bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Euer Filmtagebuch, Kommentare zu Filmen, Reviews

Moderator: jogiwan

Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40654
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

Bild
Iron Doors
Ein Mann (Axel Wedekind) wacht ohne Erinnerungen in einem verschlossenen kleinen Tresorraum auf. Bei sich hat er nur einige persönliche Sachen aus seinen Taschen und im Raum befinden sich lediglich ein Spind und eine tote Ratte. Zunächst verdächtigt er seine Freunde, ihm einen Streich zu spielen, aber als ihn Hunger und Durst plagen, schafft er es schließlich, den Spind zu öffnen. Darin findet er sowohl eine Schweißbrennerausrüstung wie auch Hammer und Meißel. Notgedrungen macht er sich daran, sich durch die Seitenwand nach draußen zu meißeln, doch auf der anderen Seite erwartet ihn nicht die Freiheit, sondern ein neuer Raum, in dem eine afrikanische Frau (Rungano Nyoni) in einem Sarg schläft. Da die beiden kein Wort miteinander sprechen können, wird es von nun an erst recht kompliziert...
Was uns Regisseur Stephen Manuel und Hauptdarsteller Axel Wedekind hier als innovativen deutschen Independent-Film zu verkaufen versuchen, ist nichts anderes als ein in zehn Tagen heruntergekurbeltes No-Budget-Kammerspielchen von erschreckend minderer Qualität.

Die Ausgangssituation wurde von anderen Filmen wie z.B. dem ersten „Saw“-Teil geklaut, die Hauptrolle ist ein unsympathischer Sprücheklopfer, gespielt von einem bemühten, aber hölzernen Axel Wedekind, und die Ideen- und Konzeptlosigkeit des Drehbuchs, das außer ein paar Ekelszenen (Urin trinken und Maden essen) nichts zu bieten hat, haarsträubend.

Ich werde jetzt spoilern, aber glaubt mir: Ihr werdet den Film ohnehin nicht sehen wollen. Wedekind erwacht also in einem verriegelten Tresorraum und beginnt, sobald er sich mit der Situation abgefunden hat, mithilfe der gefundenen Utensilien wie Hammer und Meißel und einem Schweißbrenner, sich aus dem Raum zu befreien, stößt zunächst aber lediglich auf einen weiteren Tresorraum, in dem eine nur ihrer Muttersprache mächtige Schwarzafrikanerin in einem Sarg schläft und auch keine Ahnung hat, wie sie in diese Lage gekommen ist. Nachdem man sich vorsichtig beschnuppert hat, beginnt man zusammen, eine weitere Wand mit Hammer und Meißel durchbrechen zu wollen – das ist, um es mit Homer Simpson zu sagen, „laaaaangweilig“. Aus irgendeinem nicht näher erläuterten Grund, wird es plötzlich möglich, die Tresorraumtür zu öffnen, wenn man rückwärts auf sie zugeht. Aha!? Diese führt aber – welch Überraschung – in einen dritten verschlossenen Raum, wo man fleißig in einem Grab herumschaufelt, in einer unglaublich unpassenden, aufgesetzten und zudem völlig unglaubwürdigen Sexszene miteinander pimpert und nach dem Erwachen am nächsten Morgen auch die Tür dieses Raumes öffnen kann, die eine paradiesische Landschaft offenbart. Und Schluss.

Was für ein ärgerlicher, unglaublich idiotischer Schwachsinn! Das einzige, was einen über die Laufzeit des Films halbwegs rettet, ist die Hoffnung, endlich die Hintergründe zu erfahren, das Warum beantwortet zu kommen, den „Sinn“ dieses Films zu begreifen. Und dann wird man mit einem so üblen Unfug abgestraft, in dem man nach Meinung der Filmemacher vermutlich nach einem tieferen Sinn suchen soll, irgendeinem philosophisch-esoterischen Humbug. Bullshit!

„Iron Doors“ wurde von Leuten verbrochen, die augenscheinlich keinen blassen Schimmer von Horrorfilmen oder (Mystery-)Thrillern haben, denen jegliches Verständnis dafür abgeht, was einen guten Film dieser Genres ausmacht. Anders kann ich mir dieses Totalversagen, das aufgrund seiner ausgedehnten Ereignislosigkeit auch nicht unter Trash-Gesichtspunkten funktioniert, nicht erklären.

Zu allem Überfluss wurde dieser Mist auch noch ins hippe 3D-Format konvertiert, was wohl in kaum einem anderen Fall weniger Sinn ergibt als hier. Der 3D-Effekt ist minimalst, welch Wunder bei einem Kammerspiel in engen Räumen… doch ohne diese erhofft werbewirksame Maßnahme würde vermutlich schlichtweg niemand einen Schritt ins Kino wagen.

Mehr als einen Punkt für die grundsätzlich stimmigen Sets, einen für das ansehnliche Äußere der Afrikanerin und einen halben für die leider ins totale Nichts führende Spannung bin ich nicht zu geben bereit. Stattdessen hoffe ich inständig, dass alle an diesem Amateurschrott Beteiligten auf einer schwarzen Liste landen und mich niemals mehr mit ihrem Dilettantismus werden belästigen können.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40654
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

Bild
Der Musterschüler
Der all-american-Boy Todd Bowden (Brad Renfro) entdeckt eines Tages, daß sein Nachbar Arthur Denker (Ian McKellen) in Wirklichkeit der Nazi-Kriegsverbrecher Kurt Dussander ist. Er konfrontiert den alten Mann mit der Wahrheit und bietet ihm einen Deal an. Todd verrät ihn nicht und Denker erzählt ihm Geschichten aus den Konzentrationslagern. Der erpreßte Deal ist gemacht, doch schon bald beeinflußen die Geschichten Todd mehr als ihm lieb ist. Und auch auf den zurückgezogen lebenden Denker hat die Konfrontation mit der Nazi-Vergangenheit eine unheilvoll aufbauende Wirkung. Als Todd in der Schule abbaut, verschiebt sich bald das Gleichgewicht in der unheilvollen Beziehung...
Stephens Kings Novelle „Der Musterschüler“ ist einerseits eine Abhandlung über die Faszination des Bösen, andererseits ein erdachtes, exemplarisches Beispiel dafür, wie es in Form nazistischer Ideologie auch in ein Musterbeispiel eines liberalen Mittelschichthaushalts Einzug halten kann und damit nicht nur ein unterhaltsamer Schmöker, sondern auch ein intelligenter, wenn auch ultraharter, schwer verdaulicher Beitrag zu einer oftmals auf das Prekariat/Proletariat beschränkten Debatte. Der in einer heilen Welt wohlbehütet aufgewachsene, aufgeweckte und intelligente Teenager Todd deckt die Schutzidentität eines alten SS-Schergen in seiner Nachbarschaft auf und erpresst ihn. Er möchte aus erster Hand erfahren, wie sich die damaligen Gräueltaten exakt abgespielt haben, entwickelt eine ab einem gewissen Wendepunkt von gegenseitigen Abhängigkeiten geprägte, bizarre Freundschaft zu Dussander alias Denker, wie er sich in seinem US-amerikanischen Kleinstadt-Exil nennt, und verknüpft die menschenverachtende NS-Ideologie mit den ihm von Elternhaus und Schule vermittelten Vorstellungen eines gesellschaftlich verträglichen Daseins, was sich schließlich im Hass gegen „unwertes Leben“ entlädt.

„X-Men“-Regisseur Bryan Singer verfilmte diesen Stoff 1998 in an das US-Mainstream-Kino angelehnter Form, was in diesem Falle einerseits gute schauspielerische Leistungen - insbesondere von Ian McKellen als ehemaligem SS-Offizier Dussander -, eine professionelle, dynamische Kameraarbeit und eine fast durchgehend stimmige, unbehagliche Atmosphäre in einer äußerlich intakten, lebenswerten Kleinstadt, unter deren Oberfläche es brodelt, bedeutet, andererseits aber neben der King-Verfilmung-typischen und notwendigen Abstraktion des komplexen, von inneren Monologen und ausführlichen Beschreibungen der Gefühlswelt seiner Protagonisten bestimmten Stoffs eine zunächst scheinbar starke Abschwächung der ursprünglichen Brisanz zugunsten leichterer Konsumierbarkeit durch eine breit gefächerte Zielgruppe nach sich zieht.

So wurde die Geschichte insofern abgewandelt, als es – um es auf den Punkt zu bringen – wesentlich weniger Tote und sonstige Gewaltexzesse gibt. Im Vordergrund stehen stattdessen die mit der Rezeptur eines Psychothrillers dargereichten rhetorischen Duelle zwischen Todd und Dussander, mit denen eine angespannte, aufgeladene Stimmung einhergeht und die den Film interessant machen. Dennoch bleibt Todds Entwicklung in Novellenform tiefgründiger und dadurch nachvollziehbarer, insbesondere im Zusammenhang mit den dort näher beschriebenen Hintergründen, die Todds grundsätzliches Interesse für die Thematik wecken. Daher läuft der Film bisweilen Gefahr, eine zu starke Distanz zum Zuschauer zu wahren, statt ihn in die komplizierte Gefühlswelt eines beeinflussbaren Heranwachsenden mitzunehmen. Doch mit seinem neu geschriebenen Ende, das – Achtung, Spoiler! – Todd ungeschoren davonkommen und fortan mit seiner Lüge, seiner im wahrsten Sinne des Wortes „Leiche im Keller“ wie zuvor Dussander weiterleben lässt, spielt das Drehbuch sein lange verborgen gehaltenes As aus dem Ärmel und verzichtet somit geschickt sowohl auf ein „Happy End“ als auf eine gewissermaßen reinigende Eskalation, die das „Problem“ verlustreich, aber nachhaltig aus der Kleinstadtidylle schaffen würde. Das verleiht „Der Musterschüler“ eine wirkungsvolle, zusätzliche Ebene, die evtl. gar ein flaueres Gefühl in der Magengegend des Zuschauers zurücklässt als Kings niedergeschriebene Fassung.

Fazit: Eine unterm Strich gelungene Verfilmung einer ungewöhnlichen King-Vorlage. Nicht der ganz große Hit, aber immerhin mit einem konstanten Spannungsbogen, gewahrten Niveau und durchdachten Konzept versehen.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40654
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

Bild
Addio Onkel Tom
Regisseur Gualtiero Jacopetti und sein Filmteam versetzen sich in "Addio Onkel Tom" zurück in die Vereinigten Staaten des 19. Jahrhunderts. In pseudo-realen Bildern dokumentieren sie den Handel mit schwarzen Sklaven und deren unmenschliche Behandlung durch die weißen "Master".
„Neger fühlen doch nichts!“

Es fällt mir schwer, etwas über diesen Film zu schreiben. Ich habe trotzdem mal versucht, meine wirren Gedanken halbwegs geordnet auf virtuelles Papier zu bringen:

Gualtiero Jacopetti und Franco Prosperi, die Begründer des „Mondo-Films“, jener italienischen reißerischen Pseudodokumentationen, die in etwas abgewandelter Form durch TV-Formate wie „Explosiv – Das Magazin“ und Konsorten unlängst Einzug in den hiesigen TV-Alltag und damit aktuelle Sehgewohnheiten gehalten haben und heute niemanden mehr hinterm Ofen vorlocken, drehten nach einem mir unbekannten, aber anscheinend ultraharten, ihnen Rassismus-Vorwürfe eingebracht habenden Mondo über den schwarzen Kontinent namens „Africa Addio“ 1971 den Film „Addio Onkel Tom“, der sich mit den US-amerikanischen Rassenkonflikten zwischen Schwarz und Weiß auseinandersetzt und sich auf Ursprungssuche begibt. Neben einer Kinofassung existiert ein längerer, sich erheblich unterscheidender Director’s Cut, auf den ich mich beziehe.

Ungewöhnlich erscheint bereits das Konzept: Anstatt mit Aufnahmen aus der Realität zu arbeiten oder dieses zumindest vorzugeben, wird „Addio Onkel Tom“ nach einem Prolog über die Rassenunruhen nach der Ermordung des schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King zu einem Spielfilm, innerhalb dessen die beiden Filmemacher sich selbst spielen, wie sie in der Vergangenheit zu Zeiten der Sklaverei als Reporter einen Dokumentarfilm über die Thematik drehen. Und was der Film ab diesem Zeitpunkt abbrennt, ist ein riesiges Feuerwerk rassistischster und menschenverachtendster Episoden, die mithilfe hunderter farbiger Statisten und Nebendarsteller die damaligen Vorgänge widerspiegeln wollen – inkl. zahlreicher Interviews mit den weißen „Mastern“. Doch das wirklich Besondere dabei ist, dass Jacopetti und Prosperi sich dafür der Stilmittel des Exploitationfilms bedienen, also reichlich Gewalt, Sex/Sleaze usw. in Nahaufnahmen zelebrieren und das Ganze dank ihres handwerklichen wie künstlerischen Geschicks mit einer beachtlichen, ganz wunderbaren Kameraarbeit veredeln und mit einen traumhaften Soundtrack von Riz Ortolani, einer der sichersten Bänke für gelungene Italo-Scores, unterlegt wird.

Vom Mainstream, einem vorgefilterten kulturellen Programm und allgemeiner, heuchlerischer Doppelmoral konditionierte Zuschauer mögen daraus ableiten, dass es sich um einen an niedere instinktive appellierenden, spekulativen Unterhaltungsfilm handelt und das mit Sicherheit empörend und verwerflich finden, doch lohnt es sich, genauer hinzusehen. „Addio Onkel Tom“ lässt zwar die Grenzen zwischen Fiktion und Realität verschwimmen, nimmt aber Bezug auf zahlreiche überlieferte tatsächliche Ereignisse und Personen – unverblümt und offensiv. „Addio Onkel Tom“ zeigt, wie man den afrikanischen Ureinwohnern das Menschsein abgesprochen und sie wie Vieh behandelt hat, und zwar auf eine Weise, wie es jeder Zuschauer versteht. Das Gezeigte wird dabei teilweise so sehr überzeichnet, dass es schon wie eine Karikatur wirkt, es gibt auch durchaus humorvolle Momente, doch liegt über allem ein wahnsinniger, bitterer Zynismus; fast so, als wäre es den Filmemachern nach ihren Recherchen unmöglich gewesen, eine andere Herangehensweise zu wählen, als wäre ein anderer Umgang mit der Thematik als ihr nicht gerecht werdend empfunden worden. „Addio Onkel Tom“ hat also etwas zu sagen und tut das, indem er den Zuschauer in eine ohnmächtige, ungläubige, voyeuristische Haltung zwingt und ihm seine Erkenntnisse ohne Rücksicht auf Verluste und losgelöst von ethisch-moralischen Bedenken um die Ohren haut, bis dieser kapituliert und in einer Mischung aus Abscheu und Faszination alles über sich ergehen lässt.

Im Epilog wird der Bogen wieder zum Prolog gespannt, der Kreis schließt sich und man befindet sich wieder in der damaligen Gegenwart bzw. die beiden Epochen verschmelzen miteinander. Man setzt die Verbrechen der Sklaverei in Kontext mit der Gegenwart, was in einem pessimistischen, ernüchternden Ende gipfelt.

Fazit: Eine so von mir zuvor noch nie vernommene Herangehensweise an ein Thema, das zu den Tiefpunkten moderner menschlicher Zivilisation gehört. Ein in jeder Hinsicht außergewöhnliches Filmerlebnis, über das sich am besten jeder Interessierte seine eigene Meinung bildet, sich dafür aber zunächst diverser moralischer Scheuklappen entledigen sollte. Dass auch waschechte Rassisten ihre Freude an diesem Film haben könnten, „Addio Onkel Tom“ für diese Klientel als Unterhaltungsfilm funktionieren könnte, hinterlässt aber einen faden Nachgeschmack.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40654
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

Bild
9 Songs
Bei einem Konzert in London treffen sich der Klimaforscher Matt (Kieran O’Brien) und die Austauschschülerin Lisa (Margot Stilley), die in wenigen Monaten zurück nach Amerika muss. Dennoch beginnen die beiden eine Beziehung und machen alles zusammen - Konzerte besuchen, Filme gucken, Musik hören, Sex haben. Doch der Gedanke, dass ihre Liebe bald durch den Rückflug von Lisa zu Ende geht, wird immer stärker...
„9 Songs“ vom britischen Regisseur Michael Winterbottom, der in diesem Falle auch als Produzent und Drehbuchautor in Erscheinung trat, ist einer dieser Filme, die mit expliziten, nicht geschauspielerten Sexszenen arbeiten, ohne sich dabei zur Pornographie zu zählen. Das finde ich grundsätzlich nicht uninteressant; hin und wieder bin ich dann doch neugierig, ob ein unaufgeregter, selbstverständlicher, natürlicher Umgang mit echter Sexualität im Medium Film funktioniert. Bei „Baise-moi“ hat es meines Erachtens ebenso wenig hingehauen wie beim noch fürchterlicheren „The Band“, insofern war ich auf alles gefasst – und wurde positiv überrascht.

„9 Songs“ erzählt die Geschichte einer kurzen, leidenschaftlichen Beziehung zwischen Klimaforscher Matt und Austauschschülerin Lisa aus der Retrospektive. Matt erinnert sich an das Kennenlernen auf einem Rockkonzert, an den Sex und an Auszüge aus dem Alltag, während er sich auf einer Antarktis-Expedition befindet. Gestreckt wird die recht reduzierte Handlung mit insgesamt neun Livesongs verschiedener Indie-Rockbands, bei denen sich Matt und Lisa im Publikum befinden. Trotzdem bringt es „9 Songs“ auf insgesamt lediglich 69 Minuten Spieldauer.

Viele der Koitus-Szenen wurden so angelegt, dass sie durchaus auch gespielt hätten sein können, es gibt keine Close-ups o.ä., wie es in Pornofilmen üblich wäre. Wirklich explizit wird es aber beispielsweise bei einer Oralverkehrszene inkl. Samenerguss des Mannes. Durch den völligen Verzicht auf Porno-Overacting strahlen diese Momente im Kontext zur Geschichte tatsächlich so etwas wie Erotik aus, wirken unverkrampft und auf ihre Art stilvoll. Das beste an „9 Songs“ ist aber, dass es in der kurzen dafür übrig gebliebenen Zeit gelungen ist, eine irgendwie düstere, melancholisch-romantische Atmosphäre zu erzeugen, eine Art Wehmut beizumischen. Denn: Während die schnippische, lebenslustige, bisweilen launische Lisa Matt in erster Linie „konsumiert“, hat sich dieser in Lisa verliebt, muss sich im Nachhinein aber eingestehen, dass er nur eine Zwischenstation auf Lisas Lebensweg war, die mitnichten eine gemeinsame Zukunft geplant hat, sondern nach einem Jahr zurück in ihre Heimat ging. Das besondere Knistern, das in dieser Sorte von Beziehung liegt, die Stimmung, die sie erzeugt, wurde gut eingefangen, leise, ohne viel Dramatik oder Krawall. Vielleicht kann das nur nachvollziehen, wer selbst ähnliches erlebt hat, vielleicht wird „9 Songs“ durch seine offene Ausrichtung bei gleichzeitigem Minimalismus der Handlung auch von jedem anders aufgenommen. Mich jedenfalls hat dieser Film, auch aufgrund seiner erfrischend unprätentiösen Schauspieler mit ihrer natürlichen Ausstrahlung, denen man ihre Rollen abnimmt, auch über den Erotikfaktor hinaus angesprochen und mich angenehm unterhalten. Ein interessantes, kleines Filmchen.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40654
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

Bild
Hand of Death Part 25 - Jackson's Back
Gleich zu Anfang des Films metzelt sich Jackson, der aus den USA wieder nach England zurückgekehrt ist, als er gemerkt hat, daß der Job als Camp Aufseher doch nicht so das ist was er sich vorgestellt hat, durch eine Partygemeinschaft. Auf dieser Party lernt Jackson eine blinde Frau kennen, die dort auf ein "Blind- Date" gewartet hat. Diese blinde Frau ist der Meinung, daß Jackson dieses Blind- Date verkörpert, und zeigt sich ihm gegenüber sehr vertrauensvoll. Sie verliebt sich in ihn und ist auf dem besten Weg, aus Jackson einen anderen Menschen zu machen. Es sieht auch alles danach aus, als würde aus Jackson ein normaler Mensch werden, doch plötzlich kehrt sein Drang zu töten zurück.
Dem Amateur- bzw. Lowest-Budget-Bereich entstammt das Debüt des britischen Regisseurs Anders Palm, eine Parodie der „Freitag, der 13.“-Slasherreihe namens „Hand of Death Part 25 – Jackson’s Back“ aus dem Jahre 1988. Das „Part 25“ ist natürlich Quatsch und ein satirischer Seitenhieb auf den Fortsetzungswahn erfolgreicher Schlitzerfilme.

Was zunächst wie ein bemüht lustiges Slasherfilmchen mit zwar harten, aber mittelprächtig umgesetzten Spezialeffekten beginnt, entpuppt sich recht bald als aberwitzige Persiflage des Jason-Vorhees-Charakters, der hier Jackson heißt, gerade aus den USA nach England gekommen ist und ebenfalls mit einer Eishockey-Maske sein entstelltes Antlitz verdeckt. Dieser hat während seiner letzten Metzelorgie nämlich die blinde Shelly kennengelernt, die ihn mit ihrem „Blind Date“ verwechselte. Überrascht von ihrer sorglosen, offenherzigen Reaktion auf seine Person lässt er sie am Leben, die beiden verlieben sich ineinander und versuchen, den Alltag gemeinsam zu meistern. Jackson will dafür seine Tätigkeit als Serienkiller einstellen, doch das ist einfacher gesagt als getan…

Wer schon immer einmal mehr über die familiären Hintergründe eines Jasons bzw. Jacksons erfahren und ihn dabei beobachten wollte, wie er englische Literaturklassiker zitiert, sich notgedrungen an S/M-Sexualpraktiken mit seiner Partnerin versucht und ein neues Leben anzufangen versucht, ist hier an der richtigen Adresse. „Hand of Death“ ist gespickt mit absurder Tragi- und Situationskomik und die Hauptdarsteller meistern ihre Sache absolut passabel. Klar ist aber auch, dass letztlich doch alles vergebens ist und so mündet die amüsante, dramaturgisch aber über die eine oder andere Länge stolpernde Romanze mit einem Massaker voll übertriebener Härte, deren blutige Effekte auch dem einen oder anderen parodierten Film gut zu Gesicht gestanden hätten. Doch damit nicht genug – davon ausgehend, dass Jacksons Untaten stets von Hollywood zu Horrorfilmen verwurstet werden, eben jener „Hand of Death“-Reihe, überzeugt der Film mit einer genialen, irgendwie surrealen Schlusspointe.

Fazit: Augenscheinlich kein professioneller Spielfilm, sondern ein Fan-Projekt, das seine Vorbilder augenzwinkernd und charmant parodiert und sich dabei an zur Selbstironie fähige Genrefreunde richtet, die mit einem amtlichen Härtegrad belohnt werden. Auch Fans diverser Troma-Werke dürften hieran ihre Freude haben. Nichtsdestotrotz wurde der gern übersehene Subtext der „Freitag, der 13.“-Filme, in denen sich ein gesellschaftlich Ausgestoßener grausam rächt, auch insofern in diese Persiflage herübergerettet, als eine Frau durch ihre Sehbehinderung in der Lage ist, sich vorurteilsfrei der Hauptfigur zu nähern und Liebenswertes in ihr entdeckt. Prädikat: Pädagogisch wertvoll! (Ähem…)
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40654
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

Bild
Cameron
Der zehnjährige Cameron wird von seinem Vater für parapsychologische Experimente mißbraucht. Das schreckliche Ergebnis: Cameron verhilft einem uralten Dämon zu neuem Leben. Der will die Welt beherrschen und tötet jeden, der ihm in die Quere kommt.
Wenn ich das Œuvre von Regisseur Armand Mastroianni grob überfliege, scheint es sich bei dem Mann eher um einen Viel- und Billigfilmer zu handeln. Mit dem Horrorfilm „Cameron“ aus dem Jahre 1988, der in britisch-amerikanischer Koproduktion entstand, ist ihm aber ein sehenswerter Genrefilm gelungen; typisches 80er-Videothekenfutter, das es auch gerne mal ins RTL-Nachtprogramm geschafft und für das es sich gelohnt hat, als Kiddie den elterlichen Videorekorder zu programmieren - sofern man seine Freude an ernst gemeinten, unironischen Dämonenfilmen aus den guten alten 80ern hat, die eine geheimnisvolle Geschichte und ordentliche, handgemachte Spezialeffekte mit einem gewisse Härtegrad zu bieten haben und mit dazu beitrugen, rückblickend jenes Jahrzehnt zu einem vielleicht nicht sonderlich innovativen, aber was Genreproduktionen betrifft doch recht konstant qualitätsversprechenden zu machen.

So greift „Cameron“ vordergründig zunächst kindliche Ängste vor Monstern im Wandschrank auf, um jedoch im weiteren Verlauf zahlreiche weitere Inspirationen aus dem Horror-Bereich aufzunehmen und zu verarbeiten. Ein telekinetisch begabtes Kind (Cameron, passabel gemimt von Scott Curtis), ein von seinen Erinnerungen verfolgter Sergeant Sam Taliaferro (gut: Cotter Smith), Parapsychologie, Okkultismus, Dämonen, Zombie-ähnliche Gestalten, Erscheinungen, Traumsequenzen und abwechslungsreiche Tötungsszenen. Wie das alles zusammenpasst, wird nicht 100%ig vom Drehbuch aufgeklärt, was jedoch nicht zu für den Filmgenuss tödlicher Konfusität und Beliebigkeit führt, sondern eine gemütliche mystisch-geheimnisvolle Aura und damit für Zuschauer wie mich, die mit derartigen Filmen aufgewachsen sind, herrliche Grusel-Wohlfühl-Atmosphäre erzeugt.

Die Subplots um die getrennt lebenden Eltern, die psychologische Ebene des Charakters Sam Taliaferro etc. erweitern die Handlung im interessante Aspekte; eine simple, aber eingängige, leicht melancholische Melodie als Soundtrack setzt sich im Gedächtnis fest und besitzt einen hohen Wiedererkennungswert und das Niveau des Films wird konstant gehalten, vielleicht abgesehen vom Ende, wo die Effekte dann doch einen eher trashigen Charme versprühen. Die Kameraarbeit hingegen hat nichts Besonderes zu bieten, künstlerische Ambitionen hatte man in dieser Hinsicht nicht.

Sicherlich, man sieht „Cameron“ sein Alter deutlich an, zu einem zeitlosen Klassiker fehlt ihm noch so einiges, trotzdem ist mein gut gehüteter TV-Mitschnitt immer wieder gern in meinem Videorekorder gewandert und ich bin glücklich, dass nach der indiskutablen, verstümmelten „New KSM/WGF“-Fassung endlich eine vernünftige, vollständige DVD-Ausgabe dieser kleinen Perle von cmv vorliegt.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40654
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

Bild
Der Pate – Teil II
Michael Corleone (Al Pacino) ist jetzt der Pate seiner Familie und führt diese Aufgabe mit der nötigen Gnadenlosigkeit aus. Als er in Las Vegas und auf Kuba expandieren will, weil ihm die alten Geschäftsideen nichts mehr einbringen, treten Schwierigkeiten auf. Um diese zu klären, veranlaßt Michael eine große Säuberungsaktion, die auch vor den Familienmitgliedern nicht halt macht. In einer Parallelhandlung erfährt man die Geschichte seines Vaters Vito (Robert de Niro) von der Einwanderung bis zu seinem Aufstieg als Pate.
Zwei Jahre nach Teil I des populären Mafia-Epos von US-Regisseur Francis Ford Coppola erschien 1974 die Fortsetzung „Der Pate – Teil II“, erneut nach Literaturvorlage Mario Puzos, der zusammen mit Coppola das Drehbuch verfasste. Empfand ich Teil I zwar als sehr guten, wenn auch vielleicht ein klein wenig überbewerteten Film, hat es mit Sichtung der Fortsetzung, die wohl eine der besten der Filmgeschichte sein dürfte, endgültig „Klick“ gemacht und auch ich bin hoffnungslos der Faszination der von Coppola/Puzo, ihrem Team und ihren Schauspielern erschaffenen Leinwandwelt erlegen.

Damit dürfte ich also zu der Fraktion gehören, die in der Fortsetzung noch einmal einen Qualitätssprung gegenüber Teil I erkennen, in dem Marlon Brando als alternder Don Vito Corleone glänzte. Einen Brando gibt es hier nicht mehr, im Mittelpunkt der Handlung steht nun dessen Filmsohn Michael Corleone (Al Pacino), nach Don Vitos Ableben der neue „Don“, das Oberhaupt der sizilianischstämmigen Mafia-Familie Corleono, die ihre Einnahmen in erster Linie durch die Vormachtsstellung in der Glücksspielbranche bestreitet. Der in Teil I noch Mafia-skeptische Michael hat sich mit seiner Rolle arrangiert und scheint in ihr seine Erfüllung zu finden. Doch der Verteilungskampf tobt auch unter Mafiosi und so ist sein Job kein leichter, denn als er expandieren will, kommt es zu den üblichen Intrigen, zu Verrat, zu Gewalt und Mord – und unversehens findet er sich sogar vor Gericht wieder, während sein Misstrauen vor seiner eigenen Familie nicht halt macht und die Ehe mit seiner Frau Kay (Diane Keaton) den Bach heruntergeht.

In regelmäßigen Rückblenden wird zudem die Geschichte von Michaels Vater, Vito Corleone erzählt, angefangen beim Mord an seiner Mutter über seine Versuche, als junger Erwachsener in New York Fuß zu fassen bis hin zum Beginn seiner Mafiakarriere. Gespielt wird der junge Vito Corleone von Robert De Niro.

Die Konsequenz, beide Handlungsstränge aus der Literaturvorlage für den Film zu übernehmen, funktioniert prächtig und ist vermutlich der Hauptgarant dafür, dass trotz über 190-minütiger Spielzeit zu keiner Sekunde Langeweile aufkommt. Entschieden dazu bei tragen aber auch die grandiosen Schauspieler, allen voran Al Pacino, der seine Rolle als Michael Corleone, der eine charakterliche Entwicklung bis hin zum verbitterten, versteinerten Machtmenschen durchlebt, schlicht perfekt verkörpert. Eine schauspielerische Glanzleistung, wie sie ihresgleichen sucht. Doch „Der Pate – Teil II“ verfügt über eine geradezu verschwenderisch anmutende Auswahl an Schauspielgenies und lässt mit Robert De Niro einen ebenso begeisternden Mimen auf die Zuschauer los. Beide verstehen es in höchstem Maße, der Ambivalenz ihrer Charaktere Ausdruck zu verleihen, ohne jede Übertreibung, besonders im Falle Pacinos sogar eher gegenteilig durch Reduzierung auf eine durch Mark und Bein gehende Mimik. Auch sämtliche Nebenrollen scheinen bis ins Detail hochkarätig und mit viel Feingefühl besetzt und umgesetzt worden zu sein. Eine Idealisierung der Mafia kann man dem Film durch seine Charakterzeichnung nun auch beim besten Willen nicht mehr vorwerfen, denn der persönliche moralische Verfall Michael Corleones ist trotz seiner Subtilität unübersehbar und das Hauptaugenmerk der komplexen, aber trotzdem bereits bei seiner Erstsichtung leichter als noch in Teil I konsumierbaren Handlung. Auch die häufigeren Konfrontationen mit der Welt außerhalb des Mafia-Paralleluniversums, allen voran die aufschlussreichen Szenen der Gerichtsverhandlungen, erhöhen den Realismus und wirken eher entglorifizierend, als dass das Gegenteil der Fall wäre. Die Authentizität der Drehorte und Kulissen, ob nun in Sizilien und New York in unterschiedlichen Epochen, auf Kuba oder in Las Vegas lässt auch diese Fortsetzung absolut zeitlos erscheinen, lediglich der Mut zum ruhigen Erzähltempo und natürlich das Alter ihrer Schauspieler geben Hinweise auf die Entstehungszeit. In gedeckte Farben (in Michael Corleones Zeitebene) bzw. ein farbenfroheres, die Aufbrauchstimmung unterstützendes Ambiente (in den Rückblenden) getauchte Bilder schaffen in Kombination mit der ruhigen, episch-melancholischen Filmmusik von Nino Rota und Carmine Coppola eine den Zuschauer einnehmende Atmosphäre, die ihn in ihren Bann zieht und auch nach dem desillusionierenden, symbolträchtigen „Magic Moment“, der Michael Corleones konsequent zu Ende geführte Selbstaufgabe zeigt, nicht so schnell wieder entlässt.

Das macht „Der Pate – Teil II“ meines Erachtens noch wertvoller als Teil I und zu einem der besten Filme aller Zeiten. Gut drei Stunden Zeit, die sich jeder Filmfreund wenigstens einmal genommen haben sollte.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40654
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

Bild
Der Pate – Teil III
New York im Herbst 1979. Der Pate Michael Corleone hat seine Casinos in Las Vegas abgestoßen und sich in die Bank des Vatikan eingekauft. Aber das Milliardengeschäft droht zu platzen. Hinter den Kulissen des Petersdoms wird ein teuflisches Komplott eingefädelt - der Corleone-Clan kämpft mit allen Mitteln ums Überleben...
16 Jahre nach „Der Pate – Teil II“ wurde US-Regisseur Francis Ford Coppola wortbrüchig und machte entgegen vorausgegangener Aussagen sein Mafia-Epos zu einer Trilogie. Das Drehbuch entwickelte er erneut zusammen mit Mario Puzo, von dem die Literaturvorlage stammt.

Zunächst einmal stellt sich die Frage nach dem Sinn dieser Fortsetzung: Will man wirklich einen Al Pacino als alternden, gesundheitlich angeschlagenen, mit sich und der Welt hadernden Paten, der der Mafia abschwören will, sehen? Einen, der seine Sünden beichtet?

Wie auch immer die Antwort auf diese Frage ausfällt, ein schlechter Film ist „Der Pate – Teil III“ sicher nicht. Die Verwicklungen von Vatikan und Mafia, bezugnehmend auf die Theorien zum Tod Papst Johannes Paul des I., eingebettet in das Epos um die Mafia-Familie Corleone, ist grundsätzlich spannender Stoff. Jedoch wäre das offene Ende des zweiten Teils ein wesentlich wirkungsvollerer Abschluss gewesen, als Al Pacino als geläuterten Paten zu präsentieren, der durch ein Geschäft mit der Vatikan-Bank die Halbwelt endgültig hinter sich lassen möchte. Das wirkt bisweilen fast wie eine nachträgliche Entschuldigung für die spezielle Härte des Vorgängers, ein Kuschelkurs mit den Sehgewohnheiten des Mainstream-Zuschauers. „Der Pate – Teil III“ wirkt zudem mehr wie ein Wirtschaftsthriller, wie typisches, modernes Big-Budget-Kino, dem zwar eine gewagte Thematik zugrunde liegt, dem es aber an dem besonderen Charme der ersten beiden Teile aus den 1970er-Jahren mangelt.

Dennoch hat man die Handlung auf rund 160 Minuten aufgebläht, was dem natürlich entgegensteht und letztlich dazu führt, dass ich erstmals Längen ausmache, ein unausgewogenes Timing, Schwierigkeiten in der Dramaturgie. Gilt Teil II als eine der besten Fortsetzungen, die bisher über die Kinoleinwände flimmern durften, hat Teil III mit den typischen Schwierigkeiten erzwungen wirkender Sequels zu kämpfen. So wird beispielsweise mit Vincent Corleone ein unehelicher Sohn Sonnys eingeführt, von dem vorher nie die Rede war. Diesem wird ein gewichtige Rolle zuteil, wird er doch zähneknirschend von Michael Corleone zum neuen „Don“ ernannt. Andy Garcia versteht es aber leider nicht, seiner Figur einen Ausdruck, eine Tiefe zu verleihen, wie es zuvor den unnachahmlichen Brando, Pacino und De Niro gelang. Aber wer hätte das auch ernsthaft erwartet? Zwar wird selbstverständlich viel Bezug auf die Ereignisse speziell aus Teil II genommen, jedoch meist um den Film um eine rührselige Komponente zu erweitern, ohne die die anderen Teile ganz vorzüglich auskamen. Es geht um die Beziehung Michaels zu seiner Ex-Frau, es geht um die Beziehung seiner Tochter zu Vincent, es geht um Michaels Sohn, der lieber Opernsänger werden möchte (und wird), statt zu studieren... usw. Ächz. Das ist mir einfach zuviel, zu dick aufgetragen und vor allem im Rahmen eines „Der Pate“-Films irgendwie unpassend. All das trägt aber enorm dazu bei, den Film zu strecken, als versuche man, dadurch das Epische zu bewahren – was nicht gelingt, zumindest in der nicht gewohnten Qualität. Der interessante, „Der Pate – Teil III“ zu einem Polit- bzw. Wirtschaftsthriller machende Part wird verwässert, etwas großes Ganzes, etwas Bombastisches, Wegweisendes vermag nicht zu entstehen. Trotz aller technischen Finessen und einem zwar bei Weitem nicht mehr so faszinierenden wie in Teil II, aber schauspielerisch dennoch erhabenen Pacino bleibt die Glaubwürdigkeit irgendwie auf der Strecke, was in einem zwar erschütternden, aber doch arg konstruierten, melodramatischen Ende gipfelt.

Fazit: Überladenes Hollywood-Kino, dessen Verquickung von der Geschichte eines büßenden, um Versöhnlichkeit bemühten Mannes, dem es einfach nicht gelingt, das, was sein bisheriges Leben ausgemacht hat, hinter sich zu lassen und dem kritischen Blick auf mutmaßliche Mafia-Verstrickungen des Vatikans, also die Aufhebung der Grenzen zwischen dem gemeinhin als böse Charakterisierten und der möchtegern-göttlichen, -moralischen Instanz, der Millionen Verirrte blind vertrauen, nicht so recht harmonieren will. Was bleibt, ist ein interessanter, recht guter Film mit vielen starken Einzelszenen, der aber die durch die Vorgänger sehr hoch gelegte Messlatte nicht erreicht und als Trilogie-Abschluss zwar ok, aber irgendwie unbefriedigend wirkt.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40654
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

Bild
Tödliche Nebel
Im 21.Jahrhundert wird das Sonnensystem von Aliens angegriffen, die in Wolken- oder Lichtform auftreten und die Raumstationen der Erde entführen und ihre Besatzungen foltern oder töten. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie den Heimatplaneten der Menschen erreichen. Commander Mike Halstead (Tony Russel) und seine Crew tritt gegen sie an...
„Spaß muss sein, sonst geht keiner zur Beerdigung!“

Betrunken im Weltenraum

Das wäre evtl. ein passender Subtitel für Italo-Regisseur Antonio Margheritis unter dem Pseudonym „Antony Dawson“ gefilmtes Sci-Fi-Trash-Abenteuer aus dem Jahre 1965, denn nicht nur an Silvester in einer Raumstation wird gepichelt (und futuristisch getanzt...), sondern auch zwischendurch immer mal wieder gern, was in einer von mehreren Füllszenen zu geistig vernebeltem Herumgealbere im freien Raum an deutlich sichtbaren Fäden führt. Doch eigentlich geht es im zweiten Film aus Margheritis vierteiliger „Gamma 1“-Science-Fiction-Reihe um außerirdische Lebensformen, die in Gestalt des tödlichen Nebels des Grauens (huch?) Besitz über Menschen erlangen, die fortan irgendwie tuntig aussehen und im Dienste der Aliens die Menschheit zu unterjochen versuchen, indem sie sie zu emotionslosen Wesen machen. Oder so ähnlich jedenfalls.

Das erinnert natürlich nicht von ungefähr an sog. Paranoia-Kino der 50er und 60er, als außerirdische Invasoren mal mehr, mal weniger deutlich als Metaphern für drohende kommunistische Unterwanderungsversuche herhalten mussten. Jedoch ist Magheritis Film mehr ein müder Abklatsch davon, vermischt mit den typischen Weltraumabenteuern der damaligen, diesbzgl. recht naiven und dadurch heutzutage oftmals unfreiwillig komischen Zeit.

Doch „Tödliche Nebel“ ist regt die Lachmuskeln noch aus weiteren Gründen an, so z.B. das Verhalten der Besatzungen, die Frauen auch schon mal zu deren eigenen Sicherheit ohnmächtig schlagen, ihre häufig daneben liegenden Dialoge, ihre Miniaturflammenwerfer, mit denen sie gegen den Nebel in Ermangelung von Laserwaffen (oder Dunstabzugshauben) oder dergleichen vorzugehen versuchen sowie die Darsteller, unter ihnen übrigens ein früher Auftritt Franco Neros, die zuweilen mit bedeutungsschwangeren Zeitlupenbewegungen versuchen, ihren Rollen Abgebrühtheit und Coolness einzuhauchen und allerspätestens dann zum Schießen komisch aussehen, wenn sie den Zustand der Schwerelosigkeit imitieren, während um sie herum gemalte Kulissen und Miniaturmodelle den Eindruck von Raumfahrt und Science Fiction vermitteln sollen. Unvergesslich ist aber vermutlich das Ende, nachdem man es geschafft hat, mithilfe der Druckwelle nach der Detonation einer Nuklearbombe (!) vom feindlichen Planeten (stilecht: der Mars) zu entkommen: Die Frage nach dem Sinn der Vorkommnisse wird einfach mit einem „Ach, lass mich in Ruhe!“ hinfortgewischt. Großartig!

Es gibt aber auch durchaus andersartige Überraschungen, so z.B. die ungeahnte Härte des eigentlich harmlosen Filmchens, als plötzlich ein Mensch verbrennt und die Kamera draufhält oder die unerwartet einsetzende Ernsthaftigkeit und Überzeugung im Ausdruck des Commanders (oder Leutnants oder was auch immer), als er in einer tatsächlich spannenden Szene seine Bereitschaft zum Märtyrertod erklärt. Hierbei blitzt auch Margheritis Regietalent merklich durch.

Alles in allem ist „Tödliche Nebel“ aber in erster Linie ein unfreiwilliger, bunter Trash-Spaß, der am besten mit Gleichgesinnten in heiterer Runde funktioniert und mit all seinen Ungereimtheiten und hilflos-albernen Streckmitteln keinesfalls ein ernstzunehmender Beitrag zum Science-Fiction-Genre. Also rein in die Raumkapsel, die nicht nur aussieht wie eine ausstaffierte Blechtonne, sondern sich bei Schließen der Luke auch genauso anhört, und mit „Super-Space-Geschwindigkeit“ auf zum nächsten Abenteuer in den unendlichen Weiten des... Low-Budget-Science-Fiction-Films.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40654
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

Bild
Tatort: Kesseltreiben
Erst sieht es so aus, als sei Georg Bekker ein Drogenopfer. Doch Max Palu (Jochen Senf) von der Kripo Saarbrücken verfolgt bald eine andere Spur. Die führt zu Bekkers Luxemburger Arbeitgeberfirma Vestag, die Kernkrafttechnik herstellt. Hat das Unternehmen einen illoyalen Mitarbeiter "in den Ruhestand" versetzt? Was Palu braucht, sind drei Disketten, die seine Mordtheorie beweisen könnten…(Quelle: tvspielfilm.de)
Der saarländische Beitrag zur „Tatort“-TV-Krimireihe „Kesseltreiben“, der nach einem Drehbuch von Michael Haneke („Funny Games“, „Das weiße Band“) 1993 von Regisseur Peter Schulze-Rohr inszeniert wurde, fasst ein heißes, heutzutage traurigerweise wieder hochaktuelles Eisen an: Die Machenschaften der Atom-Industrie, Kraftwerksbetreiber, die Störfalle und kritische Erkenntnisse mit allen Mitteln vertuschen und auch vor Mord nicht zurückschrecken.

Von belangloser Sonntagabend-Unterhaltung zu sprechen, verbietet sich in diesem Falle somit von selbst. Und das Drehbuch ist in seiner Direktheit wahrlich nicht von schlechten Eltern, hat meines Erachtens aber Schwierigkeiten, die vermutlich geforderten „Tatort“-Charakteristika adäquat zu integrieren. So macht Jochen Senf als ermittelnder Kommissar Palu gerade in seinen emotionalen Szenen nicht immer eine gute Figur und wirkt die ganze Chose um den saarländisch-luxemburgischen Kripo-Mitarbeiteraustausch und das damit verbundene Auftauchen eines „jungen, dynamischen“ Ermittlers, der fortan mit Palu der Sache auf den Grund zu gehen versucht und anscheinend als eine Art Kontrast zum ruhigeren, älteren Palu installiert werden sollte, insbesondere mit seinen humoristischen Ansätzen unpassend und leicht nervig. Falls man damit zudem versucht hatte, das allgemein etwas trocken wirkende Erscheinungsbild dieses Tatorts aufzulockern, ist das nicht so recht gelungen.

Jedoch wird durchaus eindrucksvoll die Ohnmacht Palus aufgezeigt, denn der Einflussbereich der Atomlobby reicht bis in den Polizeiapparat hinein. Entsprechend pessimistisch fiel auch das Ende dieses spannenden Falls aus, der spätestens hier Hanekes Handschrift offenbart. Für eine Fernsehserie erscheint mir dieser Beitrag ungewöhnlich brisant und kritisch und nicht darauf bedacht, dem Zuschauer gegenüber ein trügerisches Bild einer letztlich dann doch immer für Gerechtigkeit sorgenden Polizei aufrecht zu erhalten. Das rechne ich dem „Tatort“-Team hoch an.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Antworten