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Kate Bush: Stimmgewaltig und exzentrisch - C. Laborey [Doku]

Verfasst: Di 26. Mai 2020, 19:01
von buxtebrawler
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Originaltitel: Kate Bush, la sorcière du son

Herstellungsland: Frankreich / 2018

Regie: Claire Laborey
Auch wenn die Sängerin und Musikerin Kate Bush seit Mitte der 90er Jahre praktisch vom Radar verschwunden war und seitdem erst in jüngster Zeit noch einmal zwei Alben veröffentlichte, gilt sie weltweit immer noch als visionäre Artpop-Künstlerin, die 1978 praktisch aus dem Nichts mit ihrem Song "Wuthering Heights" - damals ein vollkommen gegen den Musiktrend gebürstetes Lied - die Charts vieler Länder stürmte und mit 19 Jahren in aller Munde war. Die Dokumentation wirft einen Blick zurück auf die Künstlerin, die sich von Konventionen nie aufhalten ließ und ihre märchenhaften wie kritischen Geschichten stets auf ungewöhnliche und wegweisende Art und Weise instrumentalisierte. Wegbegleiter, Band- und Sessionmusiker schildern Bushs Aufstieg, kommerziellen Einbruch und Triumph während der 80er Jahre, in denen sie mit jedem neuen Alben neue Akzente setzte und praktisch als eine der Ersten professionell das Sampling in ihren Werken verwandte. Dabei machte sie sich abgesehen von einer einzelnen frühen Tournee live komplett rar und widmete sich umgehend und präzise der Erschaffung ihrer Musik, der Illustration derselben durch Musikvideos und dem Ausdruckstanz, der zu ihrem Markenzeichen wurde. Nachdem sie sich fast zwei Jahrzehnte zurückzog und hauptsächlich für sich komponierte und Mutter war, kehrt sie 2014 plötzlich und überraschend mit einer Reihe von Konzerten noch einmal auf die öffentliche Bühne zurück, unberechenbar wie immer...
Quelle: www.ofdb.de

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Re: Kate Bush: Stimmgewaltig und exzentrisch - C. Laborey [Doku]

Verfasst: Di 26. Mai 2020, 19:03
von buxtebrawler
„Ihre Musik überdauert.“

Die britische Musikerin Kate Bush ist ein Phänomen: Mit 19 Jahren war sie die erste Frau, die mit einer Eigenkomposition die Pole Position in den britischen Charts erreichte. Die Rede ist natürlich von „Wuthering Heights“, jenem sich auf Emily Brontës Roman „Sturmhöhe“ (bzw. auf eine der zahlreichen Verfilmungen) beziehenden Song, der sich auf ihrem 1978 erschienenen Debütalbum „The Kick Inside“ befindet. Musikalisch ließ sie sich nie festlegen und komponierte, nach zwischenzeitlicher Verortung im New-Wave/New-Romantic-Bereich, abwechslungsreiche, visionäre Art-Rock/-Pop-Alben, mit denen sie sich immer wieder neu erfand und ihr Publikum mit experimentellen Sounds überraschte. Ihr auffälligstes Markenzeichen wurde ihr hoher, außergewöhnlicher Gesang. Ab ungefähr Mitte der 1990er machte sie sich sehr rar, doch im neuen Jahrtausend folgten zwei weitere Alben. Die 2018 für den öffentlich-rechtlichen deutsch-französischen Fernsehsender Arte produzierte und 2019 erstausgestrahlte Dokumentation „Kate Bush – Stimmgewaltig und exzentrisch“ von Claire Laborey zeichnet die einzigartige Karriere der öffentlichkeitsscheuen Künstlerin in rund 52 Minuten in kompakter Form nach.

Ausgehend von Bildern einer in Großbritannien jährlich zu Kate Bushs Geburtstag abgehaltenen öffentlichen „Wuthering Heights“-Aufführung von zahlreichen Fans im ans Musikvideo angelehnten roten Dress führt eine Sprecherin aus dem Off durch den Film, die zugleich dolmetscht. Historische Archivaufnahmen inklusive Ausschnitten aus Interviews und Statements von Bush-Entdecker David Gilmour (Pink Floyd), Bandmitgliedern, einem Bush-Biografen und ihrem Fotografen rollen Bushs Biografie von ihrer Kindheit an auf und vermitteln einen Eindruck von der Person Kate Bush – soweit möglich, denn sie stand für diese Dokumentation nicht persönlich zur Verfügung und findet lediglich in Form von Archivmaterial bzw. in den Aussagen anderer und in ihrer Kunst statt; ferner scheint sie zeitlebens durchaus mit Bedacht gewählt haben, was aus ihrem Privatleben für die Öffentlichkeit bestimmt ist und was nicht.

Nichtsdestotrotz orientiert sich Laborey recht souverän chronologisch an den Albumveröffentlichungen und verschiedenen Lebensabschnitten Bushs. So erfährt man von ihrer Entdeckung durch Gilmour, blickt zurück auf die Entstehung ihrer ersten Band und bekommt die Filmszenen, die Bush laut eigener Aussage zu „Wuthering Heights“ inspiriert haben, zu sehen. Inspiration für ihre expressiven Performances wiederum war der Pantomime Lindsay Kemp, bei dem Bush schließlich in die Schule ging – wie das Archivmaterial mit bewegten Bildern untermauert. Man bekommt vermittelt, dass Bushs zweites Album auf Druck der EMI hin in Rekordgeschwindigkeit fertiggestellt wurde – eine Arbeitsweise, von der sie sich daraufhin verabschiedete – und dass ihre anschließende große Europatour, bei der sie als erste Sängerin überhaupt ein Headset benutzte, ihre erste und zugleich lange Zeit letzte bleiben sollte: Erst 2014 kehrte sie mit einer Tournee auf die Livebühnen zurück.

Bushs technische und klangliche Innovationen betreffend geht der Film ein wenig ins Detail, wenn er ihre Begeisterung für den damals neuartigen Fairlight-Sampler illustriert, u.a. mit Bildern Peter Gabriels, der das Gerät einst fürs Fernsehen vorführte. Ihr Album „The Dreaming“ wurde gemischt aufgefasst, doch dann folgte ihr Megahit „Running Up That Hill“, Bushs Beitrag zur langen Liste der ‘80er-Evergreens. Weitere Unabhängigkeit von den Mechanismen der Musikindustrie erlangte sie, als sie bei ihren Eltern ihr eigenes Studio einrichtete. Laborey thematisiert darüber hinaus Bushs Verbindung zu Killing Joke sowie ihren fast komplett Rückzug aus jedweder Omnipräsenz und ihre Comebacks mit den Alben aus den Jahren 2005 und 2011.

Vieles wird nur kurz angerissen oder übersprungen; 52 Minuten sind natürlich zu wenig, um das Phänomen Kate Bush ganzheitlich zu erfassen. Für einen spannenden, auch als Appetitanreger funktionierenden Einblick in Werdegang und Werk einer unkonventionellen Künstlerin, der, was heute beinahe undenkbar scheint, die Musikindustrie nach ihrer Entdeckung erst einmal zwei Jahre Zeit gab, sich Live-Erfahrung anzueignen, statt sie sofort mit größtmöglicher Intensität kommerziell auszuschlachten, eignet sich diese Dokumentation jedoch gut. Durch den Rückhalt ihrer Familie, wo sie bereits früh musikalisch gefördert worden war und stets einen Rückzugsort fand, sowie gute Kontakte zu namhaften Musikern scheint Bush größtenteils für sie gute, kluge Entscheidungen getroffen zu haben, blieb sie skandalfrei und künstlerisch integer und genoss mit einem guten Pfund sicherlich tantiemenstarker Hits im Rücken ihre weitestgehende Autarkie. Das ist beeindruckend und sympathisch – und lädt zu einer musikalischen Entdeckungsreise durch ihre Diskografie ein.

Re: Kate Bush: Stimmgewaltig und exzentrisch - C. Laborey [Doku]

Verfasst: Do 28. Mai 2020, 19:21
von FarfallaInsanguinata
Das würde ich mir auch anschauen.
Ich fand Kate Bush ja immer total cool, bereits während meiner Punk- und Skinhead-Zeit, und ihre eigenwilligen Texte und die Art und Weise, wie sie unbeirrt ihr Ding machte, hatten in meinen Augen sehr viel von dem, was ich persönlich unter Punk verstand.
Eine tolle Frau und natürlich Künstlerin!