Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn Blap.

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Blap
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Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

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Cover der US-DVD von Mondo Macabro


Girl Slaves of Morgana Le Fay (Frankreich 1971, Originaltitel: Morgane et ses nymphes)

Lust und Leid in der Traumwelt

Die Freundinnen Françoise (Mireille Saunin) und Anna (Michèle Perello), fahren mit dem Auto durch das französische Hinterland. Als sie den Gasthof in einer kleinen Ortschaft aufsuchen, rät ihnen der Wirt zur schnellstmöglichen Weiterreise. In der Tat sehen die übrigen Anwesenden nicht sonderlich freundlich aus, so entschliessen sich die jungen Damen zum Aufbruch. Inzwischen legt sich die Nacht wie ein dunkles Tuch über das Land, die Reise wird zur Irrfahrt, schliesslich ist der Tank leer. Kein Grund zur Panik, Françoise und Anna finden eine gemütliche Scheune, erleben dort eine romantische und anregende Nacht. Am nächsten Morgen ist Anna jedoch spurlos verschwunden. Françoise trifft auf einen Zwerg namens Gurth (Alfred Baillou), der ihr den Weg zu ihrer verschollenen Freundin weisen will. Zunächst durchquert das ungleiche Duo einen Wald, am Ufer eines Sees wartet ein kleines Boot auf die Suchende. Wie von Geisterhand gezogen gleitet das Boot über das Gewässer, bringt Françoise zu einem malerisch gelegenen Château. Dort trifft die erstaunte Studentin auf andere junge Schönheiten, die allesamt der ebenso so schönen wie rätselhaften Morgane (Dominique Delpierre) dienen, ihr offenbar jeden Wunsch von den Lippen ablesen. Selbst Gurth ist Morgane verfallen, verzehrt sich regelrecht nach seiner Herrin. Während es von Anna nach wie vor keine Spur gibt, gerät Françoise in einen unheimlichen und faszinierenden Strudel, die reale Welt verschwindet unter der Regentschaft der mächtigen Morgane...

Wer meinen kleinen Kommentare ab und an liest, wird sicher schon schmunzelnd (oder befremdet, vielleicht genervt) bemerkt haben, dass ich "irgendwie" (fast) alle Filme liebe. Doch hin und wieder werde ich von einem Film ganz besonders stark gepackt, versinke noch tiefer als üblich in meiner Liebe und Leidenschaft (Danke, das Schwein für pathetisches Geschwafel ist damit endgültig bis zum Anschlag gefüllt). "Morgane et ses nymphes" ist eines dieser Werke, zu denen ich meiner Begeisterung am liebsten mit überlangen Ausführungen freien Lauf lassen möchte. Am allerliebsten jedoch einfach in Fettschrift verkünden möchte: Mit Worten ist dieser Film nicht angemessen zu beschreiben! Gebt euch einfach dem Genuss hin! Ok, ich werde es mir nicht ganz so einfach machen, aber ich verspreche mich so kurz wie möglich zu fassen.

Bruno Gantillon lieferte mit diesem Streifen sein Spielfilmdebüt ab, seine erste abendfüllende Regiearbeit. Umso erstaunlicher mutet das Ergebnis an, denn Gantillon hatte bereits damals ein sicheres Gespür für wunderschöne Bilder, Kulissen und Atmosphäre. Leider wurde nichts aus der grossen Karriere als Regisseur von Kinofilmen. Nur noch wenige entsprechende Beiträge finden sich in Gantillons Filmographie, aber der Franzose konnte sich als gefragter Mann für Fernsehproduktionen behaupten. Bei einem nicht allzu bekannten Film wie "Morgane et ses nymphes", der von einem nicht allzu bekannten Regisseur inszeniert wurde, wird der interessierte Filmfreund nach Anhaltspunkten fragen. Geht es um die Genrezuordnung, werden vermutlich Worte wie "Horror" und "Erotik" fallen. Doch hier erwartet uns kein Gänsehaut-Grusel wie der von Hammer oder Amicus, auch kein exploitativ-knuffiger Flick aus der Ecke Paul Naschy. Vielleicht ein psychedlischer Ritt ala "Früh-Siebziger-Jess Franco"? Nicht wirklich, obschon wir der Sache damit einen kleinen Schritt näher kommen. Bereits bei der Sichtung geisterte mir immer wieder der wohlklingende Name Jean Rollin durch den Kopf. Ja, ich denke damit haben wir einen guten Bezugspunkt gefunden. Sicher erreicht Bruno Gantillon nicht die Tiefe Rollins, ferner mutet sein Film zahmer an, dabei aber nicht weniger verträumt, vor allem sehr anschmiegsam.

Bitte erwartet keine Orgie aus Blut, Gedärm und Sex. Erotik gibt es in üppiger Dosierung, diese Momente sind aber stets sehr anmutig gefilmt, wirken nie sleazig. Nein, ich möchte von einem Märchen für "(un)erwachsene Träumer & Spinner" sprechen. Lässt man es zu, dass Morgana Le Fay ihre Reize ausspielt, darf man sich auf eine wunderschöne Traumreise freuen. Eine warme Kuscheldecke in ich mich voller Wonne einrolle, die Welt um mich herum vergesse. Bruno Gantillon zeigt uns eine wunderschöne Seite Frankreichs, die herrliche Landschaft wurde sehr ansprechend einbezogen, das alte Gemäuer ebenso. Inmitten dieser Traumwelt platziert, verwöhnen etliche schöne Frauen die Augen des Zuschauers, zu den Darstellern folgen gleich ein paar Worte. Wer nach Spannung, Special Effects oder gar Logik sucht, der wird diese Elemente nicht im Ansatz vorfinden, denn in diesen Disziplinen ist das Werk nicht am Start. Wozu auch, wer braucht Spannung, Schnickschnack oder gar Logik, wenn er stattdessen einen hinreißenden Traum erleben darf?

Betrachten wir die Damen, die uns mit ihrer Anmut die Nacht versüßen. Mireille Saunin und Dominique Delpierre sind in den beiden zentralen Rollen zu sehen, beide Frauen erweisen sich als erstklassige Wahl. Die wirklich liebreizende Mireille Saunin spielt ihren Part mit verführerischer Unschuld und süsser Sünde, eilt später mit dem Mut der Verzweiflung durch das Szenario. Dominique Delpierre strahlt eine extem packende Mixtur aus Attraktivität, Arroganz und Autorität aus, eine regelrecht mystische Aura scheint diese Frau zu umgeben. Wenn sie ihren Dienerinnen ewiges Leben, ewige Jugend und unvergängliche Schönheit verspricht, nimmt man ihr jedes einzelne Wort ohne Widerspruch ab! Für Mireille Saunin aka Françoise mag dies nicht gelten, aber ich will nicht zu viel verraten. Michèle Perello war später auch in HC-Produktionen zu sehen, sie spielt als selbstbewusste Anna nur zu Beginn die erste Geige. Morgane umgibt sich mit vielen Schönheiten, doch drei Damen bilden gewissermaßen ihre Leibgarde. Besonders Régine Motte aka Yael hat es mir angetan, neben Mireille Saunin für mich die anziehendste Frau in diesem Reigen aus Schönheit und Anmut. Es wäre müßig nun alle Namen aufzulisten, nur auf die einzige relevante männliche Rolle will ich noch ganz kurz eingehen. Der kleinwüchsige Alfred Baillou liefert eine beeindruckende Leistung ab. Wenn er seine Herrin Morgane voller Verzweiflung anschmachtet, leidet der Zuschauer mit dem kleinen und verzweifelten Mann. Aber Gurth ist gleichzeitig auch launisch und knarzig, der unendlich währende Liebeskummer hat tiefe Spuren hinterlassen.

Bruno Gantillon schüttet ein pralles Füllhorn über den Zuschauer aus. Dank der sehr stilsicheren Kamera von Jean Monsigny verfehlen die Bilder nie ihre Wirkung, der schöne Soundtrack rundet den prachtvollen Eindruck vortrefflich ab. Wer die reale Welt (was auch immer das sein mag) nicht loslassen kann, nicht dazu bereit ist sich der märchenhaften Welt von Morgana Le Fay zu öffnen, wird zu diesem Film kaum einen Zugang finden. Wer aber beim Namen Jean Rollin an behagliche Filmerlebnisse denkt -aber keine Kopie erwartet- der darf sich auf eine ganz, ganz bezaubernde Traumreise freuen, wird sich vielleicht auf Anhieb in dieses Werk verlieben.

Verzeiht mir meine manchmal allzu rührseligen Anflüge, aber ich bin noch immer berauscht von diesem Film! Zwecks Erdung wende ich mich nüchternen Fakten zu. Die aus den USA stammende DVD von Mondo Macabro ist sehr zu empfehlen. Der Film liegt in schöner Qualität vor, lediglich in wenigen Momenten macht die Kompression auf sich aufmerksam. Die Scheibe ist codefree, das Bonusmaterial interessant, man findet dort z.B. einen Kurzfilm von Bruno Gantillon. Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass der Flick ungekürzt und im korrekten Bildformat präsentiert wird. Der Ton liegt im französischen Original vor, englische Untertitel lassen sich zuschalten. Ein dickes Dankeschön an die Herrschaften von Mondo Macabro!

Soll ich diesem Knuffel nun abschliessend eine Bewertung in Zahlen auf den zarten Pelz brennen? Es schmerzt, ich wehre mich dagegen. Aber bitte, zunächst sollen es dicke 8,5/10 (sehr gut bis überragend) sein, mehr behalte ich mir für die nächsten Sichtungen vor.

Lieblingszitat:

Morgane: "Are you afraid?"
Françoise: "No, no. I follow logic."
Morgane: "That's the worst sickness. Here you can be cured of it."
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Jack Brooks: Monster Slayer (Kanada 2007, Originaltitel: Jack Brooks: Monster Slayer)

Die Mutationen des Robert E.

Im Kindesalter wird Jack Brooks Zeuge eines schrecklichen Vorfalls. Seine Familie wird bei einem Campingausflug von einem blutrünstigen Monster angefallen und getötet, nur der kleine Jack entkommt dem unfassbaren Grauen. Einige Jahre sind seither vergangen, inzwischen verdient Jack (Trevor Matthews) seine Brötchen als Handwerker, nach der Arbeit besucht er eine Abendschule. Der Verlust seiner Familie hat tiefe Spuren hinterlassen. Jack kämpft immer wieder mit massiven Wutausbrüchen, die er dank einer Therapie aber einigermaßen unter Kontrolle hat. Als ihn der Dozent Professor Gordon Crowley (Robert Englund) um seine fachmännische Hilfe bittet, macht sich Jack auf den Weg zu dem freundlichen Kauz. Crowley bewohnt ein altes Anwesen, Probleme mit den Wasserleitungen machen dem Professor zu schaffen. Leider scheint die Reparatur aufwendinger als vermutet, Jack muss zunächst ein Ersatzteil bestellen. Noch ahnt niemand etwas von den bizarren Ereignissen, die bald über die Abendschulklasse hereinbrechen werden. Etwas hat von Professor Crowley Besitz ergriffen, etwas unvorstellbar Böses! Vielleicht hätte Jack die eindringlichen Warnungen des verschrobenen Verkäufers Howard (David Fox), nicht als haltlose Spinnerei eines alten Schwätzers abtun sollen...

Diese kleine Horrorkomödie aus Kanada macht wirklich Spass. Allerdings spreche ich gleich zu Beginn eine Warnung aus, denn Hektiker werden mit diesem Film nicht glücklich! Das Drehbuch nimmt sich Zeit, stellt den "Helden" recht ausführlich vor, auch sein nahes (sehr überschaubares) Umfeld bleibt nicht unbeachtet. Der Titel verspricht mit Blick auf zu erwartende "Action" vielleicht ein wenig zu viel, denn von seiner Bestimmung "Monster Slayer" ahnt Jack zunächst noch nichts. Insgesamt fühlt sich "Jack Brooks: Monster Slayer" wie der Auftakt zu einer Filmreihe an. Ich wäre über eine Fortsetzung sehr erfreut, denn Potential ist ohne Zweifel vorhanden.

Trevor Matthews gelingt es überraschend gut, die Figur Jack Brooks sympathisch darzustellen. Natürlich ist der Film auf eine Art und Weise angelegt, dass wir es hier nicht mit einer ernsthaften Charakterstudie zu tun bekommen. Doch Jack Brooks wirkt nicht wie ein belangloses Abziehbild, obwohl er auf den ersten Blick diverse Klischees bedient. Robert Englund darf zunächst als knuffig-schrulliger Professor für Schmunzler sorgen, später verändert er sich dramatisch, ich will wegen Spoilergefahr nicht ins Detail gehen. Rachel Skarsten sehen wird als Freundin der Hauptfigur, die stets nörgelt und zickt, was Jack weitgehend mit stoischer Gelassenheit über sich ergehen lässt. Ashley Bryant gibt ein kesses Blondchen, welches eindeutig am jungen Mr. Brooks interessiert ist, die übrigen Darsteller fallen weder besonders positiv noch negativ auf.

Neben Trevor Matthews und Robert Englund, stellen die Monster die Stars der Sause. Erfreulicherweise sind die Unholde nicht aus dem Computer gepurzelt, sondern stampfen und geifern in Monster Suits durch das Szenario. Alternativ mit gelungenen Masken & Makeup, das "Obermonster" ist ein ansprechend konstruiertes Gebilde. Die Creature-, Makeup- und Effektleute haben gute Arbeit geleistet, ich bin liebe "greifbare" Monster! Wenn es in dieser Hinsicht einen Kritikpunkt gibt, dann lediglich den, dass ich gern mehr von den Monstern gesehen hätte. Halt! Nun werde ich unfair, denn im Finale kommen die Ungeheuer durchaus zum Zuge, ihre Präsenz ist lediglich zuvor ein wenig dünn gesät. Aber ich schrieb es bereits, der Film wirkt ein wenig wie das Vorspiel für eine Serie. Wenn in der letzten halben Stunde das Tempo forciert wird, steigt damit auch der Gehalt an Blut, Geschleim und Gebrüll. Wüste Auswüchse sollte man trotzdem nicht erwarten. Schocken will der Flick sowieso nicht, als Funsplatter geht er auch nicht durch, dazu fehlt es einfach an hervorgeholtem Gekröse. Es muss ja nicht immer die volle Breitseite sein, der "Monster Slayer" steht schliesslich noch am Anfang seiner vielversprechenden Karriere.

Kommen wir zu den nüchternen Fakten. Der Streifen wurde in Deutschland auf DVD und Blu-ray veröffentlicht. Mir liegt in diesem Fall die DVD vor, die mit einer angemessenen Bildqualität und einigen Boni punktet. Manchen Sammlern bereiten die feisten "FSK-Flatschen" bekanntlich Albträume, ein Wendecover sorgt für einfache Abhilfe.

Klar, mit "Jack Brooks: Monster Slayer" ist den Machern kein zukünftiger Klassiker gelungen. Es reicht jedoch locker zur unterhaltsamen Monster-Sause, in deren Mittelpunkt ein "Nachwuchsheld" steht, den ich gern in weiteren Abenteuern im Kampf gegen fiese Ungetüme sehen würde.

Gut und knuffig = 7/10

Lieblingszitat:

Er hat deine Hand gegessen?


***

Ferner gab es:

Mal wieder Planet Terror (USA 2007), der mich bei jeder Sichtung mehr und mehr begeistert. Inzwischen bin ich bei der höchstmöglichen Bewertung angekommen, der Streifen bietet maximalen Spass. 10/10

Sin City (USA 2005) stellte mich bei der Erstsichtung zwar zufrieden, doch der erhoffte Überflieger war der Film für meinen Geschmack schon damals nicht. Beim zweiten Versuch stellte sich sogar eine gewisse Ernüchterung ein. Trotz der der verheissungsvollen Regisseure, der eindrucksvollen Besetzungsliste, sowie der konsequenten Ausführung, lässt mich dieses durchgestylte Werk weitgehend kalt. Für Fans der Comic-Vorlage vermutlich ein Traum. Für mich ein netter Streifen, aber ansonsten "irgendwie" wenig packender Film. Ich möchte den Film wirklich gern ins Herz schliessen, aber es will mir leider nicht gelingen. Mehr als 6/10 kann ich mir nicht aus den Rippen schneiden.
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Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

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Die Fortsetzung der "Mega-Derrick-Sause"

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Cover der Derrick Collectors Box 4, welche die Folgen 46-60 enthält


Folge 53 - Der L-Faktor (Deutschland 1979)

Der angesehene Biochemiker Professor Waldhoff (Herbert Mensching), wird von seiner Mitarbeiterin Dr. Irmgard Minz (Katja Rupé) nach Hause begleitet. Waldhoff informierte seine Ehefrau Agnes (Gisela Peltzer) zuvor telefonisch darüber, dass er die Kollegin mitbringt. Im Anwesen der Waldhoffs wartet ein erschreckender Anblick auf den Professor und Dr. Minz, Agnes Waldhoff wurde Opfer eines Raubmordes. Für den Professor ist sofort klar, seine Frau kann nur von Michael Bruhn (Wolfgang Müller) getötet worden sein, er teilt Derrick diese Vermutung selbstverständlich mit. Agnes Waldhoff pflegte seit einigen Monaten eine freundschaftliche Beziehung zu Michael Bruhn, griff dem vorbestraften Mann ein wenig unter die Arme. Michael kann für die Tatzeit jedoch ein Alibi vorweisen, sein Bruder Heinz (Mathieu Carrière) bestätigt die Anwesenheit in der gemeinsamen Wohnung. Derrick und Klein betrachten die Aussagen der Brüder zwar mit grosser Skepsis, zweifeln jedoch trotzdem an Michaels Schuld...

Herbert Mensching überzeugt als kaltherziger Wissenschaftler, der die Bewunderung seiner Mitarbeiter ohne Skrupel für seine Zwecke mißbraucht. Katja Rupé wird in ihrer Rolle nicht sonderlich gefordert, erfreut aber mit ihrem hübschen Erscheinung. Gisela Peltzer gewährt das Drehbuch leider nicht genügend Freiraum, um der "eigentlich" interessanten Figur Agnes Waldhoff mehr Tiefe zu verleihen. Wolfgang Müller passt gut in die Rolle des simpel gestrickten Sündenbocks, Mathieu Carrière erweist ist hartnäckige und unbeugsame Stütze für seinen Bruder. Amadeus August stellt einen Mitarbeiter des Professors dar, der sich für die Kollegin Dr. Minz interessiert.

Diese von Helmuth Ashley inszenierte Folge, präsentiert uns ein nicht allzu interessantes Beziehungsdrama. Immerhin reitet man nicht auf dem Klischee der gelangweilten Hausfrau herum, die ein Abenteuer mit einem deutlich jüngeren Liebhaber sucht. In diversen Rückblicken erfährt der Zuschauer mehr über die Freundschaft zwischen dem Mordopfer und dem Verdächtigen, die nichts mit sexuellen Ausschweifungen zu tun hatte, sondern auf einer völlig anderen Basis erblühte. Erneut sind die schauspielerischen Leistungen einwandfrei, aber die Charaktere packen mich nicht, die Auflösung ist sowieso von Anfang an offensichtlich. Wenn der Kriminalfall schon in die zweite Reihe gedrängt wird, sollte man den Charakteren bitte mehr Tiefe verleihen, als es in diesem Fall passiert ist. Das gute Ensemble trägt sicher nicht die Verantwortung, für die lediglich gehobene Mitteklasse der Folge, die im "Derrick-Universum" zu den schwächeren Beiträgen zählt (Trotzdem passable Unterhaltung bietet).

6/10 (obere Mittelklasse, inkl. Fanbonus)


Folge 54 - Anschlag auf Bruno (Deutschland 1979)

Bruno Kerk (Dieter Schidor) ist geistig behindert, der junge Mann lebt bei seinen Eltern Oskar (Peter Ehrlich) und Martha (Doris Schade), sein Bruder Helmut (Volker Eckstein) wohnt ebenfalls noch in der elterlichen Wohnung. Bruno ist ein freundlicher und harmloser junger Mann, der seit seiner Kindheit in die Nachbarstochter Gerda (Michaela May) verliebt ist. Inzwischen fühlt sich Gerda jedoch zunehmend von Bruno bedrängt, in ihrem Leben ist kein Platz mehr für den ehemaligen Sandkastenfreund. Eines Abends folgt Helmut der jungen Frau, die mit ihrem Freund Ernst (Gunther Beth) eine Discothek besucht. Als Gerda sich kurz frischmachen will, bittet sie Helmut um ein Gespräch bezüglich Bruno, Ernst bekommt nichts davon mit. Helmut gesteht der überraschten Gerda sein Begehren, in seinem Auto will er über das Mädchen herfallen. Gerda gerät in Panik, Helmut tötet sie beim Versuch ihre Schreie und Gegenwehr zu unterbinden. Seinen Eltern gesteht Helmut unter Tränen die schreckliche Tat, Vater und Sohn brüten einen widerwärtigen Plan aus. Für alle Welt wird klar sein, dass Bruno die schreckliche Tat begangen hat, doch der ist aufgrund seiner Verfassung nicht schuldfähig...

Die Regie dieser Folge wurde Theodor Grädler übertragen. "Anschlag auf Bruno" mutet wie ein Brückenschlag zu den ganz frühen Folgen der Reihe an, denn der Zuschauer kennt den Täter von Anfang an. Hier ist ganz klar Dieter Schidor der Star, der den geistig eingeschränkten Bruno grossartig verkörpert. Seine Darbietung wirkt zu jeder Sekunde glaubwürdig, nie aufgesetzt, unglaubwürdig oder gar peinlich. Volker Eckstein hat den undankbaren Part des unsympathischen Bruders erwischt, Peter Ehrlich gerät als Vater in eine unglaublich schwierige Lage. Doris Schade fungiert als Gewissen der Familie, gewissermaßen als moralische Instanz. Michaela May passt gut in die Rolle der unbeschwerten jungen Frau, die mit der Nähe eines alten Freundes nichts mehr anfangen kann/will. Herbert Strass sehen wir als Vater des Mordopfers, für dessen Geschmack der vermeintliche Täter viel zu sanft angepackt wird. Grosses Lob gebührt Horst Tappert, der auch ohne Worte viel von Derricks Gemütszustand sichtbar werden lässt.

Einmal mehr rückt der Kriminalfall in den Hintergrund, "Anschlag auf Bruno" tischt uns ein bitteres Familendrama auf. Freilich mangelt es bei dieser Konstellation an Überraschungsmomenten, doch dank der erstklassigen Leistung von Dieter Schidor bleibt diese Folge in Erinnerung. Immerhin, ganz ohne eine kleine Wendung geht der Fall nicht zu Ende, da nicht die Person für den Zusammenfall des Lügenkonstruktes sorgt, von der ich den entscheidenden Anstoss erwartete. Fast wäre mir die Erwähung von Heiner Lauterbach durch die Lappen gegangen, der in einer kleineren Nebenrolle zu sehen ist.

6,5/10 (oberste Mittelklasse) ...vielleicht noch ein halbes Bonuspünktchen wegen Dieter Schidor.
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Cover des Schubers


Das Geheimnis des gelben Grabes (Italien, Deutschland, Jugoslawien 1972, Originaltitel: L'etrusco uccide ancora)

Blutrote Schuhe

Der amerikanische Archäologe Jason Porter (Alex Cord) erforscht in Italien antike Grabstätten der Etrusker. Noch immer hängt er der gescheiterten Beziehung zu Myra Shelton (Samantha Eggar) nach, die inzwischen mit dem alternden Dirigenten Nikos Samarakis (John Marley) Tisch und Bett teilt. Porter lebt während seines Forschungsaufenthalts in Samarakis Anwesen, die Atmosphäre ist verständlicherweise aufgeladen. Eine besonders aufwendig verzierte Grabkammer fasziniert den Forscher, doch bald sollen grausige Ereignisse das Szenario überschatten. Auf dem Gelände der Ausgrabungen findet man ein getötetes Liebespaar vor, die jungen Leute wurden von ihrem Mörder äusserst grausam zugerichtet. Der leitende Ermittler Inspektor Giuranna (Enzo Tarascio) steht vor einem Rätsel. Zunächst scheint der Choreograph Stephen (Horst Frank) verdächtig, doch nach einer Vernehmung wird er wieder auf freien Fuß gesetzt. Die schreckliche Bluttat soll jedoch erst der Anfang einer bizarren Mordserie sein. Wenig später entgeht Igor Samarakis (Carlo De Mejo), der Sohn von Nikos Samarakis, nur knapp dem Tod, während seine Freundin die erneute Attacke des Killers nicht überlebt. Stets lässt der Mörder ein Paar rote Damenschuhe zurück, was die Lösung des Rätsels nicht unbedingt vereinfacht. Inspektor Giuranna fühlt Jason Porter auf den Zahn, denn der Archäologe ist nicht nur stark alkoholabhängig, er scheint auch ab und an die Kontrolle über sich zu verlieren...

Dieser schöne und unterhaltsame Giallo wurde von Armando Crispino inszeniert, in Deutschland wurde der Film unter dem Banner "Bryan Edgar Wallace" vermarktet. Ganz passend erscheint diese Maßnahme nicht, denn der Streifen ist durch und durch ein Kind des italienischen Genrekinos. Da der deutsche Produzent Artur Brauner jedoch seine Finger im Spiel hatte, ist die hierzulande vorgenommene Einordnung in das "Wallace-Universum" durchaus nachvollziehbar. Mit weiteren Gialli wurde ähnlich verfahren, als Beispiel bietet sich der Klassiker "Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe" (L'uccello dalle piume di cristallo, 1969) von Dario Argento an. Selbst der Platzhirsch Rialto Film setze während der späten Wallace-Phase auf die Italiener. So gelang mit dem grandiosen "Das Geheimnis der grünen Stecknadel" (Cosa avete fatto a Solange?, 1972), welcher unter der Regie von Massimo Dallamano entstand, gar mein Liebling aller Wallace-Filme.

"Das Geheimnis des gelben Grabes" ist stark besetzt, stilvoll inszeniert und vor allem wunderschön fotographiert. Die Kamera wurde von Erico Menczer bedient, der bei "Die neunschwänzige Katze" (Il gatto a nove code, 1971) mit Dario Argento zusammenarbeitete, ergo verwundert das herrliche Ergebnis nicht. Die prächtige Landschaft, dazu faszinierende Kulissen wie die etruskische Nekropole, zusätzlich das malerische Spoleto, perfekt von einem echten Könner mit untrügbarem Gespür eingefangen. Nicht zu vergessen der sehr stimmungsvolle Score von Riz Ortolani, der zu jeder Zeit den perfekten Ton trifft. Armando Crispino setzt auf ein angenehm gemäßigtes Erzähltempo. Zwar haut man dem Zuschauer recht flott den ersten Doppelmord um die Ohren, doch im weiteren Verlauf legt der Film Wert auf die Beziehung der zentralen Figuren zueinander. Dabei steht weniger eine besonders tiefschürfende Zeichung der Charaktere im Vordergrund, sondern vielmehr das ständig aufgeladene Wechselspiel der Figuren. Zerstörte Liebe, verletzte Eitelkeiten, Verlangen und Begehren. Anfangs wird eine Prise Grusel eingestreut, denn in der Grabkammer wird die Darstellung eines etruskischen Dämon gefunden. Haben hier etwa finstere Mächte ihre untoten Knochenfinger im Spiel? Naja, diese Finte lässt sich leicht entlarven, oder hegen antike Unholde neuerdings eine Vorliebe für rote Damenschuhe? Vermutlich nicht, daher wendet der Zuschauer sich den geschickt gestreuten Verdachtsmomenten zu, die in der realen Welt beheimatet sind. Steckt vielleicht tatsächlich Jason Porter hinter den Morden? Hat ihn die Alkoholsucht in den Wahnsinn getrieben? Welche Rolle spielt der tuntige Stephen, dem man nicht so recht über den Weg trauen mag? Vielleicht treibt ein widerwärtiger Wächter sein Unwesen, der gern Insekten verbrennt und sich als Erpresser versucht? Im packenden Finale fällt die Maske, doch ich schweige wie ein Grab (Ach was...).

Alex Cord gefällt mir als aufbrausender Archäologe sehr gut, besser hätte man die Rolle kaum besetzen können. Mir ist sein Jason Porter durchaus sympathisch, vielleicht gerade wegen der offenkundigen Schwächen, vor allem wegen seiner brennenden Leidenschaft, die nicht nur seinem Beruf und dem Suff gilt. John Marley stellt gewissermaßen den Gegenspieler der Hauptfigur dar, beide buhlen um die Zuneigung einer schönen Frau. Marley spielt den verschrobenen Künstler -der seine besten Jahre längst hinter sich hat- ganz großartig. Wie Alex Cord steht er ständig unter Strom, zwei Vulkane am Rande der totalen Explosion, immer wieder kommt es kleinen und mittelschweren Ausbrüchen. Dazwischen die damals sehr attraktive Samantha Eggar, die grösste Mühe hat nicht im Mahlstrom der Gefühle aufgerieben zu werden. Nicht minder phantastisch Horst Frank, der als homosexuelles Tanzmäuschen für manchen Schmunzler sorgt, dabei aber nicht zur debilen Knallschote verkommt. Enzo Tarascio steht als beharrlicher Ermittler auf dem Plan, seine Rolle ist etwas unscheinbarer angelegt, doch er kann sich in diesem Fegefeuer der Begierden recht souverän behaupten. Carlo De Mejo wirkt im Gegensatz zu seinem Filmvater eher unscheinbar, Nadja Tiller glänzt in einer Nebenrolle, auf die ich wegen akuter Spoilergefahr nicht näher eingehen kann. Damit sind die wichtigsten Rollen kurz angerissen, die weiteren Nebendarsteller fügen sich ansprechend in das Gesamtbild ein.

Wer von einem Giallo immer nur schwarze Handschuhe, Rasiermesser und blanke Brüste erwartet, Killer die sich durch stylische Großstadtwohnungen metzeln, der wird sich mit "Das Geheimnis des gelben Grabes" vermutlich nicht auf Anhieb anfreunden können. Doch es lohnt sich wirklich ganz genau hinzusehen, denn man wird mit einem sehr schönen und ansprechend inszenierten Genrebeitrag belohnt!

Dank der DVD-Box von Universum Film, kann man sich den Ausflug nach Spoleto zum fairen Preis ins Haus holen. Das Set enthält ferner folgende Titel:

• Der Todesrächer von Soho
• Das Geheimniss der schwarzen Handschuhe


Von mir erhält die Box eine klare Empfehlung, doch ich will die (leider) vorhandenen Schwachpunkte nicht unterschlagen. "Das Geheimis der schwarzen Handschuhe" liegt nur in der gekürzten Fassung vor, wer die deutsche Synchronisation nicht benötigt, sollte sich zusätzlich die Blu-ray von Blue Underground beschaffen. "Das Geheimnis des gelben Grabes" erfreut mit einer ordentlichen Bildqualität, zusätzlich liegt der Film in der deutschen Kinofassung und der italienischen Langfassung vor. Beide Versionen sind gut und sehenswert, allerdings hat man bei der Langversion die damals nicht synchronisierten Szenen nicht untertitelt. Ein ärgerlicher Schnitzer, doch letztlich kann man gut mit der DVD leben.

Für Giallo-Fans sowieso Pflicht, jedoch auch für aufgeschlossene Einsteiger eine klare Empfehlung!

7,5/10 (Gut bis sehr gut)

Lieblingszitat:

"Es ist wirklich nicht meine Spezialität, mich in die Lage eines Mörders zu versetzen."
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Das "vervirte" Double Feature

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Crazies (USA 1973, Originaltitel: The Crazies) Kurzkommentar von 2008, minimal überarbeitet

In der Nähe einer kleinen Stadt stürzt ein Militärflieger ab. Das wäre zunächst noch nichts besonderes, doch leider befinden sich biologische Kampfstoffe an Bord der Maschine. Zunächst hofft man auf einen unspektakulären Verlauf eventuell anstehender Ereignisse, doch bald leiden erste Einwohner des Ortes unter den Anzeichen einer Infektion. Die Betroffenen zeigen ein bedrohliches Krankheitsbild, sie werden extrem aggressiv, verfallen dem Wahnsinn. Das Militär riegelt die Stadt weiträumig ab, zeigt jedoch wenig Fingerspitzengefühl im Umgang mit der teils panischen Bevölkerung. Es kommt zu Schiessereien zwischen den Zivilisten und den überforderten Soldaten. Wissenschaftler arbeiten an einem Impfstoff gegen das Virus, während Teile der Bevölkerung das Speergebiet verlassen wollen und die Situation unaufhaltsam eskaliert...

George A. Romero hat 1973 mit "The Crazies" einen stimmungsvollen Film inszeniert. Vermutlich kennt fast jeder den Streifen "Outbreak" (1995), der thematisch "The Crazies" sehr ähnlich ist, allerdings längst nicht dessen Intensität erreicht (Nachtrag: Romero klagt an, während "Outbreak" in erster Linie unterhält. Daher unterscheiden sich die Filme deutlich). Romero zeigt eine kleine Gruppe von Einwohnern die flüchten wollen, lässt uns in die provisorische Kommandozentrale des Militärs blicken, blendet ab und zu bornierte Entscheidungträger ein, die irgendwo in der Ferne (und in Sicherheit) über tausende Schicksale entscheiden.

Wie in den Klassikern "Night of the living Dead" und "Dawn of the Dead", gehen die Darsteller in der Atmosphäre des Filmes auf. Daher erscheinen mir die lediglich durchschnittlichen Leistungen der Akteure völlig ausreichend. Durch die vermeintliche Unscheinbarkeit der Schauspieler wirken die Figuren realer, fast wie in einer Dokumentation zufällig vor die Kamera geratene Opfer der Umstände.

Dass Romero ein Meister der intensiven Atmosphäre ist, weiss man spätestens seit dem grandiosen Klassiker "Night of the living Dead". Damit kommen wir zum "Problem" von " The Crazies". Der Film hat ohne Zweifel seine Qualitäten, ist eine klare Empfehlung wert. Jedoch erreicht " The Crazies" zu keiner Zeit die überragende Brillianz von "Night of the living Dead" oder "Dawn of the Dead". Daher komme ich letztlich "nur" zu einer Punktewertung von:

7,5/10 (gut bis sehr gut)

Nachtrag: Ja, der ständige Vergleich mit Romeros "Überklassikern" mag unfair erscheinen, doch er lässt sich IMHO nicht gänzlich ausblenden. Die mir vorliegende DVD von Anolis, die damals noch von e-m-s vertrieben wurde, bietet eine ansprechende Bildqualität. Vor einiger Zeit wurde weitere Ausgabe von Anolis veröffentlicht, die eine Bonus-DVD im Gepäck hat.


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The Crazies - Fürchte deinen Nächsten (USA, Vereinigte Arabische Emirate 2010, Originaltitel: The Crazies)

Ich erspare mir eine weitere Inhaltsangabe, da die Handlung des Originals weitgehend beibehalten wurde. Die Remakewelle hat nun auch diesen kleinen Romero-Klassiker erreicht, sein Meisterwerk "Dawn of the Dead" war bekanntlich bereits vor ein paar Jahren an der Reihe. "Dawn" machte in der Neuauflage eine sehr gute Figur, ordnete sich respektvoll hinter dem unerreichbaren Original ein. Nun steht "The Crazies" sicher nicht auf einem derartig massiven Sockel wie "Dawn of the Dead", doch auch in diesem Fall bleibt das Remake knapp hinter der Vorlage zurück.

Breck Eisner ist ein unterhaltsames Werk gelungen, dem ich in erster Linie ein wenig mehr Kraft wünsche. Die Hoffnungslosigkeit und Tristesse des Originals wird nicht erreicht, aber hin und wieder gelingen auch dem Remake grossartige Momente. Mit Timothy Olyphant und Radha Mitchell ist das "zentrale Paar" recht gut besetzt, nur selten stimmt die Chemie nicht, was meiner Meinung nach eher auf die nicht immer glücklichen Dialoge zurückzuführen ist. Bei Romero stand die "politische Aussage" im Vordergrund, Eisner vermittelt lediglich den Eindruck kurzweiliger Horrorunterhaltung.

Klar, es gibt diverse Kritikpunkte, doch insgesamt bin ich mit dem Remake zufrieden, freue mich auf die nächste Sichtung. Die Blu-ray bietet ein sehr gutes Bild, das Bonusmaterial habe erst zum Teil gesichtet.

7/10 (gut)
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Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

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Kleine Hartbox aus der Eastern Collection von CMV (#8)


Der Silberspeer der Shaolin (Taiwan 1977, Originaltitel: Xue lian huan)

Schurkenschaschlik

Lung Fei Yung (Wang Yu) geniesst einen legendären Ruf, bewaffnet mit einem silbernen Speer, gilt der erfahrene Kämpfer als nahezu unbesiegbar. Dies ist auch der hinterlistigen Mei (Hu Chin) bekannt, sie bietet Lung Fei Yung eine stattliche Summe an, damit dieser drei gefährliche Auftragsmörder beseitigt. Die clevere Dame will damit ihren Widersacher Nan (Kon Tak Mun) schwächen, die Macht in der Provinz an sich reissen. Umgehend macht sich Lung an die Arbeit, tatsächlich gelingt es ihm die Killer auszuschalten. Doch nun soll der Tanz erst richtig in Fahrt kommen, den Nan denkt gar daran sich geschlagen zu geben. Er bringt einen alten Waffenkonstrukteur in seine Gewalt, zwingt ihn zum Bau des blutigen Rings, einer Waffe die ihrem Träger gewaltige Kampfkraft verleiht...

Wang Yu wurde durch seine Hauptrollen in Produktionen der Shaw Brothers zum Star. Doch auch nach dem Ende der Zusammenarbeit mit der bedeutsamen Filmschmiede, gelangen ihm noch einige sehr unterhaltsame Eastern. Meist sind diese Filme nicht so stilsicher und anmutig ausgeführt, wie der Fan es von Shaw-Streifen gewöhnt ist, dem Unterhaltungswert tut diese Tatsache jedoch (oft) keinen Abbruch. So macht auch "Der Silberspeer der Shaolin" jede Menge Freude, sorgt für einige herrlich groteske Momente.

Schon die Kämpfe gegen die drei Killer sind echte Knüller. Einer der Burschen lebt in einem See, entsprechend mutet die Geräuschkulisse fast wie in einem Film über U-Boote an. Damit nicht genug, denn der zweite Mörder lebt in einer Höhle, wirft mit gewaltigen Äxten um sich. Hier muss unser Held einstecken, geht aber letztlich als Sieger vom Feld. Die Verletzung nutzt man geschickt, um die liebliche Verwandtschaft vorzustellen, die im weiteren Verlauf eine nicht unerhebliche Rolle spielt (auf die ich wegen Spoilergefahr aber nicht näher eingehen werde). Der Kampf gegen den dritten Killer ist völlig durchgeknallt geraten. Der Bösewicht lebt auf einem Friedhof, umgeben von Skeletten und zahlreichen Giftschlangen. Wang Yu muss sich zunächst mit Knochenmännern plagen und Schlangengeschleim ertragen, bevor der Unhold endlich aus seiner Kiste springt. Nach diesem sehr schmackhaften Auftakt ist die Marschrichtung klar, die Stimmung ist tendenziell leicht finster, es kommt jedoch immer wieder zu überdrehten -manchmal nahezu irrsinnigen- Auswüchsen.

Wang Yu sehe ich immer wieder gern. Der Mann mag kein geschulter Material Arts Halbgott sein, aber das ist mir als Laie sowieso egal, denn die Kämpfe sind stets ansprechend in Szene gesetzt. Hier fuchtelt er souverän mit dem Speer herum, zur Not bekommen seine Gegner gepflegt was aufs Maul, Hauptsache sie liegen am Ende der Auseinandersetzung reglos auf dem Boden. Kon Tak Mun gefällt als machtgieriger Oberschurke, seiner von Hu Chin dargestellen Feindin springt ebenfalls die Boshaftigkeit aus dem Gesicht. Bevor ich mich nun mit den Namen der weiteren Mitwirkenden "verjongliere", weise ich der Einfachheit halber darauf hin, dass sämtliche Nebenrollen ansprechend besetzt wurden. Im Umfeld der beiden "Oberbösen" treibt sich intrigantes Gesindel rum, welches (mehr oder weniger geschickt) die eigenen Interessen verfolgt.

Sicher mutet "Der Silberspeer der Shaolin" zum Teil recht obskur an, der heutigen Sprachmode folgend würde man vermutlich "trashig" sagen. Doch wer sich für Eastern erwärmen kann, sollte diesem sehr unterhaltsamen Streifen auf jeden Fall eine Chance geben. Der Flick bietet alle Zutaten an, die man von einem entsprechenden Genrebeitrag erwartet: Den unbeugsamen und zielstrebigen Helden, verschlagene Finsterlinge, hübsche Damen, jede Menge anonyme Metzelmasse. Obendrauf gibt es schöne Kulissen, die Augen des Zuschauers werden sogar mit einer Schneelandschaft verwöhnt. Die Kämpfe machen Spass, geizen dabei nicht mit diversen Übertreibungen, schreit also bitte nicht nach "Realismus". Wo so mancher Film dieser Gangart über eine schwache (bis nicht vorhandene) Story stolpert, gibt sich "Der Silberspeer der Shaolin" selbst in dieser Disziplin keine Blöße. Im Gegenteil, der Plot kann mit kleinen Wendungen punkten, die überzeugend in die Erzählung eingebettet wurden, Rache und Familiendrama poltern zusätzlich durch das rasante Finale. Übrigens weckt der blutige Ring wohlige Erinnerungen an die fliegende Guillotine, eine gewisse Nähe ist nicht von der Hand zu weisen. Sehr knuffig: Der blutige Ring "weiss" immer genau welche Ziele er zerschneiden soll, den Besitzer freut es. Die Musik soll nicht unerwähnt bleiben, sie setzt sich auf angenehme Art in den Gehörgängen fest.

Dank der DVD aus dem Hause CMV, kann man "Der Silberspeer der Shaolin" in angemessener Qualität geniessen. Für Zeilenzähler und Qualitätsfetischisten ist die Scheibe sicher nicht geeignet, mir hat das "nostalgische" Bild allerdings gut gefallen. Leider sind wenige Szenen leicht gekürzt, doch immerhin findet man diese Einstellungen im Bonusmaterial. Keine Angst, der Film funktioniert in der vorliegenden Version sehr gut. Für Einsteiger mag dieser Streifen nicht erste Wahl sein, doch der geneigte Fan darf sich auf gute und sympathische Unterhaltung freuen, knapp 85 kurzweilige Minuten vergehen wie im Fluge.

Gut = 7/10 (An dieser Stelle sei mir erneut der Hinweis auf diverse Wohlfühl- und Knuffigkeitspunkte erlaubt, die man als Fan hinzurechnen darf!)

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Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

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Diesmal im Ultrakurzformat:


Suspiria (Italien, 1977) - Neben "Deep Red" (Profondo Rosso, 1975) für mich der beste Film von Dario Argento, der mit jeder weiteren Sichtung wächst und wächst und wächst... Ein Rausch aus Farben und Klängen, jede Einstellung kommt einem Gemälde gleich. Die britische Blu-ray ist zwar nicht perfekt, aber eine deutliche Steigerung zu den zuvor verfügbaren DVDs.

10/10



Friss meinen Staub! (Eat my Dust!, USA 1976) - Harmloses Autofilmchen, leider mit einem schlappen Hauptdarsteller (Ron Howard) besetzt. Teils durchaus unterhaltsam, aber insgesamt eine Spur zu nett und belanglos. Die DVD von KNM bietet unter dem Titel "Car Crash Auto 2" den Flick "Highway Inferno" als Bonus, allerdings in sehr bescheidener Qualität. Das Hauptprogramm liegt in mittelprächtiger Verfassung vor, da der Preis der Scheibe fair ist, können Fans durchaus ein Auge riskieren.

5/10


Wolfman (USA 2010) - Der unsterbliche Klassiker wurde neu verfilmt, das Ergebnis kann sich sehenlassen. Gut besetzt, hübsche Optik und ein angenehm unhektisches Erzähltempo. Der grosse kommerzielle Erfolg blieb aus, vermutlich setzt sich der Film ein wenig zwischen alle Stühle. Für manche Filmfreunde zu modern und blutig, für das jüngere Publikum zu altbacken wirkend. Ich bin mit dem Streifen zufrieden, besonders Hugo Weaving gefällt mir in seiner Nebenrolle sehr gut. Die Blu-ray bietet die Kinofassung und den "Extended Director's Cut" an, bisher habe ich nur die lange Fassung geschaut.

7/10
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Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

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Wanted: Dead or Alive (USA 1986, Originaltitel: Wanted: Dead or Alive)

Rutger füttert Gene

Auf den Staatsdienst verspürt Nick Randall (Rutger Hauer) seit einiger Zeit keine Lust mehr. Inzwischen verdient er seine Brötchen als Kopfgeldjäger, nimmt schwere Junge der Reihe nach hoch. Auch sein neuer Job ekelt Nick an, er plant von dem verdienten Zaster sein Boot wieder auf Vordermann zu bringen, möchte mit seiner Freundin Terry (Mel Harris) die Welt erkunden. Daraus soll zunächst nichts werden, denn der international gesuchte Terrorist Malak Al Rahim (Gene Simmons) ist illegal in die USA eingereist. Al Rahim will das Land mit einer Welle aus Gewalt und Angst überziehen, er schreckt vor keiner Grausamkeit zurück, sprengt zunächst ein gut besuchtes Kino in die Luft. Nun treten seine ehemaligen Kollegen an Nick heran, er soll sich um das äusserst unangenehme "Problem" kümmern. Sein alter Weggefährte Philmore Walker (Robert Guillaume) hält Nick sowieso für den am besten geeigneten Mann, um diesen heiklen Job schnell und zuverlässig über die Bühne zu bringen. Walker ahnt jedoch nicht, dass der CIA-Fatzke John Lipton (Jerry Hardin) mit gezinkten Karten spielt. Lipton nutzt Randall als Köder, denn Al Rahim will eine alte Rechung mit dem Haudegen begleichen. Doch so leicht lässt sich Nick Randall nicht vorführen...

Damals noch unter dem deutschen Titel "Gesucht: Tot oder Lebendig" vermarktet, war dieser Rutger Hauer Flick in den späten achtziger Jahren ein echter Renner, den ich mit Freuden mehrfach abgefeiert habe. Hollands coolster Export machte bereits in "Nachtfalken" (Nighthawks, 1981) als Gegenspieler von Sylvester Stallone auf sich aufmerksam. Noch einprägsamer war sein Auftritt in "Blade Runner" (1982), in dem er Harrison Ford mal eben locker an die Wand spielte. Zum verehrten "Kultstar" (damals hatte das Wort "Kult" tatsächlich noch eine Bedeutung. Jaja, ich bin einer dieser "früher war alles besser" Fritzen) wurde Hauer durch "Flesh + Blood" (Fleisch + Blut, 1985), und natürlich durch seinen genialen Auftritt im legendären "Hitcher, der Highway Killer" (The Hitcher, 1986). Ergo rannte "Gesucht: Tot oder lebendig" weit offene Türen ein, obwohl der Streifen nicht die Qualitäten eines zukünftigen Klassikers im Gepäck hatte, war er ein gern gesehener Gast in den gierigen Schlünden der VHS-Maschinen.

Auf eine offizielle DVD-Veröffentlichung mussten wir hierzulande lange warten, endlich wurde diese Lücke vor einigen Wochen geschlossen. Wie schlägt sich der Film nun nach all den Jahren, ist das Wiedersehen tatsächlich ein Grund zur Freude? Aber sicher, freilich hat der Streifen nichts von seinem rauhen Charme eingebüßt, im Vergleich zu akutellen Produktionen sogar zugelegt. Regisseur Gary Sherman kennt man eher aus dem Horrorfach, bereits 1973 tischte er uns den durchwachsenen "Tunnel der lebenden Leichen auf" (Death Line), legte 1981 den kleinen Klassiker "Tot & Begraben" (Dead & Buried) nach, lieferte 1987 den letzten Teil der Poltergeist-Reihe ab (Poltergeist III). "Gesucht: Tot oder lebendig" ist ein gelungener Ausflug in den Actionsektor, der die typischen Elemente des Genres aufbietet, die um einen brauchbar konstruierten Plot gestrickt wurden. Eine atemlose Hatz ist dieser Film nicht, denn Sherman streut immer wieder ruhige Momente ein, nimmt sich sogar ein wenig Zeit für eine Liebesgeschichte. Vielleicht mag sich mancher Genrefan mehr Krawall wünschen, doch wenn der Streifen auf das Gaspedal tritt, dann sind diese Szenen ansprechend inszeniert und mit gesunder Härte gesegnet.

Rutger Hauer kommt als Nick Randall wie das lebende "Überklischee" eines Ex-Agenten daher, cooler als die Antarktis, härter als Kruppstahl, blonder als Heino. Standesgemäß lebt Nick Randall in einem alten Industriebau, das "Wohnzimmer" dient nebenbei als Parkplatz für Auto und Moped, mit der hauseigenen Waffenkammer liesse sich vermutlich eine mittelgrosse Privatarmee angemessen ausrüsten. Nick Randall durchblickt jede Sauerei, trickst jeden Gegner aus, langt bei Bedarf kräftig zu, reichen Schläge und Tritte nicht aus, richten es Messer und Wumme. Um solch eine Rolle überzeugend auszufüllen, mag es nicht darauf ankommen der grösste Charakterdarsteller zu sein. Doch man muss ein echter "Typ" sein, und der ist Rutger Hauer ohne jeden Zweifel, ganz nebenbei mangelt es ihm keinesfalls an schauspielerischer Qualität. Gene Simmons dient als ähnlich übergross angelegtes Klischee, der unsagbar böse und völlig skrupellose Terror-Araber, der ohne mit der Wimper zu zucken auch Frauen und Kinder abschlachtet. Hauptberuflich als Bassist von Kiss unterwegs, löst Simmons seine Aufgabe sehr zufriedenstellend, seine von Natur aus fiese Fratze ist dabei sehr zuträglich. Wenn die Antagonisten pünktlich zum gelungenen Showdown aufeinanderprallen, sorgt Rutgers finale Abrechnung mit seinem Erzfeind für Lacher. Viele Erinnerungen werden von der Zeit verschlungen, doch diese Szene hat sich bereits bei der ersten Sichtung vor weit über 20 Jahren in mein Gedächtnis eingebrannt, jede neue Session mit Freunden sorgte für beste Laune (wer den Film bereits kennt weiss Bescheid). Neben Rutger Hauer und Gene Simmons dient die übrige Besetzung lediglich als Füllmaterial, doch immerhin als solide aufspielendes Füllmaterial. Robert Guillaume ärgert sich über die Methoden seiner Mitstreiter, Jerry Hardin gibt die übliche "fieser Schreibtischtäter" Nummer, William Russ spielt den besten Freund des Helden. Mel Harris sehen wir als Freundin Rutger Hauers, die bisher nicht von der tatsächlichen Tätigkeit ihres Lovers ahnte, von wegen "Versicherungsvertreter".

Die Zielgruppe ist klar: Rutger Hauer-Fans müssen diesen Film besitzen, Action-Süchtlinge sollten ebenfalls auf ihre Kosten kommen. Der typische "80er-Jahre-Soundtrack" tönt wie üblich nach Plastik, doch ansonsten wird hier echte, ehrliche Hand- und Fussarbeit geboten (was auch immer uns der Verfasser damit sagen möchte). "Gesucht: Tot oder Lebendig" ist ein durchweg sympathischer und unterhaltsamer B-Action Beitrag, der sich auf liebgewonnene Klischees und starke Hauptfiguren stützt. Kein Klassiker, aber ein Film den ich alle Jahre wieder gern sehe, der immer wieder für gute Stimmung sorgt.

Qualitätsfetischisten werden sich mit der vorliegenden DVD nicht anfreunden können, das Bild verbreitet eher die Atmosphäre eines sehr gut erhaltenen Tapes. Der Ton liegt in deutscher und englischer Sprache vor, die angebotene Fassung ist ungekürzt, diverse Trailer zu anderen Titeln des Labels dienen als Bonusmaterial. Flatschenparanoiker dürfen sich am Wendecover ergötzen. Ich bin mit dieser Veröffentlichung zufrieden, endlich konnte eine lange Zeit klaffende Lücke geschlossen werden.

7/10 (gut) ...auch hier geht es nicht anders: Diverse Wohlfühl- und Knuffigkeitspunkte gibt es in Gedanken obendrauf!

Lieblingszitat:

"Pfeif auf den Bonus!"
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Cover der italienischen DVD von RaroVideo


Napoli... Serenata calibro 9 (Italien 1978, Originaltitel: Napoli... Serenata calibro 9)

Ein Trällerklops nimmt Rache

Salvatore Savastano (Mario Merola) verdient seinen Lebensunterhalt als Schmuggler, er ist ein kleiner Gauner, der mit Mord und Totschlag nichts am Hut hat. Vor allem ist Salvatore ein Familienmensch, er liebt seine Frau und seinen kleinen Sohn über alles. Zur Kommunion des Sprößlings richtet der stolze Vater ein angemessenes Fest aus, die Stimmung ist fröhlich und herzlich. Ohne jede Vorwarnung bricht finsteres Unheil über Salvatore herein. Eine Bande maskierter Gauner überfällt die Feier, sammelt mit Waffengewalt die Habseligkeiten der Gäste ein. Als das Kommunionkind zu seinem Vater eilen will, eröffnet ein Gangster rücksichtslos das Feuer, tötet Salvatores Frau und Kind. Savastano ist ein gebrochener Mann, der nur noch von einem Gedanken angetrieben wird, er will Rache für seine ermordete Familie. Trotz eindeutiger Warnungen der örtlichen Polizei, beginnt der vom Schmerz gezeichnete Schmuggler mit Ermittlungen auf eigene Faust. Dabei trifft er auf den kleinen Gennario (Marco Girondino), der sich ohne Eltern irgendwie durchs Leben schlägt. Der pfiffige Junge erinnert Salvatore an seinen eigenen Sohn, doch die Gier nach Rache kann durch diese Freundschaft nicht gestillt werden...

In späten siebziger-/frühen achtziger Jahren, trug die Zusammenarbeit von Regisseur Alfonso Brescia und Hauptdarsteller Mario Merola einige Früchte. Zuvor hatte sich Merola bereits als Sänger einen Namen gemacht, als Schauspieler mag er nicht zu den Grössen seiner Zunft gehören, doch er hinterlässt ohne Zweifel einen gewissen Eindruck. Die Hauptfigur dieses sympathischen Streifens, weicht ein wenig von den üblichen Helden und Anti-Helden des italienischen Polizei- und Gangsterfilms ab. Salvatore Savastano ist weder ein eisenharter Kommissar, noch ein skrupelloser Verbrecher der über Leichen geht. Erst die schrecklichen Ereignisse machen ihn zum Rächer, aber er stellt sich dabei nicht besonders geschickt an, gerät immer wieder an seine Grenzen.

Gerade weil der wichtigste Charakter dieses Films ein "eigentlich" durchschnittlicher, unscheinbarer und recht unauffälliger Typ ist, erweist sich Mario Merola als gute Wahl für diese Rolle. Der dickliche Bursche agiert stets am Limit, ist seinen Qualen weder seelisch noch körperlich gewachsen. Aber die Rache treibt ihn immer wieder an, lässt ihn über sich hinauswachsen. Zu Beginn tischt uns Brescia die volle Dröhnung Kitsch auf, Salvatore Savastano schmettert zu Ehren seines Sohnes ein Liedchen, fast wähnt man sich im falschen Film. Dann verwandelt sich das nahezu groteske Treiben in einen reinrassigen Genrebeitrag, maskierte Gangster sorgen für Krawall, es wird gepöbelt und gestorben. Auch wenn der zuständige Commissario (Nunzio Gallo) den verzweifelten Savastano ins Gebet nimmt, mutet alles nach den üblichen Standards an. Sofort wird diese Stimmung aufgebrochen, denn die beiden "Hilfsermittler", die sich im Auftrag des Commissario an Salvatores Fersen heften, verfügen offenbar über die kriminalistischen Fähigkeiten von Toastbroten. Hinzu kommt noch die herrliche überdrehte Transe, die in den anfallenden Szenen im Polizeirevier für Stimmung sorgt. Eine ganz andere Richtung schlägt der Film bei der Schilderung der Beziehung von Salvatore zu seinem "Ersatzsohn" Gennario ein, die teils sehr rührselig angelegt wurde, dabei aber durchaus echte Emotionen zu Tage fördert, den Zuschauer kaum unberührt lassen dürfte. Alles mündet in einen Showdown, der Geballer und eine Verfolgungjagd mit Booten auffährt, der Ausklang drückt gewaltig auf die Tränendrüse.

"Napoli... Serenata calibro 9" ist freilich kein Klassiker seines Genres, aber die Konsequenz mit der Alfonso Brescia immer wieder weit über den Tellerrand blickt, ist auf besondere Art mutig und interessant. Überrascht hat mich der kleine Marco Girondino, der die Rolle des Strassenjungen wirklich grossartig spielt. Er hat nicht nur mit Mario Merola tolle Szenen, sondern auch mit seiner kleinen Freudin, deren Mutter es gar nicht gern sieht, wenn sich ihre Tochter mit einem "solchen Burschen" rumtreibt. Die Darbietungen der Kinder muten nie nach mühsamen Laienspielversuchen an, sie verdienen ein grosses Lob für ihre tollen Leistungen! Zugegeben, die oft extremen Unterschiede der gerade vorherrschenden Stimmung, lassen den Film hin und wieder in Stückwerk zerfallen. Teils muten die Sprünge unrund an, wirken geradezu befremdlich. Doch obschon der Plot mehr als einmal ins Taumeln gerät, bekommt der Flick auf charmante Art immer wieder die Kurve. Die gute Kameraarbeit von Silvio Fraschetti soll nicht unerwähnt bleiben, wir bekommen schöne Einblicke in das pulsierende Neapel. Auch der Score gefällt, selbst das Geknödel von Mario Merola passt.

Einsteigern möchte ich diesen Film nicht empfehlen. Er ist vermutlich besser bei toleranten Genrefans aufgehoben, die Lust auf einen besonderen und eigenwilligen Beitrag verspüren. Spätestens wenn der geradezu zwangsläufig auftauchende Hehler, seinen Knecht anweist den umgeschnallten Buckel abzunehmen, wird sich der nicht gänzlich unbedarfte Zuschauer vor Freude die Hände reiben. Die italienische DVD von RaroVideo bietet den Film im Originalton an, englische Untertitel lassen sich auf Wunsch zuschalten. Leider ist das Bild nicht anamorph. Schade, denn ansonsten ist die Bildqualität brauchbar. Auf Boni muss man verzichten, erfreulicherweise wird die Scheibe zu fairen Kursen gehandelt.

Erneut erweist sich eine Bewertung per Zahlenraster als sehr schwierig. Ich mag den Film sehr, doch mehr als 6/10 (obere Mittelklasse) sind nicht drin, die Verwandtschaft ist zu übermächtig. Genrefans, traut euch ran!

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"I've been reduced to a wreck"
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Re: Möpse, Mettgut, Mainstream! Die Verfehlungen des Herrn B

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The Ultimate Warrior - New York antwortet nicht mehr (USA 1975, Originaltitel: The Ultimate Warrior)

Glatze sticht zu

2012 ist nicht mehr viel mit der Menschheit los. Doch obwohl es den Großteil unserer Art längst daringerafft hat, hält dies die Überlebenden erwartungsgemäß keinesfalls davon ab, sich gegenseitig mit Ausdauer an die Gurgel zu gehen. In einer Ecke von New York, hat sich eine Gruppe Menschlein um einen charismatischen Burschen geschart, der von seinen Leuten respektvoll "Der Baron" (Max von Sydow) genannt wird. Man lebt in einem halbwegs abgesichterten Häuserblock, und verfügt mit Cal (Richard Kelton) über einen Pflanzenexperten, dem trotz der widrigen Umstände die Nachzucht einiger Gemüsearten gelungen ist. Doch der Baron wird von beständig wachsenden Sorgen geplagt. Vor den dünnen Toren des gesicherten Viertels, scheinen der sadistische Carrot (William Smith) und seine Schlägerbande nur darauf zu warten, endlich über den Baron und seine Leute herzufallen. Da taucht der rätselhafte Carson (Yul Brynner) genau zur rechten Zeit auf, der Baron kann jeden guten Kämpfer gebrauchen, denn seine kleine Gemeinde ist bereits viel schwächer, als es der ruchlose Pöbel um Carrot ahnt. Carson erweist sich als sehr wehrhafter Recke, kann mit seinen Fäusten und dem Messer bestens umgehen. Der Baron erkennt schnell das Potential des neuen Weggefährten, nur Carson wäre dazu befähigt, den gewagten Plan des vorausdenkenden Mannes in die Tat umzusetzen...

Es ist merkwürdig. Das Kino der siebziger Jahre liegt mir mehr am Herzen als jede andere Phase der Filmgeschichte, ich liebe Endzeitfilme, ich sehe Yul Brynner und Max von Sydow sehr gern. Trotz dieser gewissermaßen perfekten Voraussetzungen, ist mir "The Ultimate Warrior" bisher völlig durch die Lappen gegangen. Als ich bei meinem üblichen "Forschungen" auf dieses Werk aufmerksam wurde, musste die glücklicherweise verfügbare DVD umgehend ins Haus. Auch der Regisseur ist kein unbeschriebenes Blatt, Robert Clouse inszenierte immerhin den Bruce Lee Klassiker "Der Mann mit der Todeskralle" (Enter the Dragon, 1973). Um keine überdimensionale Erwartungshaltung aufzubauen, wanderte die Scheibe sofort nach der Lieferung in den Player, reihte sich nicht zunächst in die Regale mit den jungfräulichen Silberlingen ein.

Vermutlich eine gute Entscheidung. Ich nehme es gleich vorweg, ein (von mir) bisher vergessener, übersehener und/oder sträflich ausgelassener Klassiker ist "The Ultimate Warrior" (leider) nicht. Dies liegt nicht an der durchaus gelungenen Optik, ein kleiner Ausschnitt des verwahrlosten New York wurde ansprechend umgesetzt. Auch an der Kameraarbeit von Gerald Hirschfeld gibt es nichts zu meckern, der Score von Gil Melle ist ebenso recht stimmig geraten. Eine vielversprechendes Ensemble befindet sich am Start, die "Endzeit-Thematik" steht bei mir hoch im Kurs. Es mutet schon nahezu sträflich an, dass die Erzählung immer wieder vor sich hinplätschert. Wenn Yul Brynner und/oder sein Gegenspieler William Smith (oder diverse Nebenfiguren) nicht gerade für blutige Randale sorgen, eiert das Drehbuch vor sich hin, wirkt bemüht aus den Figuren echte Charaktere herauszuarbeiten. Letztlich entsteht der Eindruck, dass der Mut zum "totalen Krawall" fehlte, es aber gleichzeitig nicht zur tiefschürfenden Anlage der zentralen Figuren reichte. So ist der Flick stets dann am stärksten, wenn er sich tatsächlich auf Action konzentriert, im Finale gesellt sich sogar Spannung hinzu, angereichert mit einer kleinen Dosis Kitsch (die das Mahl glücklicherweise nicht verdirbt).

Nun habe ich mein Fazit bereits gezogen, doch auf ein paar Worte zu den Schauspielern möchte ich nicht verzichten. Yul Brynner trägt als "Endzeit-Kämpfer" zwar keine Muskelberge spazieren, aber man nimmt ihm den konsequenten und unbeugsamen Helden sofort ab. Brynner überzeugt mit seiner kantig-kultigen Erscheinung, strahlt eine natürliche Autorität aus. Max von Sydow erweist sich als nicht weniger gut besetzter "Rudelführer", dessen "Baron" sich durch seine Intellektuelle Überlegenheit Respekt verschafft. 1975 war der 1929 geborene von Sydow noch keine 50 Jahre alt, sieht hier aber deutlich älter aus, was freilich sehr zuträglich ist, denn es passt perfekt zu seiner Rolle (Dem Makeup Artist gebührt Anerkennung). Gerade die Rolle des "Baron" hätte gern ein wenig mehr "echte" Tiefe vertragen können, doch dies lässt die überschaubare Laufzeit von rund 90 Minuten nicht zu. Immerhin, es gelingt im Rahmen der verfügbaren Spieldauer, den "Baron" nicht wie ein völlig flaches Abziehbild zu zeichnen. William Smith war nie ein grosser Star, doch sein markantes Gesicht kennt man aus unzähligen Filmen. Ich sehe Smith gern, für ihn wirkt sich die Synchronisation (einmal mehr) nachteilig aus, denn seine eigene Stimme ist sehr einprägsam. Da die DVD auch den englischen Originalton enthält, hat jeder Zuschauer die Möglichkeit sich selbst davon zu überzeugen. Brynner, Smith und von Sydow sind eindeutig die Platzhirsche in dieser Arena, bieten uns "Den Guten, den Bösen & den Intellektuellen". Die Nebendarsteller agieren auf ordentlichem Niveau, bleiben aber recht austauschbar. Im Finale kommt Joanna Miles zum Zuge, zuvor fällt Richard Kelton als Mann mit dem grünen Daumen auf.

Von den grossen Klassikern des dystopischen Films unterscheidet sich "The Ultimate Warrior" deutlich, da sich die übliche "Gesellschafts-/Systemkritik" der Action unterordnen muss. Ganz ohne eindeutige Fingerzeige kommt der Streifen nicht daher. Besonders gelungen sind die Momente, in denen sich die "guten und friedlichen" Menschen in reissende Bestien verwandeln, wegen Spoilergefahr kann nicht mehr dazu schreiben. "The Ultimate Warrior" fühlt sich nach einem Vorläufer der Endzeitfilme an, die nach dem grossen Erfolg von Mad Max (1979) über die Leinwände flimmerten. Während der Sichtung stellte ich mir mehrfach die Frage, warum Robert Clouse immer wieder die Zügel schleifen lässt, manche Chance nicht nutzt. Das Finale wertet den Film auf, denn dort versucht sich der Streifen nicht mehr als dystopischer Beitrag zu tarnen, sondern lässt endlich die Maske fallen, steht zu seiner wahren Ausrichtung: Endzeitkrawall!

Die aus dem Hause Warner stammende DVD präsentiert den Film ungekürzt, der Ton liegt in englischer und deutscher Sprache vor, die Bildqualität ist zufriedenstellend. Leider muss der Filmfreund auf jegliche Boni verzichten, typisch für Titel aus dem Backkatalog des Labels.

6,5/10 = oberste Mittelklasse, fast gut. Da ich ein grosser "Endzeit-Fan" bin, ist bei der nächsten Sichtung eventuell noch ein wenig mehr drin.

Lieblingszitat:

"Dieser Baron... Der Mann ist wirklich einmalig."
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