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Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Di 9. Sep 2025, 19:15
von Maulwurf
Dead Can Dance
Toward the within

Doppel-LP – 1994

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Ein Live-Album einer Band, die für ihre hochgradig durcharrangierte und perfekt produzierte Musik bekannt ist. Kann das funktionieren? Nun ja, zum einen sind DCD halt keine Rock 'n' Roll-Band, die mit "Are you Ready for some Neo-Classic?" das Publikum anheizt, weswegen außer dem Applaus zwischen den Stücken von einer Live-Atmosphäre kein bißchen zu hören ist. Und zum anderen sind die wenigen bekannte Stücke den Studiofassungen ziemlich 1:1 nachempfunden (und möglicherweise nachträglich auch entsprechend ge-overdubbt), vor allem aber ist die Masse der Stücke Material, das entweder neu ist oder nur auf irgendwelchen obskuren Veröffentlichungen ihr Unwesen treibt. I am stretched on your grave beispielsweise ist nur auf einem Bootleg zu finden ...

Sei es wie es ist, finden die musikalische Ausrichtung der Band genauso wie die Aufteilung in die beiden Protagonisten auf diesem Doppelalbum ihre Entsprechung. Die erste Platte gehört fast komplett Lisa Gerrard und ihrem Hang zu afrikanischen und arabischen Sounds; die beiden letzten Stücke dieser ersten Platte sind zwar irisch und englisch, passen sich aber spannenderweise gut an die anderen Sachen an. Seite 3 pendelt mit Brendan Perry zwischen belanglos und uninteressant (mit dem tollen Cantara als Ausnahme), und auf Seite 4 klingen DCD dann zwar wieder wie auf den frühen Alben, dafür aber unbeschreiblich langweilig. Als ob die Musiker keine Lust mehr hatten - Spannend, dass die ganzen arabischen Klänge einem plötzlich wie wilde Träume zwischen Bagdad und Stambul vorkommen ...

Zum Entspannen oder zum Meditieren ein sehr schönes Album, zum Zuhören und sich Fortträumen über Strecken auch. Aber so richtig begeistern kann mich das Album definitiv nicht ...


Dead Can Dance - Desert song


Dead Can Dance - Sanvean

Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Mi 10. Sep 2025, 08:07
von karlAbundzu
Dead can dance liefen bei mir eher am Rande mit, habe mir das Frühwerk jetzt durchgehört. Sehr interessant.
Danke für das.

Re: Maulwurfs Hör-Bar

Verfasst: Di 16. Sep 2025, 14:12
von Maulwurf
Dead Can Dance
1981 - 1998

3-CD-Box – 2001

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karlAbundzu hat geschrieben: Mi 10. Sep 2025, 08:07 Dead can dance liefen bei mir eher am Rande mit, habe mir das Frühwerk jetzt durchgehört. Sehr interessant.
Danke für das.
Gerne! Ich war jetzt selber wochenlang in diesem DCD-Modus, und habe dadurch einen ganz neuen Zugang zu der Musik bekommen. Nach dem Live-Album erschien 1998 noch ein Studioalbum, Spiritchaser, und anschließend löste sich die Band auf (und veröffentlichte seither drei weitere Alben). Alles, was nach Toward the within erschien, steht nicht in meiner Sammlung, da wurde einfach zu wenig mein persönlicher Geschmack getroffen.

Und ganz plötzlich, nachdem ich vor allem die von mir so abfällig behandelte Live-Platte nun mehrmals am Stück gehört habe, ganz plötzlich öffnet sich der Zugang. Dieser Sampler ist schuld: Er beinhaltet ein 108-seitiges Booklet, drei CDs, eine DVD mit dem Film TOWARD THE WITHIN, den Werdegang und die Entwicklung der Band in Interviews, genauso wie die Philosophie der Musiker in ihren eigenen Worten und sämtliche Texte zu den hier vertretenen Liedern (und natürlich sehr ausführliche Linernotes). Alles eingebunden in einen Haufen Fotos - Nicht von der Band, sondern künstlerische Fotos, die den atmosphärischen Rahmen zu den Texten liefern. Das Ganze ist mehr oder weniger ein Buch mit richtig viel Informationen, während dazu die Musik läuft, und man teilweise sogar Hintergründe über die einzelnen Stücke erfährt.

Und ganz plötzlich ist dann die Gänsehaut da, auch bei den neueren Stücken. Der Film TOWARD THE WITHIN, den ich bisher noch nie gesehen hatte, zeigt den im Doppelalbum dokumentierten Auftritt im Mayfair Theatre in San Francisco. Sieben Musiker die zeigen, wie Musik WIRKLICH geht. Die mit Haut und (langen) Haaren ihre Musik leben, durch die Bank mehrere Instrumente spielen, singen, und eine schier unglaubliche und intensive Stimmung erzeugen. Gänsehaut-Feeling pur, und vor allem wenn Lisa Gerrard singt, springt diese Stimmung auf den Zuschauer vor dem Fernseher über. Wie mag das im Publikum gewesen sein? Ich bereue gerade sehr, dass ich das DCD-Konzert 1986 in London nicht mitgenommen habe ...
Dazu hat es noch kurze Intervieweinschübe mit Lisa Gerrard und Brendan Perry, wo beide ein wenig über ihre Jugend erzählen und darüber, wie es war, mit DCD Musik zu machen. Wenn Lisa Gerrard lächelt, möchte man sie am liebsten in den Arm nehmen und knuddeln ...

Der Sampler ist in seiner Gesamtheit ein unglaublicher schöner und spannender Überblick über die Musik der Band. Mehrere Stücke jedes einzelnen Albums, zusammen mit einigen unveröffentlichten Stücken und Fassungen bekannter Arbeiten, dazu die detaillierten Linernotes und der Film - Liebevoller kann eine Band nicht dokumentiert werden. Und so eine Ausnahmeband schon gleich gar nicht. Und weil ich nun so eine lange Reise durch die Musik von DCD gemacht habe, gibt es hier nicht die aussagefähigsten Stücke der einzelnen CDs des Samplers, sondern schlicht und einfach pro CD mein Lieblingsstück :D


Dead Can Dance - Windfall


Dead Can Dance - Bylar


Dead Can Dance - Rakim