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Santi-Vina - Tawee Na Bangchang (1954)

Verfasst: Do 2. Apr 2020, 17:54
von Salvatore Baccaro
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Originaltitel: Santi-Vina

Produktionsland: Thailand 1954

Regie: Tawee Na Bangchang

Darsteller: Poonpan Rangkhavorn, Rayvadi Sriwilai

Santi, ein zehnjähriger blinder Bub, und Vina, die Nachbarstochter, sind unzertrennlich in ihren Kindheitstagen. Vani schützt ihren besten Freund nicht nur vor den Anfeindungen des Schulschlägers Krai, sondern ersetzt ihm zudem die fehlende Sehkraft, und schleust ihn mitunter heimlich in den Unterricht ein, den Santi wegen seiner Behinderung nicht besuchen darf. Getrennt werden die Beiden erst, als Santi aus freien Stücken beschließt, bei dem hochverehrten Mönch Luang Ta leben zu wollen, der einen kleinen Tempel in einer unweit gelegenen Höhle errichtet hat: Vielleicht ist es möglich, denkt sich Santis Vater, als er dem Drängen seines Sohnes nachgibt, dass dieser, sollte er den Lehren Buddhas folgen und ebenfalls Mönch werden, sein Augenlicht wiedererlangt. Fortan sehen sich Vani und Santi erstmal nur noch bei den regelmäßigen religiösen Tempelfeiern, wo das tapfere Mädchen noch immer ihren Freund gegenüber den nach wie vor ungebrochenen Anfeindungen Krais schützt. Jahre vergehen, Santi und Vani reifen zu jungen Erwachsenen heran, und mit ihnen ihre Gefühle einander gegenüber. Denen steht ihr Umfeld jedoch mindestens skeptisch gegenüber: Luang Ta beobachtet irritiert, wie Santi alsbald seine Tempelpflichten vernachlässigt, und in Gedanken scheinbar nur noch bei Vani ist, während Krai, der ebenfalls ein Auge auf die junge Frau geworfen hat, innerlich vor Eifersucht kocht, und kurzerhand seine Mutter beauftragt, bei derjenigen Vanis um die Hand des Mädchens anzuhalten. Bald ist es beschlossene Sache: Vani soll Krai ehelichen, so schnell wie möglich, und sich den blinden Tempeljünger tunlichst aus dem Kopf schlagen. Anders denken freilich unsere Liebenden, die sich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit der Mitgift aus dem Staub machen, die Vanis Eltern bereits von denen Krais ausgehändigt bekommen haben. Nur kurz dauert der Zustand der Freiheit: Vanis Vater holt die Flüchtenden schon am nächsten Morgen ein; Santi wird von Krai krankenhausreif geprügelt; Vani wiederum zurück nach Hause und unter die Haube gebracht. Dann aber ereignet sich ein Unglück in der Höhle Luang Tas, bei dem Santis Lehrmeister sein Leben verliert und Santi selbst auf wundersame Weise den Schleier von seinen Augen gewischt bekommt…

Bei SANTI-VINA aus dem Jahre 1954 soll es sich um den ersten Farbfilm Thailands handeln – und, oh mein Herz!, was für Farben das sind! Dieser Film schaut aus, als würde man sich in zum Leben erwachten, handkolorierten Pastell-Postkarten vom Anfang des Jahrhunderts bewegen! Bei all der märchenhaften visuellen Pracht gerät die tragische und zutiefst rührende Handlung beinahe schon ins Hintertreffen, - zumal sie auch gar keine gesteigerten Anstalten macht, sich in den Vordergrund zu spielen. Was SANTI-VINA wichtiger als große Gesten zu sein scheint, das ist ein nahezu introvertiertes Beobachten von Einzelmomenten: Wenn der kleine Santi während seine ersten Nacht in der Mönchshöhle von dem Poltern prasselnden Gesteins geweckt wird, und sich von seinem frommen Ziehvater kaum beruhigen lässt vor Todespanik; wenn die erwachsen gewordenen Liebenden einander beim Betrachten eines Sonnenuntergangs ganz indirekt, wie beiläufig, die gegenseitige Zuneigung gestehen; wenn der Film auch schon mal seinen narrativen Flow vollends unterbricht, um uns minutenlang eine traditionelle Tanzaufführung zu zeigen, bei der Vani mitmischt, oder einen endlosen Strom aus kunstvoll geformten Lampions, die bei einem buddhistischen Fest einem Fluss anvertraut werden – möglicherweise meine liebste Szene in dieser wahren Augenweide, die sich alle Zeit der Welt, (um genau zu sein: fast zwei Stunden), nimmt, um ihre zutiefst humanistische Geschichte zu entrollen, so, als sei das stellenweise regelrecht elegische Tempo der Erzählung dem Wissen der Filmemacher geschuldet, dass ihr Publikum gar nicht loskommen wird von den schwelgerischen Bildkompositionen, den becircenden Farben, den liebevoll gezeichneten Figuren, die allesamt zu keinem Zeitpunkt und nicht mal mit der Zehenspitze auch nur in die Nähe des gefürchteten Kitschtopfes geraten.

SANTI-VINA wurde vom Thai Film Archiv kürzlich im Rahmen ihrer Quarantaine-Watchlist in restaurierter Fassung und mit englischen Untertiteln gemeinfrei zur Verfügung gestellt:

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