Maulwurfs Hör-Bar

Moderator: jogiwan

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Maulwurf
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Darkwood
Flammende Welt

CD – 2001

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Kommen wir zu einer CD, die mir wirklich peinlich ist. Aus der Abteilung Ich war jung und hatte das Geld … Ich meine, Neo-Folk ist halt immer so eine Sache. Viele der Künstler sind Rechte (oder allermindestens von nationalsozialistischen Ideen beeindruckt und beeinflusst), und als Konsument steht man immer vor dem Dilemma, dass man die Musik eigentlich ganz gerne mag, aber halt die rechten Netzwerke nicht unterstützen mag. Ist das der Punkt, wo Bootlegging endlich eine Berechtigung hat?

DARKWOOD und der dahinterstehende Künstler Hendryk Vogel sind schwer einzuschätzen, wenngleich die von Vogel verwendete Ästhetik eine klare Aussage trifft. Auf der anderen Seite sitzt er (mittlerweile) für die Freien Wähler im Stadtrat von Pirna … DARKWOOD auf jeden Fall wandelt musikalisch auf dem Pfad zwischen klassischem Neo-Folk einerseits (was dann klingt wie wehmütige Nazis am Lagerfeuer) und Martial Industrial-Einschüben andererseits (was erheblich spannender und abwechslungsreicher ist), und geht so den Weg, den so viele Neonazi-CDs dieser Zeit hatten, und dem ich mich, mea culpa, damals nicht verschließen konnte. Und heute, heute sitze ich nach einem Vormittag Gartenarbeit müde auf dem Sofa, und genieße diese ruhige und entspannende Musik, die oft genug fein und interessant arrangiert ist, während der Kopf sich selber gleichzeitig wegen dieser Fascho-Kacke geißelt.

Ein schwieriger Fall! Das Musikbeispiel entfällt dieses Mal. Nehmt eure Gitarre, schrammt ein wenig darauf herum, und stellt euch dazu passende Kriegstrommeln im Hintergrund vor, die zum Angriff auf den Maulwurf blasen. Dann habt ihr so in etwa die Art Lagerfeuerromantik, die hier zu hören ist ...
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Blap
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Blap »

In der Tat ein schwieriges Thema. Ich mag z. B. Death In June gern, vor allem das Spätwerk, aber Douglas Pearce scheint zumindest sehr fragwürdig.

Ähnlich sieht es seit einiger Zeit beim Thema Morrissey aus. Andere Musikrichtung, ebenfalls befremdliche Aussagen des Künstlers. Schmerzhaft, da Morrissey tatsächlich zu meinen Lieblingsbarden gehört.
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Maulwurf
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Blap hat geschrieben: So 3. Aug 2025, 16:32 In der Tat ein schwieriges Thema. Ich mag z. B. Death In June gern, vor allem das Spätwerk, aber Douglas Pearce scheint zumindest sehr fragwürdig.

Ähnlich sieht es seit einiger Zeit beim Thema Morrissey aus. Andere Musikrichtung, ebenfalls befremdliche Aussagen des Künstlers. Schmerzhaft, da Morrissey tatsächlich zu meinen Lieblingsbarden gehört.
Bei DEATH IN JUNE stehen hier nur frühe Sachen, aber die Problematik ist nunmal da, und zieht sich gerade durch den Neo-Folk übelst durch ...

Morrissey, Du meinst den von den Schmitzens? Da habe ich in der Zeit folgenden Spruch von 2020 gefunden: Der Vorwurf, der Ex-Smiths-Sänger Morrissey sei rechts abgedriftet, ist Unfug. Den Verdacht indes, er mache mitunter üble Platten, bestätigt seine neue eindrucksvoll. :kicher:
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Blap
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Blap »

Maulwurf hat geschrieben: Mo 4. Aug 2025, 05:12 1. Bei DEATH IN JUNE stehen hier nur frühe Sachen, aber die Problematik ist nunmal da, und zieht sich gerade durch den Neo-Folk übelst durch ...
2. Morrissey, Du meinst den von den Schmitzens? Da habe ich in der Zeit folgenden Spruch von 2020 gefunden: Der Vorwurf, der Ex-Smiths-Sänger Morrissey sei rechts abgedriftet, ist Unfug. Den Verdacht indes, er mache mitunter üble Platten, bestätigt seine neue eindrucksvoll. :kicher:
1. Leider.

Was Death in June angeht, der frühe Stoff begeistert mich nur in Ansätzen. Mein Lieblingsalbum ist "Peaceful Snow" (2010).

2. Naja, ich sehe es eher umgekehrt. Morrissey hat noch nie ein schwaches Album auf den Markt gebracht. Seine Ansichten/Aussagen muten jedoch teils befremdlich an. Vielleicht ist er nicht einfach rechts, vielleicht hasst er auch fast alles auf der Welt. :lol:

2020 kam "I Am Not a Dog on a Chain" raus, eine richtig gute Scheibe.
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Maulwurf
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Blap hat geschrieben: Mo 4. Aug 2025, 10:20 Vielleicht ist er nicht einfach rechts, vielleicht hasst er auch fast alles auf der Welt. :lol:
[Harry] hasst alles auf dieser Welt. Das Leben, den Tod, Ausländer, Neger, Schwule, Kellnerinnen, Verbrecher, und sich selbst! ... :lol:
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Das Ich
Satanische Verse

EP-CD – 1990 - Reissue 1993

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Zumindest weltanschaulich wird es jetzt wieder einfacher, dafür musikalischer umso schwieriger. Auf dieser allersten Veröffentlichung, ursprünglich 1990 als Cassette herausgekommen, geben Bruno Kramm und Stefan Ackermann noch so richtig Gas. Die Musik ist hart, düster, dissonant, querulant, fährt einmal quer durchs Gebein, und lässt den unvorbereiteten Hörer ziemlich erschöpft und verwirrt zurück. Später wird die Band zumindest musikalisch eingängiger (und textlich eindeutiger), aber hier mussten die beiden Musiker sich möglicherweise noch ihre Hörner abstoßen - Leichte Kost ist das nicht! Gottes Tod und Kain und Abel sind hochgradig tanzflächentauglich, Jericho klingt eher wie ein schräger Chanson in einem Kabarett, und alles ist irgendwie von einem leichten Film aus Düsternis und Verderben überzogen. Wie verweste Lieder von Friedrich Hollaender. Das kann sehr spannend sein, kann aber auch furchtbar auf den Senkel gehen. "Die Gegenüberstellung von 'Geräusch und Harmonie' in einer angestrebten Dekonstruktion musikalischer Ausdrucksformen von Interpreten wie Einstürzende Neubauten wurde bei Das Ich mit dem Ansinnen aufgegriffen, Harmonie und Geräusch eklektisch zueinander zu 'stellen, um mehr artikulieren zu können' und Musik 'bildlich zu machen.'", so zitiert die Wikipedia, und unter diesem Aspekt wird das unten verlinkte Stück vielleicht etwas ... zugänglicher.

Wer mehr wissen will gerade zu dieser Veröffentlichung, kann in der Wikipedia eine äußerst fundierten Artikel zu den Satanischen Versen lesen, mit Textbeispielen, Geschwindigkeitsangaben, Quellen und Auswirkungen. Vielleicht macht das das Ganze ein wenig zugänglicher ...


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Blap
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Blap »

Maulwurf hat geschrieben: Di 5. Aug 2025, 17:28
Blap hat geschrieben: Mo 4. Aug 2025, 10:20 Vielleicht ist er nicht einfach rechts, vielleicht hasst er auch fast alles auf der Welt. :lol:
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Das Ich
Staub

CD – 1994

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Auf ihrem zweiten Album kommt die Bayreuther Band DAS ICH musikalisch ein wenig, sagen wir mal, gediegener daher. Das wilde und ungestüme der frühen Zeit weicht einer Art tanzbarer Neo-Klassik, unterlegt mit bitterböser Lyrik, die nicht zufällig an Gottfried Benn erinnert. (Einige Jahre später wird ein ganzes Album nur mit Gedichten von Benn entstehen). Fein komponiert und arrangiert, wird der damals aufgekommene Begriff "Neue deutsche Todeskunst" hier zum Programm gemacht. Anspruchsvolle und spannende Musik, der man zuhören muss um sie in ihrer ganzen Qualität und Bosheit erfassen zu können.

Wobei mir klar ist, dass dies nicht jedermanns Sache ist. Hier werden musikalische Grenzen zwischen Chanson, Progressive und Dark Wave aufgebrochen und etwas völlig Neues wird erschaffen. Etwas, was wie ein Cabaret des Untergangs klingt, und den Begriff Pessimismus in eine musikalische Ausdrucksform packt. Zeilen wie "Trampelt Unschuld Erde nieder, In der Ferne ziehen Völker, Singt der Erde Unschuld Lieder, Uns wird die Welt zu klein" singe ich regelmäßig beim Wandern vor mich hin, wenn ich die Menschenmassen beobachte, wie sie in ihrem Wahn über Stock und Stein trampeln. "Wie Stein verstummt. Millionen Fratzen starren. Heut ist Mitleid" ist auch so etwas, was eigentlich immer irgendwie passt, vor allem beim Schmökern in den asozialen Medien. Hell und fröhlich geht definitiv anders, aber die Kunst, aus solchen Momenten den dazu passenden Soundtrack zum Untergang zu schmieden, die beherrschten DAS ICH perfekt!

Und außerdem finde ich es faszinierend, was manche Künstler aus Keyboards alles rausholen ...


Das Ich - Sagenlicht
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Das Ich
Egodram

CD – 1998

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Nach dem Album Staub erschienen ein Live-Album, Feuer, sowie Morgue, auf dem Gedichte von Gottfried Benn vertont wurde. Beide fehlen mir (wobei ich Morgue gleich mal auf meine Wunschliste setze, weil Benn geht eh fast immer), und so kann ich nur feststellen, dass sich das musikalische Mastermind Bruno Kramm irgendwann zwischen Staub und Egodram weiterentwickelt hat. Die Stücke sind nicht mehr ganz so komplex wie früher, vor allem aber sind sie eingängiger und tanzbarer. Der starke Anteil an elektronischem Brass und Neo-Klassik ist zugunsten reiner Elektronik fast komplett verschwunden, und ein wenig klingt es für mich so, als ob DAS ICH zu dieser Zeit versuchten, mit aller Gewalt auf die Tanzflächen der schwarzen Discos zu drängen. Düster und aggressiv ist die Musik immer noch, aber auch oftmals EBM-lastiger, und irgendwie vermisse ich hier die intensiver Musik mit ausgefeilten Arrangements. Vieles klingt ein wenig wie Soundgewitter auf Teufel komm raus, und auch die Texte sind eher kryptisch-assoziativ als gemein und hinterfotzig. Das Zwingende gerade von Staub fehlt, zusammen mit den hintergründig-genialen Melodien.

Nach dem Hören war mir auf jeden Fall klar, warum ich DAS ICH nie weiter gesammelt habe. Die Entwicklung der Band war einfach nicht meines ...


Das Ich - Schwanensschrei
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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Beitrag von Maulwurf »

Das Ich
re_laborat

CD – 1999

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Wenn Musiker aus der Elektro-Ecke starke und erfolgreiche Musik machen, dann gibt es früher oder später oft ein Remix-Album. Früher nannte man das Coverversionen, jetzt sind es Remixes: Bands covern (ätschbätsch) Stücke einer beliebten Band, und veröffentlichen das dann als Sammelalbum. Gibt es das außerhalb der schwarzen Szene eigentlich auch? Dort ist das jedenfalls Usus.

re_laborat ist so ein Remix-Album, und entsprechend breit ist die Bandbreite der hier vorgestellten Musik. Von schmucken Tanznummern (AND ONE) über elektronisches Gedönse (ATROCITY) bis hin zu knüppelharten Tanzflächernfegern (VNV NATION). Die Masse ist recht EBM-lastig, also bum bum bum, und beim Durchhören kamen die Bilder hoch von den Nächten in den Düsterdiscos. Mein Gott, das ist auch schon wieder mehr als 20 Jahre her. So schöne Zeiten waren das ...

Insgesamt, wenn man auf bum bum bum steht, ist re_laborat ein feines Album mit vielen Höhen und wenigen Tiefen, das gut abgeht und das Spektrum dunkler elektronischer Tanzmusik fein abbildet.


Das Ich - Der Hass (Remixed by In Strict Confidence)

Im Vergleich dazu das Original von DAS ICH:
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