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Re: fritzcarraldos 5-Punkte-Pressur-Film-Explosionstechnik

Verfasst: Di 18. Apr 2023, 17:03
von fritzcarraldo
(66)

Living
Sneak Preview.
Schauburg Bremen
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Nach IKURU von Akira Kurosawa.
Drehbuch: Kazuo Ishiguro (Was vom Tage übrig blieb)
London 50er Jahre.
Bill Nighy in der Rolle eines todkranken Mannes, der den Sinn seines Lebens sucht.
Zurückhaltend und fast komplett auf die Hauptfigur Mr. Williams reduziert. Fast schon Slow Cinema. Mr. Williams arbeitet in irgendeinem Londoner Amt und gerade die Anfangsszenen zwischen den vollgepackten Schreibtischen und den weiteren Bediensteten sind absurd und quälend zu gleich. Langsam befreit er sich trotz seiner Krebsdiagnose aus diesem Amtssumpf, um eben diesen sogar noch einmal für sich zu nutzen. Bill Nighy ist dabei fast schon so in sich gekehrt, dass er zu verschwinden droht.
Hat mich auf jeden Fall gepackt.

Re: fritzcarraldos 5-Punkte-Pressur-Film-Explosionstechnik

Verfasst: Mo 24. Apr 2023, 10:53
von fritzcarraldo
(67 - 70)

Fantasy Filmfest Nights
Hamburg Savoy Kino 22.04.23

Sakra
Hongkong 2023.
Donnie Yen hat bei SAKRA einfach mal selbst die Regie übernommen.
Herausgekommen ist ein fast klassischer Wuxia-Streifen, der aber über die relativ lange Laufzeit von 130 Minuten nicht komplett überzeugen kann. Die Kämpfe sind natürlich atemberaubend toll, aber als dann alles in eine unübersichtliche Intrigen-Story abdriftet, bekommt der Film so seine Probleme, besonders da der er offensichtlich nur Auftakt zu mindestens einem weiteren Teil zu sein scheint. Donnie Yen ist selbst mittlerweile 59 Jahre alt und scheint nicht zu altern. Hier gibt er sogar einen Mittdreißiger und man kann annehmen, dass da dann doch eine Verjüngungssoftware am Werk war.

Shadow Island
Schweden 2022.
Guter Thriller. Spielt fast die komplette Zeit auf zwei einsamen (?) Inseln. Was genau abgeht erfährt man tatsächlich erst am Schluss. Wenig weist anfangs darauf hin. Und trotz der Tatsache, dass in den ersten 60 Minuten eigentlich gar nichts passiert, schafft es der Film die Spannung aufrecht zu halten. Und auf seine Weise ist der Film dann sogar noch relativ aktuell. Geht es am Rande doch sogar um den Beitritt Schwedens zur NATO. Dies ist aber kein Spoiler.

Irati
Spanien 2022.
Guter bis toller Low-Fantasy-Streifen aus Spanien.
(In der Originalversion wird komplett baskisch gesprochen)
Pyrenäen. 8. Jahrhundert.
Im weitesten Sinne geht es um die Christianisierung dieser Gegend und die aufkommenden Konfrontation mit den alten Geistern und Naturreligionen. Der Regisseur ist, wie man in der Videobotschaft vorher sehen konnte, großer Genrefilmfan. Mit einem Cthulhu-Shirt saß er da vor seinem Filmregal und ich behaupte mal, dass diese Auswahl auch bei 99% der User°innen hier im Schrank steht. Und diesen Umstand merkt man dann auch dem Film an. Nach der vielleicht zu langsamen ersten Hälfte des Films, bereichern tolle Fantasy-Settings und schöne Monster die Szenerie.

Is Gold Digger!
Sisu
Finnland 2022.
Holla. Sisu war neben EVILD DEAD RISE und PEARL als DAS Highlight des Festivals angekündigt. Und für diesen Film wurde dann auch sogar Security aufgefahren, damit bloß niemand mit seinem alten Nokia oder ähnlichem mit filmt. Der Trailer war ja schon viral gegangen und kündigte eine pompöse Schlachteplatte galore an.
Was soll ich sagen. Ja. Das alles hält was es verspricht. Der Film geht schon ab wie ein gut trainierter lappländischer Elch.
Angekündigt wird das ganze als Mischung aus John Wick und irgendwas von Tarantino. Naja. Eigentlich ist es eher eine Hommage an den Italo-Western, da der Film vom Tempo her eher gemächlich daher kommt. Nur eben mit einer großen Portion Splädder. Gut gefilmt mit schönem Score. Dazu in Teilen mit wirklich kruden Ideen. Und eine Hommage an Castellaris Inglorious Bastards gibt es auch noch. Und wenn man dann auch denkt, dass dieser hanebüchene Kram, der einem gerade dargereicht wurde, völlig an den Haaren herbeigezogen ist, liest man, dass es doch tatsächlich eine Vorlage für diesen Typen gab, der als One-Man-Death-Squad daher kommt. Sowas.

Re: fritzcarraldos 5-Punkte-Pressur-Film-Explosionstechnik

Verfasst: Mi 26. Apr 2023, 22:59
von fritzcarraldo
(71)

Der Titel ist Programm.
STUNT ROCK
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340163673_560726615939154_361960734761422247_n.jpg (393.39 KiB) 139 mal betrachtet
(Australien 1978)
Spielfilm oder (Fake-) Doku? Das ist letztendlich völlig egal.
Dieser prächtige Film von Brian Trenchard-Smith (Insel der Verdammten, Der Mann von Hongkong) vereint einfach alles, was man geil findet. Waghalsige Stunts und 70er Hardrock. Darüberhinaus wird das alles noch mit einer tollen Kameraarbeit (teilweise im Split-Screen) serviert. Und wenn die Live - Konzerte der Crunchrock Band Sorcery noch mit eigenwilligen Magic-Show-Einlagen aufwarten, dann geht einem schon das Herz auf. Worum geht es? Erst einmal spielen sich alle anscheinend selbst. Oder nicht? Egal. Der australische Stuntman Grant Page kommt nach L.A. um eine Serie zu drehen. Dabei trifft er auch auf die besagte Band Sorcery. Er hängt mir ihnen ab, da sein Cousin in dieser Kapelle mit dabei ist. Mehr Story hätte mich auch schlicht überfordert, da der Film von Anfang an mit den schon erwähnten Live-Gigs und den halsbrecherischen Stunts voll auf die Kacke haut. Schon nach dem Vorspann wäre ich fast vom Sessel gefallen. Danach erhöht Trenchard-Smith nur noch das Tempo und präsentiert seine Absurditäten und Unglaublichkeiten.
Definitiv ein Film für die Ewigkeit. Push to the Danger Zone!
Wer mir nicht glaubt, kann ja schon mal den Trailer geniessen.

Re: fritzcarraldos 5-Punkte-Pressur-Film-Explosionstechnik

Verfasst: Mo 1. Mai 2023, 11:35
von fritzcarraldo
(72)

Operation Fortune
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Dieser Film steckt voller Überraschungen.
Z.B. die in Nebenrollen gut aufspielenden Cary Elwes und vor allem Josh Hartnett.
Die größte Überraschung ist aber, dass OPERATION FORTUNE nach Ritchies tollem CASH TRUCK ein echter Nervtöter ist.
Es wird einem die Neurosen- und Schmalspur-Variante zu MISSION IMPOSSIBLE serviert, bei der einem fast alle gehörig auf den Senkel gehen.
Nein. Keine Empfehlung von mir. Wirklich nicht.

Re: fritzcarraldos 5-Punkte-Pressur-Film-Explosionstechnik

Verfasst: Mo 1. Mai 2023, 23:59
von fritzcarraldo
(73)

How to Blow up a Pipeline
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HowtoblowuppipelinePoster.png (160.38 KiB) 117 mal betrachtet
Sneak.
Eine Gruppe Aktivisten will in Texas aus den unterschiedlichsten Gründen eine Ölpipeline in die Luft sprengen. In Rückblenden werden die jeweiligen Vorgeschichten erzählt.
Guter atmosphärisch dicht erzählter Film, der wahrscheinlich trotzdem spalten wird.

Re: fritzcarraldos 5-Punkte-Pressur-Film-Explosionstechnik

Verfasst: So 7. Mai 2023, 08:48
von fritzcarraldo
(74)

Con Ship to Busan
Project Wolf Hunting
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Dutzende Schwerverbrecher sollen per Frachter von Manila nach Busan überführt werden. An Bord ist aber noch ALPHA, ein Überwesen, welches einem geheimen Experiment entspringt.
Nach einer Stunde Gemetzel Polizei vs. Gefangenen setzt dann das Gemetzel alle vs. Alpha ein. Hört sich nicht innovativ an? Ist es auch nicht. Wer auf zwei Stunden Splatter steht, ist hier genau richtig.
Meins war das alles nicht unbedingt. Wahrscheinlich werde ich doch langsam zu alt für solchen Kram. Oder was auch immer.
Unwillkürlich verglich ich PWH dann auch mit THE SADNESS, der bei mir aber sogar besser wegkommt. Irgendwie nahm mich dort die Atmosphäre mehr mit.
Hier wird einem ständig dieselbe Schlachteplatte serviert. Rumsauen und Kunstblut drüber suppen lassen. Fertig ist die Blutwurst.

Re: fritzcarraldos 5-Punkte-Pressur-Film-Explosionstechnik

Verfasst: So 7. Mai 2023, 10:12
von fritzcarraldo
(75)

Taxi Driver
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Dazu zitiere ich heute mal.

"....Wir sehen, wie einfach es für Travis ist, so mutterseelenallein erst zum Spinner, dann zum Verrückten und schließlich zur wandelnden soziopathischen Zeitbombe zu werden.
....
TAXI DRIVER ist unter anderem so beunruhigend, weil der Film aus der Perspektive von Travis Bickle erzählt wird. Und das ist die Perspektive eines Rassisten.
.....
Ist der dieser Film - TAXI DRIVER - ein Film über einen Rassisten, oder ist es ein rassistischer Film?
Die Antwort ist eindeutig. Ersteres. Und der Film wird dadurch zum mutigen Meisterwerk, dass er sich traut, den Zuschauern diese Frage zu stellen, und sie dann selbst zu einer Antwort kommen lässt."

(aus CINEMA SPECULATION - Quentin Tarantino)

Bickle ist ja irgendwie, ähnlich wie SCARFACE Tony Montana zur Popikone geworden. Aber es ist schon unglaublich zu sehen, wie vielschichtig Paul Schrader diese Figur im Drehbuch darstellt. Schrader griff diese Thematik rund um seine Figuren ja dann später auch immer wieder auf, variierte und erweiterte diese dabei.

Re: fritzcarraldos 5-Punkte-Pressur-Film-Explosionstechnik

Verfasst: So 7. Mai 2023, 11:15
von fritzcarraldo
(76)

Auf der Flucht
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Gut gemachter und gespielter 90er Klassiker, der irgendwie nicht wirklich altert.
Immer wieder gerne.

Re: fritzcarraldos 5-Punkte-Pressur-Film-Explosionstechnik

Verfasst: So 7. Mai 2023, 23:49
von fritzcarraldo
(77)

Brutale Stadt
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Ich gebe zu, dass ich bei der Besetzung und bei dem Regisseur irgendwie mehr erwartet habe.
Erst einmal: Der Score von Maestro Morricone ist natürlich wieder einmal genial und unantastbar.
Den Film selbst könnte man fast als verschachteltes Racheepos beschreiben. Wobei dies auch nur bedingt den Kern trifft. Es ist eher der typische Gangster-Rachefeldzug, der im Prinzip doch einigermaßen direkt erzählt wird, nur um ab und zu ein paar Überraschungen parat zu haben. Da sich der Film dabei dann doch oft Zeit lässt, muss man sich das alles wie so oft über die Atmosphäre erarbeiten. Aber auch hier überzeugt BRUTALE STADT nicht immer. So hinterlässt das Ganze bei mir dann doch ein gewisse Zwiespältigkeit.

Re: fritzcarraldos 5-Punkte-Pressur-Film-Explosionstechnik

Verfasst: Di 9. Mai 2023, 09:05
von fritzcarraldo
(78)

Bald ist Muttertag
Beau is Afraid
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Sneak Preview.
Schauburg Bremen.
Regie: Ari Aster (Midsommar, Hereditary)
Beau bereitet sich auf den alljährlichen Besuch zum Todestag seines Vaters bei seiner Mutter vor. Schon anfangs erfahren wir, dass die Beziehung zu seiner Mutter etwas problematisch sein könnte, als er die Reise zum wiederholten Male bei seinem Therapeuten erwähnt. Aber dies scheinen nicht die einzigen psychischen Probleme zu sein, wie wir später erfahren. Am nächsten Morgen, dem Tag der eigentlichen Abreise, funktioniert dann gar nichts mehr. Beaus Gepäck und auch der Wohnungsschlüssel werden ihm noch direkt vor seiner Wohnung entwendet. Nur diese Situation löst dann Chaos und fast schon einen Aufstand in seinem heruntergekommenen Stadtteil aus.
Beau scheint nicht vom Fleck zu kommen.
Aber er muss zu seiner Mutter, auch weil er mal eben so nebenbei erfährt, dass sie verstorben sein könnte.
Aber dies ist nur der Anfang.
Was danach kommt ist fast nicht mehr in Worte zu fassen. Es ist nicht nur die Reise zu seiner Mutter. Es ist auch eine Reise in den vermeintlichen Wahnsinn Beaus. Mal ruhig und mit feinen Hinweisen, dann wieder mit dem ganz großen Holzhammer.
Dabei ist die erste Stunde mit das unfassbarste, was ich je im Kino gesehen habe. Horror mit genialen Absurditäten gehen dabei Hand in Hand mit Beaus Neurosen und seinen Angstzuständen.
Dann nimmt Aster das Tempo aus dem Film und entwickelt in der zweiten Stunde pures Paranoia-Kino. In der letzten Stunde gleitet der Film dann endgültig ins Surreale ab. Dabei hält der Film dann auch noch ein paar Überraschungen parat.
Der Film wirkt, als ob er Aster irgendwann völlig entglitten wäre. Er wird im Prinzip immer maßloser. Dabei wird so einiges verquirlt, so dass der Film genremäßig nicht wirklich einzuordnen ist. Psychodramödie mit Horror- und sogar Actionelementen.
Wirkt der Anfang in und um Beaus Wohnung noch wie ein 80s Film im kaputten New York, geht es dann weiter Richtung Paranoia-Film, und beim Rest kam mir dann noch der Schluss aus Lars von Triers THE HOUSE THAT JACK BUILT in den Sinn. Das sind aber nur hilflose Versuche meinerseits das alles irgendwie zu beschreiben.
Die Frage bleibt, ob Aster den Film nicht besser gezügelt hätte. Keine Ahnung.
Er ist halt so wie er ist. Aber wenn man ehrlich ist beschreibt er nur so den Zustand von Beau am besten.