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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mi 11. Jan 2012, 22:41
von buxtebrawler
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Erdbeben – Flammendes Inferno von Tokio
Eine Gruppe von Wissenschaftlern kündigt den Bewohnern von Tokio ein gewaltiges Erdbeben an, wird aber nicht ernst genommen, bis es zu spät ist und die Katastrophe hereinbricht. (Quelle: MiG-DVD-Box-Cover)
„Alles, was explodieren kann, fliegt in die Luft!“

Katastrophenfilme sind nicht mein Ding. Der Grund, weshalb ich mir „Erdbeben – Flammendes Inferno von Tokio“, eine Toho-Produktion des japanischen Regisseurs Kenjiro Omori aus dem Jahre 1980, dennoch angesehen habe ist der, dass er Bestandteil der zweiten „Science Fiction Classic Box“ des Ramschlabels „MiG“ ist. Spätestens nach Sichtung der miserablen ersten Box war ich mir über den Etikettenschwindel bewusst, denn wirkliche Klassiker findet man dort eher nicht und einen Katastrophenfilm als klassische Science Fiction zu deklarieren, ist schon dreist. Andererseits handelt es sich bei diesen Boxen um eine gewisse Form von Wundertüten, die jeweils vier ohne erkennbares Konzept zusammengewürfelte, ältere Filme für unter 10 Euro bieten, weshalb meine Neugierde mich bei allen drei Exemplaren zugreifen ließ, obwohl mich eigentlich nur die „American International Pictures“-Produktion „Weltraumschiff MR-1 gibt keine Antwort“ zwingend interessierte.

Katastrophenfilme gehören deshalb nicht zu meiner favorisierten Abendunterhaltung, weil das, was ich bislang aus diesem Bereich gesehen habe, zu vorhersehbar war. So auch hier: Wir haben einen verkannten Warner (Hiroshi Katsuno, „Shag, die Hundepfeife“), der auf breite Ignoranz für seine Thesen des bevorstehenden Unheils stößt und letztlich, wenn die Katastrophe in Form eines gigantischen Erdbebens eintritt, zum einzelnen Helden hochstilisiert wird. Natürlich wird es dann auch schwer melodramatisch, wenn die Handlung sich auf Einzelschicksale fixiert. Das Interessanteste an solchen Filmen ist meines Erachtens, menschliches Verhalten in Extremsituationen zu studieren, was hier aber kaum erlaubt wird.

Stattdessen hält man sich lange mit Familiengeplänkel auf, indem man zeigt, wie unserer wackerer, unbeirrbarer Held „entehrt“ wird und sogar seine Frau verliert, aber sein Auge ohnehin schon auf ein anderes Mädel geworfen hat – gäääähn… Doch natürlich haben die Japaner stets eine diebische Freude daran, ihre Städte, in diesem Falle einmal mehr Tokio, filmisch dem Erdboden gleichzumachen – was für Nicht-Toho-Süchtige der einzige Grund sein dürfte, sich diesen Film anzusehen. Wie üblich werden Miniaturbauten durchgeschüttelt, angezündet und gesprengt, nur eben diesmal nicht von Menschen in Gummikostümen niedergetrampelt. Doch man machte sich auch die Mühe, einige Szenen in „Originalgröße“ zu drehen, was wahrlich nicht schlecht ausfiel, generell sind die Effekte hier wenn auch oft durchschaubar, so nicht von schlechten Eltern. Am stärksten im Gedächtnis blieben mit ein paar Tagen Abstand ein feuerfangendes Flugzeug sowie brennende Stuntmen, die durchs Bild rennen und rollen.

Das war’s dann aber schon mit aller Herrlichkeit, denn was dann folgt, ist der ermüdende eingangs beschriebene Einheitsbrei in seiner japanischen Ausrichtung und recht einschläfernd. Schluderige Arbeit lieferte das DVD-Label, indem es nicht nur in Vor- und Abspann, sondern auch während des Films auftauchende Texteinblendungen nicht durch Untertitel übersetzte, so dass sich der Sinn – Orts- oder Zeitangaben? Namen? Ränge? – dem japanisch-unkundigen Zuschauer nicht erschließt.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Do 12. Jan 2012, 18:04
von buxtebrawler
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Space Mutiny
...seit 13 Generationen sind wir unterwegs, viele tausend Menschen auf der Suche nach einem neuen Heimatplaneten. Gegen die Angriffe der Außerirdischen können wir uns - bis heute - noch erfolgreich wehren. Der größte und gefährlichste Feind des Menschen befindet sich jedoch in unseren eigenen Reihen. Kalgan und seine Schergen versuchen mit immer brutaleren Übergriffen, das Raumschiff in ihre Gewalt zu bringen. Was uns unter ihrer Herrschaft erwartet, ist schlimmer als der Tod!
„Space Mutiny“ vom US-Regisseur-Duo Neal Sundstrom („Howling V”) und David Winters („Love to Kill”) aus dem Jahre 1988 ist eine Science-Fiction-Obertrashgurke, bei der quasi gar nichts stimmt – außer dem Spaßfaktor für geeichte Trashologen.

In der fernen Zukunft sucht die Menschheit nach neuem Lebensraum, so dass viele ihr gesamtes Leben in Raumschiffen verbringen. Sicherheitsmann Kalgan (John Phillip Law, „Barbarella“, „Tarzan – Herr des Urwalds“) meutert und will die Southern Sun so schnell wie möglich zur Landung zwingen, um ein Leben in Saus und Braus zu führen… Er intrigiert, sabotiert, meuchelt und zieht seine Untergebenen auf seine Seite. Einen Verbündeten hat er in Chefingenieur MacPhearson (James Ryan, „Kickboxer 5“). Doch hat er die Rechnung ohne Dave Ryder (Reb Brown, „Captain America“, „Einer gegen das Imperium“) gemacht, der antritt, die Southern Sun heldenhaft zu retten und außerdem mit Lea (Cisse Cameron, „Der Abstauber“), der Tochter des Captains, anbändelt.

Alles, was in „Space Mutiny“ irgendwie nach Budget aussieht, also die Außenaufnahmen, ist Archivmaterial aus „Kampfstern Galactica“. Der Rest des Films findet in irgendwelchen unbeholfen auf „spacig“ getrimmten Hallen statt, die ein Raumschiff suggerieren sollen, stellenweise aber noch ihre Ziegelwände offenbaren. Die Brücke sieht aus wie ein Großraumbüro mit „hypermodernen“ PCs mit 5-¼-Zoll-Laufwerken, hier verwendet als „ID Reader“. Die Effekte der Außenszenen machen Spaß, weil sie an Computer-Spiele wie „Wing Commander“ erinnern, andere Grafiken sehen aus, wie auf einem C64 erzeugt, Visueller Höhepunkt sind aber neben Cameron Mitchells („Die Nacht der Schreie“) Weihnachtsmannlook als Captain zweifelsohne die affigen Kostüme der Besatzung, wobei die der weiblichen Mitglieder sehr figurbetont ausfielen und eher an Bademode erinnern. Jüngere Zuschauer mögen sich fragen, ob diese Outfits futuristisch aussehen sollten oder schlicht die vielgescholtene grausame 80er-Mode war. Ich tendiere dazu, sie als eine Mischung aus beidem zu klassifizieren. Lediglich für Ryder war keine Alufolie mehr übrig, er muss mit einem simplen Feinrippunterhemd vorliebnehmen. Nett übrigens auch das Logo der Southern Sun, das auf die Overalls gestickt wie SS-Runen aussieht…

Kaum ein schlechter Film ohne Tanzszene, so auch hier: Just nach dem Tod eines ihr nahestehenden Besatzungsmitglieds stürzt sich Lea in die Raumschiff-Disco, wo Hula-Hoop-Reifen (!) gerade eine ungeahnte Renaissance erleben, und tanzt Ryder obszön an, nachdem sie ihn kurz zuvor noch verdammt hatte. Doch natürlich wird auch reichlich Action geboten; so gibt es Lasergeballer en masse, statt fieser Schusswunden aber ständige Stürze aus hohen Entfernungen, deren Aufpralle man nie zu sehen bekommt. Später allerdings kommt ein Flammenwerfer zum Einsatz und man jagt tatsächlich ein paar brennende Stuntmen durch die Gegend! Der Oberknaller im wahrsten Sinne des Wortes ist aber das Finale, als unser Held und der Bösewicht sich ein packendes Autoscooter-Duell in zwei lächerlich instabil aussehenden „Enforcern“, Typ fahrbarer Rasenmäher, liefern, bis beide explodieren, als hätten sie gallonenweise Sprit getankt (die „Enforcer“ wohlgemerkt, wobei die Schauspieler vermutlich auch nicht mehr ganz nüchtern waren…). Die Schlusseinstellung stellt eine Fortsetzung in Aussicht, die es zum Glück (?) nie gegeben hat.

Uff… Die Darstellerriege besteht aus erfahrenen Trashern (Brown, Ryan) und mehr oder weniger verdienten Schauspielern auf dem absteigenden Ast (Law, Mitchell), die gute Miene zum bösen Spiel machen und die Handlung will vorne und hinten keinen rechten Sinn ergeben. Da hätten wir beispielsweise noch die Bellerianerinnen, eine außerirdische Mädelgruppe, die die Southern Sun besucht, aber anscheinend nicht das Geringste mit der Geschichte zu tun haben. Die Dialoge sind zum Schießen (mit der Laserpistole) und machen selbstverständlich vor ausgiebigem, sinnfreiem Pseudotechnikgelaber nicht halt. Bei all seinen Unzulänglichkeiten kann man „Space Mutiny“ aber einen gewissen Unterhaltungsfaktor, ausschließlich resultierend aus seinem unfreiwilligen Trash-Gehalt, nicht absprechen, denn hier wurde nicht wirklich alles versemmelt. Unter dieser Prämisse betrachtet mag er für manch vergnügliche Stunde sorgen und Trash-Gourmets munden. Objektiv betrachtet ist dieser Film aber nicht außer-, sondern unterirdisch.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Sa 14. Jan 2012, 16:22
von buxtebrawler
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Jupiter Inferno
Die Menschheit entziffert Jupiters uraltes Rätsel: Im "Roten Fleck" dieses Planeten liegt ein gigantisches Raumschiff begraben, von Wesen, die vor huntertausenden von Jahren die Erde besuchten. Doch an eine Ausgrabung auf Jupiter ist nicht mehr zu denken. Ein schwarzes Loch rast auf unser Sonnensystem zu. Jede Materie, selbst Sterne, die sich auf seiner Flugbahn befinden, werden von der gewaltigen Anziehungskraft des schwarzen Lochs verschlungen. Das Schicksal der Sonne, der Erde, der Menschheit scheint endgültig besiegelt. Als hauchdünne, verzweifelte Chance müßte man Jupiter sprengen, um mit seiner Marterie das schwarze Loch abzulenken... (Covertext)
Mit „Jupiter Inferno“ aus dem Jahre 1983, einem Science-Fiction-Film der japanischen Regisseure Koji Hashimoto („Godzilla – Die Rückkehr des Monsters“) und Sakyô Komatsu (anscheinend dessen einzige Regiearbeit, fungierte bei diesem Film auch als Produzent und Drehbuchautor), enthält die zweite „Science Fiction Classic Box“ des Ramschlabels „MiG“ einen durchaus interessanten Film abseits von Trash à la „Space Mutiny“ oder Katastrophenfilmmogelpackungen à la „Erdbeben - Flammendes Inferno von Tokio“. Leider veröffentlicht „MiG“ diesen Film nicht vollständig, sondern in einer um satte 16 Minuten gekürzten Fassung, trotz Existenz einer kompletten US-Fassung. Das ist eine Frechheit und schmerzt gerade bei diesem Film, den ich dennoch versuche, angemessen zu beurteilen – sofern eben möglich.

In der fernen Zukunft soll der Mars kolonialisiert und zu diesem Zweck der Jupiter zu dessen Sonne umfunktioniert werden. Jedoch trifft man auf beiden Planeten nicht nur auf uralte Zeichen einer unbekannten Zivilisation, sondern sieht sich der Bedrohung eines schwarzen Lochs ausgesetzt, das droht, die gute alte Erde zu verschlingen. Eine Chance zur Rettung bestünde durch Sprengung des Jupiters, um den Kurs des schwarzen Lochs zu ändern. Dagegen allerdings hat die militante Sekte „Jupiter Church“ etwas...

Nach ärgerlichen Produktplatzierungen der Coca-Cola- und McDonald’s-Konzerne wird schnell deutlich, wofür deren Sponsorengelder offensichtlich Verwendung fanden: „Jupiter Inferno“ präsentiert opulente, hochqualitative Weltraum- und Raumschiffaufnahmen und eine Reihe von Effekten, die nach einem hohen Budget aussehen und zu faszinieren verstehen. Auch die Innenkulissen sind gelungen und erwecken auch heute noch einen tatsächlich futuristischen Eindruck. Inspiriert scheint „Jupiter Inferno“ eher von Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ zu sein als von irgendwelchen Monster-Sci-Fi-Filmchen, Außerirdische bekommt man überhaupt nicht sehen. Zumindest in der mir vorliegenden, verstümmelten Fassung wird auch gar nicht näher auf die extraterristrischen Artefakte eingegangen, bald geht in erster Linie um den Plan, den Jupiter zu sprengen. Dieser zieht gewaltsame Auseinandersetzungen mit den Mitgliedern einer Umwelt- bzw. „Weltallschutzorganisation“ nach sich, die hier als durch ihre radikalen und über Leichen gehenden Sabotageakte als Bedrohung der Menschheit und zudem als nach außen hin typische Klischeehippiesekte, eigentlich aber knallharte Terroristen dargestellt werden.

Wann immer zum Hippiecamp am Strand, an dem der Oberguru begleitet von seiner Klampfe Lieder über Liebe und Frieden singt (!), geblendet wird und Naturaufnahmen hineingeschnitten werden, entsteht zumindest ein sehr schöner Kontrast zum futuristischen Ambiente. Zudem ist dieser Gegensatz Aufhänger für eine Romanze, die sich durch den gesamten Film zieht: Eine der Umweltschützerhippieterroristinnen hat ein Techtelmechtel mit einem der den Jupiter sprengen wollenden Wissenschaftler, was für eine starke Space-Soap-Opera-Schlagseite sorgt. In diesem Zusammenhang wird man gar Zeuge nackter Haut in einer Erotikaufnahme sowie einer Liebesszene, die man kitschiger nicht hätte umsetzen können.

Die Handlung springt also nicht immer wirklich nachvollziehbar zwischen verschiedenen Subplots und liefert dabei manch fragwürdige Idee – so z.B. die, das Schicksal der Erde (und des Jupiters) in die Hände eines hochbegabten Kindes zu legen. Bei all dem versucht man sich an einer epischen Atmosphäre, was partiell immer mal wieder zu funktionieren scheint, vom inkohärenten Drehbuch aber immer wieder torpediert wird. Die Darstellerriege wurde international ausgewählt, bekannte Namen habe ich aber keine ausmachen können. Für Wiedererkennungseffekte zuständig sind Filmausschnitte japanischer Godzillafilme und Eastern, die sich die Protagonisten anschauen – nette Verweise auf die japanische Filmkultur.

Ohne jegliche Erwartungshaltung in den DVD-Player geworfen, muss ich zugeben, dass mich „Jupiter Inferno“ insbesondere durch seinen technischen Aspekt doch gut zu unterhalten wusste. Größter Schnitzer bleibt jedoch die eigenartige Rolle der Hippiesekte, durch die man mir anscheinend aus japanisch-technokratischer Sicht Umweltschützer verunglimpfen und als Bedrohung für die Menschheit darstellen wollte. Dieser Schuss ging nach hinten los, da man sich nicht einmal die Mühe machte, die Motivation der Sekte darzulegen. In Anbetracht des Umstands, dass es in erster Linie Umweltschutzorganisationen sind, die die schleichende Zerstörung der Welt durch ihre Arbeit aufhalten, ein an Idiotie kaum zu überbietender Unfug. Wie das wiederum mit der Widmung „Für die NASA und jeden anderen, der das Universum herausfordert“ zu Beginn des Films zusammenpasst, erschließt sich mir beim besten Willen nicht. Davon losgelöst betrachtet aber ein Film, der aus naiver Sicht das Kind der Achtziger in mir wiedererweckte, das fasziniert vorm Fernseher sitzt, wenn die gelungene Illusion des weiten Weltalls erzeugt wird.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mo 16. Jan 2012, 20:04
von buxtebrawler
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Weltraumschiff MR-1 gibt keine Antwort
Als das titelgebende Raumschiff, das erste Gefährt auf dem Mars, einige Tage keine Antwort mehr gegeben hat, holt man es per Fernsteuerung zur Erde zurück. Bei der Rückkehr sind jedoch nur noch zwei der vier Astronauten an Bord. Wie sich herausstellt, zeigt sich der Mars als außerordentlich bevölkert, vornehmlich von monströsen Pflanzen und Tieren, die die Männer und Frauen bedrohten. Aber auch sonst stand das Fahrzeug unter dem Einfluß einer unbekannten Macht...
„Erschießen, was sich bewegt, alles andere mitnehmen!“

US-Regisseur Ib Melchiors neben „2071 - Mutan-Bestien gegen Roboter“ einziger Film, sein Regiedebüt aus dem Jahre 1959 mit dem Titel „Weltraumschiff MR-1 gibt keine Antwort“, liegt eine gar nicht mal so dumme Idee zugrunde: In der Zukunft unternimmt das Raumschiff MR-1 einen Erkundungsflug zum Mars, wo dessen Besatzung auf eine feindlich gesinnte Fauna wie Flora trifft und dessen hoch entwickelte Zivilisation sich vor ihr versteckt hält, da sie die Menschheit lange beobachtet und als kriegstreiberische, ethisch unterentwickelte Spezies kennengelernt hat, die sie schnell wieder loswerden möchte.

Dabei herauskommen allerdings ist ein naiv wirkender, aber farbenprächtiger Lowest-Budget-Trasher, der mit der Wiederankunft der MR-1 auf der Erde beginnt, so dass von vornherein klar ist, wer zu den Überlebenden zählt. Die Ereignisse auf dem „Angry Red Planet“ (so der Originaltitel) werden in einer ausgedehnten Rückblende, die von Dr. Iris Ryan (Naura Hayden) erzählt wird, nachgezeichnet. „Nachgezeichnet“ im wahrsten Sinne des Wortes, denn nicht nur die Marskulissen sind klar als solche erkennbare Zeichnungen, selbst Kreaturen wie das humanoide Wesen, das durchs Fenster reinschaut, wurden gepinselt. Das geflügelte Wort „Die Landschaft sieht aus wie gemalt“ bekommt da eine völlig neue Bedeutung… Lustig auch – bleibt man gedanklich bei der Prämisse einer von Dr. Ryan vorgetragenen Rückblende -, welch unwichtige Details die bis eben noch vollkommen fertige Frau munter ausplaudert, während der Kollege noch in Lebensgefahr schwebt. Ein Mann – ein Wort, eine Frau – ein Wörterbuch?

Doch halten wir uns nicht lange mit solchen Spitzfindigkeiten auf, sondern lenken unsere Aufmerksamkeit auf das, worauf es in solchen Filmen doch eigentlich ankommt: Die Kreaturen. Derer bekommt man in Form der seltenen Spezies der Fledermauskrabbenriesenspinne geboten, die nun wirklich herzallerliebst aussieht und der klare Gewinner des Films ist. Die Schlingpflanze erinnert an Ed Woods „Die Rache des Würgers“, wenn die Darsteller deren Tentakeln möglichst unauffällig selbst um sich wickeln. Die fiese Riesenamöbe – definitiv der größte Einzeller neben Dieter Bohlen –, die unsere wackeren Astronauten befällt und endgültig zum Rückflug zwingt, ist ebenfalls nicht von schlechten Eltern und äußert sich in schleimigen grünen Ablagerungen à la „Blob“ und Konsorten.

Nun wusste man damals seitens der Filmmacher offensichtlich noch nicht viel über Schwerkraft bzw. Schwerelosigkeit sowie andere physikalische und chemische Gesetzmäßigkeiten und lässt beispielsweise die Besatzung in offenen Helmen über den Mars stolzieren, hatte aber zumindest schon einmal gehört, dass es sich um den „roten Planeten“ handelt. Dies hat zur Folge, dass die Außenaufnahmen in einen augenkrebserregenden Rotfilter via „Cinemagic“-Verfahren getaucht wurden, der das Sehvergnügen doch arg erschwert. All dieser Unfug trägt natürlich zu einem unfreiwilligen Unterhaltungsfaktor bei, wie ihn Freunde solch alter Heuler lieben. Die menschheitskritische Aussage kommt ebenso mit dem Holzhammer wie das fröhliche Ende und letztendlich fragt man sich: „Weltraumschiff MR-1 gibt keine Antwort“ – doch wie lautete doch gleich die Frage...?

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Di 17. Jan 2012, 20:28
von buxtebrawler
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Bestie des Grauens
Die entflohenen Häftlinge Gary und Lon werden von dem Wissenschaftler Dirk Green in ihrem Versteck in einer Mondrakete gefunden. Dirk, der in Wahrheit ein Wesen vom Mond ist und in seine Heimat zurück möchte, zwingt die beiden Häftlinge die Rakete mit seiner Hilfe zum Mond zu fliegen. Die Überraschung ist groß, als Dirks Partner Steve Dayton und dessen Verlobte June als blinde Passagiere an Bord entdeckt werden...
Das Remake des fünf Jahre zuvor erschienenen, mir bis dato leider unbekannten Science-Fiction-Films „Cat-Women of the Moon“ entstand 1958 unter der Regie des gebürtigen Hawaiianers Richard E. Cunha („Frankensteins Tochter“) und ist ein schwer unterhaltsamer Sci-Fi-Drive-and-Cash-In-Murks.

Wissenschaftler Dirk Green (Michael Wahlen, „The Phantom from 10.000 Leagues“) hat in seinem Garten eine Mondrakete gebaut, weshalb es zu Meinungsverschiedenheiten mit der Regierung kommt. Kurzerhand bricht er zum fernen Trabanten auf und kam praktischerweise ganz unverhofft zu einer Besatzung in Form zwei jugendlicher Gefängnisausbrecher (Gary Clarke, „Der Satan mit den 1000 Masken“ und Tommy Cook, „Die Uhr ist abgelaufen“) sowie seines Kumpels Steve (Richard Travis, „Mesa of Lost Women“) und dessen Verlobter June (Cathy Downs, „Der Koloss“), die ihn suchten. Leider verstirbt Dick noch während des Flugs – und auf dem Mond angekommen, sehen sich die unfreiwilligen Raumfahrtpioniere mit lebensbedrohlichen Felswesen, einer mörderischen Riesenspinne und einer sterbenden Zivilisation von Mondfrauen konfrontiert, die in einer sauerstoffhaltigen Höhle leben…

Selbstverständlich muss man sich ins Gedächtnis rufen, dass damals noch kein Mensch wirklich auf dem Mond war, um einigermaßen nachvollziehen zu können, wie man auf die Idee kam, diese Handlung wirklich einem Publikum vorzusetzen. „Bestie des Grauens“ gewinnt trotz irreführenden deutschen Titels aufgrund seines konstant hohen Unterhaltungsfaktors und der Selbstverständlichkeit, mit der ein vollkommen absurdes Drehbuch verfilmt wurde. Die jugendlichen Ausbrecher werden charakterlich konträr zueinander gezeichnet, denn während Clarke einen sympathischen jungen Mann spielen darf, verfügt Cooks Rolle tatsächliche über kriminelle Energie, was noch während des Flugs zu einer überraschend gut choreographierten Prügelei führt. Auf dem Mond müssen dann bemitleidenswerte Statisten komplett in Schaumstoff gehüllt die Felswesen spielen, die aufgrund ihrer Schwerfälligkeit so gar keine Gefahr ausstrahlen, dieses für den Zuschauer aber selbstverständlich sollen. Die Riesenspinne sieht ähnlich schwerfällig aus und ist nichts anderes als eine unbeholfen tippelnde Marionette. Schwerelosigkeit herrscht dort übrigens genauso wenig wie in Greens Rakete, aber das nur am Rande.

Die Mondbewohnerinnen in der Sauerstoffhöhle bringen den bis dahin schon recht rasanten Film zusätzlich in Fahrt und sorgen in ihren knappen Kostümen und eigenartigen Kopfbedeckungen sowie ihrer in der nachkolorierten Fassung blauen Haut für zahlreiche Hingucker – immerhin konnte man für die Komparserie einige damalige Schönheitsköniginnen gewinnen. Unter den Schauspielerinnen sticht besonders Nina Bara („Space Patrol“) als aufbegehrende Mond-Amazone Alpha hervor, die mit einer Theatralik aufspielt, dass es die reinste Freude ist. Eine Tanzeinlage darf natürlich auch nicht fehlen, ebenso wenig wie romantisches Geplänkel und daraus resultierende folgenschwere Eifersüchtelei, Hypnose und eine Telepathie-Duell der Monddamen. Der „bad guy“ der Ausbrecher kommt selbstredend nicht ungeschoren davon und macht eindrucksvoll Bekanntschaft mit der Kraft der Sonne, ähem...

„Bestie des Grauens“ ist ein ambitionierter, sich selbst ernst nehmender Film, der mit einem Bein im Abenteuergenre steht und dank bestens aufgelegter Darsteller, einem für einen solch alten Genrebeitrag im untersten Budget-Bereich hohen Tempo und nicht zuletzt seines hohen Trash-Gehalts viel Spaß macht und mir daher guten Gewissens 6,5 Punkte wert ist. Das erste, was June ihren Steve nach dem ersten menschlichen Mondbesuch, mehreren Toten, Konfrontationen mit Monstern und dem Untergang einer Zivilisation fragt, ist übrigens, ob er eine gewisse Mondmieze attraktiver fand als sie – es könnte fast der Eindruck entstehen, als setze sich Cunhas Film inhaltlich mit der destruktiven Wirkung weiblicher Eifersucht auseinander...

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Di 17. Jan 2012, 22:01
von buxtebrawler
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The Church
Mittelalter: Eine Horde Kreuzritter fällt über ein Dorf her, das angeblich Schauplatz von Ketzerei sein soll. Sämtliche Dorfbewohner werden brutal getötet und in einem Massengrab vergraben. Neuzeit: Während der Arbeit in einer Kirche, die auf dem Massengrab erbaut wurde, entdeckt die Restauratorin Lisa eine geheimnisvolle Schriftrolle. Sie vertraut sie dem Bibliothekar Evan an, der daraufhin beginnt, das Geheimnis des alten Gemäuers zu erforschen. Doch dabei geht er einen Schritt zu weit: Er öffnet ein uraltes Siegel und entlässt so das Böse aus dem Grab...
Der 1989 veröffentlichte „The Church“ ist eine Zusammenarbeit des italienischen Regisseurs Michele Soavi, dem zuvor mit „Aquarius“ ein schöner Slasher gelang und Giallo-Meister sowie Schöpfer der Mutter-Trilogie Dario Argento, der das Drehbuch schrieb und den Film produzierte. Das klingt überaus vielversprechend, hielt meinen Erwartungen aber kaum stand. Doch der Reihe nach:

Der im Mittelalter angesiedelte Prolog zeigt Kreuzritter, die ein Dorf niedermetzeln. Die Bewohner wandern in ein Massengrab, auf dem eine Kirche erbaut wird, um die dunklen Kräfte zu bannen. In der Gegenwart wird ein altes Pergament Gegenstand des Interesses des Bibliothekars Evan, der durch seine Neugier das Böse heraufbeschwört...

Damit sei die Geschichte grob umrissen, die eine Kirche als Hort des Bösen und damit eine nicht uninteressante Ausgangssituation bietet. Diese erscheint mit zunehmender Spieldauer aber recht wirr und lässt kaum einen roten Faden erkennen. Trotz Soavis Versuchen, mit einer stellenweise beachtlichen Kameraarbeit in wunderbaren Kulissen dagegen anzuwirken, bleibt die Atmosphäre des Films erschreckend dröge und arm an Intensität, fast wie eine typische Direct-to-Video-Produktion. Eine als solche erkennbare, den Raum ausfüllende Hauptrolle gibt es nicht und leider gelingt es auch nicht – wie beispielsweise noch bei Argentos „Inferno“ –, diesen Umstand durch Lenkung der Aufmerksamkeit auf etwas anderes annehmbar auszugleichen. „The Church“ dümpelt über weite Strecken vor sich hin und lässt keine richtige Dramaturgie erkennen. Dazu bei trägt auch, dass man unverständlicherweise dem Soundtrack erfahrener und bewiesenermaßen zu Großtaten fähiger Komponisten wie Keith Emerson („Inferno“) und Goblin („Dawn of the Dead“) viel zu wenig Platz einräumte, ihn kaum zur Geltung kommen lässt, häufig gar in vollkommener Stille verharrt.

Zwar legte man durchaus Wert auf grafische Explizität, doch längst nicht jeder Spezialeffekt, vor allem nicht jede Maske – man denke an die alles andere als furchterregende Teufelsgestalt – ist gelungen. Einige harte Szenen jedoch fielen der Zensur meiner geliehenen VHS-Kassette zum Opfer, so dass zumindest für ein kurzes Splattervergnügen gesorgt worden sein dürfte. Obschon das generell ruhige Erzähltempo des Films genügend Zeit bietet, einzelnen Charakteren wie Evan (Tomas Arana, „Jagd auf roter Oktober“) oder der jugendlichen Asia Argento als niedliche und eigensinnige Lotte („Aura – Trauma“) eine undurchsichtige Aura zu verleihen und schleichende Prozesse der Besessenheit darzustellen, wird das Interesse, das für sie geweckt wird, durch das sprunghafte Drehbuch kaum befriedigt. Immer wieder scheint das Potential des Films und seiner Macher durch, doch das Ergebnis enttäuscht letztlich.

Wie ich kürzlich auf www.filmtipps.at lesen konnte, wurde „The Church“ anscheinend ursprünglich als dritter Teil der spaßig-trashigen „Demons“-Reihe konzipiert, erfuhr aber aufgrund des geringen kommerziellen Erfolgs des zweiten Teils eine Neuausrichtung. Das könnte als Erklärung herhalten, denn ich kann mir ausmalen, was die Folge war: Ein unter Zeitdruck x-mal umgeschriebenes Drehbuch, ein Sammelsurium unausgereifter Ideen und der verzweifelte Versuch, aus einer rasanten Dämonensause einen mystischen Suspense-Okkult-Horrorfilm zu machen. Die italienische End-80er-Seuche hat auch vor Soavi/Argento nicht Halt gemacht – schade.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Di 17. Jan 2012, 22:55
von Adalmar
Das gleiche, was ich im Filmthread gespammt habe, jetzt noch mal in ernsthaft: Ich empfehle dir eine ungekürzte DVD-Ausgabe wie z. B. die von Blue Underground, eine gekürzte VHS ist einfach nicht die richtige Quelle für so einen visuell-lastigen Film.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Mi 18. Jan 2012, 16:59
von buxtebrawler
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Vertigo – Aus dem Reich der Toten
Ex-Polizist Scottie glaubt, durch seine Höhenangst den Tod eines Kollegen verursacht zu haben. Darum ist er jetzt als Privatdetektiv nur noch ehelichen Seitensprüngen auf der Spur. Als er die unter Paranoia leidende Madeleine überwachen soll, gerät der Job schnell außer Kontrolle. Das Beschattungsobjekt besteigt einen Kirchturm - und stürzt prompt zu Tode. Damit nicht genug: Wenig später begegnet Scottie einer Frau, die Madeleine aufs Haar gleicht...
Alfred Hitchcocks („Psycho“, „Frenzy“) 1958 veröffentlichter „Vertigo“ ist oberflächlich betrachtet ein Kriminalfilm und Mystery-Thriller: Der aufgrund seines Höhenangsttraumas nach dem Tod eines Kollegen vorzeitig pensionierte Polizist Scottie (James Stewart, „Das Fenster zum Hof“) verdingt sich als Privatdetektiv und nimmt den Auftrag eines Freundes an, dessen Frau Madeleine (Kim Novak, „Geschichten, die zum Wahnsinn führen“) zu observieren, die von ihrer toten und zu Lebzeiten wahnsinnigen Urgroßmutter Carlotta besessen scheint. Carlotta beging mit nur 26 Jahren Selbstmord und Scotties Freund fürchtet, dass Madeleine ein ähnliches Schicksal ereilt. Tatsächlich stürzt sich diese in die Bucht von San Francisco, wird aber von Scottie gerettet, der sich daraufhin in sie verliebt…

Doch „Vertigo“ ist viel mehr: Eine traurige, desillusionierende Ode an die Liebe, dabei aber gleichzeitig ebenso atemberaubend schön wie seine Hauptdarstellerin Kim Novak. Nachdem Scottie aufgrund seiner Höhenangst hilflos mit ansehen musste, wie sich seine geliebte Madeleine in den Tod stürzt, ist er nicht mehr derselbe. Eines Tages läuft er jedoch Judy (Kim Novak) über den Weg, die Madeleine zum Verwechseln ähnlich sieht, obwohl sie sich anders gebärdet, eine andere Frisur und Haarfarbe trägt und andere Kleidung bevorzugt. Nach anfänglichem Zögern willigt Judy ein, sich mit Scottie zu treffen, der sich an seine von Madeleine ehemals verkörperte Idealvorstellung einer Frau klammert und sie nach ihrem Vorbild zu verändern versucht. Bald jedoch kommt er einem unerhörten Mordkomplott auf die Spur…

In wunderschönen und aufgrund seiner Ortswahl häufig ungewöhnlichen Bildern San Franciscos sowie farbenprächtig dramaturgisch ausgeleuchteten Kulissen lässt Hitchcock seine Charaktere bangen und leiden, lieben und trauern. Mehrdeutig bezieht sich der Filmtitel (Vertigo = Schwindel) nicht nur auf Scotties Phobie, sondern auch auf das schwindelerregende Gefühl sowohl einer surreal anmutenden Liebe als auch der sehnsüchtigen Melancholie des Unglücklichverliebtseins. Was Scottie durchlebt, erscheint häufig wie ein absurder Traum, plastisch und doch nicht greifbar, verwirrend und emotional. Den Tod Madeleines kann und will er nicht akzeptieren und zunächst scheint ihm die Entwicklung recht zu geben – doch nur, um Ende doch noch alles zu verlieren und sogar seine Illusion zu zerstören. Die Sympathieverteilungen, die Hitchcock seinem Publikum erlaubt, sind ein Wechselbad der Gefühle. Mag man Scottie aufgrund seiner Zuneigung zu seiner Schutzbefohlenen, die zudem die Frau eines Freundes ist, anfänglich noch verurteilen, wird ihm durch die Aufrichtigkeit seiner Liebe und seinen schweren Verlust das Mitleid des Zuschauers zuteil. Eben dieses erfährt auch Judy im Finale, nachdem sie es zuvor verspielt hatte, während man Scottie anfleht, endlich nachzugeben. Letztlich fiebert man mit beiden mit und erschrickt über ein abruptes, unbefriedigendes Ende, das so aber möglicherweise einfach folgerichtig ist und die Ausrichtung des Films unterstreicht. Der Wunsch nach einem anderen Ende ist Ausdruck der Empathie, die Hitchcocks Regie und das großartige Schauspiel insbesondere Novaks ausgelöst haben.

„Vertigo“ erinnert bei all dem an einen Film noir, ist für einen solchen aber trotz seiner inhaltlichen Schwere nicht düster genug. Der starke Mystery-Anteil entpuppt sich zwar als rein weltlichen Ursprungs, sorgt dank Hitchcocks Händchen für Suspense und auch Grusel aber in der einen oder anderen Szene für Gänsehaut. Die ungewöhnlich lange Spielzeit von gut zwei Stunden unterteilt „Vertigo“ in zwei gleichberechtigte Hälften mit jeweils eigener, spannender Dramaturgie, eigenen Höhepunkten und Finals – fast, als sehe man einen Film und dessen Fortsetzung. Dadurch werden Timing-Probleme u.ä. geschickt umgangen; punktgenau fügt sich Szene an Szene, ohne den von Madeleines Schönheit geblendeten Zuschauer auch nur eine Sekunde aus der Intensität dieses Filmerlebnisses zu entlassen. Der Kameraeffekt, mit dem Scotties Schwindelgefühl verbildlicht wird, war seinerzeit ein Novum und fand sich daraufhin auch in anderen Spielfilmen wieder. Interessant wäre es eventuell gewesen, stärker auf Scotties Psyche einzugehen, mehr über seine Vergangenheit zu erfahren und seinen Charakter näher zu umreißen. In jedem Falle ist Alfred Hitchcock mit „Vertigo“ aber ein wunderbarer Film gelungen, der von seiner Wirkung im Laufe der Jahrzehnte kaum etwas eingebüßt haben dürfte und auf nahezu unnachahmliche, zumindest aber unverkennbare Weise einen Thriller mit einem Liebesfilms kombiniert. Ein Meisterwerk, von dem ich mir gut vorstellen kann, dass es bei einer Zweitsichtung sogar noch wächst.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Do 19. Jan 2012, 14:53
von buxtebrawler
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Wishmaster
Im 12. Jahrhundert gelingt es einem Magier, den berüchtigten Djinn in einen kleinen, roten Opal zu verbannen. Viele Jahrhunderte muss er dort verweilen, bis der Stein in die Hände der jungen Alexandra fällt. Bei einer genaueren Untersuchung des Steins, die ein Freund von Alex in ihrem Auftrag durchführt, erlangt der Djinn seine Freiheit und pocht nun auf die Erfüllung dreier Wünsche von Alex. Danach kann er die Grenze zwischen seiner Dimension und die der Erde auflösen und eine Armee von Djinns zur Ausrottung der Menschheit loslassen...
„Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst!“

1997 betraute Wes Craven („Last House on the Left“, „A Nightmare on Elm Street“) Robert Kurtzmann mit der Regie des von ihm produzierten Horrorfilms „Wishmaster“, der sich der arabischen Mythologie um Dschinn-Wesen widmet: wunscherfüllenden, jedoch bösartigen Dämonen. War man aus der Populärkultur bislang gemeinhin gute Geister als Dchinns gewohnt, knüpft „Wishmaster“ an ihre ursprüngliche, bedrohliche Bedeutung an.

Nachdem im 12. Jahrhundert ein Dschinn (Andrew Divoff, „Nachtschicht“) gewütet und einmal mehr viele Menschenleben ausgelöscht hat, wurde er von einem Magier in einen Edelstein verbannt. In den Neunzigern des 20. Jahrhunderts wird er durch eine Reihe von Un- und Zufällen befreit und strebt danach, die Menschheit zu unterjochen…

Nach einem fulminanten Prolog, in dem es effekttechnisch bereits hoch hergeht, geht es also in die Gegenwart, wo sich vornehmlich die Hauptrolle Alexandra (mit charismatischem Grübchen im Kinn: Tammy Lauren, „Die Monsterbraut“) mit dem Dschinn herumschlagen muss. Die komödiantisch überzeichneten Charaktere nehmen dem Film beinahe jede Ernsthaftigkeit und machen aus ihm wenig atmosphärisches Popcorn-Splatter-Kino, dieses allerdings auf relativ hohem Niveau. Die Spezialeffekte-Abteilung hat ganze Arbeit geleistet und lässt, wann immer der bösartige Dschinn einen harmlos oder beiläufig geäußerten Wunsch eines Menschen so auslegt, dass er für möglichst viel Entsetzen, Tod und Verderben sorgen kann, nicht nur das Blut spritzen, sondern tobt sich richtiggehend kreativ aus, gern auch in Massenszenen. Der Großteil geschieht in guter alter Handarbeit, ein paar unterstützende digitale Effekte fallen nicht negativ aus dem Rahmen. Divoffs Dschinn-Maske kann sich ebenfalls sehen lassen und lässt genügend Raum für Mimik.

Dass die Charaktere, unter denen sich genrebekannte Namen wie „Jason Vorhees“-Darsteller Kane Hodder, Robert „Freddy Krueger“ Englund und Tony „Candyman“ Todd befinden, keinen sonderlichen Tiefgang erhalten, ist dabei der Ausrichtung des Films auf oberflächliche, kurzweilige Unterhaltung geschuldet. Und weshalb die als eigentlich recht pfiffig dargestellte Alexandra bis zum Filmende braucht, um auf die glorreiche Idee zu kommen, den Dschinn mit einem denkbar einfachen Wunsch zu überlisten, bleibt unklar. Für sonderlich intelligent kann man sein Publikum jedenfalls nicht gehalten haben, wenn man es mit etwas solch Trivialem überraschen wollte.

Als bizarre Effekt- und Splatterorgie mit einer im Ansatz netten und vor allem nicht ganz unoriginellen Geschichte geht „Wishmaster“ aber vollkommen in Ordnung, wenn er aufgrund seiner Selbstironie und seines Sarkasmus auch mit einem Bein im Komödiengenre steht. Spätestens mit Einsetzen des Abspanns kann übrigens auch der Soundtrack punkten, indem er Motörheads „Listen To Your Heart“ erklingen lässt. Für Freunde spaßigen und grafisch expliziten Ami-Horrors eine Empfehlung, zumal die 1990er diesbzgl. ja nun nicht gerade inflationär bedacht wurden.

Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Verfasst: Fr 20. Jan 2012, 20:16
von buxtebrawler
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Final Destination 4
Nick, Lori und ihre beiden Freunde Hunt und Janet (Bobby Campo, Shantel VanSanten, Nick Zano und Haley Webb) nehmen sich eine Auszeit und besuchen ein Autorennen auf dem McKinley Speedway, als es zu einem grauenhaften Unfall kommt, bei dem mehrere Wagen explodieren und ins Publikum schleudern, bis die ganze Tribüne zusammenbricht. Just als Nick von einer Eisenstange durchbohrt wird, erwacht er aus einer Vision - all das wird in wenigen Augenblicken tatsächlich passieren. Er nötigt seine Freunde von der Tribüne und verursacht einen Tumult, der mehrere Besucher mit sich zieht, als das Unglück tatsächlich geschieht. Doch wieder einmal läßt der Tod den einmal gefaßten Plan nicht fallen und holt alle unberechtigten Überlebenden auf graphischste Weise zu sich, in der Reihenfolge wie sie hätten sterben müssen. In zunehmender Todesangst bemühen sich Nick und Lori die Opferkette zu durchbrechen, um die Todeslawine aufzuhalten...
Nach dem flachen und sich erstmals als makabre, comichafte Komödie präsentierenden dritten Teil der ursprünglich so originellen Horrorreihe um Jugendliche, die aufgrund der Vision eines Einzelnen den Ablaufplan des unsichtbaren Todes durcheinanderbringen und anschließend unerbittlich von ihm gejagt werden, wurde in Teil 4 prinzipiell exakt der Stil des Vorgängers beibehalten, der sich aber erstmals in Dreidimensionalität präsentiert. Die Regie wurde im Jahre 2009 erneut dem US-Amerikaner David R. Ellis zuteil, der bereits die erste, überaus gelungene Fortsetzung inszenierte.

Neben der 3-D-Technik ist diesmal neu, dass Nick (Bobby Campo, „Natürlich blond 3“), der in diesem Teil während eines Autorennens die Vision der anschließenden tödlichen Massenkarambolage inkl. zahlreicher Explosionen hatte, fortan in Déjà-vus verklausuliert voraussieht, welche Gegenstände und Elemente in den nächsten Todesfall der zunächst dem Tod von der Schippe Gesprungenen verwickelt sein werden. Diese Gruppe wird arg schablonenhaft unterteilt in Sympathieträger und Unsympathen, unter denen sich diesmal sogar ein Rassist befindet, der gerne Metal hört und Bier trinkt – Klischee olé! Charismatische, erinnerungswürdige Schauspieler muss man mit der Lupe suchen. Die Handlung wird extrem straff gehalten und hat lediglich alibihafte Brückenfunktion zwischen den mal tödlichen, mal glücklich ausgehenden gefährlichen Kettenreaktionen, die einmal mehr auf sehr kreative Weise zeigen, in welchen Gefahren man eigentlich permanent schwebt und manch alltäglicher Situation etwas Lebensbedrohliches verleiht. Mit einem 3-D-Film-im-Film, der für die Besucher eines Kinos etwas zu realistisch wird, nimmt sich „Final Destination 4“ selbstironisch auf die Schippe.

Gehen diese Szenen tödlich aus, wird deftig gesplattert, was das Zeug hält; herrlich geschmackloser schwarzer Humor, wie ihn das Popcorn-Publikum mag. Emotional berühren werden diese Momente eher nicht, da es „Final Destination 4“ aufgrund oben beschriebener Charakterzeichnung kaum erlaubt, Empathie aufzubauen. Leider setzt man relativ stark – gerade auch in Actionszenen – auf CGI-Effekte, die so eindeutig als solche zu erkennen sind, dass sie den Film zusätzlich jeglichen Realismus rauben. So unrealistisch wie nie zuvor erscheint dann auch die eine oder andere Todesart, man denke nur an das Schwimmbad... Die Busszene aus Teil 1, die dort überraschte und entsetzte, wurde 1:1 kopiert, erzielt die gewünschte Wirkung aber nicht. Hommage oder Plagiat? Ich weiß es nicht. Eine recht explizite Sleaze-Szene hingegen blieb angenehm naturbelassen, wirkt aber aufgrund der allgemeinen Angezogenheit des Films ebenfalls wie ein Fremdkörper.

Nach gerade einmal 73 Minuten Nettospielzeit ist dann auch schon Schluss und zumindest mich hat das Gefühl beschlichen, einem etwas lieb- und seelenlosen Cash-In beigewohnt zu haben. Im Nachhinein betrachtet war „Final Destination 4“ sicherlich eine Art Probelauf für Teil 5, wo nahezu alles richtig gemacht und die Schwächen dieses Teils ausgemerzt wurden.