DAS PHANTOM DER OPER
Originaltitel: Il fantasma dell’opera
Land: Italien, Ungarn
Jahr: 1998
Genre: Horror
Regie: Dario Argento
Vorbemerkung
Hier sind meine Gedanken zum Film. Ich bitte niemanden böse über einige harsche Worte zu sein, meine DVD war teuer und ich war als ich diesen Text vor einiger Zeit schrieb ziemlich wütend. Es ist eigentlich mehr eine genaue Inhaltsangabe mit Kommentaren also ACHTUNG SPOILER.
Handlung und Kritik:
Dario Argento – seine Fans lieben ihn und selbst seine Feinde achten ihn. Und das zurecht, denn durch ungewöhnliche Kameraeinstellungen und gewagt geniale Lichtverhältnisse schaffte er es noch jedes Mal seine (wie ich finde) oft eher mittelmäßigeren Drehbücher durch die phantastische Regie locker wieder wett zu machen. Doch was passiert, wenn er versucht ein grottenschlechtes Drehbuch durch eine mittelmäßige Regie wettzumachen? Dann bekommen wir Dario Argentos „Das Phantom der Oper“.
Wir beginnen mit dem Vorspann, wo wir neben dem Namen von Argentos Tochter Asia auch den Namen unsres Phantoms zu lesen bekommen und spätestens da merken wir dann, dass wir nicht allzu viel zu erwarten haben. Ich meine die anderen Verfilmungen hatten die größten Horrordarsteller ihrer Zeit wie Lon Chaney Sr., Claude Rains oder Herbert Lom aber hier bekommen wir…irgendeinen Typen namens Julian Sands – wow!
Des weiteren sehen wir, dass wir die mittelmäßige, nicht schlechte aber recht vergessenswürdige Filmmusik dem Meister schlechthin, Ennio Morricone, zu verdanken haben, welcher wohl grade seinen uninspirierten Tag hatte.
Während die letzten Überbleibsel des Vorspannes ablaufen zeigt man uns eine junge Frau, die gerade eine Geburt hinter sich hat und ihr Neugeborenes in einem Binsenkörbchen in den nassen Tod schicken will. Doch Gott sei dank wird Baby Moses von ein paar Ratten aufgelesen, die ihn offenbar an Sohnesstadt annehmen. Ja Ratten und ihr dachtet das Dschungelbuch mit seinen Wölfen sei unlogisch.
Wir cutten zu der Pariser Oper ein paar Jahre später unter deren Kellern sich die Rattengrotte des Phantoms befindet. Dieses unheimliche Gemäuer wird gerade von ein paar Handwerkern auf Vordermann gebracht, die umgehend von einer unbekannten Macht in den blutigen Tod getrieben werden. In dieser Szene jedoch liegt ein bisschen Hoffnung. Allein daraus könnte man schließen, dass es sich hierbei einfach um eine gewöhnliche Phantom-Verfilmung mit mehr Gore-Effekten handelt und das hätte wirklich funktionieren können.
Nachdem es sich an den Handwerkern delektiert hat kuckt sich das ominöse Phantom unsre Hauptdarstellerin Asia Argento an, die gerade eine Solonummer für einen lehren Saal zelebriert. Dabei macht sie den selben Gesichtsausdruck, den sie auch den Rest des Filmes haben wird. Super – noch zwei weitere Gesichtsausdrücke und man könnte schon fast meinen sie würde richtig schauspielern. Neben dieser Inkompetenz haben wir noch ihre Gesangsstimme oder die ihres Gesangdoubles, welche Stimme es auch immer ist, sie klingt grässlich. Dies wird aber von allen anderen Darstellern nach Strich und Faden ignoriert und daher kommt es zu vielen Vergleichen mit der lieblichen Stimme einer Nachtigall. Dies könnte auch durchwegs hinkommen, sofern wir von einer heiseren Nachtigall im Stimmbruch sprechen, der gerade bei lebendigem Leibe die Federn ausgezupft werden.
Aber keine Sorge, Asia Argentos Gesang ist nicht das unstimmigste an diesem Film. Nein, das ist zweifellos das Phantom, welches wir sofort in der nächsten Szene sehen. Unmaskiert ohne Aufbau, ganz plötzlich und in all seiner Doofheit. Wer eine coole entstellte Persönlichkeit a la Lon Chaney/ Claude Rains erwartet wird enttäuscht werden, wir bekommen Julian Sands, der mit seinen langen blonden Haaren und seinen für seinen Wohnort erstaunlich sauberen Aussehen mehr an den Liebhaber eines Groschenromans erinnert. Der Titel sollte besser lauten „Der Fabio der Oper“. Oder um den Geist des Filmes widerzugeben „Die Enttäuschung der Oper“. Oder noch besser „Das Oh-mein-Gott-es-tut-mir-so-leid-dass-ich-so-einen-schlechten-Film-gemacht-habe der Oper“. Oder ganz einfach nur „Oper“, weil dieser Titel würde uns wenigstens nette Erinnerungen an den wesentlich besseren Argento-Film „Opera“ gestatten.
Aber keine Zeit uns über das Phantom zu ärgern, wir bekommen einen neuen unwichtigen Nebencharakter der getötet werden kann. Es ist ein Rattenfänger, dessen Hand das Phantom durch seine telekinetische Macht in die eigene Rattenfalle zieht. Es gibt in Argento-Filmen ja oft Gegenspieler mit übernatürlichen Fähigkeiten, die nie erklärt werden und nur den Zuseher verwirren. Ich bin ja so froh, dass Argento in einem Film, der keine seiner positiven Charakteristiker aufweist, wenigstens seine negativen verwendet.
Doch der Rattenfänger überlebt und nach seinem übernatürlichen Overacting zu schließen handelt es sich bei ihm wohl um die komische Figur des Filmes. Ja das brauchen wir bei einer Literaturverfilmung, die auf Möchtegern-Romantik und Gore setzt – einen lustigen Nebencharakter.
Wir haben hier überhaupt viele zu unernste Figuren wie die dicke Hauptsängerin, ihren verschleimten Assistenten und die pädophilien Edelleute. Moment mal, die sind nicht lustig. Warum sind die da, es wird keine wirkliche Stellungnahme zur Pädophilie genommen (OK, der eine wird später oral Kastriert, aber seine Abart wird nicht eindeutig als negativ dargestellt). Warum haben wir diese Charaktere dann? Pädophilie ist nicht unterhaltend, Dario, also nimm eine ablehnende Stellung dagegen ein oder lass sie weg!
Bei der nächsten Begegnung Asias mit dem „Phantom“ versucht Argento irgendwie Romantik durchkommen zu lassen. Doch die Faszination die Asia für den nach Ratten stinkenden im Abfluss lebenden Kannibalen empfindet ist ebenso unglaubwürdig wie die Orgasmen die sie scheinbar bei jedem Wort, das er zu ihr spricht bekommt.
Nach dieser Szene wird selbst dem Regisseur die Romantik zu doof und er wendet sich wieder dem Gore zu. Aber dazu brauchen wir erst zwei bisher unbekannte nervige Nabencharaktere die keinen Sinn für die Handlung haben und nur dazu da sind in der nächsten Szene abgeschlachtet zu werden. Ich hab ja so viel Mitleid, das waren meine absoluten Lieblingscharaktere (Sarkasmus!).
Aber Gore und Romantik allein reichen nicht, wir wollen ja auch ein wenig Atmosphäre haben. Daher bekommen wir ein kleines Gespräch von zwei anderen unwichtigen Nebencharakteren die in großen Worten über das Phantom fachsimpeln. „Die Luft wird eiskalt, wenn es auftaucht“, „Es liebt die Unterwelt“,…Das wäre ja gut und schön, wenn wir diese Konversation bekommen hätten BEVOR das dämliche Phantom aufgetaucht ist und wir noch nicht wüssten, dass dieser Geist kein unheimlicher Unterweltliebhaber sondern ein gepflegter Vollidiot ist. Und dies macht diese Szene, wie den Großteil des Filmes zu sinnlosen Filler.
So plätschert die Handlung wie gehabt dahin. Ein wenig Gore, ein wenig Möchtegern-Romantik und viel viel Filler. Wir erfahren, dass Asia noch einen adeligen Verehrer hat und dass das Phantom offenbar einen sagenhaften Schatz beherbergt. Wie es an diesem gekommen ist wird nicht erklärt, aber es ist auch völlig uninteressant, da der Schatz nie wieder erwähnt wird, geschweige denn zu sehen ist.
Ein kleiner Subplot von einem neuen Operndirektor mit dem sich der alte überhaupt nicht anfreunden kann, führt genauso ins Nichts wie der dämliche Computereffekt, der in der Phantasie des Phantoms eine riesige Rattenfalle voller nackter Menschen zeigt. Das soll wohl seinen Charakter vertiefen, da er aber keinen hat ist es vollkommen irrelevant.
Nachdem Asia ihren adeligen Galan abgelehnt hat, versucht sich dieser in einem Puff zu entspannen, schafft es aber nicht bei all den übergewichtigen Masseuren und schwulen Poetenpärchen die uns Argento aus überhaupt keinen Grund in dieser Szene zeigt.
Aber genug geekelt, jetzt ist es Zeit für KOMIK!!! Ja, der Rattenfänger und sein kleinwüchsiger Assistent sind wieder da. Diesmal haben sie eine Maschine gebaut, die mit Windeseile durch die Grotten fährt und alle Ratten, die ihr in die Quere kommt aufsaugt und zerstückelt. Das ist die einzige Szene, wo der Film ein Trash-Level erreicht. Der miese Blue-Screen-Effekt, komplett mit lustiger Musik und überzeichneten Gesichtsausdrücken wäre für Freunde des Over-the-Top-Trash-Kinos zu genießen, wäre der restliche Teil des Streifens nicht einfach nur so schlecht.
Wie dem auch sei, die Rattenfänger bauen einen Unfall und der Zwerg wird von seiner eigenen Maschine enthauptet. (Ironie oder unnötige unpassende und unsinnige Gewalt? Ich glaube eher letzteres.)
Nachdem Asia das Versteck des Phantoms ausfindig macht, bekommen wir die berühmte Orgel Szene, in welcher das Phantom mit dem Rücken zu seiner Angebeteten sitzt, diese sich langsam nähert und mit großem Schock sein Gesicht erblickt. Nur das wir wie auch Asia in Dario Argentos Version das Gesicht schon lange gesehen haben und es ist wirklich keinen Schock wert.
Beim Phantom kommt es zu viel unnachvollziehbarer Romantik und wenig sonst. Bis auf eine weitere Minute quälendem Gesinges bzw. Gekreisches Asias und einer Sexszene von ihr und dem Phantom. Ich muss gestehen, hierbei habe ich ein wenig kichern müssen, einfach ob der Vorstellung wie sich Julian Sands gefühlt haben muss eine Sexszene mit der Tochter des Regisseurs zu drehen. Und allein die Vorstellung, dass Argento hier Regieanweisungen wie „…und jetzt streichle die Hüfte meiner Tochter“ angewendet haben wird, bringt mich in seiner Groteske zum Lachen.
Das Phantom verlässt nach einem viel zu langen uninteressanten Gespräch seine Gespielin um „etwas, das was mit Schwerkraft zu tun hat“ zu erledigen (was könnte das wohl sein). Asia will ihm anfangs folgen, doch am Ausgang findet sie fünf Ratten und die Gutste besitzt dummerweise nicht die Intelligenz um die Ratten herumzugehen oder drüberzusteigen.
Unerwarteter Weise (Sarkasmus) bringt das Phantom den Opernleuchter zu Fall, weil…weil es das im Originalbuch auch macht. Wenigstens ist die Szene recht gut, weil drastisch gelungen. Die Claude-Rains-Version zum Beispiel zeigt nur wie der Leuchter fällt, aber nicht den Schaden, den er anrichtet. Wir sehen nicht mal ob jemand einen kleinen Kratzer bei diesem „Unglück“ davongetragen hat. Argento jedoch porträtiert die zerstörerische Brutalität des schweren Metallleuchters recht erschreckend und fasst die dadurch resultierende Massenpanik gut in die Kamera. Doch die dicke Sängerin ist da um mit ihrer „Komik“ die ganze Szene zu ruinieren. Hurra!
Weil jetzt endlich der ganze Filler ausgegangen ist kommt es zum Showdown, der zwar blutiger aber keineswegs ergreifender als in irgendeiner früheren Version gezeigt wird. Der alte Galan Asias bringt sie in Sicherheit während Soldaten die Höhle des Phantoms stürmen und dieses umbringen. Ich vermute Argento wollte, dass wir in dieser Szene Mitleid mit dem Phantom und seiner Geliebten haben, aber das geht vollkommen in die Hose. Es bleibt nur der Ärger über die Länge der Sterbeszene und die Tatsache, dass Asias dämlicher Charakter, der den brutalen Rattenmann wirklich liebt, nicht den Tod findet.
Wir sehen ein Standbild ihres weinenden Gesichtes und den Abspann – endlich!!!
Fazit: Die Regie scheitert an der Unmöglichkeit die Liebe zwischen der Sängerin und den mordenden Kannibalen aus der Gosse plausibel darzustellen. Wir merken wohl, was Argento erreichen will, eine Version, die besonderes Gewicht auf die Liebe der Protagonisten und die zweigeteilte Seele des Phantoms legen will, da beides aber nicht nachvollziehbar ist, kläglich scheitert. Asia kann nicht schauspielern und hatte als Kleinkind in „La Chiesta“ eine wesentlich überzeugendere Performance hingelegt. Warum das Phantom selbst ein Schuss in den Ofen war habe ich an anderer Stelle schon erläutert und das einzig Positive an den meisten Nebencharakteren ist, dass sie sterben. Die unzähligen Subplots wie die Pädophilien und die Rattenfänger führen ins Nichts und können weder die beabsichtigte Gesellschaftskritik noch die beabsichtigte Komik bewirken, in erster Linie, weil das eine die Wirkung des anderen bremst. Die Musik von Meister Morricone und die Regie von Meister Argento kommen diesmal nicht über das Niveau eines Fernsehfilmes hinaus und das Drehbuch ist eine Mixtur aus uninspirierten Dialogen und einer unnatürlichen Menge an Filler. Ich gebe diesem Film insgesamt 2 von 10 Punkten. Ein Punkt weil die Leuchterszene recht cool ist (sinnlos aber gut gefilmt) und der zweite Punkt einfach weil ich mir schlecht vor käme einen Film mit der Regie von Argento und der Musik von Morricone nur einen Punkt zu geben. Nimm es hin, Dario, und kehre zurück zu deinen Wurzeln.