Das Ende der Welt
The Dead Don´t Hurt
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Schauburg Bremen. Sneak Preview. OmU (Englisch, Französisch, Dänisch mit deutschen UTs)
Die Vereinigten Staaten um 1860.
"Ich wollte an das Ende der Welt!"
Dies antwortet Holger Olsen (Viggo Mortensen;
Eastern Promises) auf die Frage von Vivienne Le Coudy (Vicky Krieps;
Nebenan) was er denn eigentlich in San Francisco gewollt hätte, dem Ort ihres ersten Zusammentreffens.
"Ist dies das Ende der Welt?"
Diese Frage stellt Olsens kleiner Sohn ganz am Ende des Films, als sie beide nach langem Ritt die Pazifikküste erreichen.
"Für jetzt ja."
Das Meer rauscht, der Film endet und ich war tatsächlich etwas berührt, um es einmal so zu formulieren. Das passiert mir im Kino eigentlich doch mittlerweile sehr selten.
Zwischen beiden Zitaten steht eine Reise der besonderen Art, denn eigentlich ging es gar nicht um Olsens Ritt an den Pazifik, sondern es ging in erster Linie um Vivienne Le Coudy. Eine unabhängige Frau, die sich zwar in Olsen verliebt, ihn aber nicht heiraten will. Sowieso will sie niemanden heiraten. Sie will ihr eigenes Leben leben. Egal was kommt. Aber sie möchte trotzdem mit Olsen zusammen sein. Sie kämpft daher um ihre ständige Unabhängigkeit, was natürlich zu der Zeit sehr ungewöhnlich ist. Olsen nimmt dies so hin und arrangiert sich nicht nur damit, sondern findet mit der Zeit genau das nicht nur anziehend, sondern genau richtig. Olsen zieht in den Bürgerkrieg und bleibt Jahre weg. Vivienne bleibt zurück. Nachdem sie sich in San Francisco kennenlernten, ziehen sie in eine kleine Goldgräberstadt. Vivienne arbeitet im hiesigen Saloon und wird immer wieder von Weston (Solly McLeod;
Outlander) bedrängt, dem Sohn des korrupten Geschäftsmannes Jeffries (Garret Dillahunt;
Fear the Walking Dead).
Weston wird sie eines Abends auch überfallen und vergewaltigen. Vivienne will die kleine und korrupte Stadt danach sofort verlassen, bleibt aber. Sie kann Weston nicht belangen, da die Stadt fest in Jeffries Hand ist. Aber allein, dass sie bleibt und sich allem stellt, zeigt Weston nur, dass er keine Macht über sie hat. Sie ist viel stärker als er. Nach einiger Zeit sieht man, dass Vivienne schwanger ist. Als Olsen zurück kommt und dies alles realisiert, sinnt er auf Rache. Doch Weston ist weg. Vorerst. Vivienne macht Olsen klar, dass eben diese Rache keinen Sinn macht.
Trotzdem werden sie später aufeinander treffen. Aber vorerst geht es um die erneute Annäherung von Vivienne und Olsen, aber auch um die Annäherung an den kleinen Sohn, den Olsen schlussendlich als sein Kind akzeptiert.
Der Film ist bis hier hin immer entweder mit Rückblenden durchzogen bzw. mit "Vorblenden", eben dem Ritt Olsens Richtung Meer. Ich nenne dies jetzt mal "Vorblende", denn eigentlich ist dann die Haupthandlung die Rückblende. Da dies aber eben anfangs nicht ganz klar ist, sind für mich die Zeitebenen anders gesetzt.
Man weiß also einerseits, was passieren wird, andererseits sind diese Sequenzen so inszeniert, dass sie eben nicht sofort als Rück- bzw. Vorblenden zu identifizieren sind. Dies hatte einen sonderbaren Effekt auf mich, den ich nicht wirklich beschreiben kann. Vielleicht war es der Kontrast oder die Weiterführung der Charaktere, die dadurch beschrieben werden. Denn als Olsen für Jahre in den Krieg zieht, geht es erst einmal nur um Vivienne, die auch die eigentliche Hauptfigur des Films ist, aber durch die beschriebenen Szenen wird eben auch Olsens Figur immer wieder in den Fokus gerückt, was natürlich wichtig für den Film ist und auch einen Spannungsbogen knüpft. Dabei kommt auch Mortensens Western nicht ohne Klischees aus, diese werden aber oft nur als Rahmen benutzt oder sie werden dekonstruiert. So ist z.B. die Frage nach Rache einerseits schnell beendet, aber vielleicht dann doch unumgänglich?
THE DEAD DON´T HURT ist offensichtlich für Viggo Mortensen das was HORIZON für Kevin Costner ist. Ein Western zur Zeit des Bürgerkriegs, ein Epos über Einwanderinnen und Einwanderer, die sich ganz der Härte des Westens stellen müssen. Dabei konzentriert sich Mortensens Story auf die Frauenfigur des Films und die Beziehung der beiden Hauptfiguren, die doch ein ungewöhnliches Leben leben. Wie THE DEAD DON´T HURT dann letztendlich zu HORIZON, dem scheinbaren Mammutprojekt, stehen wird und ob dann vielleicht auch Vergleiche hinken werden, wird sich zeigen.
Ich jedenfalls musste eher spontan an Taylor Sheridans schöne TV-Serie (und YELLOWSTONE Ableger mit Costner) 1883 mit Sam Elliot denken.
Auf jeden Fall ist THE DEAD DON´T HURT ein Erlebnis. Die Erzählweise, der Score (ebenfalls von Viggo Mortensen), das Schauspiel, aber auch, und dies ist eminent wichtig, die Kameraarbiet. Denn der Film ist kein Kammerspiel. Auf der großen Leinwand wird die wunderschöne Landschaft zur weiteren Hauptdarstellerin.