Seite 90 von 133

Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Verfasst: Fr 30. Nov 2018, 08:49
von buxtebrawler
24.11.2018, SZ Norderstedt:
MURUROA ATTÄCK + CRACKMEIER


Bild

Mein letzter Besuch des Sozialen Zentrums Norderstedt lag Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zurück, wobei die Entfernung und nicht ganz ideale Verkehrsanbindung natürlich eine Rolle spielten. Daran änderte auch der vor ein paar Jahren vollzogene Umzug in neue Räumlichkeiten wenig, die ich an diesem Samstag erstmals betrat. Ausschlaggebend war, dass es MURUROA ATTÄCK – von denen ich gar nicht wusste, dass es sie noch gibt – dorthin im Rahmen einer Geburtstags- oder Jubiläumsfeier verschlagen hatte und zudem die lokalen Haudegen von CRACKMEIER den Support besorgten (eigentlich war noch eine weitere Band geplant, aber es hatte sich dummerweise niemand gefunden… Wir wären gern mit DMF eingesprungen, leider war bei uns aber auch jemand verhindert). Die Anreise erfolgte mit Bahn und Bus und für die Rückfahrt wurde grob ein Taxi anvisiert, denn ein Bus würde nachts nicht mehr fahren... Das (nun auch nicht mehr sooo) neue SZ kann sich sehen lassen, die Bude ist recht geräumig und verfügt über einige Sitzmöglichkeiten, ein Klavier (von dem ich nicht weiß, ob es nur als Deko dient oder auch mal gespielt wird) und Ratsherrn für arbeitnehmerfreundliche einsfuffzich, lediglich die Toilettenanzahl ist etwas knapp bemessen. Und man raucht gern und viel in Norderstedt, sodass man die Luft in Teerblöcke schneiden und zum Straßenbau hätte verwenden können, der temperaturtechnische Wintereinbruch verhinderte ausgiebiges Lüften.

Seit ich CRACKMEIERs erstem Gig im März beiwohnte, nehmen sie alles an Auftrittsmöglichkeiten mit, was sie kriegen können und kommen schon ganz gut rum. Das sei ihnen gegönnt, denn ihr harter, ungeschliffener HC-Punk mit deutschsprachigen Texten ist herrlich angepisst und brutal. Shouter Jesche nutzte den Raum vor der Bühne für seine Hasstiraden, während er und seine Kollegen an den Saiten sich von Drummer Martin antreiben ließen, der die Songs in Rekordgeschwindigkeit durchpeitschte. Bass-Böller hielt tapfer mit, gab hinterher jedoch zu Protokoll, dass ihm beinahe die Hand abgefallen wäre. Von seinem schön fiesen Background-Gebölke ließ er sich davon nicht abbringen. Zwei Gitarren sind für HC-Punk nicht unbedingt üblich, das Duo Fokko und Jerome ist gut aufeinander abgestimmt und sorgt für zusätzlichen Druck. Jerome übernahm bei einer Nummer den Hauptgesang, leider war sein Mikro zu leise (noch auf Background gepegelt). Geiler, für die Band sichtlich anstrengender Gig, dem trotz Forderungen leider keine Zugabe folgte – wobei sich CRACKMEIER ihren Feierabend aber redlich verdient hatten. Und endlich wurde gelüftet!

Dass ich MURUROA ATTÄCK (aus OWL, Hannover und HH) das bisher einzige Mal live sah, lag tatsächlich schon sechs Jahre zurück! Damals wurde ich so geflasht, dass ich beschlossen hatte, mir deren Gesamtwerk zuzulegen, was mittlerweile längst geschehen war. Statt wie seinerzeit aufsehenerregenderweise zwei Bassisten hat man nun „nur“ noch einen, ist also zum Quintett zurückgeschrumpft. Als Intro zog der kehlig brüllende Shouter Holger durchs Publikum und sang die Titelmelodie der schwedisch-deutschen Anarchofilmreihe um „Michel aus Lönneberga“. Auf der Bühne allerdings gab’s dann in Form rasanten und aggressiven deutschsprachigen HC-Punks kräftig aufs Fressbrett! Die seit den 1990ern aktive Band ist keine BPM- oder Phonstärke altersmilde geworden, sondern bügelt einem mittels kontrolliertem Krachinferno die Falten aus dem Arsch. Wütende und sarkastische Texte decken die Bereiche Politik-, Gesellschafts- und Weltenhass sowie persönliche Kämpfe und negative Erfahrungen ab, während die Soundwand immer mal wieder durch Trompeteneinlagen des Bassers, melodische Riffs/Läufe, Breaks etc. aufgebrochen wurde. Zu meiner Überraschung gibt’s ‘ne nigelnagelneue Platte, eine Split-LP mit (Achtung, der Name kommt gebückt:) VOLKER DAS STROPHE & DIE UNTERGÄNG, von der auch wat gespielt wurde, zu meiner Freude fand sogar die erste 7“ noch im Set Berücksichtigung. Das lautstark eingeforderte „Klimperkastenlied“ hob man sich bis zum Schluss auf. Nach den ersten Songs hatte sich ein Pogopit vor der Bühne gebildet, der sich immer mal wieder beruhigte und wieder an Fahrt aufnahm, Holger, gesanglich kräftig von einem der Gitarristen unterstützt, zog es ab und zu von der Bühne durch die Reihen davor, irgendwas war immer los und in Bewegung. Der Aufwand, mal wieder nach Norderstedt zu kommen, hatte sich definitiv gelohnt, MURUROA ATTÄCK hatten geliefert wie bestellt. „Aloha Mururoa!“

Nach ein, zwei letzten Runden Pils bei ansprechender musikalischer Untermalung durch den DJ ging’s per Großraumtaxi zusammen mit Madame und CRACKMEIER direkt auf den Kiez, die Rückfahrt gestaltete sich also nicht nur komfortabel, sondern auch noch preisgünstig. Der Fahrer steuerte die Tortuga-Bar an, wo wir uns den Rest gaben – und am nächsten „Morgen“ war ich stolz wie Bolle, dass ich’s tatsächlich geschafft hatte, meine neu erworbene Split-LP ohne einen Kratzer oder Knick nach Hause zu bringen. Hat man so was schon erlebt?!

Reich bebildert auch hier:
http://www.pissedandproud.org/24-11-201 ... rackmeier/

Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Verfasst: Mi 5. Dez 2018, 20:04
von buxtebrawler
01.12.2018, Menschenzoo, Hamburg:
KREFTICH + FRUSTKILLER


Bild

FRUSTKILLER aus Hannover und KREFTICH aus Dinslaken und Duisburg betourten ihre aktuellen Alben und machten an jenem Samstag im Menschenzoo Halt. Nach Weihnachtskeksebacken und Fußballgucken im Menschenzoo-St.-Pauli-Siebdruckgedöns-Hauptquartier latschten Madame und moi Pauli-Pizza-gestärkt die Kellertreppen in den Club hinunter, in dem man sich mit dem Beginn noch etwas Zeit ließ. Die Hannoveraner hatte ich bisher kaum auf dem Schirm, ihr Song „Hotel zur Heimat“ war mir 2005 aber auf einer CD-Beilage positiv aufgefallen und blieb bis heute im Ohr. Die „Tourensöhne“ (Wortspiel des Gitarristen) traten mit zwei Klampfen als Quartett an, einer der Gitarristen ist zugleich der Sänger. Musikalisch am stärksten waren sie, wenn nicht beide Sechssaiter das Gleiche spielten, sondern sich ergänzten und gut ins Ohr gehende, oft leicht melancholische Melodien aus dem Hut zauberten. Dazu passte der tiefe, kehlig raue, etwas gepresste Gesang bestens, während offenbar US-Melodicore-inspirierte Breaks die von der Rhythmussektion angetriebenen Songstrukturen auflockerten. Ohne mit ihrem Œvre vertraut zu sein nehme ich an, dass es sich beim Set um einen Querschnitt aus allen drei Alben mit Schwerpunkt auf der aktuellen Langrille „Treibgut“ gehandelt hat. Irgendetwas hatte es anscheinend auch mit einem ominösen „Schichtgetränk“ der Band auf sich, das sich mir jedoch nicht ganz erschloss. Das „Hotel zur Heimat“ konnte ich mitsingen und freute mich über den Wiedererkennungseffekt. Eher ungewöhnlich auch, dass der Sänger explizit den Umstand lobend erwähnte, als Gast im Zoo alles vollquarzen zu dürfen – evtl. weil man sich dadurch eine Nebelmaschine spart? FRUSTKILLER erspielten sich ihr Publikum, wurden im verdammt gut gefüllten Menschenzoo sehr wohlwollend aufgenommen und mussten schließlich auch noch für eine Zugabe ran. Einwandfreier Gig, der die Messlatte hochgelegt hatte.

KREFTICH waren mir 2007 mit ihrem Debütalbum „Stil los!“ aufgefallen, das ich ganz gut fand. Vom Nachfolger „Bis hierhin und dann weiter“ 2011 hatte ich nichts mitbekommen und die aktuelle Platte „Niemals stumm“ auch noch nicht gehört, beides werde ich nachholen. Mit „Hallo Duisburg!“ begrüßte das Trio das Publikum. Offenbar war es der Band noch nicht verqualmt genug und so warf sie die Nebelmaschine an. KREFTICH mäandern irgendwo zwischen dem stilistisch an alte WIZO erinnernden Funpunk, nachdenklichen, melancholischen bis philosophierenden Songs und klaren An- und Aussagen gesellschaftskritischen, antifaschistischen Anspruchs, mit denen sie sich gerade machen und Haltung zeigen. Musikalisch sind melodische US-Punk-Einflüsse ebenso wenig überhörbar wie Anleihen beim CHEFDENKER- oder BASH!-Stil, angereichert durch ein paar Offbeat-Einlagen und – zumindest auf Platte – auch Bläsern, Klavierklängen etc. An ihren Instrumenten sind alle drei tiptop, den Hauptgesang teilen sich der mich optisch ein bisschen an Vincent Ebert erinnernde Bassist und der Gitarrist mit Struwwelpeter-Frise. „Unsere Stadt bleibt bunt“ vom neuen Album entpuppte sich als echter Hit, dessen Hauptgesang beim Drummer lag. Der leicht nasale Gesang des Bassers kommt zumindest live etwas dünn und der eine oder andere persönliche Geschichten verarbeitende Song wirkt auf den ersten Hör ein bisschen belanglos oder gar kitschig. Auf der Habenseite stehen die Stimme des Gitarristen, schwer tanzbare Songs wie „Koppdropp“ (mit sehr geilem Wechselgesang) oder „Immer wieder“, das den Stimmungshöhepunkt darstellte und um ein Mitsingspielchen ausgedehnt wurde. Kurios: Der Menschenzoo war eigentlich bis zum DJ-Pult gefüllt, mitten im Set lichteten sich die Reihen plötzlich, wurden jedoch durch eine ganze Traube plötzlich hinzustoßender Menschen wieder aufgefüllt, von denen es einige auch direkt nach ganz vorne zog, um den Pogo-Pit neu zu entflammen. Der per Gaffa befestigte KREFTICH-Banner machte nach und nach ‘nen Abgang, FRUSTKILLER verteilten ihr ominöses Schichtgetränk an die Band und der Zugabenblock umfasste zunächst zwei Songs: Die gelungene Anti-Nazi-Nummer „Gegenwind“, humorvoll selbstironisch angesagt mit: „Der nächste Song ist gegen Nazis und der ist auf dem neuen Album! Im Internet kann man Ansagen kaufen…“ „Spiegelbild“, der Opener des Debüts, war die zweite Zugabe. Die Konservenmucke lief schon wieder, als man erneut seine Instrumente einstöpselte, um abschließend „Halt mich fest“ von TAGTRAUM zu covern. Unterm Strich hat mich nicht jeder KREFTICH-Song umgehauen, aber das Set war ordentlich hitgespickt und die Band hatte ‘ne sympathische Ausstrahlung sowie Humor. Würde ich mir wieder geben. Einmal mehr also ein lohnender Konzertabend im Menschenzoo, den Mischpultchef Norman wie gewohnt mit einem 1A-Sound beschallte und dessen Bands meines Erachtens ziemlich gut zusammenpassten.

Reich bebildert auch hier:
http://www.pissedandproud.org/01-12-201 ... ustkiller/

Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Verfasst: Mi 12. Dez 2018, 11:00
von Arkadin
08.12.2018, Lox, Bremen
LORD SUPER

Heissa! Wenn der Wolfinger (Ex-Trashmonkeys, Defekt Defekt, Cool Jerks, Dr. Orgel, Agentenmusik usw. usf.) mit seiner "Kneipenkapelle", dem Duo Lord Super (zusammen mit Guido von den Cool Jerks, The Harrynecks, Thee Watzloves usw. usf.) in meiner liebsten Nachbarschafts-Spielunke zum Tanz aufspielt, dann bin ich natürlich da. D.h. wenn nicht wieder ein anderes Konzert dazwischen kommt, wie vor fast genau einem Jahr. Diesmal klappte alles, Kinder wurden zur Oma gebracht und daher konnte ich auch meinem holden Weibe die Vorzüge eher unbekannterer 80er Stücke und Lord-Super/Wolfinger-Eigenkompositionen nahe bringen. Was auch vorzüglich geklappt hat. Lord Super machen einfach Spaß, sind hervorragend aufeinander eingespielt und bringen schon nach ein paar Takten den Saal zum Kochen. Auch wenn die große Tanz-Action diesmal ausblieb. Gespielt wurden eigene Sachen von Defekt Defekt, Cool Jerks und Gestatten, Schulz. Es gab tolle Cover: Eine von Guido gesungene, deutschsprachige Version von "A Forest", Undertones, Superpunk, Trio und noch andere, die ich z.T. gar nicht kenne. Spaß steht im Vordergrund und den hatte das sich immer mehr füllende Lox auch. Schöner Abend, tolle Musik, super Stimmung, sehr nette Location. Was will man mehr? Und der Ehefrau gefiel es auch noch. Super? Lord Super!

Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Verfasst: Do 13. Dez 2018, 16:42
von buxtebrawler
04.12.2018, Markthalle, Hamburg:
EXODUS + SODOM + DEATH ANGEL + SUICIDAL ANGELS


Bild

„Spielen heute nicht irgendwo KREATOR?“ – Tom Angelripper

Die letzten SODOM-Gigs in Hamburg hatte ich ebenso verpasst wie EXODUS seit der Rückkehr ihres Shouters Zetro – ich war also dermaßen unterthrasht, dass ich mir ein Ticket für dieses offenbar von MTV gesponsorte (weil unter „MTV Headbangers Ball Tour“ firmierende) Konzertereignis besorgte und auch die Liebste dafür begeistern konnte. Interessanterweise hatte ich alle vier Bands schon mal in unterschiedlichen Konstellationen in der Markthalle gesehen und glaubte, eigentlich auf die passend zur Vorweihnachtszeit eingeladenen griechischen und US-amerikanischen Engel verzichten zu können, zumal es sich um einen Dienstag handelte und ich am nächsten Tag ein Referat über eher unmetallisches Liedgut, nämlich das Nibelungenlied, hätte halten sollen. Entgehen lassen wollte ich mir natürlich trotzdem nichts und traf mich mit der besseren Hälfte um 18:00 Uhr an der Markthalle.

SUICIDAL ANGELS gaben pünktlich ab 18:30 Uhr dem Affen Zucker. Die Griechen gewinnen sicher keinen Originalitätspreis und klingen in ihren schwächeren Momenten nach SLAYER-Ausschussware, haben aber auch eine beachtliche Anzahl schön ruppiger Aggro-Thrasher unter den Flügeln, die sie auch über dem Hamburger Publikum fallenließen. In Quartettbesetzung mit zwei Gitarren wurde ordentlich Druck erzeugt und Araya-like gekeift, besonders „Bloodbath“ kam sehr geil rüber. „Seed of Evil“ ist wohl so was wie der METALLICA-Song im Set. Für den vorletzten Song „Moshing Crew“ rief man in der schon überraschend gut gefüllten Halle zu Circle Pit und Wall of Death auf; generell gab’s ‘ne Menge Publikumsanimationen, für meinen Geschmack zu viel – und alle so yeah… Zu dieser Mucke passt’s meines Erachtens besser, wenn man auf die Bühne kommt, unprätentiös sein Set runterrotzt und wieder geht, statt zu versuchen, aktuellen KREATOR & Co. nachzueifern. Aber der Gig war durchaus ein guter Anheizer, nur die Drums waren bis auf Snare und Becken zu leise. Nach 40 Minuten war Schluss, was zehn mehr sind, als manch anderem Opener zugestanden werden.

Mit den Bay-Area-Thrashern DEATH ANGEL bin ich nicht allzu vertraut, habe lediglich den (allerdings sehr geilen!) ersten Langdreher im Schrank. In jüngere Platten hatte ich mitunter mal reingehört, konnte allerdings nicht viel damit anfangen. Ihren Markthallen-Gig vor einigen Jahren im KREATOR-Vorprogramm hatte ich aber vor allem aufgrund des Energielevels in guter Erinnerung. Auch heute lieferten sie einen Einstand nach Maß und konzentrierten sich zu meiner Freude auf ein Oldschool-Set mit vornehmlich altem Material – eine Art Motto, das sich durch den gesamten Abend ziehen sollte. Ergänzt wurde die Auswahl von „Thrown to the Wolves“, einem bockstarken, nicht ganz so alten Song, der besonders live stets oberfett ins Mett knallt, diesmal mit arschlangen Screams des Sängers Mark. Überhaupt, Mark O.: Welch ein unfuckingfassbares Energiebündel, dieser Typ!? Würde ich stimmlich auch nur einmal rauszuhauen versuchen, was er an diesem Abend ablieferte, ich wäre wochenlang heiser. Ständig war sein Mikroständer in der Luft, er peste über die Bühne und drehte völlig am Rad. Der Bassist hingegen entpuppte sich als Oberposer, der ständig mit nacktem Finger auf angezogene Leute zeigte und anschließend den Schumidaumen machte. Eigentlich vom obersten Regal war auch die dargebotene „Kill as One“-Version, leider durch ein überflüssiges Mitsingspielchen arg gedehnt. Was soll das? Spart euch lieber die Zeit und spielt stattdessen ‘nen weiteren Song! So wurde bereits um 20:12 Uhr der letzte Song angekündigt. Wie auch immer, vollkommen zurecht war die mittlerweile volle Markthalle nun so richtig warmgeworden, freudig entzückt und geil auf mehr. Ein Hammerauftritt, den, würde er auf einer klassischen 45-Minuten-Langrille als Livealbum veröffentlicht, ich mir sofort zulegen würde.

„Persecution Mania“ ist mein SODOM-Lieblingsalbum, zudem – ebenso wieder Nachfolger „Agent Orange“ – ein Meilenstein der deutschen Thrash-Historie. Dass der Gitarrist jener Großtaten, Frank Blackfire, nach einer radikalen Bandumbesetzung wieder an der Seite Tom Angelrippers musiziert, man sich außerdem um einen zweiten Klampfer verstärkt und DESASTER-Trommeltier Husky zum Kesselrühren verpflichtet hat, machte mich natürlich extrem neugierig/geil auf einen SODOM-Gig dieses Line-Ups (dessen Live-Premiere auf dem Rock-Hard-Festival ich mir immerhin im WDR hatte ansehen können). Und dann ist da ja noch die EP mit den zwei neuen Songs, die kaum Wünsche offenlassen… Nach ein paar labbrigen Pommes vom Markthallen-Frittenschmied konnten wir eine mittels zwei großer Knarrenheinz-Aufsteller mit diabolisch leuchtenden Augen ins „Persecution…“-Design versetzte Bühne erblicken, auf denen die Herren Schwarzfeuer & Co. nach einem Intro sogleich mit dem Uralt-Kultrumpler „Blasphemer“ eröffneten! Alter Fatter, damit hatte ich nun nicht gerechnet. Das ganze Set bestand nahezu ausschließlich aus Songs bis inkl. des (endlich mal wieder berücksichtigten) „Tapping The Vein“-Albums, der Schwerpunkt lag natürlich auf der Blackfire-Ära. Von „Vein“ gab’s „One Step Over The Line“, was ok ist, lieber hätte ich aber „Body Parts“ oder „Skinned Alive“ gehört – oder auch den Titelsong. Oder „The Crippler“. Egal, Songs wie „Sodomy and Lust“, „Agent Orange“ und „Tired and Red“ krachten genauso splitternd ins Fressbrett wie die beiden neuen Kanonenschläge „Partisan“ und das crustige „Conflagration“. Zu den evil Songs und der etwas übertriebenen Lightshow gesellten sich wie gewohnt kumpelhafte Ansagen Toms, die Band verteilte Bier für die ersten Reihen und Frank entledigte sich bald seines Blackfire-Shirts, um mit freiem Oberkörper zu posieren. Der obligatorischen Abrissbirne „Bombenhagel“ folgte leider kein „Ausgebombt“, dieses Doppel hätte den Gig perfekt abgerundet. Nach einer knappen Stunde war erst mal Feierabend und ein herrlich grimmiger Oldschool-Ruhrpott-Thrash-Gig beendet, der einen gelungenen Rollback darstellte – wenn auch leider ohne Zugabe. Frank wieder zusammen mit Tom musizieren zu sehen, ist großartig, die zweite Gitarre hält den Druck permanent aufrecht und Husky hat gegen einen technischen Power-Drummer wie Makka natürlich einen schweren Stand, sorgt aber ein bisschen für so etwas wie Chris-Witchhunter-Charme. Mehr davon! Ich freue mich aufs Album. Und dass mich mitten im Set die Nachricht erreichte, dass das Seminar und damit auch das Referat am nächsten Morgen ausfalle, machte den Abend perfekt und ließ mich gleich mal noch ‘ne Pilsette ordern.

Wesentlich unprätentiöser als SODOM und ohne spezielle Lightshow bogen EXODUS direkt mit „Bonded By Blood“ um die Ecke, was nicht nur mich sofort in Ekstase versetzte. Zu meiner positiven Überraschung setzte auch diese Bay-Area-Legende fast volles Pfund auf gut abgehangenes Material und knallte einem einen Klassiker nach dem anderen vor den Latz: „Exodus“, „Fabulous Disaster“, „And Then There Were None“, „A Lesson in Violence“, „Piranha“… Eine unglaublich geile Version von „Impaler“ spaltete reihenweise Schädel, „Toxic Waltz“ wurde angekündigt, doch stattdessen METALLICAs „Motorbreath“ gezockt, bevor die (Achtung, Wortspiel) Giftwaltze tatsächlich rollte. Abgerundet wurde das Set von „Blacklist“ vom „Tempo Of The Damned“-Album (dem besten der EXODUS-„Neuzeit“) und „Body Harvest“, dem einzigen gespielten Song des aktuellen, für mich leider enttäuschenden Langdrehers „Blood In Blood Out“, der live wesentlich besser als auf Platte kam. Die letzte Nummer „Strike of the Beast“ durfte ein SUICIDAL ANGEL mitträllern, während im Pit wieder eine Wall of Death errichtet werden musste; dann war leider Schicht im Schacht. Zwischendurch fragte Drummer Tom Hunting, ob jemand bereits 1985 anwesend gewesen sei, als man hier zusammen mit VENOM aufgetreten sei (was ich leider verneinen musste, da war ich fünf und gerade parallel auf einem HC-Punk-Gig) und bedankte sich bei allen für die Erfüllung seines Lebenstraums. Leck mich am Arsch, war das ein geiler Gig! Schade nur, dass auf den eigentlichen Chefgitarristen Gary Holt wieder einmal verzichtet werden musste, weil er mit SLAYER unterwegs war (deren Jeff Hanneman er seit dessen tragischen Ableben vertritt) und dass der Gesang oftmals dann, wenn Zetro nicht gerade in spitzen Frequenzen kreischte, ziemlich leise war. Ebenso schade, dass sofort die Lichter angingen und keine Zugabe mehr folgte.

Fazit: Hamburg ließ sich nicht vom Wochentag abschrecken und sorgte für volles Haus, während die Bands, vor allem natürlich die etwas betagteren, bewiesen, dass sie nicht zum alten Eisen, sondern nach wie vor zum Edelstahl gehören. An der Energie und Ausstrahlung der Thrash-Senioren kann sich manch spießiger Sesselfurzer gleichen Alters mal ganz dicke Scheiben abschneiden. Jedoch bedeuten Thrash-Konzerte dieses Levels im Jahre 2018 anscheinend leider auch minutiös einzuhaltende Zeitpläne, kaum Raum für Spontanität oder Zugaben, keine völlig durchdrehenden Maniacs mehr wie anno dazumal, die sich im Sekundentakt von der Bühne stürzten, dafür umso mehr durchchoreographierte Mitmachspielchen mit dem Publikum. Das wollte ich aber nur mal angemerkt haben, denn von dem, was ehemalige alten Helden wie METALLICA oder MEGADETH heutzutage so veranstalten, trennen Konzertereignisse wie dieses glücklicherweise immer noch Welten.

„They spend all their time building missiles, so people die. What kind of life do you expect for us to live? We're angered by fear, because the time is near when some lunatic will finally pull the plug. And forever after you can hear the laughter, world's being plastered by an evil bastard. Exterminating faster, devastating plaster, fabulous disaster! Now you can see what this all means to me when the bomb comes falling... down!“ *träller*

Reich bebildert auch hier:
http://www.pissedandproud.org/04-12-201 ... al-angels/

Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Verfasst: Do 13. Dez 2018, 17:04
von karlAbundzu
UNd wie war das Referat? :lol:

Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Verfasst: Do 13. Dez 2018, 17:10
von buxtebrawler
karlAbundzu hat geschrieben:UNd wie war das Referat? :lol:
Fand ja nun erst gestern statt und war gut: Ich bekam weder einen Nies- noch einen Hustenanfall.

Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Verfasst: Di 18. Dez 2018, 14:20
von buxtebrawler
08.12.2018, Goldener Salon, Hamburg:
KAMIKAZE KLAN + THE GUV’NORS + TYPHOON MOTOR DUDES


Bild

2015 gründete sich der Hamburger KAMIKAZE KLAN aus den Trümmern hanseatischer Hochkaräter wie EIGHT BALLS oder SMALL TOWN RIOT; Sänger George stieß von den DOGS ON SAIL hinzu, deren drittes Album er eingesungen hatte. Im April 2018 veröffentlichte man das Debütalbum, die offizielle Release-Party ließ jedoch bis Dezember auf sich warten. Für diese hatte man sich zwei hervorragend passende Bands ausgesucht, um mit ihnen die Bühne zu teilen.

Die erste waren die TYPHOON MOTOR DUDES, alte Kieler Recken, die ich seit einer Ewigkeit nicht mehr live gesehen hatte. Das Quartett hat sich arschtretendem Punk’n’Roll verschrieben, dargereicht mit zwei Gitarren und englischen Texten. Hatten die nicht mal ‘nen Sänger, so’n langhaarigen, der gern durchs Publikum stromerte? So zumindest hatte ich sie in Erinnerung. Nun sang halt einer der Gitarristen, neben älteren Songs auch brandneues Material wie „The One Who Knows It All“ über notorische Besserwisser, später einen weiteren, verdammt geilen, „Billy Horizon“ oder so. Ein paar Leute im etwa halbvollen Salon versetzte man in Bewegung, gab Fußballprognosen ab und sorgte vor allem für gute Laune und ebensolche Musik. Schön, die DUDES mal wiedergesehen zu haben!

Die dänischen GUV’NORS hatte ich vom gemeinsamen Gig in Kiel noch in bester Erinnerung, natürlich bestätigte sich der positive Eindruck auch heute: Auf ein Mundharmonika-Intro des Sängers folgte englischsprachiger Streetpunk mit rockiger Schlagseite und vielen schönen Singalongs. Zwischenzeitlich griff der Sänger immer mal wieder zur Mundharmonika und veredelte manch Song mit ihr, während der langhaarige der beiden Gitarristen sich die Finger wundschrubbte und körperlich so sehr mitging, dass er bald komplett schweißgebadet war – Wahnsinnsshow, Respekt! Eine Dame in der ersten Reihe tanzte unentwegt durch, ansonsten war mal mehr, mal weniger vor der Bühne los. Ich z.B. kam an diesem kalten Winterabend ehrlich gesagt gar nicht erst aus meiner Jacke raus. Die Band dürfte jedoch den Geschmack aller getroffen haben – klasse Gig, geht absolut klar!

Irgendwie haben die beiden vorausgegangenen Bands gewissermaßen den KAMIKAZE-KLAN-Sound definiert: Punk, Rock & Roll, rockiger Streetpunk – all das findet sich im KKK-Klanggewand wieder, der einem nun live um die Ohren flog. Beim ersten Song hatte der obenrum nur in seine Jeanskutte gehüllte George noch Probleme mit dem Mikro, danach war aber alles bestens: Deutschsprachiger Punkrock mit Straßenattitüde, rockigen Riffs aus zwei Klampfen und einem supertighten Rhythmusfundament, gegossen von KANISTERKOPF-Lehmann an der Schießbude und ex-EIGHT-BALLS-Michi am Viersaiter. George hat gegenüber seiner Zeit bei DOGS ON SAIL offenbar an Stimmumfang zugelegt und lieferte ‘ne energiegeladene Asi-mit-Niveau-Performance, die dir die Falten aus der Fresse boxte. Seine Texte sind meist persönlicherer Natur, sie handeln viel von Verlust und Tod, das „Schon mal vorgegangen“-Motiv zieht sich durch gleich mehrere Songs. Damit verarbeitet George die zahlreichen bedauerlichen Todesfälle innerhalb der Szene unter Angehörigen seiner Generation, die er und wir alle irgendwie verdauen mussten. Nachdem sein DOGS-ON-SAIL-Song „Death Machine“ True-Rebel-Karsten gewidmet war, handelte ein weiteres Stück von RIOT-OF-RATS-Tobi, „Heavy Metal“ wiederum war SOFASTRAHLT-Uli zu ehren. Allen Nachrufen zum Trotz gelingt es George und dem KLAN, eine positive Lebenseinstellung zu bewahren, was sich ebenfalls in Auftreten, Ausstrahlung und natürlich in den Texten widerspiegelt, in denen man eine gesunde trotzige Haltung dem Leben und seinen Unzulänglichkeiten gegenüber einnimmt und dem ängstlichen deutschen Spießer ins Gesicht lacht respektive ihm hasserfüllt in selbiges rotzt. In diesem Zusammenhang ist inhaltlich auch Platz für etwas Gesellschaftskritik. Während des Gigs wurde ein erstes Weihnachtsgeschenk in Form einer festlich verpackten Buddel Schnaps auf die Bühne gereicht, die sogleich geköpft wurde. Später im Set kredenzte man noch einen neuen Non-Album-Song, bevor man nach getaner Arbeit die Bühne verließ. Ein Gig, mit dem die Band absolut zufrieden sein kann – ich war’s jedenfalls und den Publikumsreaktionen nach zu urteilen war ich damit nicht allein. Es war tatsächlich mein erstes Mal KAMIKAZE KLAN live und es ist geil, diese Typen (inkl. des mir bis dato unbekannten zweiten Gitarristen) wieder auf der Bühne zu sehen. Würde mich freuen, mal mit einer meiner Combos mit dem KLAN die Bühne unsicher zu machen – das riecht nach ‘ner großen Party!

Reich bebildert auch hier:
http://www.pissedandproud.org/08-12-201 ... tor-dudes/

Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Verfasst: So 30. Dez 2018, 12:48
von buxtebrawler
18.12.2018, Gruenspan, Hamburg:
GEOFF TATE’S OPERATION: MINDCRIME + TILL DEATH DO US PART


Bild

„I used to trust the media to tell me the truth, tell us the truth. But now I've seen the payoffs everywhere I look - who do you trust when everyone's a crook?“ („Revolution Calling“)

Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des Zehn-Punkte-Prog-US-Metal-Meisterwerks, dem QUEENSRŸCHE-Konzeptalbum “Operation: Mindcrime” über politische Verführung durch sinistre Demagogen, tourt der ehemalige Frontmann der Band, Geoff Tate, durch die Welt und führt es in kompletter Länge auf. An einem Dienstagabend im Dezember machte der ehemalige Frontmann der Band, der sich vor geraumer Zeit von QUEENSRŸCHEgetrennt hat und mit seiner passenderweise „OPERATION: MINDCRIME“ betitelten eigenen Combo unterwegs ist, Halt im Hamburger Gruenspan. Da kribbelte es in mir, denn wenngleich Prog-Zeug eigentlich nicht mein Ding ist und ich mit vielen QUEENSRŸCHE-Songs nicht so ganz warm werde, habe ich an „Operation: Mindcrime“ doch einen Narren gefressen und halte den Langdreher für eine der besten Metal-Platten aller Zeiten. Das Ticket schlug mit unter 30 EUR zubuche, also gab’s da nicht mehr viel abzuwägen, „Shut up and take my money!“.

Nach dieser Devise hatten offenbar auch viele andere gehandelt, denn das Gruenspan war bereits zur Vorband mehr als ordentlich gefüllt: TILL DEATH DO US PART zocken Gothic-Metal, Geoffs Tochter Emily singt. Tjoa, dascha nu ma gaanich meine Baustelle, dementsprechend wenig konnte ich mit der Darbietung anfangen. Emilys Choreographien, in denen sie über die Bühne tippelt, pathetisch mit den Armen fuchtelt oder die Wahnsinnige mimt, muteten eher kurios denn showdienlich an und generell möchte ich tendenziell Reißaus nehmen, wenn ich eine Trällerelse im mittelalterlichen Rüschenrock auf der Bühne sehe. Nun ist Emily aber natürlich immerhin Geoff Tates Leibesfrucht, da gibt man der Band schon mal ’ne Chance. Singen kann sie nämlich durchaus und, siehe bzw. höre da, der letzte Song, bei dem bischn aufs Gas getreten wurde, lief mir dann doch ganz gut rein.

In der Umbaupause wurd’s dann richtig drängelig, zumindest im vorderen Bereich. Dichtgedrängt wartete man auf die „I Remember Now“-Introklänge aus dem Off, die dann endlich auch irgendwann durch die Halle schallten, gefolgt vom „Anarchy-X“-Live-Intro und dem ersten Song „Revolution Calling“. Zu diesem betrat Geoff die Bühne, augenscheinlich erstaunlich gut im Saft stehend und adrett gekleidet, nach wie vor oder mehr denn je das Charisma in Person. Und gut bei Stimme war er auch, wenngleich der Mischer insbesondere mit den nicht ganz so hohen Frequenzen offenbar noch zu kämpfen hatte und große Teile der Stimme Geoffs noch zu leise waren. Der Refrain wurde ungehindert davon aus hunderten Kehlen kräftig mitgesungen. Später ging ich mir noch ’n Bier holen und positionierte mich danach eher am Rand, wo der Sound deutlich besser klang. Entweder wurde noch mal kräftig nachgeregelt oder ausgerechnet mittig vor der Bühne war eigenartigerweise eine Art Soundloch (ich tippe aber eher auf letzteres). Geoffs Band ist übrigens an mehreren Positionen deckungsgleich mit der seiner Tochter; die Vorstellung der Mitglieder offenbarte, dass es sich um brasilianische und schottische Musiker handelt. Das Spektrum reichte dabei vom bleichgeschminkten tätowierten Goth bis zum klassischen Metal-Zottel, der das Keyboard und zeitweise die dritte (!) Gitarre übernahm. Was auf mich anfangs noch wie ein zusammengewürfelter Haufen posender Mietmusiker wirkte, wuchs im Laufe der perfekten musikalischen Darbietung für mich zu einer festen Einheit zusammen, die durchaus sympathisch mit dem Publikum kommunizierte und der Geoff bereitwillig die Bühne während ihrer Soloparts überließ. Die erste Ansage des mimisch und gestisch stets das gesamte Publikum ansprechenden, einbeziehenden Sängers gab’s erst nach „Suite Sister Mary“, für den Emily die weiblichen Gesangsparts übernahm. Im Anschluss folgte mein persönlicher Höhepunkt des Abends, „The Needle Lies“, erneut kräftig vom Publikum mitgesungen. „Eyes of a Stranger“ setzte schließlich den Schlusspunkt hinter den „Operation: Mindcrime“-Teil des Abends. Doch nach kurzer Zeit ertönte das Elektro-Intro des Nachfolgealbums „Empire“ aus der P.A. und die Band machte mit „Best I Can“ weiter, gefolgt von der Erfolgsballade „Silent Lucidity“ inkl. amüsanter Ansage, dass zu diesem Song schon Menschen beerdigt, Menschen getraut und Menschen gezeugt worden seien. Während des Songs wechselte der Lead-Gitarrist von Akustik- zu E-Klampfe und manch mittlerweile graumeliertes Pärchen im Publikum kuschelte sich eng aneinander. „Empire“, ergänzt um Geoffs Kommentar, die Revolution beginne mit gelben Westen, und „Jet City Woman“ besiegelten den Ausflug in „Empire“-Album, der live wesentlich druckvoller als die für meinen Geschmack zu glatte Albumproduktion klang, und damit nach ca. 95 Minuten den Auftritt, gegen dessen Ende Geoff die vorderen Reihen noch mit Wasser gesegnet hatte. Wie viele andere auch war ich tief beeindruckt und zehre noch immer von diesem Konzerterlebnis. Dem „Operation: Mindcrime“-Geniestreich hatte man tatsächlich alle Ehre erwiesen und Gentleman Geoff ist noch immer das gewohnte Goldkehlchen – von etwaigen Alterserscheinungen keine Spur. Das war nicht nur ganz großes Kino, sondern auch tatsächlich das erste Mal, dass ich Geoff Tate live gesehen habe – das schreit nach Wiederholung!

„I used to think that only America's way, way was right. But now the holy dollar rules everybody's lives – gotta make a million, doesn't matter who dies…” („Revolution Calling“)

Reich bebildert auch hier:
http://www.pissedandproud.org/18-12-201 ... o-us-part/

Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Verfasst: Mi 2. Jan 2019, 18:01
von buxtebrawler
22.12.2018, Sporthalle, Hamburg:
HELLOWEEN - PUMPKINS UNITED


Bild

„People tell me a and b, they tell me how I have to see things that I have seen already clear. So they push me then from side to side, they're pushing me from black to white, they're pushing 'til there's nothing more to hear. But don't push me to the maximum, shut your mouth and take it home 'cause I decide the way things gonna be!“ („I Want Out“)

An diesem Abend war es, als fielen Halloween und Weihnachten auf einen Tag: HELLOWEEN, Hamburgs Aushängeschild in Sachen Speed- und Power Metal, luden mit dem letzten Termin ihrer vierzehnmonatigen „Pumpkins United“-Welttournee zum Heimspiel in die Sporthalle. Zu „I Want Out“-Zeiten (also 1988) hatte ich die Band kennen und lieben gelernt, die danach leider von Management-Querelen und Besetzungswechseln zerrieben wurde. Mit den letzten Alben mit Goldkehlchen Michael Kiske konnte ich schon nichts mehr anfangen und nachdem der ehemalige PINK-CREAM-69-Sänger Andi Deris nach Kiskes Abgang zur Band gestoßen war, hatte ich längst das Interesse an der Band verloren. Nun hatte man sich jedoch endlich ein Herz gefasst, alte Streitereien beigelegt und sich für eine vornehmlich aus den alten Hits bestehende Welttournee wieder mit den ehemaligen Kürbisköpfen Kiske und Kai Hansen verstärkt, sodass man sich nun zu siebt die Bühnen teilte. Da dies in der Vergangenheit stets vehement abgelehnt worden war, kam diese Form der Reunion einer Sensation gleich. Dafür legte ich auch gern meine Abneigung gegen große Hallen ab und sicherte mir und meiner besseren Hälfte rechtzeitig die natürlich leider nicht ganz günstigen Tickets. Ein befreundetes Pärchen aus Hannover stieß an diesem Vorweihnachtssamstag hinzu, mit dem wir nach ein, zwei Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt den Weg nach Alsterdorf antraten.

Das erste Bierchen gab’s noch vom Kiosk, da im Halleninneren mit gepfefferten Preisen zu rechnen war: 0,5 Liter Holstenplörre für satte 5 Teuro. An der Halle angekommen die erste negative Überraschung an diesem regnerischen Abend: Regenschirme mussten abgegeben werden, sie zählten offenbar als „gefährliche Gegenstände“. Hömma, so was könnt ihr in Hamburg nicht machen! Ansonsten gestaltete sich der Einlass in die rappelvolle Bude recht flott und unkompliziert, und bald standen wir zusammen mit weiteren Bekannten irgendwo im vorderen Hallendrittel am rechten Rand. Die untersten Tribünenreihen waren abgesperrt und reserviert, für wen oder was auch immer (evtl. spezielle Plätze für Gehbehinderte?). Um den gefühlt Hunderttausend Zuschauern über die Köpfe gucken zu können, nahmen für nach und nach diesen Bereich für uns ein, irgendwann sogar mit Erlaubnis des Sicherheitsdiensts. ROBBIE WILLIAMS‘ „Let Me Entertain You“ als Intromusik aus der Konserve war dann erst mal so richtig schön unpassend; keine Ahnung, was man sich dabei gedacht hatte. Als die Kürbisse dann aber die prächtige Bühne betraten und direkt das dreizehnminütige „Halloween“ in voller Länge darboten, war ich schon hin und weg. Wie auch beim nachfolgenden Single-Hit „Dr. Stein“ teilten Kiske und Deris sich den Gesang auf, was nicht störend ins Gewicht fiel. Zwischen den Songs liefen auf den Videos verschiedene kurze Cartoons, die mal mehr, mal weniger mit den Songs zu tun hatten und über die die Meinungen wohl geteilt waren. Ich fand’s klasse, denn gerade dieses Selbstironische und Comichafte wusste ich an den HELLOWEEN der „Keeper of the Seven Keys“-Ära immer sehr zu schätzen. Das grandiose „I’m Alive“ vom ersten „Keeper“-Album wurde dann von Kiske allein gesungen und, verdammt, Michi hat’s immer noch voll drauf, trifft die höchsten Töne und lässt sich keinerlei Ermüdungserscheinungen anmerken! Danach allerdings durfte er zwei Songs lang innehalten, denn Deris interpretierte nun zwei eigene Songs, die Ballade „If I Could Fly“ und das kitschige „Are You Metal?“ – Zeit zum Bierholen.

Bei „March Of Time“ vom zweiten „Keeper“-Dreher konnte Kiske dann endgültig sein Talent unter Beweis stellen – welch ein Song, welch eine Gesangsleistung! Wie auch schon zuvor sang ich frenetisch im Falsett bzw. dem, was meine Stimmbänder daraus machen, mit, ohne Rücksicht auf Verluste – sorry an alle Umstehenden an dieser Stelle… Für den Deris-Song „Perfect Gentleman“ gesellte sich Kiske dazu, im Duett und in dieser Liveversion und -atmosphäre klang das Ding richtig gut! Wie überhaupt die Akustik überraschend wohltönend für so’ne Riesenhalle war. Der Gesang kam ebenso gut durch wie die Rhythmusfraktion und alle drei (!) Gitarren. Das hatte ich so nicht unbedingt erwartet, obwohl es in dieser Liga eigentlich zum Standard gehören sollte. Generell gab’s die komplette audiovisuelle Vollbedienung, denn auch während der Songs wurden Videos abgespielt, Animationen und Filmausschnitte gezeigt, zeitweise Textzeilen eingeblendet… Bei mehr als einer halben Fußballmannschaft auf der Bühne weiß man da manchmal gar nicht, wo man hingucken soll, sodass ich das Fotografieren auch recht bald weitestgehend aufgab – meine Smartphone-Kamera kann diese Liveeindrücke unmöglich festhalten, kein Foto kann sie adäquat widerspiegeln.

Nun schlug die Stunde des mit zunehmendem Alter immer androgyner werdenden Kai Hansens (ausgestattet mit seiner originalen pinken Klampfe aus den ‘80ern und in Kajal getaucht), der vor Beginn der Kiske-Ära auf der selbstbetitelten Mini-LP und dem Debüt-Album in Ermangelung eines Sängers zu seinem Gitarrenspiel gesungen hatte – immer ein kleines bisschen schief, dafür charismatisch, einzigartig und längst kultgeworden. Er servierte ein heftiges Medley-Brett aus „Starlight“, „Ride The Sky“ und „Judas“, ergänzt um die kongeniale Jahrhunderthymne „Heavy Metal (Is The Law)“ in voller Länge. Alter! Deris und Kiske kontrastierten den Krawall im Anschluss mit der gemeinsam gesungenen, erhabenen Ballade „A Tale That Wasn't Right“, die ich grundsätzlich schätze, hier aber vielleicht etwas zu viel Saft rausnahm. Das von allen Drei gesungene neue Stück „Pumpkins United“ führte dann zurück auf den Pfad der Macht. Danach hatte man sich etwas besonders Schönes einfallen lassen: Drummer Dani begann ein Schlagzeugsolo, zu dem nach einiger Zeit einer meiner alten Helden, der infolge eines Suizids viel zu früh von uns gegangenen erste HELLOWEEN-Drummer Ingo Schwichtenberg, in Bild und Ton eingespielt wurde – mit einem seiner alten Drumsolos, das nun zum Duett (oder „Battle“ oder wie auch immer man es nennen will) mit Danis Solo wurde. Eine wunderbare Geste, die entsprechend vom Publikum honoriert wurde – Ingo Schwichtenberg bleibt unvergessen!

Weiter ging’s mit der Kiske-Ära, dem schön groovenden Singalong „Livin‘ Ain’t No Crime“ und dem herrlichen relaxten „A Little Time“. Für „Waiting for the Thunder“, „Sole Survivor“ und „Power“ musste Deris gleich dreimal ran. Für mich waren das quasi komplett neue Songs, die ich nie zuvor gehört hatte, im Gegensatz zu „How Many Tears“ von „Walls of Jericho“, gesungen von Kiske, Deris und Hansen. Der ausgiebige Zugabenblock wurde von Kiskes „Eagle Fly Free“ eingeleitet, gefolgt vom nach „Halloween“ zweiten Band-Epos, „Keeper of the Seven Keys“. Nach einem Gitarrensolo Hansens bildeten „Future World“ und mein immerwährender Favorit „I Want Out“ den Kürbis auf dem Sahnehäubchen, wobei von letzterem durch Konfettiregen und riesigen Kürbisballons abgelenkt wurde – aber dies sei ihnen gegönnt.

Ja leck mich fett, dieses „Pumpkins United“-Ding hat alles in allem astrein funktioniert, zweieinhalb Stunden lang standen die Kürbisköpfe auf der Bühne und haben erstklassiges Metal-Entertainment mit viel Liebe zum Detail, gegenseitigem Respekt und dem richtigen Gespür fürs eigene Werk geliefert, sodass ich hochzufrieden und mit breitem Grinsen den Saal verließ. Das war für mich das dritte Metal-Großereignis im Dezember und vorerst das letzte, fürs allerletzte Livekonzert 2018 musste ich selbst noch mal ran – dazu später mehr.

„Look into my eyes, so many things are waiting to be done. You just need a friend, together we will sing along. I'm alive, I'm alive, I'm alive…” („I’m Alive“)

Reich bebildert auch hier:
http://www.pissedandproud.org/22-12-201 ... ns-united/

Re: Euer nächstes/letztes Konzert bzw. Live-Event

Verfasst: Do 3. Jan 2019, 22:13
von McBrewer
Bild

Ist eigentlich irgendmensch von den Delirianern am 21.Januar in Berlin beim wohl letzten (?) Morricone Gastspiel anzutreffen ?
Ich habe mich ja dazu auch nochmal überreden lassen, obwohl mir eigentlich solche überteuerten Konzerte jenseits der 100,-Euro zuwider sind, aber nachdem ich mich letztes Jahr schon zu IRON MAIDEN habe breitschlagen lassen...bei einem über 200 Mann/Frau starkem Orchester ist da der höhere Eintrittspreis gerechtfertigt. Und: ES IST VERDAMMT NOCH MAL MAESTRO MORRICONE :!: