Liebe Studierende der Miskatonic University,
jeder, der hier in Arkham das Grundstudium überlebte, hat schon einmal munkeln hören von den arkanen Bänden in den mit Selbstschussanlage gesicherten Katakomben unserer Bibliothek: vom sinistren Liber Ivonis, den berüchtigten Cultes des Goules des Comte d’Erlette, von den Unaussprechlichen Kulten des Baron von Junzt, den Pnakotischen Manuskripten, Ludvig Prinns satanischen De Vermis Mysteriis und natürlich vom Necronomicon des verrückten Arabers Abdul Alhazred. Doch auch die Dämonen gehen mit der Zeit und wechseln allmählich die Datenträger, die sie heimsuchen, deshalb arbeitet unsere noch junge Forschungsstelle für virale Videologie seit zehn Jahren an der Sammlung von Bildmedien, deren Sichtung nicht selten in Wahnsinn oder Paranoia mündet. Diesen Monat bieten wir unseren abgehärteten Semestern die Gelegenheit, einige vor Kurzem aus dem ewigen Eis der Antarktis geborgene Zelluloid-Artefakte zu untersuchen – wie immer auf eigene Gefahr.
Sonntag, 1.3., 14.30 Uhr: DIE KLASSE VON 1984
CA 1982, R: Mark L. Lester, 95 Min., DF, 35mm, mit Perry King, Merrie Lynn Ross, Timothy Van Patten, Michael J. Fox
Nachsitzen fällt aus: Stattdessen zeigen wir DAS Manifest der schwarzen Pädagogik! Der junge Musiklehrer Andrew versucht, den Jungen und Mädchen seiner Musikklasse eine gute Grundausbildung zu vermitteln, doch eine Gruppe von Delinquenten um den jugendlichen Intensivtäter Stegman boykottiert an dieser Schule einfach alles. Schließlich spitzt sich der Konflikt zu, Blut beginnt zu fließen und greift Andrew zu härteren Mitteln: Strafarbeit und Kreissäge! "Die Klasse von 1984" ist eine Art Splattervariante von "Blackboard Jungle" und war seinerzeit einer der berüchtigtsten Schocker, vor denen Eltern und Lehrer einvernehmlich aufgeregt zu warnen versucht haben. Prädikat: Besonders schmerzvoll!
Text und Einführung: Jan Minck
Sonntag, 8.3., 14.30 Uhr: AVANAIDA – TODESBISS DER SATANSVIPER
CA 1983, R: William Fruet, 90 Min., DF, 35mm, mit Peter Fonda, Oliver Reed, Kerrie Keane
Oliver Reed ("Tommy", "Gladiator") spielt den reichen Großwildjäger Kincaid, der den Biss einer riesigen Viper nur knapp überlebte. Zurück von der Pazifikinsel plagen ihn Jahre später Horrorvisionen: Anscheinend ist er mit der Schlange telepathisch verbunden! Völlig besessen lotst er das Monster in die Stadt – die Jagd auf Menschen kann beginnen. Kincaid erlebt dabei jede Attacke so, als sei er selbst dabei. Zusammen mit Peter Fonda ("Futureworld") und der Polizei will er das Biest zur Strecke bringen… Bisswunden, Schlangengift und Ganzkörperschwellungen – dazu treibende Synthie-Sounds von Tangerine Dream und zwei Stars im Karrieretief. So bekömmlich wie eine Portion Schlangenblut, trotzdem ein "geschickt gefertigter Horrorfilm mit sehr spekulativen Schockszenen" (Lexikon des internationalen Films).
Text und Einführung: Jochen Oppermann
Sonntag, 15.3., 14.30 Uhr: DIE CITY COBRA
USA 1986, R: George Pan Cosmato, 87 Min., DF, 35mm, mit Sylvester Stallone, Brigitte Nielsen, Reni Santoni
In Los Angeles hat der "Nachtschlitzer" schon 16 Frauen ermordet, nur die blonde Ingrid (Brigitte Nielsen) ist ihm entkommen. Polizist Cobretti (Sly Stallone), genannt Cobra, und Kollege Gonzales müssen die Zeugin beschützen. Nicht ganz einfach, denn der Killer ist kein Einzeltäter… Quintessenzielles 80er-Jahre-Actionkino: brutal, zynisch, simpel im Plot und nah an der Eigenparodie. Minimalmime Stallone protzt mit dicken Muskeln und Wummen, gibt sich megacool (schwarzes Leder, verspiegelte Sonnenbrille und ein 1950er-Ford-Mustang mit Nitro-Antrieb), und er hat die besten One-Liner der Saison: "Du bist die Krankheit, und ich bin die Medizin!" Einer der großen Kritiker-Hassfilme – und ein noch größeres Actionmeisterwerk.
Text und Einführung: Peter Clasen
Freitag, 20.3., 20 Uhr: Christian Keßler liest aus seinem neuen Buch "Wurmparade auf dem Zombiehof – 40 Gründe, den Trashfilm zu lieben"
Lesung mit Filmausschnitten im B-Movie, Brigittenstr. 5, Kartenreservierung:
http://www.b-movie.de/kontakt/vorbestellung.php
Mehr Infos in Kürze
Sonntag, 22.3., 14.30 Uhr: DEATH WATCH – DER GEKAUFTE TOD
Dtl./Fr. 1979, R: Bertrand Tavernier, 115 Min., DF, 35mm, mit Romy Schneider, Harvey Keitel, Harry Dean Stanton
Ein Science-fiction-Film, angesiedelt im Glasgow einer nicht allzu fernen Zukunft. Ein Mann – in seinem Kopf wurde eine Videokamera implantiert – verfolgt eine schöne, allerdings todkranke Frau, um ihr Sterben für eine sensationsgierige Öffentlichkeit zu dokumentieren. Da steckt so einiges drin – über elektronische Informationen in einer hochtechnologisierten Gesellschaft, über den männlichen Blick, über die Entprivatisierung des Todes durch die Medien. Regie führte Bertrand Tavernier, einer der großen Cinephilen Frankreichs und auch in Deutschland mit so gegensätzlichen Filmen wie "Der Saustall", "Round Midnight" und "Ein Sonntag auf dem Lande" hervorgetreten. Über Romy Schneider muss an dieser Stelle nichts mehr verlauten, und Harvey Keitel ist eh einer der Leuchttürme des Bizarre Cinema, siehe "Reservoir Dogs", vor allem aber "Bad Lieutenant".
Text und Einführung: Michael Ranze
Sonntag, 29.3., 14.30 Uhr: IM AUGENBLICK DER ANGST
Spanien 1987, R: Bigas Luna, 90 Min., DF, 35mm, mit Zelda Rubinstein, Michael Lerner, Talia Paul
Im Kino treibt ein Mörder sein Unwesen und schneidet Zuschauern während der laufenden Projektion die Augen aus dem Kopf. Während die Lage immer weiter eskaliert, überlagern die Bilder immer mehr die Erzählung und die Atmosphäre wird dichter als die Logik. Lunas Film gilt als einer der großen Kultfilme des spanischen Horrorkinos und zugleich als Meta-Erzählung über den Blick des Zuschauers auf den Genrefilm, über die Lust, das Grauen zu schauen. Metapher über die Wechselwirkung zwischen Werk und Betrachter, blutiger Horrorspaß mit doppeltem Boden oder überschätzte Feuilleton-Ironie? Wir re-evaluieren den Kultstatus und finden es heraus. Mit Genre-Ikone Zelda Rubinstein als böser Mutter kann aber eigentlich nichts schiefgehen!
Text und Einführung: Jan Minck