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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Mo 13. Mai 2024, 19:20
von Maulwurf
FarfallaInsanguinata hat geschrieben: So 12. Mai 2024, 14:43 Ich denke, David Bowie entzieht sich einer objektiven Bewertung weitgehend. Entweder man liebt ihn total oder man kann mit ihm nichts anfangen. So sehe ich das zumindest was seinen Output der Siebziger betrifft.
Das sehe ich genauso, weswegen die weitere Reise ein wenig sprunghaft sein wird.

FarfallaInsanguinata hat geschrieben: So 12. Mai 2024, 14:43 Bei mir ist er einfach ein wichtiger Teil meiner Sozialisation. Mit 14 war ich ein naives Dorfkind, meine cleveren Eltern schenkten mir in bester erzieherischer Absicht das gerade in aller Munde befindliche Buch "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" und öffneten damit die Büchse der Pandora. Eine unglaublich aufregende und faszinierende Welt eröffnete sich mir, in der Bowie eine tragende Rolle spielte und ich verfiel ihm mit Haut und Haaren. Wäre mit nicht irgendwie Punk dazwischengekommen, hätte ich höchstwahrscheinlich einen Weg ähnlich dem von Christiane F. eingeschlagen mit all seinen Konsequenzen.
Trotz meiner Begeisterung für alle möglichen Musikstile mittlerweile bleibt David Bowie mein prägendster musikalischer Einfluss und von niemand sonst besitze ich so viele Tonträger. Das ging sogar soweit, dass ich mal ernsthaft darüber nachdachte, alles andere wegzugeben und nur noch Bowie-Platten aus den Siebzigern zu sammeln. :doof:
1983 war dann leider Schluss! Da erschien "Let's dance" und das war so eine unglaubliche Scheiße, dass ich an seine Musik der Achtziger keinen weiteren Gedanken verschwendete. Bei den Veröffentlichungen aus den Neunzigern habe ich es nochmal halbherzig versucht, aber die Magie war dahin. Den Dreck des vergangenen Jahrzehnts konnte ich ihm nicht verzeihen. Alles von "Space Oddity " bis "Scary Monsters" jedoch ist für mich essentiell. :D
Mir ging es recht ähnlich mit Iggy Pop. Von dem habe ich heute, inklusive der vielen vielen Bootlegs, fast 50 Tonträger. Das erste Album gab es so um 1979 oder 1980 rum, und bei allen musikalischen Irrungen und Wirrungen war Iggy einfach immer präsent. Mitte der 90er wurde er mir zu gleichförmig und ich habe das Interesse verloren, aber alles von 1969 bis etwa 1993 ist für mich, ich zitiere ganz ernst gemeint, essentiell!

Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Mo 13. Mai 2024, 19:58
von Maulwurf
David Bowie
John, I'm only dancing

7"-Single - 1972

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Das dürfte Mitte der 70er eines der ersten Lieder gewesen sein, die ich bewusst im Radio gehört und auf Kassette aufgenommen habe. Und immer und immer wieder hörte. Als ich 1980 in London in irgendeinem Klamottenladen diese Single fand musste ich einfach zuschlagen, und ich freue mich bis heute darüber. Beide Seiten fetziger Glam-Rock, der voll nach vorne losgeht, tanzbar ist, und trotzdem dieser typische Bowie-Stoff dieser Jahre ist. Gerade die erste Seite ist ein wenig melancholisch, ein wenig überkandidelt, ein wenig rockig und ganz viel mitreißend.


David Bowie - John, I'm only dancing

Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Fr 17. Mai 2024, 14:57
von Maulwurf
David Bowie
Aladdin Sane

LP - 1973 - Reissue 1978

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Wahrscheinlich habe ich irgendwas nur nicht verstanden, aber ehrlich gesagt ist dieses Album einer der Gründe, warum Bowie mich nie so restlos überzeugen konnte. Schon den Opener Watch that man halte ich für mehr lärmig als etwas anderes, und auch wenn es danach durchaus etwas strukturierter weitergeht, so habe ich im Großen und Ganzen den Eindruck, dass das Getöse gerne mal über den Melodien steht. Im Laufe der zweiten Seite hat sich dann irgendwann das Gefühl der Langeweile eingestellt, und ausgerechnet bei The Jean genie, einem der wenigen Lieder mit griffiger Hookline, bin ich dann mal kurz eingeschlafen. Mir fehlen die guten Riffs, die griffigen Melodien, die erkennbaren Songstrukturen, die Ziggy Stardust so unwiderstehlich machen. Stattdessen bekomme ich einen Wust von Instrumenten, und noch eine Pianospur, und noch mal ein Saxophon, und alles ineinander gemischt, bis das ganze für mein Empfinden zu einem Soundbrei mutiert. Ein paar mal musste ich sogar an Jim Steinman denken, und den kann ich ja nun wirklich auf den Tod nicht ausstehen. Der Ralph Siegel des Mainstream-Rocks ...

Ich meine, 1973, da hat Bowie das Raw power-Album der STOOGES produziert, und diese Platte ist für mich bis heute der Inbegriff der perfekten Rockproduktion geblieben. Da hört man jedes einzelne Instrument, die Rhythmusmaschine bollert im Hintergrund wie eine schwitzige und stinkige Dampfmaschine, James Williamson sägt seine irrwitzigen Riffs über dieses Gewummere, und über allem sägt Iggys Stimme wie direkt aus der Hölle. Als Produktion das genaue Gegenteil zu Aladdin Sane ...

Meines ist das nicht, und nach dem Durchhören weiß ich auch, warum in meiner Sammlung so wenig Bowie-Platten stehen ...


David Bowie - Let's spend the night together

Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Sa 25. Mai 2024, 17:52
von Maulwurf
David Bowie
Low

LP - 1977

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Ich sagte ja, größere Sprünge in der Chronologie ...

Was für ein Unterschied zu dem von mir so gescholtenen ALADDIN SANE. LOW bietet auf seiner ersten Seite kleine Perlen der abstrakten Popmusik, wunderbare Vignetten tanzbarer und gleichzeitig rauschartiger Musikstücke, keines länger als dreieinhalb Minuten, die einen unnachgiebig in ihren Bann ziehen. Ich habe kürzlich gelesen, dass diese Sachen alle nur als Testpieces gedacht waren, als Experimente, und dass Bowie nie mit einem kommerziellen Erfolg rechnete. Dabei wird hier nichts anderes als die Entwicklung der (elektronischen) Tanzmusik vorangetrieben, wird gezeigt wie man gut strukturierte Elektronik mit mitreißendem Groove verbindet, ohne dabei aber die Glam-Vergangenheit zu verleugnen. Wäre ein Vince Clark ohne dieses Album denkbar? Ich behaupte nein ...

Auf der zweiten Seite dann das genaue Gegenteil: Ambient-artige Synthieflächen, kombiniert mit Perkussion und Lautmalereien, beherrschen die Szenerie. Ich höre New Age, ich höre Künstler wie Enya, aber auch Projekte wie Raison d'Être, und das letzte Stück, Subterraneans, könnte als Filmmusik so auch in jedem Erotikstreifen der 80er oder 90er stehen. Hier zeigt Bowie sein großes musikalisches Können, indem er die Entwicklung der elektronischen Musik beeinflusst, sie damit maßgeblich prägt und letzten Endes vorwegnimmt. LOW ist ein ganz starkes Album, das gerade wegen seiner zwei völlig unterschiedlichen Seiten aufregend und wegweisend klingt. Stark!!


David Bowie - Breaking glass


David Bowie - Art decade

Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: So 26. Mai 2024, 09:01
von Maulwurf
Intermission: One step beyond ...

Amorphis
Skyforger

CD - 2009

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Ich möchte es mal Gebrauchsmetal nennen, was AMORPHIS da machen. Schlecht ist es beileibe nicht: Die Songs fangen in der Regel recht mitreißend an, lassen dann irgendwann nach, und versinken nach kurzer Zeit unweigerlich im Soundmatsch. Wenn der Sänger growlt ist er am Besten, genauso wie die Band in den leiseren Passagen deutlich mehr auftrumpfen kann. In Summe klingt das alles aber leider immer irgendwie recht ähnlich. Wie so viel (skandinavischer) Metals aus den 00er-Jahren so klingt. Nichts, was jetzt besonders flasht, aber nett anzuhören. Gebrauchsmetal ...


Amorphis - From earth I rose

Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Mi 29. Mai 2024, 13:52
von Maulwurf
David Bowie
Heroes

LP - 1977 - Reissue 1984

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Heroes läuft ja in der Rezeption als einer der Klassiker Bowies. Entsprechend war ich gespannt was da auf mich zukommt, habe ich das Teil bislang doch nur ganz wenige Mal gehört, weil ich nie den rechten Zugang fand. Nun ja, was soll ich sagen? Der Zugang bleibt auch weiterhin verriegelt und verrammelt. Ich fand diese rund 40 Minuten weitgehend nervtötend - Weder habe ich griffige Melodien gefunden, noch irgendwelche mitreißenden Grooves. Auf Seite eins regiert das Instrumentenchaos, das mir Aladdin Sane schon so verleidet hat: Noch ein Track, und noch ein Piano, und noch eine Gitarrenspur, und alles übereinander und aufeinander und einfach nur ein furchtbarer Wall of Sound. Auf Seite zwei haben wir dann wieder die Soundscapes, die wir schon von Low kennen, die auch hier wieder recht hübsch geraten sind, die aber einfach mittendrin aufhören und irgendwie wie nicht weitergedacht wirken. Sense of doubt kennt man ja aus CHRISTIANE F., und das Stück ist wirklich atmosphärisch, aber wenn die starken Bilder des Films fehlen fällt auf, dass das Stück eigentlich nur ein Klangexperiment ist, das ohne jeglichen Aufbau daherkommt, irgendwann anfängt, und irgendwann anders aufhört. Moss garden ist ähnlich, und genauso simpel strukturiert (soll heißen: Ohne erkennbaren Spannungsaufbau), allerdings musste ich hier mal irgendwann an PINK FLOYD denken, was sehr wohl als Kompliment aufzufassen ist. Die allerdings wüssten, wie man Ambient-Musik so aufbaut, dass der Zuhörer gebannt dabei bleibt ...

Am Besten auf Heroes hat mir ausgerechnet der melancholische Disco-Schlurfer The secret life of Arabia gefallen, der aber schon ein klein wenig in die popmusikalischen 80er hineinlinst. Nein, Heroes ist definitiv nicht meines, und wird es auch niemals werden. Außer jemand anders kann mir den Zugang vermitteln :popcorn:


David Bowie - Joe the lion


David Bowie - Moss garden

Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Fr 31. Mai 2024, 09:46
von Maulwurf
David Bowie
Don't be fooled by the name

10"-EP - 1981

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So um 1966 rum sang ein gewisser David Jones bei einer Londoner Band namens THE LOWER THIRD. Mit den zwei Singles, die zweite bereits unter dem Namen DAVID BOWIE AND THE LOWER THIRD, stellte sich kein Erfolg ein und David verliess die Band alsbald wieder. Anfang der 80er-Jahre wurden die Aufnahmen, die die Band damals machte, wiederenteckt und veröffentlicht. Ein aktueller Live-Shot auf dem Cover, den Namen David Bowie draufgeklatscht, und fertig war der Hype. Der allerdings nicht so groß war, wie die Plattenfirma sich das wahrscheinlich erhofft hatte. Ist halt auch nicht wirklich David Bowie drin, auch wenn es drauf steht. Stattdessen haben wir hier reinrassigen Sixties-Pop, der gnadenlos nach vorne geht, richtig toll groovt, und es erstaunt sehr, warum die beiden Platten damals nicht erfolgreich waren. Vielleicht kamen sie ein oder zwei Jahre zu spät, möglicherweise sind sie auch in der Flut der Veröffentlichungen dieser Zeit untergegangen. Aus heutiger Sicht und mit der Brille des Sixties-Liebhabers konstatiere ich, dass diese wiederveröffentlichte EP ganz schön abgeht ...


David Bowie - I'm not losing sleep

Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Sa 1. Jun 2024, 09:33
von Maulwurf
David Bowie
Let's dance

12"-Maxi-Single - 1983

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Wenn ich das höre, kommen sofort die Erinnerungen hoch. Mitte der 80er, die Nächte in den Wave-Discos, die bunten und vollen Tanzflächen, der Sound ... Und wenn ich an den Sound denke, dann fällt mir die Episode mit einem befreundeten DJ ein: Ich komme nachts um 2 in die Disco und es läuft entweder DEPECHE MODEs People are people oder Let's dance. Der DJ hat mir erzählt, dass er heute mal ausprobiert, wie oft er das laufen lassen kann bis sich einer beschwert: People are people läuft heute zum sechsten Mal, Let's dance zum fünften Mal, und jedes Mal tanzen noch mehr Leute ...

Auf jeden Fall ist rund 30 Jahre nach dem letzten Hören das Stück immer noch knackig. Und die B-Seite, Putting out fire, in der rockigeren Version als die Single, bringt die Erinnerungen an INGLORIOUS BASTERDS hoch. Eine Platte, die für immer in der Sammlung bleiben wird :knutsch:


David Bowie - Let's dance

Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Sa 1. Jun 2024, 20:13
von FarfallaInsanguinata
Nette Geschichte mit deinem DJ. :lol:
Die Musik bleibt für mich trotzdem Mist, Depeche Mode nur unwesentlich besser. Fehlen nur noch U 2, dann hätten wir meine Dorf-Disco-Albträume der Mitachtziger wieder beisammen. :bang:
Die frühen Sachen aus den Sechzigern finde ich da deutlich interessanter. Als echter Fan besitze ich neben diversen anderen Bootlegs auch "Baby Doll" von Mitte der Siebziger, wo diese alten 7"s bereits inoffiziell aufgewärmt wurden.
P.S. Dafür, dass du mit Bowie eigentlich nicht viel anfangen kannst, hast du erstaunlich viele Tonträger von ihm. :wink:
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: So 2. Jun 2024, 06:40
von Maulwurf
FarfallaInsanguinata hat geschrieben: Sa 1. Jun 2024, 20:13 Die Musik bleibt für mich trotzdem Mist, Depeche Mode nur unwesentlich besser. Fehlen nur noch U 2, dann hätten wir meine Dorf-Disco-Albträume der Mitachtziger wieder beisammen. :bang:
Bei U2 kann ich Dich beruhigen, von denen beitze ich genau eine einzige Maxi, und die ist richtig mies. Bei DEPECHE MODE, nun ja, komplett bekomme ich die nicht hin, aber der Weg ist ja das Ziel :mrgreen:

FarfallaInsanguinata hat geschrieben: Sa 1. Jun 2024, 20:13 Die frühen Sachen aus den Sechzigern finde ich da deutlich interessanter. Als echter Fan besitze ich neben diversen anderen Bootlegs auch "Baby Doll" von Mitte der Siebziger, wo diese alten 7"s bereits inoffiziell aufgewärmt wurden.
P.S. Dafür, dass du mit Bowie eigentlich nicht viel anfangen kannst, hast du erstaunlich viele Tonträger von ihm. :wink:
Geht mir genauso mit den Sachen aus den 60ern. Sowohl Wikipedia wie auch Discogs sind da leider sehr schlecht aufgebaut, aber beim Recherchieren habe ich festgestellt, dass es da so einiges auf dem Markt gibt, was mir gefallen dürfte. Und bezüglich der Menge: Die Sachen, die mir auch heute noch gefallen, habe ich mir interessanterweise alle vor 40 plus/minus gekauft. Ziggy Stardust, Space oddity, Low, wohingegen Heroes mal ein Der-gehört-jetzt-endlich-mal-in-die-Sammlung-Kauf war. Aladdin Sane genauso, und man lernt ja: Alle anderen Sachen werde ich auf Flohmärkten zukünftig stehenlassen ...