Habt Ihr Lust auf Tarzanploitation?
Auf eine Familienpackung Fidani?
Nein?
Los geht’s!
Die Credits zu Beginn verraten uns, dass „Karzan“ von Demofilo Fidani präsentiert wird. Story und Screenplay des Dschungelmeisters gehen dagegen auf das Konto von Miles Deem (ein bekanntes Pseudonym von DF) und Mila Vitelli (Fidanis Ehefrau). Regie führte nur Mister Deem himself.
Signora Vitelli wiederum oblag das Dekorieren der Filmsets und das Entwerfen der Kostüme.
Alles klar?
Ob das heitere Vermischen echter Namen und Aliasse hier rechtliche oder marketingstrategische Gründe hat, vermag ich nicht zu beurteilen.
Kommen wir zum Film. Wir werden Zeuge eines Zusammentreffens „wichtiger“ Leute. Abenteurer und Haudegen Captain Fox (Ettore Manni), der in der Vergangenheit zum Missfallen des FBI eine „Russian expedition“ geleitet hat, präsentiert voller Stolz exklusives Bildmaterial einer „strange creature“ (Armando Bottin aka Jonny Kissmüller Jr.), das im Dschungel Afrikas aufgenommen wurde.
Seine Gäste Lord Carter (Roger Browne), ein blaublütiger Anthropologe und der Fotograf Wood (Gerardo Rossi) sind begeistert und sofort Feuer und Flamme, eine Expedition zu starten, um den „white savage“ zu fangen. Auf den Entschluss wird mit Whiskey angestoßen. Um welche Marke es sich handelt: keine Ahnung! Bezeugen kann ich, dass eine Wasserkaraffe mit dem J&B Logo auf dem Tisch steht. Immerhin.
Aus mir unerfindlichen Gründen, darf sich auch Monica (Melú Valente), eine Frau (!), ggf. die Freundin Lord Carters (?), anschließen. Jede Reisegruppe braucht schließlich eine Frau. Überzeugt euch dieses Argument? Nicht? Vielleicht hat hier Fidanis Angetraute ein Wörtchen mitzureden gehabt hat? Wir wissen es nicht.
In
irgendeinem Wald in Italien Afrika angekommen, wird dem Ensemble ein stummer Führer „Crazy“ (Attilio Dottesio) zugeteilt, der den Dschungel mindestens so gut wie seine Westentasche kennt. Der Legende nach wurde „Crazy“ nicht stumm geboren, sondern einst von „rebel tribes“ gefangen genommen, die ihm übel mitgespielt haben. Seitdem verweigert er die orale Kommunikation. Sofern man das Kopfabbeissen von Schlangen nicht als orale Kommunikation interpretiert. Und überhaupt, Mundharmonika spielen tut er trotzdem.
Lokale Unterstützung gibt es außerdem durch 3 Afrikaner, von denen einer verschiedene Stammessprachen beherrscht, und 2 schnöde Träger von Ausrüstung und Proviant sind. Um 4 Personen angewachsen, tuckert man in 2 Jeeps durch die karzaneske Botanik. Der Schweinchenrosafarbene mit Cpt. Fox, Lord Carter und Anhängsel Monica fährt vorne weg, und der bieder anmutende, sandfarben Gehaltene mit Crazy, Wood und den 3 Afrikanern (plus Gepäck) dümpelt hinterher. Farbgestaltung und Hierarchie korrespondieren in diesem Fall. Oder auch nicht.
Immer wieder gibt es hineinmontierte Aufnahmen von wilden Tieren zu bestaunen. Captain Fox „erschießt“ einen badenden Elefanten und einen vermeintlich angreifenden Wasserbüffel, obwohl in der Einfügung klar zu erkennen ist, dass das Tier wegläuft.
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Als der vorweg holpernde Jeep stecken bleibt (mieses Karma wg. der Farbe?), wird atemberaubende Spannung erzeugt, indem Fidani sorgsam ausgewähltes Bildmaterial verwendet.
Wir sehen den schweinchenrosafarbenen Jeep, der im Sand fest steckt.
Schnitt.
Wir sehen den König der Tiere, den Spitzenprädator.
Schnitt.
Wir sehen den schweinchenrosafarbenen Jeep, der im Sand fest steckt.
Schnitt.
Wir sehen eine tödliche Raubkatze, einen afrikanischen Löwen.
Schnitt.
Wir sehen, dass der schweinchenrosafarbene Jeep weiterfahren kann.
Puh, das war knapp. Ich habe die ganze Zeit die Luft angehalten und die Daumen gedrückt, dass alles gut geht.
Nein, mal im Ernst. Das Hauptproblem, warum das Gezeigte für wenig Erregung sorgt, ist, dass die „Bestie“ doch arg gelangweilt wirkt. Um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie Furcht einflößend die Aufnahmen sind, behaupte ich nassforsch: das ängstlichste Kind der Welt würde beim Anblick dieses passiven und desinteressierten Löwen sofort auf diesen zulaufen und anfangen dessen Mähne zu tätscheln. Naja, die Idee war nicht schlecht.
Eine weiteres Angst und Schrecken verbreitendes Tierattentat trifft Monica (war das der Grund, warum sie mit durfte?), als sie Bücher lesend im Zelt von einer „black widow spider“ angegangen wird. Jaja, diese Biester können nämlich, so werden wir belehrt, für einen „instant death“ sorgen. Dass es sich um ein unzureichend aussehendes und dilettantisch eingesetztes Tarantelmodell handelt, spielt keine Rolle.
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Fungiert die Szene doch vielmehr als Schaukasten, um zu zeigen, was „Crazy“ für ein Teufelskerl ist. Der stumme Irre wartet auf den entscheidenden Moment und, haltet Euch fest, pustet das Krabbeltier mit einem Pusterohr (!) weg!
Ansatzlos.
Einfach so.
Der Hauch des Todes.
Einfach crazy!
Und definitiv zu behämmert, um zu hinterfragen, warum erst dann losgepustet wurde, als die Spinne bereits von der Kleidung auf die nackte Haut übergesetzt hatte.
Hatte ich erwähnt, dass „Crazy“, während er die Spinne ins Visier nimmt, empfohlen wird, auf einen Nerv zu zielen? Genau mein Humor!
Das ist aber noch nicht alles. „Crazy“ ist zudem ein Ass im Schlangenwrestling.
Jake „The Snake“ Roberts würde vor Neid erblassen. So wälzt sich der Berufsbekloppte in einer späteren Szene mit einem Schuppenkriechtier, über das er zuvor semi-akrobatisch gestolpert war durch das
römische afrikanische Unterholz. Bis Fox, ein Mann für klare Verhältnisse, dazu stößt und jede Diskussion über etwaig bestehende Artenschutzabkommen mit seinem Ballermann abwürgt. Klappe zu, Schlange tot.
Weiter mit der Expedition. Der Freundeskreis Demofilo trifft auf diverse „afrikanische Stämme“ (oder auf verschiedene Vertreter eines Stammes). Zunächst verfolgen unsere Forschungsreisenden folgenden Plan zur Verständigung: den Afrikaner mit den Sprachkenntnissen vorschicken und gucken, was sich tut.
Da das Diplomatieverständnis der Indigenen schlechterdings aus Angriffen aus dem Hinterhalt mit Speer und Pfeil+Bogen zu bestehen scheint, wird kurzerhand umdisponiert. Die neue Devise lautet: einfach alle umnieten! Gerne präventiv! Taktisch sind die Eingeborenen durchaus flexibel und versuchen sich ebenso an Frontaloffensiven. Akustisch begleitet von hysterisch-repetitivem Hochtongejohle. Das in etwa so viel Krach macht wie cholerische Indianer aus dem Exploitation-Bilderbuch, denen man Amphetamine in die Friedenspfeife getan hat.
Ein Glück, dass Fox und Anhang mit diversen Schießprügeln und reichlich Munition ausgestattet sind. Folglich müssen etliche Stammesangehörige das Zeitliche segnen. Ohne nachgezählt zu haben: es gibt einige Italo-Western und Poliziotteschi mit niedrigerem Bodycount! Durch das possierliche Overacting der Ureinwohner und das Ausbleiben blutiger Einschüsse wird deren zahlreiches Ableben filmtechnisch etwas abgeschwächt.
Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, den gelungenen Score von Lallo Gori zu erwähnen. Dieser verbreitet durch den Einsatz von Bongos, Trommeln und einer „verzerrten Mundharmonika“ (bin mir unsicher, um was für ein Instrument es sich handelt) Abenteuerstimmung. Ebenfalls zum Einsatz kommt das aus vielen Italo-Western bekannte Knacken, das eventuell mit einem Kontrabass erzeugt wird.
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Als unsere mediterranen Weltenbummler einmal mehr das Trommeln der Urbevölkerung (laufen die alle mit Bongos durch den Urwald?) vernehmen, übt Fox sich im Beiseitesprechen:
„Where the devil...those drum beats are nerve-wracking. It's impossible to tell how close they are.“
Es ist unwahrscheinlich, dass hier wie in einer Theateraufführung mit dem Zuschauer Kontakt aufgenommen werden soll. Dennoch kommt es mir in der Szene so vor, als ob unsere Glücksritter den Gori Score in seiner vollen Pracht exakt so vernehmen wie man selbst als Rezipient. Ein Brüller! Man stelle sich vor, Roy Scheider würde bei der Jagd nach dem „großen Weißen“ ausrufen:“Immer ertönt diese verdammte Musik, bevor der blöde Hai auftaucht. Das machen meine Nerven nicht mit!“ Nicht auszudenken.
Genug der Abschweifung und zurück nach Karzanland. Gerade als man sich dem Gebiet nähert, in dem der „Apeman“ gesichtet wurde, beschließen die 2 Träger stiften zu gehen.
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Und schließlich wird sogar „Crazy“ von einem Speer durchbohrt und stirbt. Denn eine Speerattacke überlebt man nicht so leicht. Auch nicht, wenn man verrückt ist.
„Good ol' Crazy, he's gone!“
NEIN!!!!!!!!!!!!11!!!!!!
Obwohl gerade personell dezimiert, wiegt sich der Rest der Dschungeltouristen in Sicherheit. Wie das manchmal so ist. Nachdem man einen indigenen Anschlag abgewehrt hat, muss man auch mal durchschnaufen.
„At least we're out of danger!“
Denkste!
Prompt wird man von Stammesangehörigen umzingelt und gefangen genommen. Und an Pfählen festgebunden.
Welcome to the jungle!
Spaß und Spiele gibt es allerdings nicht. Zumindest, wenn ich den verkrampften Gesichtsausdruck von Fotograf Wood als Stimmungsbarometer nehme. In einer Nahaufnahme sieht er Klaus Kinski verdammt ähnlich. Einer domestizierten Version Kinskis, die wahrscheinlich weniger Geld pro Drehtag verlangt hat.
Und nun ist es endlich soweit. Trommelwirbel! Karzan greift in das Geschehen ein. Mit von der Partie ist seine bessere Hälfte Shiran (Simonetta Vitelli=Fidanis Tochter!), die vom Typ her Ursula Andress' kleine Schwester sein könnte. Ein bisschen.
Von einer Anhöhe beobachtet das naturbelassene Traumpaar die Szenerie und ist von dem zeremoniellen Treiben nur mäßig angetan. Nach einer kurzen Lagebesprechung, in einer mir unbekannten Sprache, betritt Shiran rituellen Boden und verhandelt temperamentvoll mit einer Stammesfrau um die Freilassung. Von Monica. Und zwar nur von ihr, sofern ich mich nicht täusche! Gut möglich, dass Shiran zu temperamentvoll vorgegangen ist. Es kommt zu einem Catfight der beiden Grazien. Karzan hat nun endgültig die Faxen dicke und stürzt sich in das Getümmel. Nicht ohne vorher kräftig zu jodeln. Obwohl eine sprachliche Verständigung möglich gewesen wäre, bekommen die Stammesangehörigen einen auf den urwüchsigen Dez und das nicht zu knapp. Von der äußeren Erscheinung her wirkt der „white ape“ wie ein aus Tropenholz geschnitzter Frank Mertens nach mehreren Testosteroninjektionen. Kämpferisch ebenfalls.
Die Urwaldunruhe endet schließlich damit, dass die 2 „white savages“ mit Monica verduften. In ihr Baumhaus. Dort werden wir Zeuge, welch idyllisches Leben Karzan und Shiran doch führen.
...
Fortsetzung folgt (vielleicht)