DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme

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Moderator: jogiwan

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DrDjangoMD
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme

Beitrag von DrDjangoMD »

DIAMANT DES GRAUENS

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Originaltitel: Revenge of the Stolen Stars
Land: USA, Philippinen
Jahr: 1986
Genre: Abenteuer, Horror
Regie: Ulli Lommel

Handlung:
Im Streit um einen verschwundenen äußerst wertvollen Diamanten bringen sich ein Minenbesitzer (Kinski) und sein Partner gegenseitig um. Der Neffe des Toten (Barry Hickey) reist in die Tropen und wird von der Sekräterin (Love) und dem Anwalt (Lommel) seines Onkels mit der Tatsache konfrontiert, dass der verschwundene Diamant mit einem Fluch belegt war, der den Gutsten solange heimsucht, bis er ihn an irgendwelche Eingeborenen zurückgebracht hat. Eine herrlich absurde Suche nach dem verschwundenen Diamanten beginnt…

Kritik:
Stellt euch vor es gäbe eine Abhackliste von Merkmalen eines Trashfilmes, wenn es die gäbe, wäre sie sicherlich bei „Diamant des Grauens“ zum Einsatz gekommen. Der Film beinhaltet ALLES, was man sich nur wünschen kann…
Eine vollkommen unsinnige Handlung mit teils episodenhaften Charakter, die Überverwendung von Archivaufnahmen, die man manchmal nicht mal gebraucht hätte, Nebendarsteller die kein Talent besitzen, ein Hauptdarsteller der noch schlimmer ist, das Erscheinen eines berühmten Darstellers, der zwar noch vor dem Vorspann draufgeht, dessen Gesicht und Name man aber groß aufs Cover drucken kann und eine ganze Reihe echt komisches Zeugs.
Menschen werden in Tiere verwandelt, Ventilatoren sind augenscheinlich messerscharf, Frauen mit aufgemahlten Bärten gehen als Männer durch, Prostituierte bringen ihre Kunden um, weil sie meinen, das wäre lukrativer, überdimensionale Politiker lassen sich den ganzen Tag massieren und fungieren dabei als Erzähler,…
Verantwortlich für diesen wunderbaren Schrott ist Ulli Lommel, der uns auch seine darstellerischen Leistungen präsentiert. Und ich muss gestehen bei all dem Müll, der einen um die Ohren geworfen wird, ist Lommels Performance das einzige das professionell wirkt. Sicher, er übertreibt als hinterlistiger Bösewicht schamlos und ist daher so durchschaubar wie Fensterglas, aber seine üblen Grinser und sein diabolisches Mienenspiel sind wirklich nicht von schlechten Eltern.
Fazit: Ein Punkt für Ulli Lommel, der Rest ist Trash in seiner konzentriertesten Form. :thup: :doof:
Filmtechnisch: 1/10
Trash: 10/10 :thup:
Zuletzt geändert von DrDjangoMD am Do 1. Dez 2011, 11:53, insgesamt 1-mal geändert.
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DrDjangoMD
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme

Beitrag von DrDjangoMD »

DER ROTE RAUSCH

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Originaltitel: Der Rote Rausch
Alternativtitel: Flucht ohne Wiederkehr; Das Geheimnis des Roten Baumstammes (Was? :doof: )
Land: Deutschland
Jahr: 1962
Genre: Drama
Regie: Wolfgang Schleif

Handlung:
Ein Insasse einer Irrenanstalt (Kinski, who else) entfleucht dem unangenehmen Gemäuer und findet bei einer Bauernfamilie Unterschlupf, die ihn für einen Grenzflüchtling hält. Doof nur, dass ihm in der Anstalt seine Erinnerungen ausgelöscht wurden, er ist davon überzeugt unschuldig dort gewesen zu sein. Doch immer, wenn er eine Perlenkette sieht, kommt der Bedauernswerte in Mörderlaune, ihm überkommt DER ROTE RAUSCH…

Kritik:
Betrachten wir zunächst das, wofür der Film berühmt ist: Klaus Kinski, der hier in seiner ersten Hauptrolle zu sehen ist. Spielt er wirklich so gut, um ihn als großen Schauspieler, würdig eines Fitzcarraldo oder Loco, zu entlarven? Absolut! Er ist grandios und präsentiert eine der besten, wenn nicht die beste Performance seiner Karriere:
Anfangs, wenn er von der Anstalt flüchtet, bekommen wir den üblichen Kinskerich-Wahnsinnigen unrasiert, keuchend, mit unruhigem Blick. Dies verwirrt den Zuseher, da wir nicht genau wissen wie wir ihn einschätzen sollen. Als er aber von den Bauern aufgenommen wird, verändert sich sein Schauspiel und Aussehen. Er ist nun rasiert, gekämmt, ruhiger und spricht erstmals. Er legt eine unsagbar sanfte Stimme an den Tag und in Szenen wie der, wo er für die Bauerntochter ein Puppenspiel aufführt, vergessen wir sofort seine Vergangenheit und uns überkommt eine Welle von Sympathie für den jungen Mann. Er ändert sein Spiel erneut, als er von seiner Vergangenheit als vierfacher Frauenmörder erfährt. Er wird zu keiner bösen Figur, schließlich mordet er nicht aus freiem Willen heraus, er zeigt sich einfach unsagbar heruntergekommen. Mehr torkelnd als gehend mit kränklichem Blick, womit er uns sofort massenhaft Mitleid entzieht. Das Ganze zusammen ist wirklich eine großartige Figurenzeichnung, die durch ihre Wendungen die Zuseher in die passenden Stimmungen versetzt.
Unterstützt wird er von einer Reihe guter Nebendarsteller, die uns teilweise von Wallacen bekannt sein dürften. Zunächst wäre da Brigitte Grothum. Leider spielt sie nicht das junge nette nachvollziehbare Mädchen, das sie in „Das Gasthaus an der Themse“ oder „Die seltsame Gräfin“ verkörperte, sondern gibt die personifizierte Unschuld, immer verständnisvoll immer auf der richtigen Seite und da die Welt schlecht ist auch immer leidend. So gut mir der Film sonst gefallen hat, diese Personenzeichnung nervte auf die Dauer ein wenig. Sieghardt Rupp gibt als ihr Verehrer den Mistkerl, den er am besten kann und die durch Wallace vertrauten Jochen Brockmann und Dieter Borsche sind auch zu erkennen.
Der Film ist sehr geschickt aufgebaut. Die erste Szene zeigt die Flucht Kinskis, was ihn als gefährliches Subjekt erscheinen lässt. Dafür sprechen auch die harten Töne, die der sonst so zurückhaltende Soundtrack immer ausstößt, wenn Kinski irgendjemanden zum ersten Mal sieht oder von jemanden gesehen wird. Dann folgt jedoch diese lange Phase in der uns Kinski sympathisch wird, wir sehen ihn mit Brigitte Grothum liebäugeln und sich mit deren Tochter anfreunden.
Ein Höhepunkt liegt in der Szene, in der er bei der Polizeistation eine unangesehene Fahndungsakte seiner selbst sieht und sie einsteckt. Die rassige Gastwirtin entdeckt das Papier in seinem Mantel und hält es für einen Liebesbrief. Neckend entreißt sie es ihm und hält es lachend aus seiner Reichweite. Schon hat er die Hände an ihrem Hals als sie durch einen Hereinkommenden gerettet wird, der den Angriff für Zärtlichkeiten hält.
Wir bekommen weiter Hinweise, dass irgendwas mit Kinski nicht in Ordnung ist. Als er in die namenlose Hauptstadt fährt (die Straßenbahn hatte das Wiener Wappen, es ist Wien, WIEN!!!) und sich zunächst beinah an einer Ladenbesitzerin vergeht um dann einer Puppe den Kopf abzudrehen und einen Steckbrief seiner selbst zu entdecken, erfahren wir mit ihm nach zwei Drittel des Filmes über seine Verbrechen.
Von Polizei und ehemaligen Freunden gejagt kommt es zu einem mitreißenden ergreifenden und spannenden Finale das man so schnell nicht wieder vergessen wird. Dabei bietet die flache Seelandschaft (Neusiedler See), die düsteren schwarz-weiß Töne und das häufige Fernbleiben von Musik eine deprimierende perfekt passende Stimmung.
Fazit: Ergreifend inszeniertes Psychodrama mit einem jungen Kinski, der eine grenzgeniale Performance als bemitleidenswerter Frauenmörder ohne Gedächtnis abliefert. 9/10 :thup:
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CamperVan.Helsing
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme

Beitrag von CamperVan.Helsing »

DrDjangoMD hat geschrieben:
Kritik:
Stellt euch vor es gäbe eine Abhackliste von Merkmalen eines Trashfilmes,
Sehr schön, Doc2! :thup:
My conscience is clear

(Fred Olen Ray)
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DrDjangoMD
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme

Beitrag von DrDjangoMD »

METROPOLIS

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Originaltitel: Metropolis
Land: Deutschland
Jahr: 1927
Genre: Science Fiction
Regie: Fritz Lang

Handlung:
Während die arbeitende Klasse in der futuristischen Großstadt Metropolis ein armseliges Leben in ihren unterirdischen Lagern führen muss, haben es die Bürger recht gemütlich. Als der Sohn von Metropolis’ Herrscher Joh Fredersen, Freder, sich von der geistigen Führerin der Arbeiterbewegung, Maria, verzaubern lässt, unternimmt er einen Ausflug in die unterirdische Arbeiterstadt und bekommt Mitleid mit den Unterdrückten.
Joh Frederson und der Erfinder Rotwang spielen sich derweil mit dem Gedanken eine Roboterdame, die Maria nachgebildet ist, zu erschaffen, um Zwist unter den Arbeitern zu schaffen. Was Fredersen nicht weiß, Rotwang verfolgt auch noch ein paar eigene diabolische Pläne...

Vorbemerkung:
Das ist ein Film, den man auf großer Leinwand gesehen haben muss; jeder, der ihn auf großer Leinwand gesehen hat, wird ihn schätzen, lieben und vergöttern...

Kritik:
Wow, was für ein unsagbar atemberaubender Film. Auf großer Leinwand hatte dieser Film eine Wirkung, wie kein anderer, den ich je zuvor gesehen habe.
Bevor wir auf das Team hinter der Kamera eingehen, betrachten wir mal die Darsteller und ihre Rollen.
Unsere Sympathieträger sind mal noch nichts Besonderes. Gustav Fröhlich verkörpert Freder, einen Charakter, wie wir ihn schon Dutzende Male gesehen haben. Einen Sohn aus reichem Hause, der durch die Liebe zu einer Frau aus einem anderen Haus oder einer anderen Schicht Sympathie für die Fremden entwickelt, hat schon Shakespeare mit seinem Romeo geschaffen und in der Filmwelt kam es dann zu Figuren, die Freder noch mehr gleichen. Ihm zur Seite steht Theodor Loos als Josaphat, die treue Seele an der Seite des Helden ohne die mittlerweile auch kein Film mehr auskommt. Beide spielen ihre Rollen wirklich gut, allein wegen diesen Figuren wird „Metropolis“ aber noch nicht unvergesslich.
Dafür stechen die Bösen so richtig schön hervor. Mein Favorit ist Alfred Abel als Herrscher über Metropolis. Als solcher ist er kalt und skrupellos, die Verbannung seines engsten Mitarbeiters in die schreckliche Arbeiterwelt kommentiert er nur mit einem Achselzucken, keine noch so diabolische Tat fordert eine größere Gefühlsregung. ABER, sein Mienenspiel hat von Anfang an etwas sehr leidendes an sich. Man könnte also vermuten, dass er bei all seinen Taten nur deshalb keinen Skrupel zeigt, weil er schon längst von ebendiesem zerfressen ist. Am Schluss sehen wir auch, dass er durchaus willens ist, sich zu bessern, was mich wiederum zu der Annahme bringt, und das macht diese Figur so interessant, dass er kein schlechter Mensch ist, kein diabolischer Bösewicht, sondern ein normaler Typ, der erkennen musste, dass man in einer mächtigen Position kaltblütig zu sein hat um etwas zu erreichen. Er ist also nur eine unsympathische Figur, weil ihm seine Position diese Haltung aufzwingt. Das ist finde ich kein schlechter Gedanke, vielleicht können wir in Joh Fredersen ja auch so manchen unserer heutigen Politiker wiedererkennen.
Wirklich von Grund auf böse erscheint dann aber sein Spion „Der Schmale“, gespielt von Fritz Rasp, den wir aus Wallace-Filmen kennen. Und nun die Frage, die jedem auf der Zunge liegt: War Fritz Rasp schon eine unheimliche Spukerscheinung vor seinem hohen Alter? – oh ja. Immer wenn der hagere schwarz gekleidete Mann ins Bild kommt, läuft einem ein Schauer über den Rücken. Er bewegt sich immer sehr langsam, sehr bedacht, was ihn fast schon in die Riege der unnatürlichen Schurken erhebt. Wenn wir aber gegen Ende seine Reaktionen auf die sich abspielende Tragik wahrnehmen, können wir auch bei ihm vermuten, dass er sich nur so von Grund auf böse gibt, weil das seine Position als Handlanger des Herrschers von ihm fordert.
Rudolf Klein-Rogge (Doktor Mabuse himself) gibt uns als Rotwang einen cartoonhafteren Bösewicht. Er wird als sehr intelligent beschrieben, was er mit seinen Erfindungen beweist, andererseits ist er aber auch von seiner toten Freundin/Frau/irgendwas-in-der-Richtung besessen, die bei der Geburt von Joh Fredersens Sohn ihr Leben lassen musste und überhaupt und obendrein umgibt er sich neben technischem Kram auch noch mit Pentagrammen und scheint magische Fähigkeiten zu haben. Klein-Rogge setzt diese Mixtur aus Genie und Wahnsinn perfekt um: In der einen Szene ist er ruhig und berechnend und bewegt sich bis auf das in groteske Höhen Ziehen seiner Augenbraue überhaupt nicht und in der nächsten Szene springt er wild gestikulierend herum wie Vincent Price auf Ecstasy!
Schlussendlich ist es aber doch eine Dame, die all diesen grandiosen Figuren die Show stielt: Brigitte Helm spielt Maria und ihr metallenes Ebenbild und das macht sie unbeschreiblich! Als Maria gibt sie uns eine dieser personifizierten Unschulden, die hier als geistige Führerin inmitten der schmutzigen Arbeiter durch ihre Reinheit und Anmut einen wirklich tollen Kontrast bietet. Ihr schauspielerisches Können entfacht sie dann bis zum Äußersten als Roboterdame. Ihre Bewegungen sind hastig, zackig in einer unnatürlichen weise verzerrt, noch dazu hält sie das eine Auge immer ein wenig geschlossen, das hat ihr Erfinder nicht so doll hinbekommen, und sie hat eine wirklich diabolische Lache drauf, die man zwar nicht hört, aber ihr schadenfreudiges Gesicht, das selbst in Momenten der Niederlage noch höhnisch die armen Arbeiter verspottet ist aussagekräftiger als jeder Ton.
Und neben diesen schier unglaublichen schauspielerischen Fähigkeiten ist sie noch sehr hübsch anzusehen und kann verdammt gut tanzen, bzw. einen Affen nachmachen, an manchen Stellen wusste ich nämlich nicht ob sie dies macht oder tanzt.
Aber kein Charakter wirkt gut, wenn ihn der Regisseur nicht gut in Szene setzt und auf dem Regiestuhl saß deswegen der Film-Gott Fritz Lang, den ich zwar seit „M – Eine Stadt such einen Mörder“ sehr schätze, seit „Metropolis“ aber wahrhaft verehren muss. Er hat in diesem Film viele verschiedene Stimmungen die er uns vermitteln muss, was ihm auch wunderbar gelinkt.
Zu Anfang konfrontiert er uns mit den furchtbaren Bedingungen des Arbeiterlebens. Die ratternden Maschinen dampfen unheilbringend während die Menschen an ihnen stehen und fast wie epileptische Zirkusclowns Arbeiten verrichten die monoton, anstrengend und vor allem menschenverachtend sind. Das deprimierte Leben dieser Leute zeigt Lang, indem er sie, allesamt mit gesengten Köpfen in einheitliche dreckige Uniformen gehüllt, monotonen Schrittes in endlosen Reihen durch ihre armselige Welt schlendern lässt.
Lang muss sich aber auch darum kümmern, dass Metropolis trotz der furchtbaren Arbeiterstadt unter ihr, wie eine prächtige Metropole rüberkommt. Dies macht er, indem er in geschickter Bilderfolge die beeindruckenden Gebäude, die Fluten von gleißenden Lichtern und die Bewegungen der Verkehrsmittel kombiniert (er war übrigens auch für den Schnitt zuständig). Besonderes Lob gilt hier natürlich auch den wunderwirkenden Bühnenbildnern.
Selbst übertroffen hat sich Lang bei der Inszenierung des Schlusses der nicht nur wahnsinnig spannend ist, er porträtiert auch die Dekadenz der Herrschenden und den Hass der Unterdrückten sehr ergreifend. Indem Lang den zweifelhaften Sieg der Arbeiter über die Maschinen neben die tragischen Schicksale der von den revolutionierenden Eltern zurückgelassenen Kindern stellt und mit vielen Bildern stürmender arme reckender brüllender Arbeiterheere aufwartet, bannt er auch wie kein zweiter den Wahnsinn, der hinter den meisten Revolutionen steckt, auf Zelluloid.
Nett ist es, dass bei der zu verdammenden Revolution der Musikus Gottfried Huppetz ein paar Noten der Marseillaise in seinen Soundtrack gemischt hat. Auch sonst ist die Musik äußerst stimmig, für Maria werden romantische Klänge aufbewahrt, die Stadt selbst bekommt ein flottes epochales Thema und die Maschinen werden mit einem dumpfen unsympathischen Gehämmer untermalt.
Abschließendes Lob noch an das Drehbuch von Thea von Harbou. Ihr Skript wird trotz der Länge von zwei und einer halben Stunde niemals langweilig, weil es stets mit neuen Umbrüchen in der Geschichte und interessanter Charakterzeichnung aufwartet. Die Reihenfolge in denen Leid der Arbeiter, Stimmen von Frieden oder von Aufruhr, Unterdrückung durch die Herrschenden und der Revolutionswahnsinn miteinander verbunden werden ist perfekt und die Liebesgeschichte zwischen Maria und Freder sowie die Subplots um Rotwang, Josaphat oder Georgy, einem Arbeiter mit dem Freder Kleider tauschte, werden in die Geschichte eingefügt ohne fehl am Platz zu wirken.
Fazit: Ein durch und durch stimmiges und ergreifendes Meisterwerk. 10,01/10, die beste Note, die ich je vergeben habe. :thup: :thup: :thup:
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DrDjangoMD
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme

Beitrag von DrDjangoMD »

THE HOOKER WITH A HEART OF GOLD

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Originaltitel: The Hooker with a Heart of Gold
Land: USA
Jahr: 2011
Genre: Action, Drama, Science Fiction…schwer zuzuordnen
Regie: Brad Jones

Handlung:
Auf der Flucht vor ihrem Zuhälter Zalman (Brad Jones) wird eine Prostituierte (Sarah Lewis) mit goldenem Herzen (metaphorisch gemeint) von dem liebenswerten Mad Scientist von nebenan Dr. Rogen (Brian Lewis) überfahren. Der Gutste hat aber ein schlechtes Gewissen und belebt sie wieder indem er ihr ein Herz aus Gold (nicht mehr metaphorisch gemeint) einsetzt. Die leichte Dame verliebt sich in ihren Lebensretter, der sie aus ihrer unbefriedigenden Existenz befreien könnte, wäre da nicht der Boss der Bosse Steele (Brad Jones), welcher dem Doc seinerzeit das goldene Herz finanziert hat und nun seine Anlage zurück möchte…Selbst wenn er sie persönlich aus der Brust der Prostituierten herausschneiden müsste…

Kritik:
„The Hooker with a Heart of Gold“ ist ein feiner Amateurfilm von und mit Brad Jones. Der gute Mann hat in seinem Leben genug Exploitationfilme gesehen um die Grundlagen der Regie zu beherrschen und da „The Hooker with a Heart of Gold“ nicht mal sein erster Streifen ist, bekommen wir unter seinen Fittichen eine sehr bodenfeste Regie, die dem Film durchgehend Atmosphäre verleiht und es schafft über zwei Stunden (!) die Spannung aufrecht zu erhalten.
Dies bewerkstelligt er unter anderem indem er öfters den Grundton seiner Handlung ändert. Der Anfang gemahnt noch an ein bewegendes Sozialdrama, mit der gutmütigen Prostituierten, die ihrer Welt entkommen will. Eine Storyline, welche schon in anderen Filmen zur genüge ausgeschlachtet wurde. Jones schafft es aber eine sehr düstere Stimmung aufkommen zu lassen, formt mit Szenen nächtlicher Straßen eine Unwelt, in der sich niemand wohl fühlen kann. Des weiteren bringt er die Bedrohung, die von skrupellosen geldgeilen Zuhältern ausgeht glaubhaft rüber.
Mit der lächerlichen Wiederbelebung der Verkehrstoten in der Kellerwohnung eines lokalen Möchtegernchirurgen balanciert der Film an der Klippe des Trashes, ohne dabei abzustürzen. Natürlich kann die Operation so niemals funktionieren und das angeschlossene Liebesverhältnis zwischen der Prostituierten und dem Typen, der sie umgebracht und anschließend wiederbelebt hat ist im Grunde mehr lächerlich als glaubhaft; nach all der Dramatik der ersten halben Stunde ist uns so eine Auflockerung aber mehr als willkommen und durch die gutmütige Charakterzeichnung des Doc halten wir zu der sich anbahnenden Liebe und werden von dem eigentlich trashigen Geschehen bewegt.
Doch mit dem Auftauchen der Figur Steele kommt wieder ein wenig Tragik ins Bild. Die anstrebenswerte Liebe kommt in Gefahr, Menschen sterben, die Lage spitzt sich zu, was aber wieder so gut von Jones an die vorige Handlung angeknüpft wurde, dass es vollkommen glaubhaft ist. Gleiches gilt für das Ende, welches eindeutig eine Persiflage auf das Genre Racheaction ist. Im Gegensatz zum Rest wieder mehr albern als seriös aber durchaus ins Gesamtbild passend.
Noch dazu muss Brad Jones auch für die cleveren Dialoge gratuliert werden. Sie zeigen auflockernden Witz, wo Tragik vorherrscht und fesselnde Tiefe wo eigentlich Komik vermutet wird. Noch dazu wartet das Drehbuch mit mehr zitierfreudigen coolen Sprüchen auf als jeder Tarantino-Film zusammen.
Die Darsteller sind zwar durch die Bank weg Laien aber erstens machen sie ihre Sache wirklich gut, zweitens haben die Freunde und Nachbarn des Brad Jones durch seine anderen Filme schon Erfahrungen gesammelt und letztens hat ihnen der Gutste so grenzgeniale Charaktere auf die Leiber geschrieben, dass auch mit mittelmäßigen Schauspielkünsten ein positiver Eindruck entsteht.
Sarah Lewis zeigt darstellerisches Talent. Ihre Prostituierte schafft den großen Sprung von der gutmütigen Erdmutter, die in einer Welt voller böser Menschen gefangen ist zur gnadenlosen Rächerin a la Django, die keine Gefühlsregung zeigt einen unbewaffneten gefesselten Mann in die Hölle zu schicken, nachdem er keinen Nutzen mehr für sie hat, ohne dabei unglaubwürdig zu erscheinen.
Brian Lewis ist als Doc der eindeutige Sympathieträger. Er hat zwar einige schlechte Eigenschaften, wie sein Alkoholproblem, aber er ist auf so eine kindlich einfache Art gutmütig, dass man die Figur einfach lieben muss.
Die beiden dankenswertesten Rollen hat Brad Jones aber für sich selbst aufgehoben. Der Zuhälter Zalman ist ein total komischer Kauz, eine Mischung aus Mafiosi und Späthippie, mit Langhaarperücke und Videospielsucht ist er in der ersten halben Stunde für die meisten Lacher verantwortlich, kann, wenn er seine Wumme rausholt aber durchaus auch erschreckend und vollkommen skrupellos rüberkommen. Des weiteren nutzt Jones die Figur um sich über seine eigene Sammlerleidenschaft von Filmen lustig zu machen.
Natürlich aber ist Zalman bei weitem nicht so skrupellos wie der große Bösewicht himself, Steele. Steele ist so eine Type, wie sie im Goldfinger-Song besungen wird. Er schmeichelt sich bei den Leuten (und beim Publikum) ein, macht sie glauben, dass er ihr Freund ist, betört sie, umgarnt sie und wenn er dann mal in der Laune dazu ist, jagt er ihnen eine Kugel durch den Kopf. Er verhält sich aber nicht nur wie ein typischer Bond-Bösewicht, er sieht auch so aus. Mit seiner Augenklappe, seinem Hinkebein, seiner Armprothese und seinem manischen Lächeln ist er mehr cartoonhaft als glaubwürdig, was sich aber immer gut in den gerade vorherrschenden Ton des Filmes einfügt und von Jones mit dem passenden Overaction dargestellt wird.
Fazit: Absolut sehenswert. Mitreißende Regie, witzige Dialoge, clevere Handlungsverläufe, einprägsame Figuren und natürlich die hinreißenden Darstellungen von Brad Jones machen diesen Amateurfilm zu einer über zwei Stunden andauernden Freude. Ein Punkt standardmäßiger Abzug für schlechte Kameraqualität und den anderen kleinen Unstimmigkeiten, die der Film seinem geringen Budget verdankt.
9/10 (mit einem großen Plus und zwei Sternchen hintendran) :thup:
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme

Beitrag von DrDjangoMD »

DÄMONEN

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Originaltitel: Demoni 2
Alternativtitel: Dance of the Demons 2
Land: Italien
Jahr: 1986
Genre: Horror
Regie: Lamberto Bava

Handlung:
In einem Hochhaus sehen sich mehrere Personengruppen den selben billigen Gruselschinken an. Was aber niemand erwartet ist, dass einer der im Film gezeigten Dämonen plötzlich aus dem Fernseher rauspoppt und die grade ihren Geburtstag feiernde Sally in seinen Bann zieht, weil…Ja…wir bekommen keine Erklärung. Jedenfalls infiziert Sally dann einige andere und so ist das Hochhaus plötzlich voll mit mordgierigen Bestien, gegen die sich die letzten Überlebenden krampfhaft zu wehren versuchen…

Kritik:
Lamberto Bavas Dämonen ist ein Film, der mies anfängt, während des Geschehens aber immer mehr an Fahrt gewinnt, um schließlich in einem sehr unterhaltenden Gruselschocker zu gipfeln.
Problem Nummer 1 ist das Drehbuch, obwohl es immerhin von Bava, Franco Ferrini und Dario Argento geschrieben wurde. Aber zu viele Köche verderben den Brei, auch wenn sie mit jeweils fünf Hauben ausgezeichnet wurden. Wir bekommen eine Flut von Charakteren, die wenig bis überhaupt nicht eingeleitet werden und teilweise einfach aus dem Film hinausverschwinden. Kein Witz, bei zirka fünf Leuten habe ich keine Ahnung was mit ihnen geschehen ist bzw. ob sie überlebt haben oder nicht. Die Dialoge sind schwachsinnig, aber aus Achtung vor den hohen Namen, die sich für das Drehbuch verantwortlich zeigen, geb ich dafür mal den deutschen Übersetzern die Schuld. Wo ich aber doch Bava und Co. tadeln muss, ist dass der Großteil der Handlung absolut keinen Sinn ergibt, es gibt so unglaublich viele offene Fragen, die uns einfach unkommentiert vorgesetzt werden, dass es mit der Zeit ziemlich schwer wird bei der Sache zu bleiben.
Problem Nummer 2 liegt in einigen der darstellerischen „Leistungen“, die Tommy Wiseau zum Teil wie Humphrey Bogart wirken lassen. Oft ist das erträglich, da viele der besonders miesen Schauspieler früh genug aus dem Geschehen hinausgemordet werden; den absoluten Tiefpunkt, die vollkommene Abwesenheit von Talent bietet Coralina Caraldi-Tassoni als Sally. Ihre Gesichtsausdrücke sind unter Kindergartenlaientheater, ihre Reaktionen so sichtlich auswendig gelernt wie…bei einem Kindergartenlaientheater, noch dazu hat man ihren Charakter so unerträglich nervig geschrieben, so unausstehlich abstoßend als hätte ihn ein Kindergartenkind (sorry, hab wohl meinen unkreativen Tag) erkoren. Als Dämon macht sie auch so ein albernes Gesicht, dass sie einfach lächerlich wirkt, was ich ziemlich schade finde, da die Masken wirklich exquisite ausgefallen sind.
Zum Ausgleich bekommen wir wenigstens ein paar Leute, die eine Bruce-Campbell-hafte Coolness an den Tag legen: Bobby Rhodes als Fitnesstrainer, Antonio Cantafora als Vater und David Edwin Knight als George wissen alle wie man mit Dämonen umzuspringen hat und sorgen gegen Ende für ein paar Kick-Ass-Kampfszenen. Auch positiv sind mir aufgefallen Nancy Brilli als Hannah, Georges schwangere Freundin, welche total sympathisch rüberkommt und zum Glück nicht so enden muss wie viele Schwangere in Horrorfilmen, sowie die junge Asia Argento, die ich in Kinderrollen nicht so schlecht finde. (Mit Betonung auf IN KINDERROLLEN)
Die größte Überraschung des Filmes ist aber Lamberto Bava, der seinem Vater wirklich alle Ehre erweise. Beinah jedes Bild ist mittels ergreifender Kameraeinstellungen und surrealer Lichtverhältnisse perfekt durchkonzipiert und verleiht dem Film eine Atmosphäre, die er bei so einem Drehbuch eigentlich gar nicht verdient hätte. Mit seinem Können verwandelt Bava das Treppenhaus, die Garage, den Aufzug und andere gewöhnliche Orte in unwirtliche Höllen, was den Charme dieses achtziger Jahre Streifens ausmacht.
Fazit: Lamberto Bava holt aus einem meiner Meinung nach wirklich miesen Drehbuch alles heraus was geht und gestaltet herrlich gruselige Bilder, die eine Sichtung lohnen, auch wenn der Film sonst in Mittelmäßigkeit dahinsiecht.
6/10

Tipp: Wenn man sich den Film kaufen will, sollte man erstens wissen, dass „Dämonen (1)“ im Original der zweite Teil ist und daher auch unter „Demoni 2“ oder „Dance of the Demons 2“ erhältlich ist. Des weiteren musste ich feststellen, dass XT-Video teilweise die Hüllen vertauscht hat und sich bei ihrer Veröffentlichung „Dämonen“ nicht in der „Dance of the Demons 2“ sondern in der „Dance of the Demons“ Hülle findet. Ob sie diesen Fehler bei allen DVDs oder nur bei meiner gemacht haben, kann ich allerdings nicht sagen. Der Kauf ist also beschwerlich, lohnt sich aber meiner Meinung nach.
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TENEBRAE

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Originaltitel: Tenebre
Alternativtitel: Tenebrae – Der kalte Hauch des Todes; Shadows
Land: Italien
Jahr: 1982
Genre: Giallo
Regie: Dario Argento

Handlung:
Peter Neal kann sich nicht lange am Ruhm erfreuen, den ihm sein Bestseller „Tenebre“ eingebracht hat, denn ein mysteriöser Killer begeht grausame Morde und stopft seinen Opfern ausgerissene Seiten des Buches in den Mund…

Kritik:
Nach seinen beiden Ausflügen in das Horror-Genre, wendete sich Argento wieder dem Giallo zu. Während des Drehs zum daraus resultierenden „Tenebrae“ schien er aber, wie ich fand, im Herzen noch immer am Horror zu hängen. Ein Einfluss, durch den „Tenebrae“ einige Vor- aber auch ein paar Nachteile bekommt.
Betrachten wir das Wichtigste zuerst, nämlich die Regie, die uns nicht weniger gibt, als wir von Argento erwarten, nämlich absolute stilistische Perfektion. Diesmal zeigt der Meister einen Hang zu Kamerafahrten, die durch ihre Länge, ihr Tempo und ihre teils verwinkelten Bewegungen beim Zuseher ein mitreißendes Schwindelgefühl erregen, ihn entsetzen und dadurch direkt in das Geschehen voll Mord und Totschlag hineinziehen. Dies geht so weit, dass uns Argento durch solche Fahrten und einen hastigen Schnitt, wenn er gerade von Nöten ist, die grausigen Mordszenen nicht nur sehen, sondern auch fühlen lässt.
Hier zeigt sich der Horroreinfluss am deutlichsten. Die Morde sind nicht mehr Mittel zum Zweck die Geschichte voranzutreiben, sondern bis ins letzte zelebrierte Tötungsakte, die durch den richtigen Einsatz von Schnitt, Licht und Effekten zu den Highlights des Filmes werden. Nicht, dass Argento in seinen früheren Gialli keine künstlerisch inszenierten Morde gehabt hätte, aber in „Tenebrae“ sind sie doch um einiges drastischer und gehen mehr unter die Haut.
Leider sind sie aber auch zahlreicher. Und hier kommen wir zu meinem größten und einzigen Kritikpunkt, dem Drehbuch, welches daran scheitert gleichzeitig einen Thriller/Krimi und einen Horrorfilm zu inszenieren. Der Giallo hatte zwar immer schon einiges von Horror an sich, doch „Tenebrae“ treibt es an die Spitze, wenn man mich fragt, sogar über die Spitze hinaus.
Wir bekommen es mit elf Toten zu tun, das ist nicht der Bodycount von einem Thriller, sondern von „Freitag 13.“! Wie viele Charaktere von den zwölf die wir bekommen überleben kann man sich ja selbst ausrechnen. Dies führt mich auch gleich zum größten Nachteil „Tenebraes“, nämlich, dass er keinen eindeutigen Hauptcharakter hat. Sicherlich, Anthony Franciosa bekommt am meisten Screentime und Daria Nicolodi und Giuliano Gemma verhalten sich auch wie potentielle Helden, aber sie sind weder so liebenswert gedenkwürdige Figuren wie Nicolodi in „Profondo Rosso“, noch stehen sie so eindeutig im Mittelpunkt wie Hemmings in selbigen oder Musante in „Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe“. Im Mittelpunkt stehen die Morde, was sich ein typischer Horrorfilm erlauben dürfte, aber bei einem Giallo halte ich dann doch nach einem Sympathieträger Ausschau, der mich durch den ganzen Film geleitet und um dessen Leben ich in höchster Spannung zittern darf.
Noch dazu scheinen mir einige Szenen recht willkürlich und teilweise sogar unnötig eingefügt worden zu sein. Es ist kein langsames Herantasten an die Identität des Killers mehr, Entwicklungen lassen sich nur schwerlich erkennen, es ist einfach wenig Einleitung, dann massenhaft Morde, dann die Auflösung und dann noch ein paar Morde. Wie gesagt, in einem Horrorfilm funktioniert das so, aber nicht in einem Thriller.
Da mein einziger Kritikpunkt sichtlich die Tatsache ist, dass mich „Tenebrae“ zu sehr an Horror gemahnt, könnte man dann eigentlich nicht sagen, vergessen wir, dass auf dem Cover „Giallo“ steht und betrachten ihn einfach als normalen Horrorfilm? Leider nein, denn er enthält sehr wohl viele Thrilleraspekte, allein die Tatsache wie mit den Morden umgegangen wird und die polizeilichen Ermittlungen, die wieder negativ in einem normalen Horrorfilm wirken würden. Gegen Genrekreuzungen habe ich prinzipiell nichts, Filme wie Soavis „Aquarius“ oder Argentos „Profondo Rosso“ gehören zu meinen Lieblingen, aber dies nur, weil die Drehbücher die Akzente besser setzen und entweder Horror ODER Thriller in den Vordergrund rücken, wobei die Mischung in „Tenebrae“ für mich einfach nicht abgestimmt rüberkam.
Nicht nur die Leichenberge machen den Film düsterer als Argentos frühere Gialli, wir vermissen auch ein wenig den Humor, der in diesen Filmen noch präsent war. Ein bisschen witzig kommen zwar John Saxon und Giuliano Gemma rüber, aber bei erstem sei das „bisschen“ betont und bei zweitem ist es mehr Sympathie als Witz. Prinzipiell nicht verwerflich, aber rückblickend auf Argentos frühere Werke habe ich den Spaß dann doch vermisst.
► Text zeigen
Bei all dieser Kritik wollen wir aber nicht vergessen, dass durch die Regie noch immer jede einzelne Szene über eine unglaubliche Spannung verfügt. Die Szenen an sich sind perfekt inszeniert, mitreißend, bewegend, einfach atemberaubend. Im Zusammenhang verstört mich der Film halt ein wenig, aber in seine Einzelteile zerlegt ist er göttlich. Dazu kommt die Riege der Darsteller. Anthony Franciosa stellt alle verschiedenen Facetten seiner Rolle glaubhaft da, Daria Nicolodi beweist erneut, dass sie eine hervorragende Schauspielerin ist und Gemma und Saxon machen ihren großen Namen alle Ehre. Kleines Lob auch an den Typen, der sämtliche weiblichen Nebencharaktere offenbar mit den Covermodels des Playboys besetzt hat. Und last but not least nach einer göttlichen Regie und traumhaften Schauspielern darf der schrille und temporeiche Goblinsoundtrack diesmal natürlich nicht unerwähnt bleiben.
Fazit: Perfekt inszeniert, so dass Argento als Regisseur seinem Gottstatus hier mehr als gerecht wird, und wunderbar dargestellt. Nur das Drehbuch konnte sich meiner Meinung nach nicht zwischen eindeutig Horror und eindeutig Giallo entscheiden. 8/10
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DrDjangoMD
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme

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CASTLE FREAK

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Originaltitel: Castle Freak
Alternativtitel: Dance of the Demons
Land: USA
Jahr: 1995
Genre: Horror
Regie: Stuart Gordon

Handlung:
John Reilly (Jeffrey Combs) erbt ein altes italienisches Schloss und zieht gleich mit Frau und Tochter ein. Doch der Haussegen hängt schief, denn Reilly muss nicht nur verarbeiten, dass er einen Autounfall, welcher seinem Sohn das Leben und seiner Tochter das Augenlicht gekostet hatte, verursacht hat, die Familie muss auch feststellen, dass das Schloss nicht ganz so unbewohnt ist, wie anfangs angenommen…

Kritik:
Als ich zuerst nach der DVD griff, zog ich meine Hand gleich wieder wie verbrannt zurück. Ich erinnerte mich daran, was ich über diesen Film gelesen hatte: „Nach einer Idee von Charles Band“. Und da ich wusste, dass die Ideen von Charles Band meist in mordenden Lebkuchenmännern oder fickenden Homunkuluspuppen resultieren, wollte ich anfangs meine Finger davon lassen. Gott sei dank überredete mich die leicht bekleidete Dame auf der Coverrückseite dann doch zu einem Kauf und bei Gott, ich hab es nicht bereut!!!
Was den Film zu einem Objekt meiner Begierde macht ist in erster Linie (natürlich abgesehen von der Dame auf der Coverrückseite :) ), dass Band auf den Regiestuhl verzichtet hat und ihn den wesentlich fähigeren Händen des Stuart Gordon übergeben hat, der wieder mal Hand in Hand mit Darsteller Jeffrey Combs kommt, welcher für ihn wohl so was Ähnliches ist wie Bruce Campbell für Sam Raimi.
Sind Gordon und Combs noch nicht ausreichend Gründe um dem Film die Höchstnote zu verpassen, hier meine Erklärung warum „Castle Freak“ ein Spitzenwerk ist:
Als Setting bekommt Gordon ein altes italienisches Schloss, welches er mit Gewittereffekten und Schattenspielen in eine Hochburg des Gotikhorrors verwandelt, wie sie in den Visionen Roger Cormans existiert. Dies gibt schon von Haus aus eine schön gruselige Atmosphäre, doch Gordon schafft zusätzlich eine andauernde unheimliche Stimmung, die, anstatt uns sinnlos mit irgendwelchen doofen Jumpscares zu quälen (zur Hölle mit dir, Michael Bay :x ), uns einfach in der bloßen Erwartung auf das Grauen fesselt ohne uns mit Schockmomenten zu verstören, was ich als um einiges unterhaltsamer und viel besser fürs Herz empfinde. :D
Wir haben also eine perfekte Gruselatmosphäre wie sie nicht hätte stimmiger sein können. Reicht das Gordon? Nein, er gibt uns noch mehr! Er fügt ein wenig Sex hinzu, ein bisschen Gewalt, eine ordentliche Portion Dramatik, sowie einen Hauch von seinem höchst eigenen Humor. All diese unterschiedlichen Empfindungen stehen aber keinesfalls im Konflikt zueinander, sondern sind so geschickt verteilt, dass sie bestens ineinander greifen und den atmosphärischen Gotik-Grusler in eine Überraschungstüte all dessen verwandeln, was das Horrorgenre ausmacht.
Diese schöne Mischung der einzelnen Stilrichtungen haben wir halb der Regie und halb dem Drehbuch zu verdanken, welches ebenfalls von Gordon stammt. Handlung an sich gibt es recht wenig, aber trotzdem kommt die anderthalb Stunden kein Bisschen Langeweile auf, zum einen wegen der erwähnten ständigen Präsenz der unheimlichen Stimmung und zum anderen wegen den Hauptcharakteren.
Jeffrey Combs spielt einen Familienvater, welcher vor zwei Jahren betrunken einen Autounfall gebaut hat, der seinem Sohn das Leben und seiner Tochter das Augenlicht gekostet hatte. Seine Gattin hasst ihn dafür abgrundtief und er ist von Schuldgefühlen zerfressen, doch da sie sich um die gemeinsame Tochter kümmern müssen, kann sie ihn nicht ohne weiteres verlassen und er sich nicht das Leben nehmen. Die Tochter hat den sympathischsten Charakter den man sich nur ausdenken kann, was diese Fürsorge, welche die entzweiten Eltern zusammenhält, verständlich macht. Daher sind unsere Hauptpersonen sehr interessante Charaktere, schon bevor die Horrorhandlung beginnt, werden wir von ihrer verzwickten Lage mitgerissen und später wird es sogar noch interessanter, da wir uns fragen wie ihre unübliche Beziehung auf eine Extremsituation reagiert.
Selbst die Nebencharaktere sind entweder komplex, humorig überzeichnet oder in den meisten Fällen sogar beides. Und last but not least haben wir natürlich noch den Killer des Abends, den Freak himself, ein missgestalteter Mensch, dessen bisheriges Leben unter konstanter Folterung in einem Kerker verbracht wurde. Wir haben durchaus Mitleid mit ihm, stellenweise glauben wir dann sogar, er könnte wie das Phantom der Oper nur ein missverstandener Außenseiter sein, der sich einzig nach Liebe und einen Platz an der Sonne sehnt. Dies geht solange, bis er beginnt auf äußerst brutale Weise Menschen abzuschlachten. Die Gewalt kommt umso schockierender rüber, da wir sie in einem auf Atmosphäre gebauten Grusler nicht erwarten.
Seine Maske ist auch ziemlich gut, noch besser aber ist Gordons Weise damit zu arbeiten. Er zeigt den Freak erst ganz am Schluss deutlich. Zuvor bekommen wir ihn nur entweder von hinten, in Form von Detailaufnahmen oder unter einem Bettlaken zu sehen, was das Kopfkino ganz schön ins Laufen bringt. Zumindest würde es das tun, hätte man das Monstrum nicht RIESENGROSS AUFS COVER GEDRUCKT!!! :palm: Noch dazu doof grinsend, dass man meinen könnte der Film sei eine Horrorkomödie, was er eindeutig nicht ist. :palm: Ich möchte wissen was für eine Schnarchnase von Produzent für das Marketing zuständig war…ach ja, stimmt, Charles Band :palm: (war nur ein Witz, ich habe keine Ahnung ob Band als Produzent auch bei den Covers mitmischt ;) ).
Mit dem Freak, welchen wir uns noch tausendmal hässlicher denken als er in Wahrheit ist kommt es zu einigen unheimlichen Szenen, die selbst einen altgesottenen Horrorfan wie mich noch das Fürchten lehren. Wie diese eine Szene, in der er neben der schlafenden Tochter steht und ihr langsam die Decke vom Körper streicht. :shock: Man stelle sich nur vor, man schläft, öffnet die Augen und das erste was man sieht ist…oh Gott, ich werde die nächste Woche so was von keinen Schlaf finden. :(
Fazit: Er ist als Gruselhorror von beispielhafter Perfektion. Das Einfügen von guten Charakteren, Dramatik, Gewalt und Humor hebt ihn dann noch über die Perfektion hinaus. 10/10 :thup:
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DrDjangoMD
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme

Beitrag von DrDjangoMD »

DÄMONEN 2

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DÄMONEN 2

Originaltitel: Demoni
Alternativtitel: Dance of the Demons
Land: Italien
Jahr: 1985
Genre: Horror
Regie: Lamberto Bava

Handlung:
Ein unheimlicher stummer Typ mit Maske verteilt in einer Berliner U-Bahn-Station Freikarten für einen Horrorfilm in einem nahen Kino. Offenbar finden sich ein paar Leute denen das nicht VERDAMMT VERDÄCHTIG (!!!) vorkommt und das Kino ist recht gut besucht. Neben ein paar Jugendlichen haben wir das durchschnittliche Horrorpublikum: Einen Zuhälter mit zwei Prostituierten, ein altes Ehepaar und einen Blinden :doof: . Als sich die eine Prostituierte eine mysteriöse Maske aufsetzt und sich kurz darauf in einen Dämonen verwandelt bricht von einer Sekunde auf die Nächste die Hölle aus, Dämonen töten grausam Menschen, Menschen werden wiederum zu Dämonen. Können die letzten Überlebenden sicher aus dem Kino entkommen?

Kritik:
„Dämonen 2“ ist das selbe wie „Dämonen“ nur in einem Kino. Wenn ihr also eine Kritik wollt, geht auf mein „Dämonen“-Review…
:? :| OK überredet, angesichts der Tatsachen, dass „Dämonen 2“ der Originalfilm ist und vor dem anderen rauskam sowie dass seine Schwächen nicht ganz so ausgeprägt sind wie in „Dämonen“, bekommt er doch eine eigene Kritik: :D
Also erste Schwäche vor allem: Das Drehbuch macht wie in der Fortsetzung absolut keinen Sinn. Weder die Geschichte selbst noch die Handlungen der meisten Figuren sind in irgendeiner Weise nachvollziehbar. ABER! Es ist nicht ganz so schlimm wie in dem anderen Film. Wir bekommen zwar keine Erklärungen für das Geschehen, aber wir bekommen den Eindruck, dass es erklärbar wäre, während in „Dämonen“ einfach wirklich nur irgendwas irgendwie geschehen ist. :nick:
Kein Darsteller ist zwar mehr als mittelmäßig, in Erinnerung zu das, was uns „Dämonen“ bot, bin ich damit aber mehr als zufrieden. Außerdem haben wir wieder Bobby Rhodes als bad-ass Zuhälter, der wieder mal bis zu seinem Ableben den Höllenkreaturen zeigt wo der Hammer hängt. Michele Soavi übernimmt den mysteriösen Parts des Maskenmannes. (Weder eine große Rolle, noch eine große Leistung, aber ich mag Soavi einfach und daher ist alles was er tut erwähnenswert. :thup: )
Die Stärken dieses Filmes sind aber genauso groß wie die Stärken des ersten Teils zweiten Teils anderen Dämonen-Filmes. Die Farbwirkungen sind unglaublich stimmig. Sähe man einzelne Screenshots, könnte man meinen sie stammten aus „Suspiria“. Die Kameraperspektiven sind perfekt gesetzt, Zeitlupen werden genau richtig eingesetzt und Bilder werden kreiert, die mit ihrer Ästhetik einen genialen Kontrast zu dem simplen Geschehen liefern. Aber solche Höchstleistungen sind natürlich zu erwarten, wenn MICHELE SOAVI den Regieassistenten gibt…ja, Regisseur Bava und Produzent Argento werden wohl auch das ihrige dazu beigetragen haben. :roll: :kicher:
Ein Kino ist als Schauplatz für so ein Spektakel natürlich perfekt. Wir haben einen ganz in roten Stoff getauchten Saal und einen Projektor, der andauernd einen gleißenden fast schon surrealen Lichtstrahl in das Geschehen sendet. Des Weiteren gefällt mir der total miese Film im Film, der gezeigt wird. Ich denke das ist Bavas Art zu sagen: „So, ihr Fritz-Lang-verwöhnten Horror-hassenden Filmkritiker (Lexikon des Internationalen Films, ich blicke in deine Richtung!), ihr denkt MEIN Film sei schlecht. Na dann schaut euch mal den da an 8-) .“
Abschließend zu sagen: Das Schönste an beiden Dämonen-Filmen ist, dass sobald die Dämonen da sind, unglaublich viel actionreiches spannendes Zeugs abgeht, zu vergleichen mit der zweiten Hälfte von „From Dusk till Dawn“. Während ich bei „Dämonen“ aber ein paar Minuten mit vollkommen dämlichen Charakteren verbringen musste, beginnt die Coolness hier nach einem kurzweiligen Einstieg.
Fazit: Unglaublich dumm, unglaublich unglaubhaft, aber unglaublich unterhaltsam. Ein kurzweiliges Spektakel, dessen fehlenden Sinn man durch die ganze Action und vor allem wie sie in Szene gesetzt wird, gerne vergisst. 8/10 :popcorn:
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DrDjangoMD
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme

Beitrag von DrDjangoMD »

SADO – STOSS DAS TOR ZUR HÖLLE AUF

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Originaltitel: Buio Omega
Alternativtitel: Blutiger Wahnsinn; Blue Holocaust
Land: Italien
Jahr: 1979
Genre: Horror
Regie: Joe D’Amato

Handlung:
Wir haben alle verschiedene Arten mit Trauer umzugehen. Manche Menschen schließen sich tagelang ein und weinen, andere versuchen zu vergessen und wagen sich in die Öffentlichkeit. Der junge Frank Wyler jedoch bevorzugt, um mit dem Tod seiner jungen Gattin fertig zu werden, ihre Leiche auszubuddeln und auszustopfen. Kontrovers genug, aber als er dann auch noch beginnt irgendwelche Frauen, die ihm über den Weg laufen, bestialisch umzubringen wird’s dann doch noch richtig ekelhaft…

Kritik:
Als das Dauererbrechen, welches der Sichtung dieses Meisterwerks folge, für kurze Zeit aufhörte, schrieb ich schnell meine Eindrücke über D'Amatos zweifellos besten Film nieder:
Joe D’Amatos Filme bringen mich oft in eine Zwickmühle. Als Cineast mag ich sie nicht, aber als Freund billiger Exploitation liebe ich sie, doch „Sado“ stimmt mich auf der ganzen Länge zufrieden. Die für D’Amato üblichen Extremen was Sex und Gewalt betrifft, bekommen wir hier im Rahmen eines spannenden und atmosphärisch tiefen Horrorthrillers geboten.
Es beginnt recht harmlos und einfühlsam, der Regisseur zeigt uns die Liebe Franks zu seiner sterbenden Frau und rührt uns zu Tränen, wenn sie entschläft. Melodramatisch begegnet uns sein abweisendes Umfeld, ohne Menschen, die ihn verstehen. Nur die diabolische Haushälterin ist ihm geblieben, ein Zustand, der nicht wirklich als positiv zu bezeichnen ist.
Wir empfinden Mitleid für seine gequälte Seele, wenn er die Geliebte aus ihrem Grab befreit. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Film noch eher im Bereich Herz-Schmerz anzusiedeln als in dem des Horror. Und dies finde ich ziemlich geschickt gemacht, denn durch diese emotional mitreißende Einleitung trifft uns der Donnerschlag der ersten Gewaltszenen umso ärger. Obendrein haben D’Amato und sein Effektmann diesmal die Messlatte ordentlich hoch angelegt, was den Gore betrifft. Konnte ich bei Man-Eater noch über die dilettantische Umsetzung der Ekelszenen lachen, hatte ich diesmal ernsthaft Mühe, den Blick auf der Leinwand zu lassen und mein Magen meldete sich mit dem Bedürfnis, die letzten paar Mahlzeiten möglichst schnell auszustoßen…
Eben dies ist bewundernswert an diesem Film: Während all der an der Obergrenze rührenden Tötungsszenen vergisst die Regie hier niemals die emotionale Hölle durch die der Hauptcharakter geht in den Mittelpunkt zu rücken. Selbst bei den übelsten Ausweidungen bleiben Atmosphäre und Spannung erhalten. Der ganze Film wirkt ununterbrochen düster, gedreht an isolierten Orten, die zwar landschaftlich ganz nett sind, aber trotzdem eine trostlose Leere zeigen.
Für das exzellente Portrait des wahnsinnigen Frauenmörders ist Kieran Canter zu loben, der uns die verschiedenen Stadien des Irrsinns schön glaubhaft präsentiert. Anfangs wirkt er noch sehr unbedacht und nervös. Als er die Leiche seiner Frau fortschaffen will und ihm von einem geplatzten Reifen bis zu einer aufdringlich Anhalterin alles erdenkliche wiederfährt, erkennen wir einen normalen Menschen, der unter Mühen versucht ein „kleines“ Laster zu verbergen. Selbst bei seinem ersten Mord, der noch im Affekt geschieht, haben wir Mitleid mit ihm, da wir seine Handlung vielleicht nicht mehr gutheißen (musstest du ihr wirklich die Fingernägel rausreißen?) aber noch halbwegs nachvollziehen können, ich meine, wir nehmen an, dass ein Mensch, welcher seelisch so am Boden ist, nach einer Provokation zu einem Mord fähig wäre. Von Minute zu Minute sinkt dann das Mitleid gleichermaßen wie sein Irrsinn steigt, ganz versiegt es jedoch nie und Frank bleibt bis zuletzt der zwar hassenswerter aber auch bedauernswerte Wahnsinnige.
Im Gegensatz dazu verfügt die Haushälterin, gespielt von Franca Stoppi, immer über die gleiche Kälte, ihre Taten geschehen nicht aus dem Affekt heraus, sondern sind kaltblütige Verbrechen, gespielt mit einer emotionslosen Härte, dass sich Mrs. Danvers aus „Rebecca“ von ihr ruhig noch eine Scheibe abschneiden könnte.
Die Überraschung des Abends kam aber von Seiten Cinzia Monreales, welche die tote Frau Franks sowie deren Schwester gibt. Sie begegnet uns am Anfang äußerst liebenswert, was uns die Trauer der Hauptperson um ihren Tod verständlich macht. Einmal gestorben spielt sie eine hinreißende Leiche, sie wirkt toter als die Gepfählte aus „Cannibal Holocaust“ (kleiner Schein-Snuff-Witz am Rande) und hat so einen unsagbar traurigen hohlen Blick drauf, der sie zum Sinnbild der verstorbenen Schönheit, dichterisch gesprochen einer gebrochenen Blume, werden lässt.
Spätestens wenn im Vorspann zu lesen ist, dass die Musik von Goblin ist, wird es überflüssig zu sagen, dass der Soundtrack genial ist, da Goblin-Scores immer genial sind. Diesmal eine schön monotone aber doch noch fetzige Melodie, die uns gleichsam auf einen nervenaufreibenden Thriller als auch auf ein düsteres Portrait eines Mannes über dem Rande des Nervenzusammenbruchs vorbereitet.
Fazit: Ekelhaft, aber äußerst stimmig; Kotzen, aber auf höchstem Niveau. 9/10
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