Ich muss hier leider wirklich ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern.
Björn Fischer kenne ich nicht persönlich, sondern nur namentlich. Er hatte Mitte der 80er ein Fanzine namens "Breakout" sowie ein gleichnamiges Tape-Label gemacht und stammt aus Hannover. Damit ist er zumindest Teil der originalen Szene.
Der Kontakt im Vorfeld des Buchprojekts kam sehr früh durch einen Freund zustande, der enger Vertrauter vom "Deutschen W." ist, also dem Sänger von OHL.
Mein erster Gedanke war "Wer zur Hölle braucht ein Buch zu diesem Kacklabel?"
Ich weiß zwar, dass ROR von vielen mittlerweile als Kult betrachtet wird, aber ich persönlich sehe das überhaupt nicht so, obwohl diverse Veröffentlichungen durch die Dekaden meine Sammlung zieren oder verschandeln, je nach Sichtweise. Angefangen bei der Razors-LP über frühen Punk-Scheiß wie "Die Deutschen kommen" (in pink!) und Skeptix über Oi!/RAC wie "Der nette Mann" (selbstverständlich als Original), Indecent Exposure , Evil Skins, Endstufe, Boots & Braces, Werwolf bis zu wenigen CDs aus den 90ern findet sich da so einiges.
Fakt bleibt jedoch, dass der Macher nahezu alle Bands beschissen hat, die auf seinem Label veröffentlichten, und ebenfalls den Macher des Propaganda-Labels letztlich beschissen hat.
Ich bekam auch mal einen Mustervertrag zu Gesicht (zu C.O.P. - ever alone auf dem Erazerhead-Unterlabel), der wie folgt aussah: Das Label trägt die gesamten Kosten von Studio, Nachproduktion, Pressung und Coverdruck. Die Band bekommt 100 (in Worten "einhundert") Exemplare der fertigen Platte zum Eigenverkauf. Eine weitere Umsatzbeteiligung gibt es erst, wenn die Erstauflage von 1000 Exemplaren ausverkauft ist und eine weitere Auflage erfolgt. Wobei diese weiteren Auflagen, falls es sie gab, in der Regel nie abgerechnet wurden, verbürgt etwa bei den Onkelz oder Vortex!
Die Rechte an den Aufnahmen werden auf unbegrenzte Zeit an den Eigner des Labels abgetreten! Deshalb gibt es immer noch diese Kack-Reissues von den Leuten, die das ROR-Komplett-Paket gekauft haben nach dem Tod von Herbert für lächerliche 20000 €, soweit ich das weiß. Das führt dann zu so absurden Vorgängen, wie dass Brandy von Endstufe an seinen eigenen Songs keine Rechte mehr hatte und die Nachpressung der "Glatzenparty" auf DIM deshalb eingestampft werden musste.
Dazu kommt, dass einige Male Cover ohne Absprache mit der Band geändert wurden (z.B. Brutal Verschimmelt und MAF) und es auch nie informative Beilagen gab. Und schließlich noch die meistenfalls beschissene technische Produktion der Schallplatten.
So ab 1983 war es in der Punk-Szene Konsens dieses Kacklabel zu boykottieren. Wer was anderes sagt und ROR posthum zum Deutsch-Punk-Kult oder Finnland-Punk-Kult erhebt, ist schlicht zu spät geboren und hat die Zeit verpasst. Sorry für die Arroganz.
Im Skinhead-Kontext sieht es etwas anders aus. Da war es leider selbst für nicht-rechte Bands kaum möglich Platten zu veröffentlichen (Stichwort "Stigmatisierung" oder "Sippenhaft"). So blieb eigentlich nur der Weg zu ROR oder Rebelles Europeens, egal wie beschissen die Labels agierten und wie arschig sie die Bands behandelten. Wer weiß heute z.B. noch, dass 1984 eine EP von Kraft durch Froide auf Mülleimer erscheinen sollte? Erst in den frühen 90ern wurden dann ja echte Szenelabels mit mehr oder weniger Erfolg versucht, ESV etwa, das die vormaligen Aufnahmen von KdF veröffentlichte. Trotzdem würde ich auch hier die Auszeichnung "Kult" in Bezug auf ROR verneinen, es gab schlicht keine Alternativen für deutsche Bands, außer einer kompletten Eigenproduktion.
So, tut mir leid für den endlosen Offtopic, aber ich fand das wichtig, um zu erklären, wieso ich ein Buch über das Label schlicht für irrelevant halte.
Trotzdem setzte ich mich einen Nachmittag hin, nachdem Björn mich kontaktiert hatte, und suchte diverse Beiträge aus Zeitschriften und Fanzines raus. Dazu noch eine Mailorder-Liste von 1992, die zufällig in meine Hände fiel, ich selbst habe nie eine einzige Platte bei Herbert gekauft.
Das führte jedoch zu Unmut ob der Darreichungsform, der Herr Fischer hätte sich gestochen scharfe digitale Vorlagen gewünscht. Hallo? Wer mit einer Bitte an jemanden herantritt, den er gar nicht kennt, soll gefälligst dankbar sein für die Unterstützung, egal in welcher medialen Form, und nicht noch bescheuerte Ansprüche stellen. 4.Q.
Somit hatte sich das Thema für mich auf eher unerfreuliche Weise erledigt.
Dazu kommt jetzt die Mitteilung, dass dieses Buch auch bei meinem "Lieblingsversand" Amazon erhältlich sein wird.
Also, ich brauche die Veröffentlichung aus diversen Gründen nicht, will sie aber niemandem madig machen, der Interesse daran hat. Bloß bitte nicht noch bei der Datenkrake bestellen, dass würde "Punk" völlig ad absurdum führen.