billig heruntergekurbelten C-Slashers, der zwar auf der technischen Seite passabel ausgefallen ist, aber ansonsten jegliche Kreativität vermissen lässt. Die US-Blu-Ray hat ein schönes Bild, in ländercodefrei und hat auch noch ein Interview mit Jennifer Delora an Bord – eine lohnende Anschaffung sieht aber dennoch anders aus.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Let's Scare Jessica to Death

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Leider ist der Streifen immer noch weitgehend unbekannt, obwohl er eigentlich ein Lehrstück in Sachen subtilen Gruselns ist. Hier ist es eine junge Frau, die nach einem nicht näher benannten Aufenthalt in einer Klinik auf dem Land Erholung finden soll und in den Sog seltsamer Ereignisse gerät. Bald wird klar, dass Jessica Stimmen hört und Dinge sieht, die andere nicht sehen können. Dabei lässt der Film es offen, ob das „Grauen um Jessica“ schizophrener oder übernatürlicher Natur ist und wie die Zusammenhänge überhaupt zu deuten sind. Dabei hat der Streifen eine ruhige und sehr morbide Stimmung, die zunehmend in Verzweiflung gipfelt. Alles toll gespielt und auch ohne sonderlich an der Spannungsschraube zu drehen, schafft es der Film wunderbar den Zuschauer in die Welt der psychisch stark angeschlagenen Frau zu entführen, die möglicherweise einem Vampirkult auf die Schliche gekommen ist. Ein wunderbarer Streifen für alle die so etwas auch zu schätzen wissen.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Almost Human

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Vor den Augen seines Freundes Seth und seiner Freundin Jen wird Mark von einer außerirdischen Macht entführt und verschwindet wie ein weiterer Freund spurlos von der Erdoberfläche. Während Seth die schrecklichen Ereignisse der Nacht nie richtig verarbeiten kann, versucht Jen jedoch ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen und zwei Jahre später ist sie auch in einer neuen Beziehung und versucht die Dinge zu vergessen. Als Seth jedoch zunehmend von Alpträumen und dunklen Vorahnungen gequält wird, versucht er wieder mit Jen Kontakt aufzunehmen, die davon jedoch wenig erfreut ist. Doch Seth behält Recht und als überraschend der scheinbar leblose Körper von Mark in einem Waldstück gefunden wird, ist das der Beginn einer schrecklichen Mordserie…

Joe Begos hat ja erst vor kurzem mit „Bliss“ einen doch recht rabiaten Film abgeliefert, der recht angenehm an das Exploitation-Kino der Siebziger erinnert und auch „Almost Human“ ist angenehm oldskoolig ausgefallen. Zwar merkt man dem Indie-Streifen sein knappes Budget durchaus an, aber dafür ist der Look des Streifens trotz etwas nervöser Kameraführung durchaus ansprechend und sollte bei den Leutchen hier im Forum durchaus ankommen. Hätte man auch noch für ein originelleres Drehbuch gesorgt, dann hätte aus Joe Begos‘ Streifen ja durchaus etwas Größeres werden können. So ist „Almost Human“ zwar nett anzusehen und mit knapp 80 Minuten Laufzeit auch ein netter Genre-Snack für Zwischendurch, aber inhaltlich ist der Streifen bei aller Liebe nicht sonderlich originell ausgefallen und eine Art „Best of“ was man sonst so aus der Kiste der Alien-Entführungskiste kennt. Das kommt davon, wenn man von Regie über Kamera bis hin zum Drehbuch auch alles selber machen möchte. Als Regie-Debüt geht „Almost Human“ aber durchaus in Ordnung!
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

The Mind's Eye

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Zack hat psychokinetische Kräfte und wird deswegen von dem ominösen Dr. Slovak und seinen Leuten verfolgt, die Menschen mit derartigen Kräften in seinem Sanatorium sammeln um an ihnen Versuche durchzuführen. Als Zack eines Tages erwischt wird, landet er ebenfalls in der besagten Anstalt, in der Dr. Slovak mit Medikamenten, Gewalt und Disziplin seine Schützlinge in Schach hält. Doch Zack will fliehen und dabei auch seine Freundin Rachel mitnehmen, die ebenfalls gegen ihren Willen gefangen gehalten wird. Als die Flucht dank ihrer psychokinetischen Kräfte gelingt, machen sich jedoch Slovaks Männer hinter den Beiden her und Zack muss erfahren, dass er sich mit einem Gegner angelegt hat, der scheinbar übermächtig ist…

Joe Begos schon wieder mit seiner Mischung und/oder Hommage an „Scanners“, "Feuerteufel" und „Teufelskreis Alpha“, der hübsch in der Tradition von Werken aus vergangenen Jahrzehnten daherkommt und auch in Punkto Gore wenig Wünsche offenlässt. „The Mind’s Eye“ ist blutig und brutal, hat passable Charaktere und sieht für Indie-Verhältnisse auch noch sehr gut aus. Dennoch hält sich die Begeisterung wieder etwas in Grenzen, da sich die Geschichte als wenig originell entpuppt und zudem auch noch etwas holprig erzählt ist. Statt dem ganzen Schmodder hätte etwas Atmosphäre und eine tiefergehende Figurenzeichen auch nicht geschadet und die Grenzen zwischen Hommage und Plagiat sind hier auch nicht immer ganz auszumachen. Im Mittelteil tritt das Drehbuch jedenfalls ziemlich am Stand und auch beim eher unspektakulären Finale sieht man halt ganz stark, dass hier auch nur ein begrenztes Budget zur Verfügung stand, dass für große Psychokinetische Tricks einfach nicht ausreichte. Wenn man darüber hinwegsehen kann und auch nichts gegen kleinere Produktionen aus dem Horror-Bereich hat, ist „The Mind’s Eye“ aber durchaus okay und es stört mich auch wenig, dass hier übergroßen Vorbildern gehuldigt wird, deren Klasse aber nicht erreicht wird.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Nowhere

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Dark ist zwar erst achtzehn Jahre, aber findet sein Leben im hippen Los Angeles total scheiße. Seine Freundin Mel macht nebenher auch mit ihrer lesbischen Gespielin herum, seine Mutter nörgelt nur herum und auch sonst besteht sein Freundeskreis aus eher verhaltensauffälligen und stark hedonistisch veranlagten Menschen, die keinen Fick, Drink oder Drogencocktail auslassen. Auf der Suche nach seinem Seelenverwandten dokumentiert Dark sein Leben auf Video und trifft eines Tages zufällig auf den jungen Montgomery und verliebt sich Hals über Kopf in ihn. Doch eine junge Liebe in Los Angeles ist ständig bedroht von äußeren Einflüssen und dummerweise steht auch noch eine Alien-Invasion ins Haus.

Gregg Arakis augenzwinkernder, aber durchaus ernst präsentierter Gegenentwurf zu Werken wie „Clueless“ oder „Beverly Hills 90210“ ist zwar eigentlich eine sympathische, aber auch sehr zusammengewürfelte Sache. Mit Cameos von aufstrebenden Jungdarstellern ohne Ende entwirft Araki ein Sittenbild der sogenannten „Generation X“, die sich trotz Luxus und allen offen stehenden Möglichkeiten seltsamerweise verloren fühlt. Leider muss man auch sagen, dass „Nowhere“ aber furchtbar schlecht gealtert ist und wenn man die Neunziger und die damit verbundene Unbeschwertheit und übertriebenen Materialismus am eigenen Leib mitbekommen hat, dann fragt man sich schon zwangsläufig, was an den Neunzigern denn so schlimm gewesen sein soll. Der Lebensstil war übertrieben, die Partys reichlich, die Leutchen verpeilt, die Probleme hausgemacht ist auch „Nowhere“ ein Film, der eher zum Fremdschämen anregt und mit seinem wirren Genre-Mix und epsiodenhaften Ereignissen mit MTV-Musikvideoclip-Ästhetik auch keine homogene Einheit bietet, selbst wenn er zu keiner Sekunde langweilig ist. Man nimmt sich einfach alles und pickt sich davon dann für sich noch das Beste heraus und beschwert sich dann hinterher trotzdem – so waren sie nun einmal, die Neunziger…
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

The Doom Generation

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Jordan und Amy sind seit drei Monaten ein Paar und furchtbar von ihrem Leben und ihrem Umfeld gelangweilt. Also planen die Beiden mit dem Auto die Stadt und ihre langweilige Partyszene zu verlassen und treffen dabei auf den geheimnisvollen Xavier, der gerade von einer Gruppe verprügelt wird. Flugs wird zu dritt die Flucht ergriffen und dabei auch dem konventionellen Lebensstil Adieu gesagt. Fortan liebt und mordet man zu dritt und angefixt von Sex und Gewalt beginnt ein Roadtrip durch das verkommene Amerika, der seine Protagonisten und allen, die ihnen über den Weg laufen, geradewegs ins Verderben führt.

Gregg Arakis erster explizit als heterosexuell ausgewiesener Film ist eine Teenager-Variante von „Natural Born Killers“, der jedoch ebenfalls keine Gefangenen macht und ebenfalls herrlich überzogen daherkommt. War Oliver Stones Variante aber noch mit Kritik an der Sensationsgier der Menschen verbunden, so ist Arakis Version eher ein Abgesang an die Jugend Amerikas, die offensichtlich weder Moral noch Ideale mehr kennt. Statt politischer Korrektheit gibt es hier derbe Flüche, überzogene Morde und am Ende schaut auch noch die Nazi-Gang vorbei um alles aufzumischen. An kontroversen Themen mangelt es dem Film jedenfalls nicht und so ist es auch kein Wunder, dass dieser Streifen bisher nicht im deutschsprachigen Raum ausgewertet wurde. Auffällig auch der gute Soundtrack zwischen Techno und Industrial und wo sieht man schon mal eine Liebesszene, die mit der Musik von Aphex Twin begleitet wird. Also alles im grünen Bereich und mit viel schwarzen Humor ist auch dieser Streifen von Gregg Araki ein kurzweiliger Trip in die Abgründe von Teenager-Seelen, der nebenher aus jeder Pore auch noch den naiven und unbeschwerten Charme der Neunziger versprüht.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

World War Z

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„World War Z“ ist ja wohl so etwas wie der Film der Stunde, auch wenn sich die Pandemie in der Realität natürlich in keiner Weise mit der im Film messen kann. Der Streifen selbst in Tempo-orientierte Zombie-Action, bei der jedoch viele Ecke und Kanten glattgebügelt wurden und auch immer die Familie als bedrohtes Gut immer etwas zu sehr im Vordergrund steht. Viele Zombiefilme handeln ja nicht nur von der Bedrohung, sondern auch von der Tatsache, dass auf einmal nahestehende Menschen sich in Zombies verwandeln und den damit verbundenen Zwiespalt der Emotionen. Hier sind die Zombies aber nur eine anonymisierte Bedrohung, der auch keine Empathie entgegengebracht werden muss, weil dafür auch gar keine Zeit ist. Außerdem bietet die Schnitzeljagd über den Globus auch noch ein paar holprige Momente, die man sich ja eher in einem C-Movie als in einer großen Studioproduktion erwarten würde. Die Momente in Jerusalem sind aber zweifelsfrei sehr gut gemacht, der und für einen Mainstream-Film gibt es ja dann doch noch ein paar Momente, die auch den Zombie-Fan der alten Schule versöhnlich stimmen. Insgesamt dennoch ein eher mittelprächtiges Werk.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Even the Wind is Afraid

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Anstatt wie ihre Klassenkameradinnen in die Ferien zu fahren, wird eine Gruppe von jungen Mädchen zur Strafe dazu verdonnert, diese in der streng konservativ geführten Schule mit Nachsitzen zu verbringen. Darunter befindet sich auch die sensible Claudia, die seit geraumer Zeit von schrecklichen Alpträumen gequält wird, in denen sie eine Schülerin sieht, die sich in einem Turm am Schulgelände erhängt hat. Durch Zufall finden die am Campus eingesperrten Mädchen heraus, dass sich vor ein paar Jahren unter ähnlichen Umständen tatsächlich ein Unglücksfall in der Schule zugetragen hat. Als sich dieses Mädchen in stürmischen Nächten immer öfters und auch den anderen Mädchen zeigt, keimt der Verdacht, dass der Geist der Verstorbenen zurückgekehrt ist, um für erlittenes Leid Rache zu nehmen.

Wunderbar oldskooliger Geisterfilm aus Mexiko, der angenehm an italienische Gothic-Gruselfilme aus den Sechzigern erinnert. „Even the Wind is Afraid“ verzichtet auf plakative Elemente, erzählt seine Geschichte auf eher behäbige Weise und legt auch sehr viel Wert auf die Charakterisierung seiner Figuren. Diese bestehen neben der konservativen Schulleitung vor allem aus unterschiedlichen Schülerinnen, deren Lebensfreude von den strikten Regeln in Zaum gehalten wird. Horrorfans die eher auf aktuelle Produktionen stehen wird das natürlich alles viel zu langsam inszeniert ist, aber schon die Eröffnungsszene ist (alp-)traumhaft schön auf die Leinwand gebannt und bereitet den Zuschauer auf neunzig Minuten wohligen Schauer ein. Schön auch, dass dieser Klassiker des mexikanischen Gruselfilms nun endlich auch mit englischen Untertiteln und auf ländercodefreier Blu-Ray von VCI Entertainment verfügbar ist. Zwar sieht man dem Streifen sein Alter und sicherlich überschaubares Budget zu jeder Sekunde an, aber besser kann man einen Geisterfilm dieser Entstehungszeit wohl ohnehin nicht machen. Ein schönes, angenehm atmosphärisches Highlight des Geisterfilms, auf das sich das jahrelange Warten auch durchaus gelohnt hat. Tipp!
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