Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

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Moderator: jogiwan

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karlAbundzu
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von karlAbundzu »

Die Muppetfilme, ein paar kamen ja noch ins Kino, was ich damals meist genoss. Schön, dass du die durchsiehst, ich wollte da auch schon ewig weitermachen, vor allem, wo die hier im Haus, also beim Nachbarn sind. Manhattan gefiel mir allerdings, ebenso die Weihnachtsgeschichte, den Piratenfilm fand ich nicht so gut.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

13 Geister

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01.jpg (84.51 KiB) 390 mal betrachtet
jogiwan hat geschrieben: Do 2. Okt 2014, 08:02 Seinerzeit auch im Kino gesehen ist „13 Geister“ nach „House on Haunted Hill“ das nächste William Castle-Abenteuer, dass hier zu einer Big-Budget-Geisterbahnfahrt für ein breites Publikum verbraten wurde. Irgendwie wirkt der turbulente Streifen inhaltlich aber etwas missglückt und bietet neben „Monk im Glashaus“ auf der Seite der Lebenden nur nervige und/oder hysterische Charaktere, die Nonsens labern und sich natürlich immer falsch verhalten. Der vielfach gescholtene Streifen fällt mit seiner vollkommen haarsträubenden Geschichte auch eher in die Kategorie „doof, aber lustig“ und neben überraschend herben Effekten für eine 16er-Freigabe punktet Becks Streifen auch eher mit einem durchaus extravaganten Look des Gebäudes und netten Geistererscheinungen, die man für meinen Geschmack auch ruhig etwas mehr in den Mittelpunkt hätte rücken können. Insgesamt aber eine eher maue Angelegenheit, die man zwar gucken kann, aber die trotz hohem Bekanntheitsgrad auch sicher nicht zu den Highlights des Genres zählt.
Die erneute Sichtung bestätigt die eher verhaltenen Worte und viel mehr als eine Geisterbahnfahrt ist Regisseur Steve Beck hier leider nicht gelungen. Die Effektkünstler und Set-Designer dürfen sich austoben, so etwas wie Spannung oder Atmosphäre bleibt hingegen im Keller. Weder die lebenden, noch die (un)toten Figuren sind irgendwie interessant geraten und irgendwie lässt „13 Geister“ auch kaum ein Klischee aus. Dazu gibt es hektische Schnitte, optische Spielereien und allerlei anderes Zeugs, welches davon ablenken soll, dass die Geschichte leider so gar nix taugt.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Der Rattenfänger

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01.jpg (40.71 KiB) 382 mal betrachtet
In einer kleinen Stadt leben die Menschen in Überfluss, doch anstatt darüber glücklich zu sein, oder zu teilen herrscht Habgier und Neid unter den Bewohnern. Tagsüber wird am Markt gefeilscht und abends in der Völlerei gesuhlt. Als sich eines Tages Ratten in der Stadt ausbreiten und den Reichtum bedrohen kommt ein Fremder in die Stadt, der verspricht die Ratten zu vertreiben. Mit einer magischen Flöte vertreibt er die Plage aus der Stadt und die Ratten stürzen sich in den Abgrund. Nach getaner Arbeit verweigern die Stadtoberhäupter die Bezahlung schicken den mysteriösen Mann davon – mit fatalen Konsequenzen…

Die Geschichte des Rattenfängers kennt man ja und der tschechoslowakische Regisseur Jiri Barta nimmt die Vorlage um daraus einen düsteren Abgesang auf die Menschheit zu schaffen. Hier geht es um übersteigerten Konsum, Korruption und Völlerei, der die Ratten überhaupt erst auf den Plan ruft. Doch anstatt ihr Verhalten zu überdenken, wird ein Rattenfänger engagiert, dem jedoch nach getaner Arbeit aus Habgier die Bezahlung verweigert wird. Die Geschichte wird hier ja sehr universell erzählt und lässt sich auf vielerlei Weise interpretieren, was Bartas Interpretation sehr interessant macht. Dazu kommt eine sehr extravagante Art und Weise, wie die Geschichte erzählt wird. Die Protagonisten sind fast allesamt aus Holz geschnitzt und wirken sehr grimmig, fast gruselig. Die Settings sind ebenfalls surreal gehalten und Jiri Barta verwendet unterschiedlichste Methoden um seine Figuren auf expressionistische Weise zum Leben zum Erwecken und seine Geschichte zu erzählen. Dazu kommt eine Fantasiesprache, in der die wenigen Dialoge erzählt werden und dennoch ist es kein Problem der Handlung zu folgen. Insgesamt ein Film wie er mit seiner überbordenden Kreativität wohl nur aus der Tschechoslowakei kommen kann und der sich perfekt zwischen Karel Zeman und Jan Svankmajer einfügt. Nur schade, dass diese Werke hierzulande größtenteils nicht verfügbar sind. Diese einmaligen Filme sind es nämlich defintiv wert, entdeckt zu werden.

The Last Theft

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02.png (147.56 KiB) 382 mal betrachtet
Ein Dieb steigt in einer nebligen Nacht in ein Gebäude ein und rasch findet er in den alten Gemäuern Gold und Silber, die er in seine mitgebrachte Tasche steckt. Doch dann sind auf einmal Menschen, die ihn zum Glücksspiel verleiten. Er gewinnt und die Aussicht auf weiteres Geld und der Alkohol vernebeln die Sinne und die Vernunft und am Ende ist es der Dieb, der sein wertvollstes Gut zurücklassen muss…

Grandioser Kurfilm von Jiri Barta, der hier eine hübsche Geschichte über Habgier, den moralischen Verfall unsere Gesellschaft und seinen Verlockungen erzählt. Dabei ist es wieder einmal das „wie“, wie die Geschichte erzählt wird. Barta verfremdet die Farben seines mit Schauspielern gedrehten Streifens und kreiert eine surreale Vintage-Atmosphäre wie aus einem Fiebertraum aus vergangenen Jahrhunderten. Auch der Inhalt lässt sich wieder auf vielseitige Weise interpretieren und natürlich weiß man schon vorher, dass dieser Einbruch wohl kein gutes Ende finden kann. Was am Ende passiert, wird natürlich nicht verraten, nur so viel, dass ich wieder einmal begeistert war. Danach habe ich auch DuRöhre gleich noch „Discjockey“, „Golem“ und „The Vanished World of Gloves“ geguckt, die ebenfalls auf ihre Weise sehr originelle und ungewöhnliche Werke sind und Real- und Trickfilm miteinander kombinieren. Ich hoffe, dass diese Filme irgendwann gesammelt erscheinen.



The Vanished World of Gloves

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03.png (162.07 KiB) 380 mal betrachtet
Ein Baggerfahrer findet bei Grabungsarbeiten auf einer Baustelle eine alte Filmrolle, sowie dutzenden Handschuhe, die im Erdreich vergraben waren. Abends macht er es sich mit Bier und Zigaretten gemütlich und legt die Filmrolle in seinem Projektor und erlebt eine Reise durch Jahrzehnte der Filmkultur, welche trickreich mit Handschuhen inszeniert wurden. Vom Slapstick-Comedy im Stile eines Buster Keaton über eine Hommage von „Der andalusische Hund“ und eine augenzwinkernde Fellini-Episode bis hin zu Science Fiction präsentiert sich die „verschwundene Welt der Handschuhe“ als Füllhorn der Freude für jeden Cineasten.

Noch ein wunderbarer Kurzfilm von Jiri Barta, der sich im Bonusmaterial der koreanischen DVD zu „Krysar“ versteckt hat. Eine Baggerfahrer findet eine Filmrolle, in der mehrere Stilrichtungen der Filmgeschichte mit Handschuhen (!) nachgespielt werden. Von Slapstick, über Bunuel, Fellini bis hin zu Begegnung der dritten Art wird alles humorvoll auf die Hand ähm... den Arm genommen und angesichts der liebevollen Stop-Motion-Inszenierung kann hier auch niemand böse sein. Ganz im Gegenteil, entpuppt sich „The Vanished World of Gloves“ ja als sehr spaßige und augenzwinkernde Sache, die man sich als aufgeschlossener Filmfan auch nicht entgehen lassen sollte. Hier kommt alles zusammen, was den tschechischen Animationsfilm mit seiner beispiellosen Kreativität und Mut zur Nische so besonders macht. Ganz großartig!

Golem



Discjockey

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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Sheitan

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01.jpg (24.97 KiB) 370 mal betrachtet
Bart und seine multikulturellen Freunde werden am Vorabend zu Weihnachten nach einer Prügelei aus einem Club geschmissen und da die Truppe nichts Besseres vor hat, fährt man gemeinsam aufs Land ins Bauernhaus von Eve, die man kurz zuvor im Lokal kennengelernt hat. Schon bei der Ankunft wirkt jedoch vieles seltsam, doch sämtliche Warnsignale werden eher ignoriert und die Truppe lässt auch keine Gelegenheit aus, ihre Ignoranz gegenüber der ländlichen Bevölkerung unter Beweis zu stellen. Als das Verhalten des Verwalters Joseph am Weihnachtsabend jedoch immer verrückter erscheint, will die Truppe flüchten, doch zu diesem Zeitpunkt scheint eine Flucht bereits zu spät.

Wenn man sich bei modernen Horrorfilmen gerne darüber beklagt, dass sich junge Menschen dämlich verhalten und einen völligen Mist verzapfen, sollte man sich von „Sheitan“ wohl tunlichst fernhalten. Die erste Stunde des Streifens besteht ja lediglich aus Halbstarken-Pöbeleien und dämlichen Dialogen, bei der sich jeder halbwegs vernünftige Mensch nur noch an den Kopf greifen kann. Die Geschichte wirkt ja völlig an den Haaren herbeigezogen und präsentiert toxische Männlichkeit und falsche Freundschaften und möchte wohl von Beginn an eine bedrohliche Atmosphäre kreieren, die jedoch darunter leidet, dass hier völlig dämliche Charaktere aufgefahren werden. Am schlimmsten ist dabei Vincent Cassel, der debil durch die Gegend grinst und mit voller Inbrunst seinen Charakter an die Wand fährt. Sowas kommt wohl dabei heraus, wenn eine Gruppe Halbstarker aus der Hip-Hop-Szene in Anlehnung an die französische Terror-Welle einen Horrorfilm drehen möchte und sich vor allem selber extrem gut findet. Herausgekommen ist ein Sammelsurium aus kuriosen Momenten, dass sich über die Befindlichkeiten der Landbevölkerung lustig möchte und dabei eigentlich nur auf tragische Weise seine eigene Ignoranz und Überheblichkeit unter Beweis stellt.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Regression

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01.jpg (22.15 KiB) 360 mal betrachtet
Detective Bruce Kenner ist ein Ermittler mit Hang zum Perfektionismus und wird eines Tages zu einem Fall hinzugezogen, bei dem von Anfang an die Sachlage klar zu sein scheint. Die siebzehnjährige und völlig verstörte Angela beschuldigt ihren Vater des sexuellen Missbrauchs, der sich jedoch an nichts zu erinnern scheint. Gemeinsam mit einem Psychologen, der eine Regressionstherapie anwendet, versucht man die verdrängten Erinnerungen des Vaters wieder wachzurufen, doch der bleibt bei seiner Geschichte, dass er sich an nichts erinnern kann und berichtet plötzlich von Bilderfetzen eines Satanskults, die in seiner Erinnerung auftauchen und der hinter der ganzen Sache stecken soll. Tatsächlich scheint auch mehr hinter der ganzen Sache zu stecken und bald verwirrt sich auch Kenner in einer Welt aus nächtlichen Alpträumen, Verfolgungswahn und bizarrer Riten…

Psychothriller von Alejandro Amenábar, mit einer Geschichte aus den Neunzigern und einer unterkühlten Inszenierung, die auch etwas an Filme wie „Das Schweigen der Lämmer“ erinnert. Dabei kann man sich im Falle von „Regression“ lange Zeit nicht sicher sein, ob es sich dabei um reale Ereignisse handelt, oder der Film in Richtung übernatürlicher Horrorthriller geht. Die Handlung wird auch durchaus interessant erzählt, aber so richtig spannend wird es leider nicht und man hat das Gefühl, dass man auch als Zuschauer in einer Art Erinnerungs-Schnitzeljagd immer nur gerade so viel erfährt, dass die Geschichte auf eher gemächliche, fast schon unaufgeregte Weise weitergeführt werden kann. Die Geschichte bietet allzu viele Klischees, die Figuren bleiben vage gezeichnet und der Ermittler verliert sich meines Erachtens auch etwas zu schnell in einer Welt aus gegenseitigen Verdächtigungen, Paranoia und Satanisten-Verschwörung. Plötzlich scheint alles immer noch größere Dimensionen anzunehmen und getreu aktueller Verschwörungstheorien scheint auch jedes Puzzle zum anderen zu passen. „Regression“ kann man durchaus gucken, aber irgendwie wartet man als Zuschauer auf etwas, was Amenabar dem Zuschauer letzten Endes verwehrt und so bleibt nach 107 Minuten gediegener Thriller-Atmosphäre auch irgendwie ein schaler Nachgeschmack zurück, dass sich in dem Streifen neben tollen Darstellern und solider Inszenierung ausgerechnet das eher flachbrüstige Drehbuch von Alejandro Amenabar als größte Schwachstelle entpuppt.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Open Your Eyes

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01.jpg (7.75 KiB) 351 mal betrachtet
jogiwan hat geschrieben: Di 15. Feb 2011, 07:02 Ziemlich schräges Filmchen des spanischen Regisseurs Alejandro Amenábar, der mich mit seinem Vorgängerfilm "Tesis" ja schon sehr begeistert hat und das einige Jahre später unter dem Namen "Vanilla Sky" nochmals glattgebügelt in die Kinos kam. Das Original ist aber ein richtig guter Mystery-Psychothriller voller Falltüren, bei dem sich der Zuschauer nie sicher sein kann, ob das Gesehene auch tatsächlich real ist, oder nur der Fantasie eines psychisch-gestörten und/oder traumatisierten Menschen entsprungen ist. Für Otto-Mainstream-Zuschauer mag "Open your eyes" vielleicht zu lang, zu verwirrend und zu behäbig erzählt sein, aber ich mag sowas einfach gerne. Genau mein Dings und mit Spanien-Bonus auch gut und gerne: 8,5/10
Nach dem eher mittelprächtigen „Regression“ hatte ich Lust auf Amenabars „Open your Eyes“, den ich ja im Jahr 2011 schon sehr mochte. Auch die erneute Sichtung hat mich nicht enttäuscht und präsentiert den Streifen als vielschichtigen Mystery-Thriller, von dem man sich gerne an der Nase herumführen lässt. Man weiß als Zuschauer ja nie so genau, was real oder lediglich aus den Wünschen und auch Ängsten des Hauptdarstellers entsprungen ist. Penelope Cruz ist hier einfach nur wunderbar und mit ihrem Erscheinen geht auch am Bildschirm die sprichwörtliche Sonne auf, die wenig später jedoch von einem schrecklichen Unfall verdunkelt wird. „Open your Eyes“ spielt mit Sehnsüchten, Erwartungen, Schicksalsschlägen, Schuldgefühlen und bleibt dabei aber bewusst vage und überlässt es dem Zuschauer, wie man die Handlungsstränge zusammenfügen und deuten möchte. Ein wunderbarer Streifen, dessen Remake ich bewusst ausgelassen hab.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Tesis

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01.jpg (21.43 KiB) 344 mal betrachtet
jogiwan hat geschrieben: Mo 20. Mär 2017, 07:31 Wenn man bedenkt, dass Alejandro Amenábar gerade einmal 23 Jahre alt war, als er sein Langfilm-Debüt realisierte und der Streifen mittlerweile auch schon über 20 Jahre auf dem Buckel hat, ist „Tesis“ schon ziemlich beeindruckend geworden. Der Thriller über sogenannte „Snuff“-Filme begleitet die Studentin Angela, die sich für ihre Dissertation wohl nicht ganz uneigennützig das Thema Gewalt in den Medien ausgesucht hat und in einer Mischung aus Abscheu und Neugier ebenfalls der Faszination gefilmter Brutalitäten erliegt. Das kennt wohl jeder hier und Amenábar hält dem Zuschauer auch etwas den Spiegel seiner eigenen Befindlichkeiten vor, in dem er immer wieder mit dessen Erwartungshaltung spielt. In der zweiten Halbzeit rückt die Kritik am „Schneller-höher-weiter“ aber in den Hintergrund und entwickelt sich mehr in Richtung Thriller, der meines Erachtens ebenfalls sehr gut funktioniert. Neben den interessanten und ambivalenten Figuren und der Thematik begeistert „Tesis“ aber vor allem durch seine drei Hauptdarsteller und die nüchterne Art und Weise, wie das Thema angegangen wurde. Vielleicht ist der spanische Thriller aber mit knapp zwei Stunden etwas zu lang ausgefallen und wie üblich wird vom Regisseur auch etwas viel ins Debüt gepackt, aber ich halte „Tesis“ schlicht und ergreifend für einen der besten Filme aus den Neunzigern.
Ich mag "Tesis" ja noch immer sehr und meine aktuellen Eindrücke würde ich wohl wieder so wie die aus dem Jahr 2017 formulieren. Spannendes Thema, ambivalente Figuren und ein durchwegs interessanter Handlungsverlauf, wenn auch einen Ticken zu lange. Die Blu-Ray des deutschen Mediabooks bietet natürlich ein wesentlich besseres Bild als die mäßige DVD-Veröffentlichung, die jahrelang verfügbar war und irgendwann wird vielleicht auch noch das ganze Bonusmaterial gesichtet. Toller Film - großartiges Debüt!
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

La Femme-Objet / Science Fiction Lady

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01.png (171.11 KiB) 333 mal betrachtet
Nicholas ist Autor für Science-Fiction-Romane und süchtig nach Sex, sodass keine Frau sein unbändiges Verlangen auf Dauer stillen kann. Zuerst ist es seine Freundin Sabine, die er mit seiner Gier nach Körperlichkeit überfordert - später ist es seine neu engagierte Sekretärin, die auf Dauer dem sexuellen Appetit des Mannes nicht gewachsen ist. Durch ein Drehbuch zu einem Film entwickelt Nicholas daher die Idee einen Roboter zu erschaffen, der seine sexuellen Gelüste befriedigen soll und so erwacht wenig später Kim zum Leben, die nur darauf programmiert ist, die Lust von Nicholas auf Dauer zu befriedigen…

Unbändige Fleischeslust gepaart mit übermännlicher ähm… übermenschlicher Potenz ist ja ein Problem, dass viele User hier kennen und ebenfalls ihr Eigen nennen. Auch Nicholas will dauernd knattern und findet keine Frau, die ihn dauerhaft befriedigen kann, sodass er sich kurzerhand einen Lustroboter erschafft, der dauerhaft seinem delikaten Problem Abhilfe schaffen soll. Was sich in der Zusammenfassung ja noch spaßig anhört ist in der Praxis aber leider nur ein mäßig unterhaltsamer Erwachsenenfilm, der etwas darunter leidet, dass sich die Geschehnisse ständig wiederholen und der Streifen auf darstellerischer Seite auch wenig Abwechslung bietet. In der zweiten Halbzeit wird es etwas besser, wenn die Geschichte dann leicht in Richtung Frankenstein tendiert und die dauergeile Roboterfrau erschaffen wird. Dazu gibt es spacige Moog-Klänge, einen R2D2 der ständig durchs Bild huscht, jede Menge schickes Interior und J&B-Flaschen soweit das Auge reicht. Auch Marilyn Jess ist eine Augenweide und mit vollen Einsatz als fleischgewordene Männerfantasie dabei, aber so richtig begeistern konnte mich das Werk mit seine stets wiederholenden Nicht-Handlungselementen und Ejkulationen dann leider auch nicht. Die neue Blu-Ray aus französisch-amerikanischer Koproduktion ist aber dennoch super, bietet auch den deutschen (!) Ton und interessantes Bonusmaterial, in dem auch die Stars des Streifens nochmal zu Wort kommen. Unterm Strich ein durchaus kurioser Film für Erwachsene mit losem Sci-Fi-Aufhänger, aber auch nicht der sinnliche Kracher mit Genre-Bezug, den ich mir irgendwie erwartet habe.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Die Möwe Jonathan

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Die junge Möwe Jonathan ist ehrgeizig und sieht nicht ein, dass er ein Leben in seinem Schwarm nach vorgegebenen Regeln leben soll. Viel mehr ist er an waghalsigen und schnellen Flugmanövern interessiert, die die junge Möwe dabei durchaus in Gefahr bringen. Als er deswegen von den Ältesten des Schwarms verstoßen wird, beginnt für Jonathan eine Reise, die in nicht nur an unbekannte Orte, sondern auch in neue Bewusstseinszustände führen wird.

Ich fand den Roman seinerzeit schon furchtbar, aber der Film ist ja noch schlimmer und bringt die gefühlsbetonten und emotionalen Beschreibungen von Flugmanövern und Gefühlszuständen ja auf eine pathetische Art und Weise auf die Leinwand, die weit über ein erträgliches Maß hinausgeht. Die Bilder und die Musik von Neil Diamond würde ich ja noch aushalten, aber was der Streifen an Lebensweisheiten für den Zuschauer bereithält, erinnert an die schlimmsten Motivations- und Sinnsprüche aus dem Fundus banaler Weisheiten, bei denen sich jedem halbwegs abgeklärten Genre-Fan die Zehennägel aufrollen. „Lebe-liebe-lache“ gepaart mit „Sei-du-selbst“ und "versuch-das-Unmögliche" inklusive weiterem verkitschten Bla-Bla das stets völlig aufgesetzt und wenig authentisch wirkt und auf das ich gut und gerne verzichten kann. Dazu Bilder von fliegenden Möwen als Sinnbild für die Sehnsucht nach Freiheit, Individualität und Fernweh und ein esoterisch-verklärtes Finale, der dem Ganzen noch die Krone aufsetzt. Nein, der verklärte Stuss voller Pathos geht ja mal gar nicht und da verbringe ich lieber neunzig Minuten am Zahnarztstuhl, als dass ich noch einmal den sanft vorgetragenen Worten einer gefühlsduseligen Möwe vor den ewig wiederholenden Bildern ferner Sonnenuntergänge lauschen möchte.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Herbstromanze

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Nach dem Tod ihres Mannes hat Christina nicht nur mit wirtschaftlichen Sorgen zu kämpfen, auch ihre hübsche Tochter Veronika ist durch den tragischen Verlust stumm geworden und spricht kein Wort mehr. Im Oktober entfliehen beiden der regnerischen Großstadt um in Oberkirchen ihren Urlaub zu verbringen, wo Benno - Christinas ehemalige Liebe - sich als Gutsherr von Gut Vorwald um das Wohl seiner Gäste kümmert. Das Wiedersehen nach all den Jahren lässt alte Leidenschaften aufleben und auch Veronika findet in der Magd Vera eine Freundin, die sie versteht und beginnt sich anderen Menschen zu öffnen. Doch dunkle Wolken ziehen über die herbstliche Landschaft und das Gut, als sich Bennos unsteter Sohn Reno hinter der jungen Veronika hermacht und der Abschied naht…

Regisseur Jürgen Enz hat mit „Aus dem Tagebuch einer Siebzehnjährigen“ nicht nur den wohl tristesten aller Report-Filme gedreht, sondern auch sein restliches Output mag sich nicht so recht zu den anderen Werken der deutschen Filmlandschaft gesellen. Wo andere Regisseure Lebensfreude, große Gefühle und den Spaß zelebrieren, wirkt das im Falle von Enz immer wie das komplette Gegenteil davon und auch der 1981entstandene Streifen ist da keine Ausnahme. „Herbstromanze“ hat zwar auf den ersten Blick die Zutaten eines herkömmlichen Heimatfilms, wirkt aber angesichts seines Entstehungsjahres völlig aus der Zeit gefallen und in seinen Emotionen völlig steril, steif und unglaubwürdig. Der Heimatfilm bediente in der Nachkriegszeit die Sehnsüchte der Bevölkerung nach Harmonie und großen Gefühlen, doch im Falle von Jürgen Enz wirkt das Gezeigte eher wie ein Blick in den Abgrund, der zuhauf hinter den Figuren zu lauern scheint und das Szenario ist stets so, als könnte dieses jederzeit kippen. Der Reiz an „Herbstromanze“ liegt auch in seiner künstlich wirkenden Enz-Zeit-Stimmung zwischen Gutshof, herbstlichen Erntedank und Liebe im Alter, die sich nicht zu erfüllen scheint und auch stets durch seltsam anmutende Momente wie den theatralischen Sidekick, sexuellen Spannungen und innerfamiliären Konflikten sabotiert wird, die jedoch nie richtig ausformuliert erscheinen. Die Liste an Sonderheiten in dem Werk ließe sich ja beliebig fortführen und mit all seinen Zutaten wirkt „Herbstromanze“ dann auch auf wundersame Weise wie das Gegenteil davon, wie er auf vordergründige Weise dem Zuschauer erscheinen möchte. Statt Harmonie und Realitätsflucht bleibt ein passiv-aggressiver Abgesang auf den deutschen Heimatfilm inklusive seiner Harmonie, ländlichen Idylle und erfüllten Sehnsüchten, dass man aber schon mit eigenen Augen gesehen haben sollte. Ein Film mit durchaus sonderbarer Anziehungskraft - wie geschaffen für sonderbare Menschen wie uns.
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