02.03.2019, Fanräume, Hamburg:
F*CKING ANGRY + NOTGEMEINSCHAFT PETER PAN + FLO UND PAUL UND FLO + EAT THE BITCH
Länger nicht mehr auf Konzerten gewesen… Das lag aber keinesfalls an einem etwaigen mangelnden Angebot, sondern hatte schlicht Zeitgründe. Als die französischen ANTI-CLOCKWISE ihre Tour beendeten und den Hamburger LIQUOR SHOP ROCKERS den gemeinsam genutzten Gitarristen Needlz zurückbrachten, nutzte man die Gelegenheit für den Tourabschluss-Gig in der Gaußplatz-Kneipe El Dorado. Das war aber am 06.02. und somit an einem Mittwoch, und eigentlich wollte ich auch nur kurz was abholen, sodass ich lediglich ein paar Songs und eine Bierlänge lang Zeuge davon wurde, wie verfickt tight die LIQUOR SHOP ROCKERS mittlerweile geworden ist – und wie gut der Sound in jenem gemütlichen Lädchen war! Sogar noch enger wurd’s am 16.02., als das El Brujito sein Zehnjähriges feierte (Gratulation!) und HEMO & THE OTHER folklastige Stimmungsmusik zur Beschallung des Jubiläums ablieferten und die Besucher(innen) zum Tanzen brachten. So’n richtiger Punk-Gig, zu dem man speziell wegen der Bands hingeht, musste jedoch bis zum 02.03. warten.
Eine feste Hamburger Institution sind die Konzerte in den Fanräumen des Millerntorstadions geworden. Auch diesmal gelang es wieder, ein hochkarätiges Line-up zusammenzustellen und so für eine großartige (Soli-)Party zu sorgen! Von Anfang an war die Bude rappelvoll, EAT THE BITCH spielten ihren ersten Gig mit Bassneuzugang Bommy vor beeindruckender Kulisse. Live-Premiere hatte auch der Song „Trump vor Angst“. Seltsam mutete die Illumination an, die voll ins Publikum leuchtete, Gitarrist Tim dafür im Dunkeln stehen ließ. Auch der P.A.-Sound war noch nicht so geil, hätte mehr Druck vertragen können. Dafür war die Band aber gut aufgelegt und lieferte das erwartete, gewohnt hochklassige HC-Punk-Brett, das von seinen Riffs und seiner hurtigen Rhythmus-Arbeit genauso lebt wie vom unverkennbaren Gesang Jonas und ihren Texten. Lässig tänzelte sie auf und vor der Bühne, wodurch sie eine Souveränität ausstrahlte, die bei einem ersten Gig in neuer Besetzung nicht selbstverständlich ist. Und anstatt sich verrückt zu machen, setzte Bommy sein Pokerface auf und zog durch. Vom einen Refrain, in dem er sich laut eigener Aussage fies verspielt habe, hatte wohl niemand etwas mitbekommen, stattdessen gesellten sich Teile des Publikums zum ausgelassenen Pogo vor der Bühne. Live-Feuertaufe bestanden!
Auf dem Flyer komplett übersehen hatte ich die Mainzer mit dem Antinamen „FLO UND PAUL UND FLO“, offenbar ‘ne neue, noch recht junge Band. In Trio-Größe mit singendem Drummer und mehrstimmigen Chören schmetterte man deutschsprachigen Punkrock mit auf witzig und ironisch gebürsteten Texten. „China – Reich der Mitte“ kam ziemlich gut, insgesamt wirkte der Auftritt aber etwas zu sehr wie ‘ne Persiflage auf mich, wie es sie in Form anderer Bands ja mittlerweile doch einige gibt. Müsste ich mir noch mal ansehen/-hören, um das wirklich beurteilen zu können. Vielleicht ergibt sich die Gelegenheit ja. Der Sound jedenfalls war plötzlich voll gut, ich jedoch schon bischn schusselig und so hab‘ ich ganz vergessen, Fotos zu machen…
Aufgrund ‘ner Unterhaltung kam ich etwas zu spät von der frischen Luft zur NOTGEMEINSCHAFT PETER PAN zurück, die ersten Songs waren bereits gespielt. Jedenfalls bekamen die „Helikopter-Eltern“ wieder ihr Fett weg, „Kleben und kleben lassen“ erinnerte an OZ, die „Kleine Motivationshilfe“ ging raus an diejenigen, die den Arsch hochkriegen und auch mal dahingehen, wo’s wehtun könnte, aber natürlich wurde auch älteres Material berücksichtigt, „Kellerkinder“ und wie sie alle heißen. Stemmen sprach von seiner Liebe zur ersten WEEZER-Platte und wie gewohnt noch so einiges andere, wobei ich im Gewusel diesmal viel zu abgelenkt war, um alles detailliert aufzunehmen. Zumal während der Songs nicht nur einmal echt gut Alarm war, herrlich ausgelassene Stimmung vor und auf der Bühne, grinsende Gesichter überall, schlicht eine große Party, die im Kontrast zu manch mitunter etwas verkopften Songs des neuen Albums stand. Mittlerweise sind die Anti-Ager aber auch ‘ne Band, über die ich mich bereits mehrfach ausführlich ausgelassen habe, deshalb gleich weiter zur nächsten Krawallcombo, die ich erst zum zweiten Mal live sah:
F*CKING ANGRY aus Bonn rissen alles ab! Genialer, treibender Hardcore-Punk der alten Schule mit aktuellen deutschen wie englischen Texten, vorgetragen von der rauen, heiseren, charismatischen Stimme der Sängerin Beckx. Zwei Gitarren (an einer Dominik von CANALTERROR/MOLOTOW SODA) plus Rhythmusfraktion rissen das Tor zur Hölle auf, das Publikum hielt das Euphorisierungslevel und verausgabte sich weiterhin nach Kräften. Ich spritzte mit Bier und gesellte mich dazwischen, Beckx mischte sich unter die ersten Reihen, bis ihr Stemmen irgendwann das Mikro für seinen Gastbeitrag abnahm, und für „Aluhut“ stieß Kem Trail von BRUTALE GRUPPE 5000 zum Duett dazu. Sogar der moderne HH-Punk-Klassiker „Bullenwagen klau’n“ wurde noch improvisiert intoniert – absolut irrer Gig, ständig passierte irgendwas und wer nicht durch die Gegend sprang, lag sich gefühlt glückselig in den Armen. Besser hätte man den Abend nicht beenden können, das war echt die Kirsche auf der Sahnehaube und hat wieder mal bewiesen, dass F*CKING ANGRY zurzeit eine der verfickt geilsten HC-Punk-Bands der Republik sind. Die neue 7“-EP legte ich mir noch am Merchstand zu, ließ sie aber später im Onkel Otto liegen, was ja nun echt abzusehen war – insofern: selbst schuld… Erstes Konzert nach längerer Abstinenz, das besser nicht hätte sein können. Und gleich wieder voll aufgedreht. Das fordert natürlich seinen Tribut, denn so ganz abgeklungen wie erhofft war die Erkältung (oder was auch immer das für ‘ne hartnäckige Scheiße war) dann doch noch nicht und der Kater demnach umso schlimmer. War’s aber wert!
Reich bebildert auch hier:
http://www.pissedandproud.org/02-03-201 ... the-bitch/