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Mitternachtsmörder - Georges Franju (1961)

Verfasst: Fr 28. Jan 2022, 16:52
von CamperVan.Helsing
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F 1961

OT: Pleins feux sur l'assassin

D: Jean-Louis Trintignant, Marianne Koch, Dany Saval, Pierre Brasseur, Philippe Leroy

Die Handlung von Mitternachtsmörder setzt eine kaskadierende Reihe von Ereignissen in Gang, als ein wohlhabender alter Mann namens Comte Hervé de Kerloguen (Pierre Brasseur), der offensichtlich todkrank ist, an einem kleinen Knöpfchen an einem Spiegel in seinem Anwesen dreht. Dahinter offenbart sich ein geheimes Räumchen, in das sich der Comte zurückzieht, um seinen letzten Atemzug zu tätigen. Für die vielen potenziellen Erben des Comte bedeutet das Unglücklicherweise, dass ihrer Gier auf das Erbe ein Strich durch die Rechnung gemacht wird. Denn die wahrscheinlich fiktive Anspielung des Films auf das französische Zivilgesetzbuch besagt, dass alle möglichen Erben fünf volle Jahre auf den Nachlass warten müssen (ab dem Tag des mutmaßlichen Todes), wenn es keine Leiche gibt. (Nischenkino)

Keine Reiche ohne Leiche - anstatt zu erben, müssen die Verwandten des alten Comte geschockt zur Kenntnis nehmen, dass sie das Familienschloss logischerweise nicht verkaufen dürfen, aber auch für den Unterhalt des Bauwerks sich nicht am Vermögen des Verschwundenen bedienen dürfen, sondern die eigenen Geldbörsen öffnen müssen.

Zu diesen Verwandten zählt auch der Medizinstudent Jean-Marie (Trintignant), der zusammen mit seiner Freundin Micheline in einem schönen Austin-Healey Roadster aus Paris anreist. Offenbar hing er an seinem Onkel, denn er ist der Einzige, der einen Trauerkranz mitbringt. Bei seinem Eintreffen ist der Familie bereits in heller Aufregung, weniger über das Verschwinden des Onkels an sich, als vielmehr darüber, dass die erhoffte große Erbschaft nicht so schnell fällig wird wie erhofft. Seiner Verwandtschaft hat Jean-Marie seine Micheline noch nicht vorgestellt, und er erlaubt ihr nicht, zu diesem Treffen auf dem Schloss mizukommen. Micheline quartiert sich daher im nächsten Ort ein und fährt spätabends zum Schloss, um dort ihren Liebsten zu treffen.

Bei einer privaten Schlossführung erzählt Jean-Marie von einer alten Familientragödie, die sich einst im Schloss abspielte. Ein von seiner Frau betrogener de Kerloguen tötete seinen Nebenbuhler, die Frau stürzte sich vom Turm in den Tod. Micheline hat daraufhin die Idee: Könnte man das nicht im Schloßhof als Theatervorführung inszenieren, und so Einnahmen erzielen? Und so sei es.

Doch auch die Anzahl der Erben vermindert sich, und dies in ziemlicher Ähnlichkeit zu den Ereignissen damals...

In Schwarz-weiß gedreht, erweist sich Mitternachtsmörder als ein weiteres empfehlenswertes Werk Franjus, visuell beeindruckend und aus mehreren Genremotiven zusammengemixt. Obwohl untereinander nicht grün, scheint es doch schwierig, der Familienbande zu entkommen. Wiederholt fordert Micheline ihren Verlobten auf, doch mit ihr zurückzufahren, da sie negative Veränderungen bemerkt. Doch Jean-Marie sieht sich dazu nicht imstande. Ging es um Anfang, als sie nicht mit zum Schloss durfte, um etwas anderes als Pietät? Micheline, eine junge, moderne und selbstbewusste Frau, hätte die Adelssippschaft wohl ziemlich aufgemischt. Die Auflösung um die Morde ist freilich eher schwach ausgefallen, das sollte aber niemanden abhalten, die Familie de Kerloguen näher ins Auge zu nehmen.



PS: Die sonst stets so brave Dr. Marianne Koch versucht hier, den Stallburschen zu verführen, indem sie ihn erst dazu bringt, ihre Reitstiefel auszuziehen und dann mit den nackten Füßen in seinem Schritt aktiv wird. Kochende Leidenschaft...