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Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: Mo 11. Apr 2011, 11:37
von Blap
Die Fortsetzung der "Mega-Derrick-Sause"

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Cover der Derrick Collectors Box 3, welche die Folgen 16-30 enthält


Folge 37 - Via Bangkok (Deutschland 1977)

Jakob Renz (Thomas Holtzmann) verdient seine Brötchen als Orchestermusiker, er kehrt nach rund zwei Monaten von einer Tournee durch Asien zurück. Nach einem rätselhaften Telefonanruf verlässt der Cellist am Abend die Wohnung, fährt mit dem von seiner Tochter Helga (Cornelia Froboess) ausgeliehenen Auto davon. Der kleine Ausflug nimmt kein gutes Ende, Jakob Renz wird von zwei Männern brutal zusammengeschlagen, wenig später verstirbt er im Krankenhaus. Derrick wird schnell klar, dass Helga Renz die Ermittler nicht mit ihrem gesamten Wissen über den Vorfall versorgt, stets wird die kranke und ans Bett gefesselte Mutter (Gustl Halenke) als Ausrede vorgeschoben. Immerhin ergibt sich eine erste Spur, als Franz Rosska (Christian Wolff) Kontakt zu Helga aufnimmt. Rosska war ein Kollege des Verstorbenen, sein Verhalten erscheint zunehmend verdächtiger...

Cornelia Froboess steht im Mittelpunkt dieser Folge. Ihre Darbietung passt sehr gut zu der tristen Stimmung, die sich durch die gesamte Spieldauer von "Via Bangkok" zieht. Christian Wolff überzeugt als gestresster Bursche, der dem Ermittlungsdruck nicht viel entgegenzusetzen vermag. Derrick und Klein kommen sehr sachlich daher, was ebenso wie das Spiel von Conny Froboess perfekt mit der Ausrichtung dieser Episode harmoniert. Über die restliche Besetzung lässt sich nicht viel schreiben, die Nebenrollen sind unscheinbar angelegt.

Theodor Grädler inzenierte diese Folge (nahezu) ohne Effekthascherei und Schnickschnack. Für meinen Geschmack eine Spur zu sachlich, denn der Plot ist leicht durchschaubar, hätte von einer flotteren Inszenierung deutlich profitieren können. Das Finale bietet zwar keine überraschende Auflösung an, poltert aber mit einer recht wüsten Schiesserei über den Bildschirm. Mich stört es keineswegs, wenn Derrick ab und an zur Waffe greift, doch in diesem Fall hätte man die ruhig-triste Stimmung besser konsequent durchhalten sollten. So muten die letzten Minuten fast ein wenig befremdlich an, auch wenn der Score schon zuvor kurzzeitig aufhorchen lässt. Insgesamt eine nicht ganz stimmige Folge, die Fans aber trotzdem zu unterhalten versteht.

6/10 (obere Mittelklasse)


***

Die letzten Flicks in Ultrakurzform:


Judge Dredd (USA 1995) - Dieser Stallone Streifen wird gern unterschätzt, obwohl Sly die Rolle gut zu Gesicht steht. Armand Assante ist als Bösewicht sehr stark, Jürgen Prochnow extrem widerlich und kaum minder überzeugend. Rob Schneider nervt nicht allzu sehr, Max von Sydow passt gut ins Szenario, Diane Lane mag ich sowieso...

Bunt-knuffige SF-Comic-Action, die auf Blu-ray richtig gut zur Geltung kommt.

7,5/10 (gut bis sehr gut)


Draculas Hexenjagd (Großbritannien 1971) - Die "Karnstein-Trilogie" gehört zu den ganz grossen Momenten der britischen Filmschmiede Hammer. "Twins of Evil" verknüpft die Vampirthematik mit der Hexenverfolgung, insofern macht der deutsche Titel vom Ansatz her Sinn, obwohl Dracula in diesem Werk nicht vorkommt. Peter Cushing ist als fanatischer, verblendeter "Hexenjäger" unfassbar genial, Damien Thomas steht ihm als Graf Karnstein kaum nach, die Collinson Zwillinge sind zum anbeissen schön. Besonders interessant wird der Film dadurch, dass die Grenzen zwischen "Gut" und "Böse" verschwimmen. Die Kulissen sind gewohnt prächtig, der Score erstklassig.

Mit jeder Sichtung wächst mir der Streifen mehr ans Herz. Inzwischen ziehe ich 9,5/10 (mehr als überragend), die Höchstwertung behalte ich mir für den nächsten Durchgang vor.

Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: Mi 13. Apr 2011, 14:21
von Blap
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Kleine Hartbox von CMV (Cover A)


Das Haus an der Friedhofsmauer (Italien 1981, Originaltitel: Quella villa accanto al cimitero)

Von der fairen Entlohnung einer Immobilienmaklerin...

Dr. Norman Boyle (Paolo Malco) will die Forschungsarbeit seines verstorbenen Kollegen Dr. Peterson weiterführen. Das Ende des Wissenschaftlers gibt Rätsel auf, denn offenbar tötete er zunächst seine Lebensgefährtin, und richtete sich anschliessend selbst per Galgenstrick. Boyles Gattin Lucy (Catriona MacColl) ist nicht besonders begeistert, denn die Familie zieht in jenes Haus ein, in dem zuvor der durchgedrehte Dr. Peterson lebte. Bob (Giovanni Frezza), der kleine Sohn des Ehepaares, beunruhigt seine Mutter durch Geschichten von angeblichen Begegnungen mit einem Mädchen, welches scheinbar nun in seiner Phantasie existiert. Mae (Silvia Collatina) warnt Bob immer wieder vor dem Haus, doch bei seinen Eltern stösst der Junge auf taube Ohren. Tatsächlich strahlt das Haus eine unheimliche Atmosphäre aus, Lucy fühlt sich alles andere als wohl in ihrem neuen Heim. Als sie dann auch noch eine Art Grabplatte unter einem Teppich vorfindet, überkommt sie endgültig eine sehr ungute Vorahnung. Derweil wird Norman davon angetrieben, das Rätsel um den Tod seines Kollegen zu lösen. Vor langer Zeit lebte ein gewisser Dr. Freudstein mit seiner Familie in dem nun von den Boyles bewohnten Haus. Welches schreckliche Geheimnis verbirgt sich in dem alten Gebäude? Wer oder was lauert im dunklen Keller...???

Wenn ich Beiträge zu "Das Haus an der Friedhofsmauer" lese, ist in vielen Fällen davon die Rede, dass der Film für ein Werk von Lucio Fulci eher harmlos und unblutig sei. Zu dieser "Erkenntnis" kann man nur gelangen, wenn man das Schaffen des Regisseurs auf dessen Horrorfilme reduziert, die seit den späten siebziger Jahren entstanden. Unbestritten bieten Flicks wie z.B. "Woodoo - Die Schreckensinsel der Zombies" (Zombi 2, 1979) oder "Die Geisterstadt der Zombies" (E tu vivrai nel terrore - L'aldilà, 1981) mehr Blut und Gedärm, doch wo bitte bleiben da die herrlichen Gialli und Western, die Lucio Fulci in den Jahren zuvor inszenierte? Man kann nicht oft genug darauf hinweisen, dass Fulci viel mehr als Gewalt und Mettgut zu bieten hat! Doch bevor ich mich weiter ereifere und einen Herzinfarkt erleide, will ich lieber ein paar Zeilen zu "Das Haus an der Friedhofsmauer" schreiben.

Der Plot mutet simpel an, tatsächlich läuft die Handlung ohne wirklich grosse Überraschungen ab. "Friedhofsmauer" wird dadurch aber nicht beschädigt, denn der Film ist auf einem anderen Fundament aufgebaut. Hier herrscht eine intensive und wohlige Gruselatmosphäre vor, die ab und an durch (teils) sadistische Morde aufgebrochen wird. Sicher würde der Film auch ohne die "Momente des Mettguts" vortrefflich funktionieren, diese sind wohl als Zugeständnis an die damalige Erwartungshaltung zu betrachten. Bevor wir uns falsch verstehen, die blutigen Szenen wirken nicht wie Fremdkörper, sie wurden durchaus stilsicher in das Geschehen eingebaut. Dank der tollen Kameraarbeit von Sergio Salvati, der häufiger mit Fulci arbeitete, mutet das Szenario noch stimmungsvoller an, sorgen bereits eigentlich harmlose Außenaufnahmen des Hauses für einen ersten Anflug von Gänsehaut. Nicht minder gut gelungen ist der Score von Walter Rizzati, der sich eindringlich in den Gehörgängen des Zuschauers festsetzt. Doch nicht nur der Soundtrack ist äusserst gut gelungen, auch darüber hinaus hat man den Film mit einer sehr eindringlichen Geräuschkulisse unterlegt.

Werfen wir den fälligen Blick auf die Akteure vor der Kamera. Catriona MacColl war gewissermaßen Star der legendären Fulci-Flicks "Die Geisterstadt der Zombies" und "Ein Zombie hing am Glockenseil", die allesamt sehr zeitnah entstanden. Frau MacColl ist mir sympathisch, doch in "Friedhofsmauer" überschreitet sie manchmal die Grenze zur Nervensäge. Wirklich vorwerfen mag ich ihr das nicht, denn die Rolle wurde entsprechend angelegt. Dank ihrer natürlichen und angenehmen Ausstrahlung, driftet ihre Lucy nicht in unerträgliche Gefilde ab, ergo zeigt der Daumen klar nach oben. Paolo Malco macht als emsiger Wissenschaftler eine gute Figur. Als Freund des italienischen Genrekinos begegnet man Malco hin und wieder, er ist mir bisher als Bereicherung in Erinnerung geblieben. Sehr gut gefällt mir die Darbietung von Ania Pieroni, die als Kindermädchen ins Haus der Familie Boyle kommt. Pieroni umgibt stets eine rätselhafte, unheimliche, ja regelrecht bedrohliche Aura. Besonders bei der Erstsichtung dürfte ihr Part voll ins Schwarze treffen, doch auch nach vielen Durchläufen verliert ihr Auftritt kaum etwas von seiner Kraft. Dagmar Lassander sehen wir als Maklerin, die in dem von ihr vermittelten Haus eine sehr unangehme Begegung hat. Bei den Kinderdarstellern ist meine Meinung geteilt. Während Silvia Collatina ihre Sache wirklich gut macht, mit einer Mischung aus "unheimlich und gütig" punktet, geht mir Giovanni Frezza schon ein wenig auf den Zeiger. Sorry, aber ich kann dieses kleine Ohrfeigengesicht nicht ausstehen. Auf die übrigen Mitwirkenden gehe ich nicht weiter ein, teils wegen akuter Spoilergefahr. Nur der Hinweis auf einen der üblichen Kurzauftritte von Lucio Fulci sei mir noch gestattet.

Insgesamt kann man den Schauspielern ein gutes Zeugnis ausstellen, die kleine Kröte Giovanni Frezza kann mir den Spass nicht verderben. Lob verdienen auch die Effekte, denn wenn es tatsächlich zu Metzeleinlagen kommt, sind diese genauso ausgeführt wie man es als Fan erwartet und liebt. Doch selbst in dieser Disziplin verlässt sich Fulci nicht auf stumpfsinniges Gesplatter. Man beachte die knuffige Attacke der blutrünstigen Fledermaus, die für regelrechte Gothic-Gruselschauer sorgt. Herrlich mutet die Aufmachung des "Bösewichts" an, der locker als Anwärter auf den Titel "Gesichts- und Körperruine des Jahres" durchgeht. Ich kann es nicht oft genug betonen, "Das Haus an der Friedhofsmauer" ist ein toller "Atmosphärenschmeichler", wem der Sinn lediglich nach Mettgut steht, der sollte sich besser an anderer Stelle umsehen!

Mir liegt der Film als alte DVD von Laser Paradise vor, die nicht unbedingt Anlass zur Freude ist, dem Film leider nicht gerecht wird. Zusätzlich befindet sich die Ausgabe von CMV in meiner Sammlung, welche eine weitaus bessere Qualität anbietet. Wer sich für den Streifen interessiert und nicht auf die deutsche Synchronisation verzichten möchte, macht mit der Scheibe aus dem Hause CMV einen guten Fang.

"Das Haus an der Friedhofsmauer" wächst im Laufe der Zeit. War ich früher nicht so ganz mit diesem Film glücklich, hat er inzwischen längst einen Platz in meinem Herzen erobert. Daher ziehe ich verdiente 8/10 (sehr gut) ...und freue mich bereits auf unser nächstes Wiedersehen!

Lieblingszitat:

"Hier wird es dir gleich besser gehen. Spürst du die herrliche Luft?"


***

Dann gab es noch "Fargo" von den Coen-Brüdern. Ein Meisterwerk! Dank der sehr guten Blu-ray kommt der Film besser denn je zur Geltung. So sieht eine tolle Aufbereitung aus, knackige Schärfe und schöne Körnung. Von dem "Videobild" der alten DVD ist nichts mehr zu spüren, auf BD sieht "Fargo" endlich nach Film aus. Freilich liefern alle Mitwirkenden eine tolle Leistung ab, doch die Zierde des Werkes ist Frances McDormand (die Gattin von Joel Coen), die mit ihrer warmherzigen Ausstrahlung den Winter in Minnesota wohlig erstrahlen lässt.

Die deutsche Synchro ist übrigens gut gelungen, doch im Originalton ist der Film unschlagbar! Daher: 9,5/10 für die deutsche Fassung, 10/10 für die Originalfassung!

Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: Do 14. Apr 2011, 23:10
von Blap
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Hatchet for the Honeymoon (Italien, Spanien 1969, Originaltitel: Il rosso segno della follia)

Norman Bates reloaded in blutiger Seide

John Harrington (Stephen Forsyth) und seine Gattin Mildred (Laura Betti) führen in Paris ein erfolgreiches Geschäft für Brautmoden. Der stets galante John wird von Models und Kundinnen verehrt, seine Ehe ist jedoch ein eisiges Desaster aus Hass und Verachtung. Niemand ahnt etwas von der heimlichen Leidenschaft des John Harrington, er tötet junge Damen mit einem Fleischerbeil, vorzugsweise in deren Hochzeitsnacht. Lediglich Inspektor Russell (Jesús Puente) fühlt dem charmanten Geschäftsmann immer wieder auf den Zahn, kann ihm aber nichts nachweisen. Als John auf die attaktive Helen Wood (Dagmar Lassander) trifft, scheint sich sein Gefühlsleben in eine andere Richtung zu bewegen. Doch die tyrannische Mildred denkt gar nicht daran ihren Angetrauten freizugeben, sie akzeptiert nur den Tod als Scheidungsgrund. Diese Unnachgiebigkeit soll nicht nur für Mildred grausige Konsequenzen nach sich ziehen...

Mario Bava erinnert uns mit diesem Thriller an seinen eigenen Klassiker "Blutige Seide" (Sei donne per l'assassino), mit dem 1964 einer der wichtigsten Grundsteine des Giallo gelegt wurde. Tatsächlich sind beide Werke in der Modebranche angesiedelt. Doch während "Blutige Seide" als reinrassiger Thriller unterwegs ist, beschreitet "Hatchet for the Honeymoon" andere Wege, streift den Giallo nur am Rande. Der Killer ist von Anfang an bekannt, er berichtet dem Zuschauer freimütig von seinem Wahn. Oft wird der allseits bekannte Norman Bates (Psycho, Alfred Hitchcock 1960) als Vergleich bemüht, was bei Kenntnis beider Filme kaum wundert. Im späteren Verlauf macht sich zunehmend "Gruselstimmung" breit, die man je nach Vorliebe als Irrsinn des Hauptcharakters abtun mag, oder aber der eigenen Phantasie freien Lauf lassen kann.

"Hatchet for the Honeymoon" bietet dem dem Bava-Verehrer die liebgewonnenen Ingredienzien an, für die man den legendären Regisseur schätzt und achtet. Bava übernahm hier auch die Kameraarbeit, die immerhin sein ursprüngliches Betätigungsfeld darstellt. Die Kamera wird sehr kreativ eingesetzt, ich wundere mich immer wieder darüber, welch nahezu einzigartiges Gespür der Künstler für "spannende" und faszinierende Einstellungen hatte. Nicht minder beeindruckend gelingt das Spiel mit Licht und Schatten, Farben und Räumen. Wenn Stephen Forsyth sein "Puppenkabinett" aufsucht, versinkt man in einem Rausch aus wohlig-bizarrem Grauen und obskurer Schönheit. Zusätzlich wird die Intensität des Films durch den treffsicheren Score von Sante Maria Romitelli gesteigert, der gekonnt zwischen dezent bis wüsten Psychedelic-Sounds und klassischen Ansätzen pendelt.

Stephen Forsyth ist die Rolle des irren Killers gewissermaßen auf den schlanken Leib geschneidert. Dank seiner leicht androgynen Ausstrahlung wirkt er zerbrechlich und rätselhaft zugleich, spielt den immer weiter in den Wahnsinn driftenden Schönling sehr gekonnt. Forsyth gelingt es immer wieder mit entrücktem Blick für Gänsehaut zu sorgen, herrlich. Laura Betti gibt die giftige Ehefrau nicht minder überzeugend, offenbart aber auch zarte Seiten hinter ihrer harschen Fassade. Dagmar Lassander hat mehr zu bieten als man zunächst vermutet, keinesfalls sollte man ihren Part als "schöne Dekoration" abtun. Obschon die Anlage ihrer Rolle nicht die gleichen Möglichkeiten zu Glanzleistungen mit sich bringt, wie die von Forsyth und Betti dargestellten Charaktere. Jesús Puente schlüpfte in die Rolle des Ermittlers, der sachlich und beharrlich seinem Verstand und Instinkt folgt. Sie hübsche Femi Benussi sehen wir als Model, ihr "Abgang" ist wundervoll in Szene gesetzt. Die übrigen Darsteller müssen sich mit kleinen Rollen begnügen. Wir bekommen einige nette Damen zu Gesicht, ferner kurz huscht die geschätze Froschfratze Luciano Pigozzi durchs Bild.

"Hatchet for the Honeymoon" ist eine Pflichtveranstaltung für alle Freunde des italienischen Kinos. Auch wenn der Streifen nicht so recht in die Schublade "Giallo" passen mag, sollte sich kein Freund dieses Genres eine Sichtung entgehen lassen. Auffällig ist der bissige, oft regelrecht zynische Humor, den Bava später auch in "Bay of Blood" aka "Im Blutrausch des Satans" (Reazione a catena, 1971) unterbrachte. Allerdings darf man keine grobschlächtigen Gewaltausbrüche erwarten, die sich blutrot durch Bavas "Ur-Slasher" ziehen. "Hatchet for the Honeymoon" verzichtet nahezu völlig auf Blut und grafische Gewaltdarstellungen, der Film lebt von seiner Atmosphäre, der handwerklichen und künstlerischen Klasse, nicht zuletzt von den gut aufgelegten Darstellern. Sicher, die Auflösung der Story ist leicht zu erraten, wird kaum einen Zuschauer wirklich vom Hocker reissen. Dies ist jedoch zu vernachlässigen, denn die Qualitäten des Flicks sind von anderer Art.

Dank Koch Media liegt der Film in Deutschland ungekürzt vor. Die DVD erfreut mit ihrer schönen Bildqualität, der Ton ist in deutscher und englischer Sprache an Bord. Boni sind dünn gesät, immerhin fügte man ein kleines Booklet bei. Noch ist die Scheibe zu fairen Preisen erhältlich, von meiner Seite gibt es eine klare Empfehlung!

Zwar verfehlt "Hatchet for the Honeymoon" meine persönlichen "Bava-Top 5" deutlich, für dicke 7/10 (gut) reicht es aber locker. Die Tendenz weist in höhere Sphären, der "Wohlfühlfaktor" sprengt (mal wieder) die Skala.

Lieblingszitat:

"Eine Frau sollte nur bis zu ihrer Hochzeitsnacht leben. Einmal lieben und dann sterben."

Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: Mi 20. Apr 2011, 15:45
von Blap
Die Fortsetzung der "Mega-Derrick-Sause"

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Cover der Derrick Collectors Box 3, welche die Folgen 16-30 enthält


Folge 38 - Inkasso (Deutschland 1977)

Achim Breiteck (Wolfgang Müller) möchte seine Arbeitslosenunterstützung aufbessern, in einer guten Wohngegend bietet er seine Dienste als Autowäscher an. Als ihn eine Frau per Gegensprechanlage in das Haus von Herrn Rombach bittet, findet der entsetzte Wagenwäscher die Leiche des Hausherrn in der Garage vor. Für Derrick ist schnell klar, dass Achim Breiteck nichts mit dem Mord zu tun hat, die Ermittlungen führen umgehend in eine andere Richtung. Irene Rombach (Monika Gabriel) hat für ihren ehemaligen Gatten nur noch Verachtung übrig, das Paar trennte sich vor einiger Zeit, Irene nahm ihre Karriere als Fotomodell wieder auf. Allerdings steht Frau Rombach ganz offen zu ihrer Abneigung, macht keinen Hehl aus ihrer nicht vorhandenen Trauer über den gewaltsamen Tod ihres geschiedenen Mannes. Der Fall zieht Kreise, denn die zur Tat verwendete Schusswaffe, kam auch in einem anderen Mordfall zum Einsatz, der bisher ebenfalls nicht aufgeklärt werden konnte. Obschon nicht auf den ersten Blick erkennbar, besteht offenbar eine Verbindung zwischen den Todesfällen. Sollte Derrick mit seinen Vermutungen auf der richtigen Fährte sein, ist das Leben eines weiteren Mannes in grosser Gefahr...

Erneut kann man auf ein starkes Ensemble bauen. Niemand spielt sich in den Vordergrund, doch jeder Mitwirkende versteht es zu überzeugen. Karl Walter Diess sehen wird als Apotheker unter Druck, Monika Gabriel als vermeintlich kaltherziges Model. Joachim Wichmann kämpft mit einem schweren Verlust, Lisa Kreuzer agiert mit kalter und fanatischer Präsizion. Dirk Galuba muss erstaunlicherweise nicht als Bösewicht herhalten, "Sachsenklinik Oberschwester" Jutta Kammann ist auch mal wieder mit von der Partie. Tappert und Wepper nehmen sich ein wenig zurück, ernsthafte Ermittlungsarbeit statt flotter Sprüche.

Trotz des Blicks in die Welt der Models, darf man in hier keine frivolen Ausschweifungen erwarten, zumal der Bereich nur am Rande gestreift wird. Diese von Helmut Ashley inszenierte Folge, darf man getrost zu den "seriösen" Episoden der frühen Derrick-Phase zählen. Damit geht (leider) auch der Verzicht auf freche Dialoge und sonstigen Popanz einher. Immerhin bringt der gewählte Titel "Inkasso" einen Hauch von Zynismus ins Spiel. Der Score von Frank Duval ist ohne Zweifel (überwiegend) recht kitschig, tönt aber trotzdem (oder gerade deswegen) sehr angenehm aus den Lautsprechern. Mir fehlt ein wenig der "Drive", doch insgesamt bin ich zufrieden mit "Inkasso". Vermutlich hat die Folge noch mehr Potential, welches sich erst nach einer erneuten Sichtung erschliesst.

6,5/10


***

In Ultrakurzform:


James Bond jagt Dr.No (Großbritannien 1962) - Der erste Bond gehört zwar nicht zu meinen absoluten Lieblingen der Reihe (wie z.B. der grandiose Nachfolger "Liebesgrüße aus Moskau"), kann aber alle Jahre wieder für gute und angenehme Unterhaltung sorgen. Ursula Andress ist ein Traum, für mich der Inbegriff des Bond-Girls. Usch Undress ist das Original, alle folgenden Damen müssen sich damit abfinden. Als zusätzlichen Blickfang präsentiert man uns die schöne Eunice Gayson, die sich auch im nächsten Bond wieder die Ehre gibt. Unvergessen ist ihre Mitwirkung als Schönheit im herrlichen Hammer-Klassiker "Frankensteins Rache" (1958).

Die Blu-ray ist ein Traum, die die alte DVD aus unserer Sammlung deutlich deckelt. Gerade bei den wunderschönen Frauen und Kulissen die hier zum Einsatz kommen, lohnt sich die Anschaffung der BD auf jeden Fall!

7/10 + ein halber Bonuspunkt für Ursula Andress = 7,5/10 (gut bis sehr gut)


52 Pick-Up (USA 1986) - Roy Scheider gerät in eine verhängnisvolle Affaire, damit in die Fänge von skrupellosen Erpressern. Cannon stand in den achtziger Jahren für knuffige B-Action, doch die Filmschmiede wilderte auch in anderen Genres. Die Zierde des Flicks sind John Glover, Robert Trebor und Clarence Williams III, die als abstossendes Trio grandios aufspielen. Sie stellen völlig unterschiedliche Charakere dar, die lediglich ihren ausgeprägten Hang zur Kriminalität gemeinsam haben. Ann-Margret sehen wir als Gattin der Hauptfigur, die damals gehypte Vanity als leichtes Mädchen.

"52 Pick-Up" ist ein sehenswerter Thriller, könnte jedoch ein wenig mehr Spannung vertragen, clevere Twists glänzen leider auch durch weitgehende Abwesenheit.

Nett = 6/10

Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: Do 21. Apr 2011, 13:41
von Blap
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Cover der italienischen DVD von Stormovie


Emanuelle Nera (Italien 1975, Originaltitel: Emanuelle Nera)

Black Emanuelle feiert ihren Einstand

Ihr Beruf führt die junge Fotojournalistin Emanuelle (Laura Gemser) nach Afrika. Sie wohnt während ihres Aufenthalts bei Gianni Danieli (Angelo Infanti) und dessen Gattin Ann (Karin Schubert). Die Danielis führen auf den ersten Blick ein fröhliches Leben, ständig wird auf ihrem Anwesen gefeiert und üppig gebechert. Doch Gianni und Ann haben sich nicht mehr viel zu sagen, der schöne Schein trügt. Emanuelle wirbelt die Hormone des Ehepaares gehörig durcheinander, verdreht Männlein und Weiblein den Kopf. Auch Gloria (Isabelle Marchall) und Richard Clifton (Gabriele Tinti), die mit den Danielis befreundet sind, können sich der betörenden Ausstrahlung der schönen Fotografin nur schwer entziehen...

In diesem Fall habe ich meinen Inhaltseinblick nicht aus Faulheit kurz gehalten, viel mehr gibt der Plot wirklich nicht her. Überhaupt ist der erste Streifen aus der losen Black Emanuelle Reihe eher bieder und zurückhaltend inszeniert. Regisseur Bitto Albertini wandelt auf gemäßigteren Pfaden, als es bei seinen Kollegen Joe D'Amato und Bruno Mattei der Fall ist. Der geschätzte Herr D'Amato kocht z.B. bei "Emanuelle und die letzten Kannibalen" (Emanuelle e gli ultimi cannibali, 1977), ein packendes "Abenteuer-Sex-Mettgut-Menü" auf flott züngelnder Flamme. Bruno Mattei schickt Frau Gemser während "Laura - Eine Frau geht durch die Hölle" und "Laura II - Revolte im Frauenzuchthaus" (Violenza in un carcere femminile & Emanuelle fuga dall'inferno 1982/83) in den Knast, sie erlebt dort eine Sleaze-Hölle aus Sex, Folter, Erniedrigungen und sonstigen Wüstheiten. Zweifellos bieten die späteren Black Emanuelle Flicks nicht nur mehr "exploitative Schauwerte", sie haben weiterhin sogar die besseren Drehbücher im Gepäck. Die Sichtung von "Emanuelle Nera" ist trotzdem ein Genuss, sofern man nicht nach dem tieferen Sinn fragt und sucht, sondern sich einfach von den schönen Bildern verführen lässt. Carlo Carlini fängt mit seiner Kamera die Reize der Landschaft ein, freilich auch die Vorzüge der knackigen Laura Gemser. Lediglich ein paar kurze HC-Einlagen, in denen die regulären Darsteller gedoubelt wurden, passen nicht so ganz in das ansonsten stimmige Gesamtbild. Dafür erfreut der angenehme Score von Nico Fidenco die Ohren, trifft stets die richtigen Töne.

Laura Gemser ist mir zwar noch immer zu dürr, doch ihrer natürlichen und auf besondere Art faszinierenden Ausstrahlung kann (und will) ich mich nicht entziehen. Die Rolle der Emanuelle wurde ein wenig anders angelegt, als in den weiter oben gennanten Filmen der Fall ist. Die schöne Fotografin fungiert nicht als moralische Instanz und/oder makellose Sympathieträgerin, sondern ist eher berechnend gezeichnet, spielt mit den Begierden ihrer Bewunderer(innen). Karin Schubert gelingt als gelangweilte Ehefrau eine solide Vorstellung, wenn sie sich bereits in der Frühphase des Films mit einem Tankwart vergnügt, ist sofort klar wo der Hase lang läuft. Leider kann ich mit den Reizen der Frau Schubert nichts anfangen. Auf mich wirkt die Dame so erotisch wie ein verfaulter Kopfsalat vom Discounter, der im Hinterhof langsam aber sicher in der Biotonne vergammelt. Die grauenvolle Kurzhaarfrisur vertreibt auch noch die letzten Reste meiner Gelüste (Alter Chauvi, widerlicher Drecksack!). Isabelle Marchall gehört zwar ebenfalls nicht zu meinen bevorzugten Damen, kommt aber immerhin deutlich hübscher als Karind Schubert daher. Die Herren schlagen sich durchaus achtbar, der 2010 verstorbene Angelo Infanti punktet mit (s)einer nahezu tragischen Darbietung. Garbiele Tinti, der Laura Gemser 1976 heiratete, bleibt recht blass und austauschbar. Mein heimlicher Star der Sause ist Venantino Venantini. Oft sieht man Venantini in eher bodenständigen Rollen, doch diesmal darf er als versoffener Möchtegernkünstler richtig aufdrehen, sondert mit wilder Frisur wirre Sätze ab, herrlich!

Hier und da ein wenig Gefummel und Geknutsche, ab und zu ein kleines Räppelchen. Um mehr Nährwert vorzutäuschen, sehen wir Laura Gemser nach einem Exzess mit Eingeborenen vor einem Schild stehen, auf dem bedeutungsschwanger zu lesen ist: Do not walk beyond this Point! Doch Emanuelles Nachdenklichkeit währt nur kurz, wenig später muss eine halbe (oder ganze) Mannschaft junger Sportsmänner den Riemen auf die Orgel spannen. Gewissermaßen eine Art von Befreiungsschlag, um den liebeskranken Verehrer endgültig loszuwerden, garniert mit ein paar pseudo-philosophischen Ausführungen. Weitere "Plattsymbolik" gesellt sich hinzu, der eingeführte Tankstutzen, das eindringlich arbeitende Gestänge einer Dampflok. Wenig Handlung mündet in ein dezent tragisch-pathetisches Finale, garniert mit einem Anflug von zarter Melancholie. Eine Gemser-Show für Fans, Einsteiger greifen besser zu anderen Filmen mit der schlanken Schönheit.

Mir liegt die italienische DVD von Stormovie vor. Die gebotene Qualität geht in Ordnung, doch hätte man den Film nicht auf eine DVD-5 gequetscht, wäre die Kompression vermutlich ein wenig weiter in den Hintergrund getreten. Der Ton ist in italienischer und englischer Sprache enthalten, ein Booklet (16 Seiten) rundet das Paket ab. Allerdings kommt das Heftchen lediglich in italienischer Sprache daher, vorwerfen kann man dies einer Scheibe aus Italien selbstverständlich nicht.

Liebhaber kleiner Euro-Erotikstreifen aus den siebziger Jahren kommen auf ihre Kosten, ich habe den Film sofort ins Herz geschlossen. Allerdings erscheint es mir nahezu unmöglich, in diesem Fall eine Bewertung per Zahlenraster vorzunehmen. Die Beiträge von Joe D'Amato und Bruno Mattei liegen im Bereich von 7-8/10 (gut, sehr gut), Bitto Albertinis Werk reicht nicht an diese Flicks heran. Doch eine Bewertung unterhalb 7/10 möchte ich nicht ziehen, dazu mag ich "Emanuelle Nera" viel zu sehr. Ergo bleibt nur der Verzicht auf die unseligen Noten (Von mir aus stellt euch 6/10 + viele Knuffel- und Wohlfühlpunkte vor...).

Lieblingszitat:

"Are you scared?"
"No, not at all. It's exiting!"

Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: Fr 22. Apr 2011, 23:21
von Blap
Die Fortsetzung der "Mega-Derrick-Sause"

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Cover der Derrick Collectors Box 3, welche die Folgen 16-30 enthält


Folge 39 - Tote im Wald (Deutschland 1977)

Hans Beck (Martin Lüttge) schiebt sein mit einer Blumenkiste bepacktes Fahrrad über den Waldweg, als er auf den aufgeregten Forstarbeiter Lohmann (Max Griesser) trifft. Hektisch berichtet Lohmann von einem Leichenfund in der Nähe, er leiht sich Becks Drahtesel aus, um schnellstmöglich vom nächsten Telefon aus die Polizei zu verständigen. Die Identität der jungen Frau ist schnell ermittelt, es handelt sich um eine Austauschschülerin aus England. Derweil wird Hans Beck von einem unguten Gefühl ergriffen. Vor einigen Jahren sass er eine Haftstrafe in Nürnberg ab, da er damals eine junge Frau angefallen haben soll. Seine Ehefrau Lore (Gaby Dohm) ahnt nichts von dem dunklen Fleck in der Vergangenheit ihres Mannes. Beck schickt seinen guten Freund Manfred Donk (Günther Neutze) ins Rennen, da er sich vor dem Zusammentreffen mit den Ermittlern fürchtet. Freilich wirft Becks Vorgeschichte kein gutes Licht auf ihn. Tatsächlich nimmt Derrick den Vorbestraften genau unter die Lupe, doch der erfahrene Kriminalist konzentriert sich nicht ausschliesslich auf Beck...

Diese Folge führt uns raus aufs Land, mitten im Sommer in den schönen Wald vor den Toren Münchens. Leider ist der Plot zu rasch durchschaubar. Scheint bei manchen Derrick-Folgen die knappe Stunde Spielzeit zu kurz bemessen, hat man hier Mühe die letzten Minuten überhaupt noch sinnvoll zu füllen. Die per Rückblick recht detailliert geschilderte Tat, wirkt fast ein wenig "unrund rangeklatscht". Glücklicherweise ist auf die Schauspieler einmal mehr Verlass, auf diese Weise wird manche Scharte ausgewetzt. Martin Lüttge gelingt eine überzeugende Darbietung, gleiches gilt für seine Filmgattin Gaby Dohm. Die beste Leistung zeigt Günther Neutze, der als widerlicher Schleimbeutel durch das Szenario glibbert. Herrlich auch die kleinere Rolle von Udo Thomer, der einen recht simpel gestrickten Fahrer spielt.

Erneut entstand unter der Regie von Helmuth Ashley eine bodenständige und seriöse Folge. Wenn man Derrick schon "popanztechnisch" völlig ausbremst, dann sollte man bitte zumindest ein cleveres Drehbuch in der Hinterhand haben, was in diesem Fall nicht der Fall ist (Welch umwerfender Wortwitz, Herr Blap. Setzen!). Da das Ensemble stark agiert -man kann es nicht oft genug betonen- und Horst Tappert stets seine "grandiose Grundpräsenz" in die Waagschale wirft, wird der Serienverehrer letztlich durchaus zufriedengestellt. Trotzdem bleibt ein unbestimmtes Gefühl zurück, dass bei dieser Folge einiges an Potential verschenkt wurde.

6/10 (obere Mittelklasse)


Folge 40 - Der Fotograf (Deutschland 1978)

Alwin Merz (Bruno Dietrich) rennt panisch durch das nächtliche München, drei wenig freundliche Gestalten sind ihm hart auf den Fersen. Auf dem Bahnsteig der U-Bahn endet die Jagd, die Häscher schlagen ihre Beute brutal zusammen, werfen den wehrlosen Mann anschliessend vor die einfahrende Strassenbahn. Das Mordopfer war als Fotograf tätig, als Derrick und Klein seine Geschäfträume aufsuchen, werden sie unvermittelt in eine heftige Schiesserei verwickelt. Das Atelier wurde von den schiesswütigen Burschen durchwühlt, Derrick fällt pornographisches Bildmaterial ins Auge. Auf den Bildern ist auch Inge Merz zu sehen, die Ehefrau von Andreas (Herbert Mensching), dem Bruder des Ermordeten. Offenbar wusste Andreas Merz nichts von den pikanten Umtrieben seiner nahen Verwandtschaft, zu allem Überfluß werden die Eheleute von einem unbekannten Anrufer bedroht. Die Ermittlungen führen Derrick zu einem Geschäftsmann namens Blodin (Jürgen Goslar), der seinen Zaster mit fragwürdigen Club verdient. Freimütig bekennt er sich zu seinen Kontakten mit dem Toten, ein klares Motiv ist jedoch nicht erkennbar...

Und gleich die nächste von Helmuth Ashley inszenierte Folge. Nun hat man schmackhafte Zutaten in einer passenden Rezeptur vereint, der Auftakt tritt sogar ordentlich aufs Gaspedal. Ein ruppiger Mord, gefolgt von einer wüsten Ballerei, Harry verabschiedet ins Krankenhaus, eine Kugel trifft seinen Arm. So fällt in dieser Folge die Rolle von Willy Schäfer etwas grösser als üblich aus, er vertritt gewissermaßen Fritz Wepper als zweiten Mann. Leider war der von mir sehr geschätzte Günther Stoll schon damals nicht mehr dabei, er verstarb bereits im Januar 1977, ergo müssen wir uns mit Schäfer begnügen. Angenehmerweise kommt Derrick wieder ein wenig bissiger rüber, als in der vorherigen von Ashley gedrehten Folge. Es gibt also (noch) mehr als die "grandiose Tappert-Grundpräsenz" zu bestaunen.

Während bei Folge 39 die Schauspieler den ein wenig schwachbrüstigen Plot tragen mussten, begegnen sich in dieser Episode alle Komponenten auf Augenhöhe. Daher erscheint mir die obige Bemerkung von der "passenden Rezeptur" zutreffend. Hervorheben möchte ich Jürgen Goslar als schmierigen Kriminellen, sowie Herbert Mensching als überforderten Ehemann und Bruder. Auf wenige weitere Mitwirkende gehe ich nicht ein, die Spoilergefahr erscheint mir zu gross. Der Score von Frank Duval tönt angenehm, manchmal vielleicht eine Spur zu unscheinbar, wird er nicht immer punktgenau zum Einsatz gebracht. Helmuth Ashley ist mit "Der Fotograf" eine gute Folge gelungen, zur Spitzengruppe kann dieser Beitrag allerdings nicht aufschliessen.

7/10 (gut)

Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: Sa 23. Apr 2011, 23:07
von Blap
Die Fortsetzung der "Mega-Derrick-Sause"

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Cover der Derrick Collectors Box 3, welche die Folgen 16-30 enthält


Folge 41 - Tod eines Fans (Deutschland 1978)

Die Karriere des Popstars Harry Dugan (Tommi Piper) läuft gut. Nach einem ausverkauften Konzert vor begeisterten Fans, will er sich Harry in seinem Hotelzimmer ein wenig frisch machen. Als er in seinem Bett die Leiche einer jungen Frau findet, kann der Sänger seinen Manager nicht erreichen und gerät in Panik. Beim Versuch die Tote aus dem Zimmer zu entfernen, wird Harry ausgerechnet von einem Reporter erwischt. Wegen der recht klaren Lage des Falls, wird Harry Dugan zunächst in Untersuchungshaft genommen, er beteuert jedoch vehement und nahezu verzweifelt seine Unschuld. Derrick befragt die engsten Vertrauten des Verdächtigen, den umtriebigen Manager Oskar Heckel (Wolfgang Wahl), den Garderobier Günther Orkel (Werner Schulenberg), sowie den Fahrer Ingo Grasser (Stefan Behrens). Besonders Grasser scheint nicht so ganz mit seinem Wissen rausrücken zu wollen, doch die Ermittlungen laufen nach kurzer Zeit in eine weitere Richtung. Das Mordopfer war eine glühende Verehrerin des Stars, was ihren Freund Konrad Peiss (Christian Kohlund) suspekt erscheinen lässt. Peiss scheint allerdings nicht als Tatverdächtiger zu taugen, steckt womöglich doch eine Person aus Dugans direkten Umfeld hinter der Tat...???

Alfred Vohrer führte bei dieser Folge Regie, die mit einem starken Drehbuch und einer tollen Besetzung punkten kann. Schon der Auftakt sorgt für gute Laune, Tommi Piper trägt mit kerniger Stimme "Born to be wild" vor. Obschon der Klassiker von Steppenwolf seltsam "schnulzig-verwurstet" aus den Boxen rumpelt, macht diese Fassung wirklich Spass. Überhaupt spielt Tommi Piper sehr gut auf, da er neben der Schauspielerei auch musikalisch aktiv war, ist ihm die Rolle gewissermaßen auf den Leib geschneidert. Kaum weniger interessant sind die "Zuarbeiter" Pipers ausgeführt, Wolfgang Wahl macht als Manager ordentlich Druck, Werner Schulenberg kommt leicht tuntig daher, Stefan Behrens wirkt wenig vertrauenerweckend. Christian Kohlund sehen wir als Sunnyboy mit Rotzbremse, Hannes Messemer als erfolgreichen Unternehmer und knarzigen Vater Kohlunds. Sämtliche Nebenrollen fügen sich gut in das stimmige Gesamtbild ein.

Dank der gut erdachten Geschichte, kann Alfred Vohrer den Popanz im Keller versauern lassen. Aber Vohrer wäre nicht Vohrer, wenn er nicht wenigstens ein paar typische Duftmarken setzen würde, dafür liebe ich diesen (oft sträflich unterschätzten) Regisseur! So wirkt die Inszenierung des "Popstars" durchweg glaubwürdig, der Auftritt ist toll gefilmt, die hysterischen Fans sorgen für Schmunzler. Werner Schulenberg fügt die homoerotischen Zwischentöne ein, die man von Vohrer kennt und erwartet, die stets zusätzliche Würze in die Arbeiten des Filmemachers bringen. Das Drehbuch streut geschickt diverse Verdachtsmomente, die Auflösung ist schlüssig aber nicht unbedingt besonders kreativ erdacht. Was solls, klassische Motive passen letztlich immer. Eine starke Folge, danke Alfred!

7,5/10 (gut bis sehr gut)


Folge 42 - Abendfrieden (Deutschland 1978)

Jakob Stanz (Vitus Zeplichal) will seiner Großtante eine erfreuliche Nachricht überbringen, die alte Dame soll in der Seniorenresidenz Abendfrieden wohnen. Das Haus wird von dem Schwesternpaar Helene (Inge Birkmann) und Margarete Schübel (Alice Treff) geleitet, die wenig erfeut über den unerwarteten Besucher sind. Stanz bekommt seine Verwandte nicht zu Gesicht, angeblich sei sie in einem anderen Haus untergebracht. Zu seiner Verärgerung ist dieses Anwesen nicht auffindbar, selbst der örtlichen Polizei ist das Haus kein Begriff. Wenig später wird Jakob Stanz vor einer Gastwirtschaft überfahren und verstirbt, der Fahrer des Wagens flüchtet unerkannt. Derrick trifft im Haus Abendfrieden auf schrullige aber freundliche Senioren, die man sich kaum als Täter vorstellen mag. Hingegen erregt Alfons Ullmann (Thomas Fritsch) die Aufmerksamkeit des Ermittlers, hatte der junge Mann eine Verabredung mit Jakob Stanz, die in der beim Tatort gelegenen Kneipe stattfinden sollte...???

Nach dem herrlich erfrischenden Vohrer-Einschub, bekommen wir es nun wieder mit einer von Helmuth Ashley inszenierten Episode zu tun. Die Stars dieser Folge sind ohne Zweifel die Betreiber und Bewohner der namensgebenden Seniorenresidenz, die zwischen liebenswert-schrullig, nervös-ängstlich und abwartend-berechnend pendeln. Inge Birkmann stellt den abgeklärten Teil des Geschwisterpaares dar, Alice Treff gibt sich unsicher bis dezent panisch. Rudolf Schündler und Harry Hardt sehen wir als knuffige Kauze, es wäre müßig an dieser Stelle alle Vertreter der älteren Generation aufzuzählen. Thomas Fritsch gibt den arroganten Jungspund, Dietlinde Turban die hoffnungsvolle Nachwuchsmusikerin.

Freilich ist die Triebfeder der alten Herrschaften offensichtlich, lässt sich ihr Katz- und Mausspiel leicht durchschauen. Trotzdem bietet die Auflösung eine kleine Überraschung, die ich als durchaus gelungen bezeichnen möchte. Auch diesmal ist Helmuth Ashley kein Höhepunkt der Reihe gelungen, aber als unterhaltsame und sympathische Folge geht "Abendfrieden" ohne Zweifel durch.

6,5/10 (oberste Mittelklasse)


***

"Was gab es noch, in Ultrakurzform"

Liebesgrüße aus Moskau (Großbritannien 1963) - Der zweite Bond-Streifen kommt (fast) ohne Schnickschnack und Gigantomanie aus. "From Russia with Love" ist ein starker Agententhriller, der mit schönen und interessanten Schauplätzen auftrumpft. Daniela Bianchi erfreut als hübsches Bond-Girl, Eunice Gayson ist erneut in einer kleinen Rolle zu sehen, "Q" taucht erstmalig auf.

Noch immer einer meiner Lieblingsfilme mit 007. Die Blu-ray ist sehr ordentlich geworden.

8,5/10

Bad Boys Hunting (Kanada 2000) - Ein mittelprächtiger Thriller, dessen Handlung arg bemüht zusammengeschustert wurde. Pam Grier und Rutger Hauer retten den Streifen aus der völligen Belanglosigkeit. Grier nimmt ihr Image recht gelungen auf die Schippe, Hauer agiert mit der üblichen Coolness.

Kann man sich als Fan der Hauptdarsteller anschauen.

5/10

Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: So 24. Apr 2011, 23:03
von Blap
Die Fortsetzung der "Mega-Derrick-Sause"

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Cover der Derrick Collectors Box 3, welche die Folgen 16-30 enthält


Folge 43 - Ein Hinterhalt (Deutschland 1978)

Auf einer Landstrasse ereignet sich ein grauenvoller Unfall, hinter dem Steuer des Autos verbrennt ein Mensch. Der Wagen gehört de ansässigen Ärztin Dr. Marta Schwenn (Ruth Leuwerik), doch ein von ihr beauftragter Fahrer lenkte den Wagen. Alles deutet auf einen minutiös geplanten Anschlag hin, bei dem die falsche Person zu Tode kam. Dr. Schwenn tritt per Telefon mit ihrem Bruder Albert Kolpe (Traugott Buhre) in Kontakt, den sie seit Jahren nicht mehr gesprochen hat. Albert will seiner Schwester nicht zur Seite stehen, doch sein Sohn Bruno (Hans-Georg Panczak) macht sich umgehend auf den Weg zu seiner Tante. Brunos Motive sind nicht ehrenhaft. Vielmehr nutzt der junge Mann die unerwartete Gelegenheit, um seine Tante mit Ablehnung und Verachtung zu überschütten. Derweil stellen Derrick und Klein fest, dass die Ärztin im Umland nicht bei allen Patienten und Einwohnern beliebt ist. Besonders die Famlie Borsch ist nicht gut auf Dr. Schwenn zu sprechen. Der Unfall wurde mit einem gefällten Baum aus dem Wald des Landwirts herbeigeführt, den Unbekannte gezielt auf der Strasse platzierten. Ferner war Bauer Borsch (Toni Berger) der erste Zeuge am Ort des Unfalls, und sein Zorn auf Dr. Schwenn ist kein Geheimnis...

Schon Folge 41 (Tod eines Fans) inszenierte Alfred Vohrer überraschend seriös. In dieser Hinsicht geht Episode 42 sogar noch einen Schritt weiter, Vohrer verzichtet völlig auf Schlüpfrigkeiten oder sonstigen Popanz. "Ein Hinterhalt" ist der eindrucksvolle Beleg dafür, dass Alfred Vohrer auch als bodenständiger Regisseur rundum zu überzeugen vermag. Die zentralen Charaktere werden von Ruth Leuwerik, Traugott Buhre und Hans-Georg Panczak großartig gespielt. Ein Familiendrama mit genug Substanz für einen abendfüllen Spielfilm. Aufgrund der massiven Präsenz des "tragischen Trios", bleibt den übrigen Mitwirkenden nur der Part des schmückenden Beiwerks, abgesehen vom wie immer erstklassigen Horst Tappert. Nora Minor soll nicht unerwähnt bleiben, und auch Toni Berger liefert als aufbrausendes Landei eine gute Vorstellung ab. Lediglich die Darbietung von Antischauspieler Hans(i) Kraus spottet jeder Beschreibung, geht als klare Fehlbesetzung durch. Heiner Lauterbach ist in einer kleinen Rolle zu sehen.

Dank der punktgenauen Arbeit von Alfred Vohrer und des guten Drehbuchs, wird die Geschichte trotz der überschaubaren Spielzeit nicht oberflächlich erzählt. Die Auflösung ist bitter und traurig, kommt aber teilweise als kleiner Hoffnungsschimmer am Horizont daher. Alfred Vohrer kann auch ernsthaft, selbst ewige Skeptiker sollten bei dieser Folge keinen Grund zur Kritik finden. Bekanntlich schätze ich den "wüsten Vohrer" sehr, doch mir gefällt auch diese Seite des Regissseurs.

7,5/10 (gut bis sehr gut)


Folge 44 - Stein's Tochter (Deutschland 1978)

Die neunzehnjährige Schülerin Cosima Stein (Katerina Jacob) ist mit dem deutlich älteren Alexander Bork (Hartmut Becker) verlobt, der zusammen mit einem Typen namens Pohlmann (Hans Zander) eine angesagte Discothek betreibt. Nach einem fröhlichen Abend bringt Bork seine Verlobte nach Hause. Cosima lebt noch bei ihrem Vater, dem Lehrer Oswald Stein (Thomas Holtzmann), der gleichzeitig auch ihr Klassenlehrer ist. Plötzlich fallen zwei Schüsse, Alexander bricht tödlich getroffen zusammen. Derrick und Klein finden Cosima völlig aufgelöst vor, auch ihr Vater ringt mühsam um Fassung. Bei den Ermittlungen ergeben sich zahlreiche Verdachtsmomente. Oswald Stein hatte keine hohe Meinung von seinem Schwiegersohn in spe, lässt aber auch kein gutes Haar an seinen Schülern, die laut seiner Meinung einen schlechten Einfluss auf seine Tochter ausüben. Heinz Betzky (Markus Boysen), ein Klassenkamerad Cosimas, rückt in den Mittelpunkt der Nachforschungen, denn der Ermordete spannte ihm Cosima vor einem halben Jahr aus. Finanziell profitiert Pohlmann vom Ableben seines Teilhabers, die ertragreiche Discothek fällt nun vollständig in seinen Besitz.

"Stein's Tochter" beginnt frisch und fröhlich. Die damals sehr hübsche Katerina Jacob, tanzt verliebt und ausgelassen zu den Klängen von "Don't let me be misunderstood". Der Song zieht sich wie ein roter Faden durch die Folge, passt trotz teils offenkundig gegensätzlicher Stimmung immer "irgendwie" in das Geschehen. Die Stars dieser Episode sind Katerina Jacob, Thomas Holtzmann und Markus Boysen. Jacob stürzt von ihrer Wolke hinuter, wird brutal in einen Höllenschlund gerissen. Ihre Darbietung ist kraftvoll und packend. Markus Boysen gibt den vordergründig obercoolen Jungspund, hinter dessen glatter Fassade sich echte Gefühle verstecken. Den Vogel schiesst jedoch Thomas Holtzmann ab, der sich locker den Preis für den "schrecklichsten Lehrkörper des Landes" verdient. Als Oswald Stein dämonisiert er seine Schüler regelrecht, hält sie für verantwortungslose, haltlose und ruchlose Ungeheuer.

Wolfgang Becker konnte bei dieser Folge auf ein solides Drehbuch zurückgreifen, lediglich die Auflösung ist (für meinen Geschmack) eine Spur zu geradlinig. Der ewig währende Konflikt der Generationen wird interessant beleuchtet, die Einblicke sind teils befremdlich, nahezu erschreckend. Von wem der wahre Schrecken ausgeht? Findet es bitte selbst heraus! Eine starke Folge, die Lust auf mehr, mehr, meeehr macht...!

7/10 (gut)

Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: Do 28. Apr 2011, 15:05
von Blap
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Cover des Schubers der ungekürzten Fassung aus Österreich


The Mother of Tears (Italien 2007, Originaltitel: La terza madre)

Die verspätete Mutter

Bei Ausgrabungen findet man einen alten Sarg, an dem eine Truhe mit rätselhaftem Inhalt befestigt ist. Die ansehnliche Schatulle wird an ein Museum in Rom geschickt, der Wissenschaftler Michael Pierce (Adam James) soll den Fund untersuchen. Da Pierce momentan nicht im Hause weilt, öffnen Sarah Mandy (Asia Argento) und eine Kollegin den hölzernen Behälter. In der Kiste findet man so seltsame wie faszinierende Artefakte vor. Doch als Sarah flugs ein Buch als Übersetzunghilfe für alte Schriftzeichen aus der Bibliothek holt, wird sie bei ihrer Rückkehr Zeugin eines grauenvollen Szenarios. Ihre Kollegin wird von fürchterlichen Gestalten regelrecht zerfleischt, nur knapp kann sich Sarah dem schrecklichen Treiben per Flucht entziehen. Die Polizei schenkt den Ausführungen der jungen Frau keinen Glauben, zu befremdlich und phantastisch mutet ihre Aussage an. Bald wird Rom von einem Strudel aus Gewalt und Terror ergriffen, Mater Lacrimarum kehrt zurück! Wer kann die Mutter der Tränen aufhalten? Noch ahnt Sarah nichts davon, dass sie über magische Kräfte verfügt...

Lange, lange habe ich die Sichtung von "La terza madre" vor mir hergeschoben. Doch in der vergangenen Nacht konnte ich mein Verlangen nicht länger im Zaum halten, endlich wanderte die DVD in den Player. Die Mutter der Tränen tritt ein übergrosses, geradezu gigantisches Erbe an. Dario Argento startete seine legendäre "Mütter-Trilogie" bekanntlich bereits 1977 mit "Suspiria", 1980 folge der zweite Teil namens "Inferno". Beide Werke gelten längst als Klassiker des Horrorkinos, haben in all den Jahren nichts von ihrem Reiz, ihrer Wirkung eingebüßt. Kann sich der lang erwartete Abschluss der Trilogie mit seinen Vorgängern messen, zumindest halbwegs an diese Meisterwerke anknüpfen? Die Antwort ist so wenig überraschend wie gleichermaßen ernüchternd. Nein, an "Suspiria" und "Inferno" reicht "La terza madre" nicht heran, zu keiner Zeit, in keiner Disziplin!

Doch macht der Vergleich tatsächlich Sinn? Ist dieser Vergleich -nach all den Jahren, die zwischen den Filmen liegen- überhaupt angemessen, erlaubt und ansatzweise fair? Ja und nein! Wie meinen? Ja, denn immerhin soll dieser Film eine Trilogie vollenden. Nein, denn in den fast drei Jahrzehnten, die bekanntlich seit "Inferno" verstrichen sind, hat sich das "Filmemachen" sehr stark verändert. Von dem Rausch aus Farben und Klängen, der hypnotisch und eindringlich über den Zuschauers kam, sich in jeder Pore, jeder Zelle bemächtigte, bis in die hintersten Winkel des Bewusstseins kroch, ist in der "Tränen-Mama" nicht mehr viel übrig geblieben. Nein, ein weiterer Klassiker ist Dario Argento nicht gelungen. Ja, der Film macht trotzdem Freude, auch wenn er weitaus gewöhnlicher ausgeführt ist, nur noch selten das Genie des Meisters erkennbar wird.

Teils wurde die angeblich ausufernde Gewalt in "The Mother of Tears" angeprangert, mit der Argento vom Mangel an Substanz ablenken will. Aber seinen wir ehrlich, übertreibt Argento es tatsächlich, ertränkt er seinen Film in einem Regen aus Blut und Gedärm? Sicher nicht, obschon es die eine oder andere rustikale Szene zu sehen gibt. Argento begibt sich nicht auf das übliche "Folter-Slasher-Niveau", nutzt die Momente des Mettguts nicht als sinnfreien Selbstzweck, sondern versucht (IMHO überwiegend durchaus gelungen) damit die Atmosphäre zu verstärken. Dennoch muten die ruppigen Szenen nicht so stimmig an, wie man es aus anderen Filmen des Italieners kennt. So kommt z.B. "Suspiria" auch nicht ohne blutige, sadistische Momente aus, aber dort sind sie wie gemalt ausgeführt, kommen trotz ihrer offensiven Art schaurig-schön daher. Nicht die blutigen Szenen sind es, die "Mother of Tears" gewöhnlich erscheinen lassen. Es ist vielmehr die weitgehende Abwesenheit besonderer Momente, der Mangel an "Argento-Feeling". Wo sind die unfassbar genialen Kamerafahrten, wo ist das unglaubliche Gespür für Atmosphäre, Architektur, Farben und Formen? Es ist nicht verloren, doch blüht nur zaghaft im Hintergrund, blitzt immer nur kurzzeitig auf.

Wie ist es um die Damen und Herren vor der Kamera bestellt? Die Hauptrolle wird von Asia Argento gespielt, die Tochter des Regisseur arbeitete schon zuvor mit ihrem Vater zusammen. Asia spaltet oft die Gemüter, ich mag ihre direkte Art, ihre stets (mehr oder weniger stark ausgeprägte) nuttige Billigkeit, in der sich bei genauer Betrachtung eine erstaunliche Tiefe erkennen lässt. Die Darstellung der in einen Taumel des Grauens stürzenden Sarah gelingt Asia Argento gut, ich habe nichts an ihrer Darbietung zu bemängeln. Valeria Cavalli bringt die magisch begabte Sarah auf den richtigen Weg. Sie verleiht ihrer Rolle der Seherin Marta Colussi ein natürliche Wärme, gepaart mit der unaufdringlichen Attraktivität einer reifen Dame. Daria Nicolodi taucht als Geistererscheinung auf, spricht ihrer Tochter Mut zu. Eine sinn- und reizvolle Besetzung, da Dario Nicolodi bekanntlich auch im wahren Leben die Mutter von Asia Argento ist. Eine gewisse Moran Atias sehen wir als Mater Lacrimarum. Leider sind ihre schauspielerischen Qualitäten nicht der Rede wert, aber immerhin erfreut sie uns mit schmackhaften Einblicken (zu den Auftritten der "Tränen-Mutti" später noch ein paar Worte). Adam James gibt den zunehmend in Bedrängnis geratenden Wissenschaftler zufriedenstellend, kann aber keine Glanzpunkte setzen. Immerhin schlägt er sich besser als die sehr blassen Herren Cristian Solimeno und Robert Madison, die als Polizisten machtlos der unfassbaren Gefahr gegenüberstehen. Richtig gut ist der kurze Auftritt von Philippe Leroy, der als Alchimist einen sehr ambivalenten und reizvollen Part spielen darf. Udo Kier soll nicht unerwähnt bleiben, seine Szenen sorgen für Gekeife, Gegeifer und ein Blutbad. Insgesamt kann man dem Ensemble ein gutes Zeugnis ausstellen, auch wenn nicht alle Mitwirkenden rundum zu überzeugen vermögen.

An dieser Stelle muss ich erneut auf die optische und inszenatorische Qualität des Films eingehen. Zunächst war ich wenig angetan von den Szenen, in denen Mater Lacrimarum höchstselbst auftaucht. Besonders im Finale scheint Argento nicht mehr in der Spur zu sein. Aber ist dem tatsächlich so? Betrachte ich Mater Lacrimarums "finale Messe" mit Wohlwollen, fühle ich mich unweigerlich an ein Theaterstück erinnert, mutet die Inszenierung gar wie eine Verneigung vor dem Theater an. Einem Könner wie Dario Argento möchte ich daher unterstellen, dass er ganz bewusst diese Ausrichtung gewählt hat. Wirkliches Geschwächel stellt sich ein, wenn digitale Effekte in den Vordergrund treten. Von anderem Kaliber sind die Makeup-Arbeiten des bewährten Sergio Stivaletti. Argento hätte gut daran getan sich stärker auf "CGI-freie" FX zu konzentrieren, wäre besser mit Modellen, Masken und Prothesen gefahren (Immer wenn altbewährte Techniken zum Einsatz kommen, fügen sich die Effekte ansprechend in den Film ein). Die Musik steuerte Claudio Simonetti bei, der schon seit einer gefühlten Ewigkeit mit (und ohne) Goblin für Dario Argento tätig ist. Simonetti verlässt sich auf erprobte Zutaten, insgesamt tönt der Score aber zurückhaltender -und etwas beliebiger- als manch andere Arbeit des Musikers.

Was bleibt nach der ersten Sichtung von "La terza madre"? Ein Tal der Tränen? Eine überraschender Volltreffer? Nein, ein unterhaltsamer und angenehmer Horrorbeitrag, der zwar als Abschluss der Trilogie nur eingeschränkt funktioniert, aber weit von einem Desaster entfernt ist. Schon allein für sein Durchhaltevermögen verdient Dario Argento unseren Respekt!

Für den deutschen Markt wurde der Film leider gekürzt, Abhilfe schafft z.B. die Scheibe aus Österreich. Die Qualität der DVD geht in Ordnung, das Making of bietet zwar nur den üblichen Sülz, lohnt für den Argento-Fan aber trotzdem. Neben der Amaray-Version im Schuber, wurde die Disc auch in einer limitierten grossen Hartbox angeboten.

Uff, nun also die unselige Wertung per Zahlenraster. Werte ich den Film als eigenständiges Werk, ziehe ich gern solide 7/10 (gut). Es ist nur Nebelstocherei, doch hätte Dario Argento "La terza madre" bereits vor 25 Jahren realisiert, wäre der Regisseur vermutlich in der Lage gewesen, die Trilogie mit einem dritten Meisterwerk zu vervollständigen.

Lieblingszitat:

"Ich muss kämpfen, ich muss kämpfen!"
"Beruhigen Sie sich. Bitte! Nehmen Sie ihre Tropfen."


***

Ferner gab es noch:

Die Folterkammer des Hexenjägers (USA 1963) - Frei nach "Der Fall Charles Dexter Ward" von H. P. Lovecraft, wurde dieser Roger Corman Streifen als weitere Edgar Allan Poe Verfilmung vermarktet. Vincent Price ist einmal mehr brilliant, die märchenhafte Atmosphäre ein Traum! Die DVD von e-m-s ist ordentlich, jeder Gruselfan sollte zugreifen!

7,5/10 (gut bis sehr gut)

Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

Verfasst: So 1. Mai 2011, 12:30
von Blap
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Cover der Derrick Collectors Box 4, welche die Folgen 46-60 enthält


Folge 47 - Solo für Margarete (Deutschland 1978)

Finstere Gestalten laden neben einer Strasse die brisante Ladung ihres Fahrzeugs ab. Als sie sich mit ihrem PKW entfernen wollen, verlieren sie beim Anblick eines Polizeiwagens die Nerven. Trotz einer wüsten Verfolgungsjagd können die Verdächtigen entkommen. Wenig später scheint die Ursache für die Flucht geklärt zu sein, man findet am Ausgangspunkt der Hatz die Leiche einer jungen Frau. Zunächst ist die Identität der Toten nicht feststellbar, doch nach einem Zeitungsaufruf meldet sich eine ältere Dame. Margarete Wenk (Lisa Kreuzer) wohnte bei der Anruferin zur Miete. Als Derrick und Klein die Wohnung aufsuchen, müssen sie die alte Dame aus einer misslichen Lage befreien, sie wurde von maskierten Gaunern überfallen. Die Burschen durchwühlten Margaretes Zimmer, erneut entkommen die Täter unerkannt. Eine erste Spur führt die Ermittler in einen Club, in dem der Gitarrist Alexis (Horst Buchholz) mit seiner Band Abend für Abend vom Publikum gefeiert wird. Alexis gibt bei der Befragung an, dass ihm Margarete nicht bekannt sei. Als Ursula Wenk (Lisa Kreuzer) bei Derrick auftaucht ist die Überraschung gross, denn sie sieht ihrer Schwester äusserst ähnlich. Derrick erkennt sofort die unverhoffte Chance, er konfrontiert den schwer drogenabhängigen Alexis mit Ursula Wenk...

Nach den Folgen 41 (Tod eines Fans) und 45 (Klavierkonzert), steht erneut ein Musiker im Zentrum der Ermittlungen. Der Kriminalfall rückt in den Hintergrund, die Auflösung dürfte nahezu jeder Zuschauer erahnen. In erster Linie schildert "Solo für Margarete" das Drama um einem talentierten Musiker, der vom Heroin nahezu aufgefressen wird. Horst Buchholz gelingt eine überzeugende Vorstellung, obschon er nicht ganz die Qualität eines Tommi Piper erreicht, der in Folge 41 brilliant aufspielte. Lisa Kreuzer passt auf den ersten Blick nicht in die Rolle einer "Rockmusikerbraut", doch letztlich entpuppt sich ihre Besetzung als mutige Lösung abseits der gängigen Klischees. Jacques Breuer sehen wir als überforderten Bruder und Manager des Stars. Susanne Beck konnte in Folge 30 (Yellow He) einen bleibenden Eindruck hinterlassen, hier muss sie sich jedoch mit einer kleineren Nebenrolle begnügen. Diverse Fratzen runden das solide Ensemble ab, schauspielerisch gibt es kaum ernsthafte Kritikpunkte. Zwar gehe ich meist nicht auf die (immer gute) Leistung von Horst Tappert ein -weil es auf Dauer ermüdend wäre- doch an dieser Stelle ist es wieder an der Zeit für ein besonderes Lob. Wie Tappert souverän von "dezent schelmisch" zu "aufrichtig mitfühlend" oder "natürlich autoritär" umschaltet, das ist schon aller Ehren wert, großartig!

Wer auf ein schwer zu knackendes Kriminalrätsel hofft, der ist bei dieser Folge an der falschen Adresse. Mir gefällt der Drift in Richtung "Psychologisches Drama", auch die Entscheidung Lisa Kreuzer entgegen der Erwartungshaltung zu besetzten halte ich für clever. Wenig kreativ und reichlich abgeschmackt kommt jedoch der Blick auf die Rockmusiker daher, bei dem Autor Herbert Reinecker dann doch noch mit Anlauf in die Klischeefalle latscht. Der Soundtrack zu "Solo für Margarete" ist rockig und stimmungsvoll geraten, besser hätte man diese Aufgabe kaum lösen können, beide Daumen zeigen klar nach oben. Michael Braun macht seinen Job als Regisseur sehr ordentlich, die Schwachstellen im Drehbuch gehen nicht auf seine Kappe. Ich mag diese Folge, vermutlich wegen der tollen "Spät-Siebziger-Atmosphäre" & dem starken Score.

7/10 (gut). Mit ein wenig mehr Mut und Fingerspitzengefühl des Autors, hätte "Solo für Margarete" eine grandiose Spitzenfolge werden können!


Folge 48 - Lissas Vater (Deutschland 1978)

Elsa Hassler (Christine Wodetzky) wird immer wieder von ihrem geschiedenen Ehemann Ludwig Heimer (Heinz Bennent) belästigt, vom dem sie sich vor einigen Jahren wegen dessen Alkoholsucht trennte. Längst ist Elsa wieder verheiratet, auch ihre Tochter Lissa (Anne Bennent) hat den neuen Mann ihrer Mutter als Vater akzeptiert. Georg Hassler (Ulrich Haupt) ist ein wohlhabender Geschäftsmann, die Familie bewohnt ein dementsprechend großzügiges Anwesen. Eines Abends bittet Hassler seinen Mitarbeiter Schröder (Thomas Astan) zu sich nach Hause. Da Heimer erneut Drohungen ausgesprochen hat, will Hassler seine Frau und Lissa nicht alleine lassen, die anfallenden Arbeiten lassen sich mit Schröder auch in den eigenen vier Wänden erledigen. Als sich der Mitarbeiter auf den Heimweg macht fallen Schüsse, Schröder wird von drei Kugeln tödlich getroffen. Sofort fällt der Verdacht auf Ludwig Heimer, der offenbar in seinem Wahn den falschen Mann erschossen hat...

Erneut bekommen wir es mit einer Art Drama zu tun, welches den Kriminalfall ein wenig an den Rand drängt. In diesem Fall geht die Rechnug leider nicht auf, denn wenn schon der Täter ohne Schwierigkeiten für den Zuschauer erkennbar ist, sollte man zumindest wirklich interessante Charaktere am Start haben. Zwar sind die Leistungen der Schauspieler überwiegend solide, doch fehlt es an echter Tiefe und Wiedererkennungswert. Ullrich Haupt nimmt man den aalglatten Unsympathen ab, Christine Wodetzk finde ich eine Spur zu anstrengend. Heinz Bennent hat nicht die Chance seinen Part ansprechend auszugestalten, es reicht nur zum eher plump gezeichneten Hauptverdächtigen. Anne Bennent spielt ein extrem verstörtes Kind, was freilich zur Handlung passt, das Rätselraten aber sehr schnell aushebelt.

"Lissas Vater" zieht (zu) vorhersehbar seine Kreise. Da die die Folge aber auch nur eingeschränkt als fesselnde Charakterstudie funktioniert, haben wir es mit einem unterdurchschnittlichen Derrick Beitrag zu tun. Trotz einiger Kritikpunkte, gibt es genügend positive Eindrücke, die die Folge vor dem Sumpf der absoluten Mittelmäßigkeit bewahren. Sehr positiv ist mir diesmal die Musik von Frank Duval aufgefallen, die sich überwiegend abseits seiner üblichen Ergüsse bewegt. Alfred Vohrer inszenierte mit Routine, bringt trotz des schwachen Drehbuchs passable Unterhaltung auf den Bildschirm.

6/10 (obere Mittelklasse)


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Das gab es noch:

Born to raise Hell (USA 2010) - Wieder ein netter B-Actioner mit Kampfklops Steven Seagal. Die Handlung bewegt sich in den üblichen Bahnen, der Plot wurde um amerikanische Drogenermittler in Osteuropa gestrickt. Hier ein wenig Geballer, dort ein paar aufs Maul, ab und an ein unglücklich gedoubelter Seagal (Was sich aber im Rahmen hält, in einigen anderen Streifen aus den letzten Jahren war Big Stevie weitaus fauler). Ich mag die in Osteuropa gedrehten B-Actionflicks sehr gern. Leider nutzt man den herben Charme Rumäniens kaum, in dieser Hinsicht hat manch anderer Genrebeitrag weitaus mehr zu bieten.

Richtig schlecht (wie erwartet) sind die Szenen in denen der Kampfklops sich mit seiner Lebensabschnittsgefährtin vergnügt. Zusätzlich hat man ihm auch noch die unattraktivste aller mitwirkenden Damen zur Seite gestellt, während in den Reihen der Bösewichte recht ansehnliche Fahrgestelle durchs Bild sausen. Kamera und Schnitt sind mir eine Spur zu hektisch, doch insgesamt wurde ich gut unterhalten. Für Fans eine überwiegend runde Sache, angenehme Genreunterhaltung für Freunde der knuffigen Prügel-Presswurst. Die Blu-ray aus dem Hause Splendid kommt in angemessener Qualität daher, in Bonusbereich findet man diverse Trailer, die Ausstattung ist folglich recht mager.

6,5/10 (oberste Mittelklasse)