Maulwurfs Hör-Bar

Moderator: jogiwan

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Maulwurf
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Tupelo
Nick Cave & The Bad Seeds

7"-Single - 1985

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Der Regen geht hernieder in der Nacht, in der der König geboren wird, und ein großes Unglück geschieht. Nick Cave ist bekennender Elvis-Fan, und singt hier über die Nacht in der Elvis Presley in Tupelo MS auf die Welt kam. Als Zweitgeborener eine Zwillingspaars, doch sein älterer Bruder starb nur wenige Stunden nach der Geburt. Womit dann auch der Titel des Albums, The firstborn is dead, erklärt ist. Wie so oft bei Cave mystisch verbrämt, und wenn er vom King singt ist nie so ganz klar, ob er Gott meint oder Elvis. Oder beide ...

Musikalisch habe ich das Stück schon immer mit einer Gewitternacht verbunden, so rumpelig kommt es manchmal daher. Mick Harveys Bass sorgt für fortwährendes Unbehagen, und der polternde Rhythmus zaubert dicke Regenwolken vor die Augen des Zuhörers, während das Unheil in der kleinen Stadt seinen Lauf nimmt. So zumindest empfinde ich das Stück, vielleicht sollte man aber auch keine Texte von Silvia Szymanski lesen, bevor man eigene Sachen schreibt ... :palm:


Nick Cave & The Bad Seeds - Tupelo
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Kicking against the pricks
Nick Cave & The Bad Seeds

LP - 1986

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Dass Nick Cave das Talent hat, Lieder anderer Künstler zu seinen ganz eigenen Stücken zu machen, erwähnte ich ja schon, und es war immer sein Traum, ein ganzes Album nur mit Cover-Versionen aufzunehmen. Mit Kicking against the pricks hat er sich diesen Traum erfüllt. Viel Gospel, viel Blues, jaja der Herr Cave ist ein fleißiger Sänger im Chore des Herrn, und ein wenig Country prägen dieses Album. Und spannenderweise sind die beiden Interpretationen aus der Rockmusik, Hey Joe und All tomorrow's parties, gerade die schwächeren Stücke (Alex Harvey's The hammer song ist die Ausnahme die die Regel bestätigt). Aber auf der einen Seite sind Stücke wie Muddy waters oder Johnny Cashs The singer wunderbare und dunkle Perlen eines großartigen Künstlers, auf der anderen Seite zeugen auch und gerade Songs wie die Traditionals Jesus met the woman at the well oder The carnival is over von Caves Fähigkeit, sich auch anderen musikalischen Richtungen zu öffnen und sie zu seinen persönlichen Songs zu machen.

Kicking against the pricks war nie mein Lieblingsalbum von Nick Cave, aber beim letzten Hören habe ich einen ganz neuen Zugang zu dieser Phase seines Schaffens bekommen. Mit diesem Album liess er seine musikalische Vergangenheit endgültig hinter sich und öffnete sich ganz anderen Wegen, ganz anderen Klängen. Ein schönes und wichtiges Album mit viel guter Musik.


Nick Cave & The Bad Seeds - Long black veil
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Your funeral ... My trial
Nick Cave & The Bad Seeds

Doppel-12" - 1986

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Spätestens mit dieser Doppel-Maxi hat Nick Cave nun seinen Stil gefunden, der ihn mindestens die nächsten Alben begleiten wird. Kleine skurrile Perlen, voller düsterer Musikalität, mit abgründigen Texten und einem ganz eigenen Flair. Spätestens ab hier wird es schwierig, jedes Mal etwas Neues zu schreiben, denn ab nun wird Cave seiner Linie erstmal treu bleiben: Er erfindet sich mit jedem Album neu, ohne dabei aber den eingeschlagenen Weg zu verlassen. Eigentlich eine Meisterleistung, und wenn man, so wie ich, seine Musik liebt, kann man da auch nichts verkehrtes dran finden.

Your funeral ... My trial ist bis auf den Opener und das etwas kracherte Schlussstück eine unglaublich finstere und abgrundtief schwarze Ode an Tod und Verderben. Die Geschichte aus The carny würde ich gerne mal von Tod Browning verfilmt sehen, damit man sich so in etwa die vorherrschende Stimmung vorstellen kann. Wobei auch einige Uptempo-Nummern ordentlich Gas geben und sich mit ihrem Groove unwiderstehlich in die zuckenden Beine fressen. Eine wunderbare kleine Perle in Caves Schaffen, ein Highlight, das ich auf keinen Fall in der Sammlung missen möchte.


Nick Cave & The Bad Seeds - She fell away
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

The mercy seat
Nick Cave & The Bad Seeds

12"-Maxi Single - 1988

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Das Lied eines (unschuldig? Cave singt selber, dass sie alle unschuldig sind ...) zum Tode Verurteilten auf dem Weg zum elektrischen Stuhl. So gut, so düster. Leider muss ich konstatieren, dass das Stück mittlerweile ein klein wenig gealtert ist, und der krachige Hintergrund nicht mehr so gut reinfährt wie noch vor ein paar Jahren, auch wenn der Rhythmus selbst beim dritten Hören innert einer halben Stunde immer noch mitzieht. Die A-Seite ist für mein Empfinden auch nicht wirklich gut abgemischt, da ist der Video-Mix auf der B-Seite irgendwie hörtauglicher. Zum Mitsingen beim Autofahren eignet sich The mercy seat immer noch hervorragend, aber es gibt besseres von Cave.


Nick Cave & The Bad Seeds - The mercy seat
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Tender prey
Nick Cave & The Bad Seeds

LP - 1988

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Mit diesem Album habe ich mich schon immer schwer getan, und ich bekomme auch jetzt noch keinen Zugang dazu. Liegt es an der verwaschenen Produktion, die einen Soundbrei erzeugt, anstatt glasklare Klänge ineinander zu weben und damit die Dynamik der Band hervorzuheben? Liegt es an den Kompositionen, denen anscheinend der letzte Schliff fehlt, das letzte bißchen Überarbeitung, und die vor allem oft um genauso so viel zu lang sind, dass sie einfach nur nerven? Oder liegt es daran, dass hier die Texte zwar voller düsterer Bosheiten sind, und sicher in hohem Maße lesens- und hörenswert, aber mit ihrer Intensität möglicherweise die Musik in den Hintergrund drängen? Hier passt das, zumindest für meine Ohren, alles irgendwie nicht so recht zusammen - Ich sitze auf dem Sofa, höre Nick Cave, und bin genervt. Genervt von den Liedern, die an keiner Stelle so richtig in den Flow kommen, genervt von dem schlechten Sound der Produktion, genervt von allem ...

Mit Tender prey habe ich mich schon immer schwer getan, und ich werde dieses Album sicher niemals lieben. Es gibt besseres, vor allem von Nick Cave. Gerade von Nick Cave ...


Nick Cave & The Bad Seeds - Sugar sugar sugar
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von buxtebrawler »

Blap hat geschrieben: Mo 26. Aug 2024, 09:42
Arkadin hat geschrieben: So 25. Aug 2024, 21:40 Und die reduzierte Produktion von Rick Rubin mag ich da auch sehr.
Loudness Terror bis die Ohren bluten. Lässt sich gut überprüfen am Beispiel "Hurt". Wobei man leider sagen muss, es gibt Alben mit noch weniger Dynamik, dafür aber noch mehr deutlich hörbaren Verzerrungen. "Eigentlich" beschäftige ich mich kaum noch mit dem Thema Klangqualität, aber wenn es tatsächlich in den Ohren schmerzt, möchte ich den Verantwortlichen deren Lauschlappen langziehen. :basi: :D
Um noch mal auf Johnny Cash zurückzukommen: Country ist eigentlich nicht meins, Cash ist, was den Geist (und manchmal auch den Sound) seiner Songs betrifft, für mich aber nah am von mir goutierten klassischen Rock'n'Roll. Früher kannte ich nur seine geläufigen Evergreens, bis mir mal nachdrücklich seine beiden Gefängnis-Live-Alben nahegelegt wurden. Die besorgte ich mir seinerzeit beide und war ziemlich angetan. Nach und nach legte ich mir seine relevanten Studioalben aus der Frühphase sowie die "American Recordings"-Reihe zu, die ich ebenfalls sehr schätze.

Zum "Loudness War": Dieses Phänomen entsteht meines Wissens weder bei der Produktion noch beim Abmischen, sondern erst beim Mastern. Da ich mir nicht vorstellen kann, dass Rubin persönlich diese Alben gemastert hat, bin ich mir nicht sicher, ob er der richtige Adressat für diese Kritik ist...?
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Blap »

Naja, es fällt schon auf, dass von Rubin produzierte Alben oft in diese Richtung tendieren. Loudness War ist schon lange ein Problem, fällt aber im Zusammenhang mit dieser Person besonders deutlich auf ...

🤷🏻‍♂️

Ähm ... Zwei Sätze, eine Aussage. Ich werde langsam senil ... 😬😆
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Maulwurf
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

The ship song
Nick Cave & The Bad Seeds

12"-Maxi-Single - 1990

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Musik für faule Sonntagnachmittage. Entspannt, träge, traurig, schön ... :n8:


Nick Cave & The Bad Seeds - The train song
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

The good son
Nick Cave & The Bad Seeds

LP - 1990

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Die vorher veröffentliche Single The ship song kündigte es bereits an: Mit dem Album The good son aalt sich Nick Cave in traurigen und langsamen Stücken, die trotzdem nicht einer gewissen Leichtigkeit entbehren. Einzig der Call & Response-Blues The witness song drückt aufs Tempo und erzeugt die dringend benötigte Power. Aber alle anderen Songs sind im unteren Low Tempo-Bereich angesiedelt und dazu noch raffiniert-sparsam instrumentiert. Bei The ship song schrieb ich "Entspannt, träge, traurig, schön", und das trifft bis auf die eine Ausnahme das gesamte Album. Was nicht negativ gemeint ist, wenn man weiß was hier auf einen zukommt. Die Stücke sind wirklich schön, und das Zuhören macht Spaß und entspannt, aber es passiert mehr zwischen den Rillen, wenn ihr wisst was ich meine. Die Depressionen werden dem Hörer nicht offensiv um die Ohren gehauen, er stürzt sich hinterher eher unfreiwillig aus dem Fenster :palm:

Ein schönes Album, voller trauriger und entspannter Musik, in das man sich so richtig hineinkuscheln kann. Vor allem nach dem Abmisch-Chaos bei Tender prey ist die gute Produktion eine wahre Wohltat, und die grazilen Kompositionen ebenfalls. Aber irgendwann kann Herr Cave die rockigen Stücke gerne auch mal wieder auspacken ...


Nick Cave & The Bad Seeds - Lament
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Henry's dream
Nick Cave & The Bad Seeds

LP - 1992

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Well, I thought about my friend Michel
How they rolled him into linoleum
And shot him in the neck
A bloody halo, like a think-bubble
Circling his head


Henry's dream hat zwei Seiten. Die Balladen sind in Ordnung, sind hübsch zu hören, und bis auf eine Ausnahme feiner Nick Cave-Stoff. Die eine Ausnahme ist When I first came to town, das mit seiner christlichen Ausrichtung textlich schwer in Richtung Peinlich geht, auch wenn die Musik nicht schlecht ist.
Die andere Seite sind die, ich sag mal, härteren Nummern. Da haut der Herr Cave dieses Mal aber so richtig auf die Kacke! So düster, so verkommen, so abgrundtief böse war er glaube ich noch nie, und wenn man mich nach dem musikalischen Äquivalent zu Torture-Porn fragen würde, da würde mir Henry's dream ziemlich schnell zu einfallen. Großartig instrumentiert, ordentlich produziert, und so garstig wie der Hausmeister vom Kleinejungeninternat persönlich ...

I went out walking the other day
The wind hung wet around my neck
My head it rung with screams and groans
From the night I spent amongst her bones


Das Album habe ich heute so ungefähr zum zweiten Mal gehört, und bin schwerstens beeindruckt von der musikalischen und textlichen Bosheit. Als Einstieg in die Welten des Nick Cave schwerstens empfohlen!

I got a woman
She rules my house with an iron fist



Nick Cave & The Bad Seeds - Jack the ripper
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