Die Saat des heiligen Feigenbaums - Mohammad Rasulof (2024)
Verfasst: Mo 13. Jan 2025, 23:26
von Adalmar
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Iran/Deutschland/Frankreich 2024
Buch und Regie: Mohammad Rasulof
Besetzung:
Missagh Zareh (Iman)
Soheila Golestani (Najmeh)
Mahsa Rostami (Rezvan)
Setareh Maleki (Sana)
Niousha Akhshi (Sadaf)
Während die Proteste aufgrund des Todes der Studentin Mahsa Amini nach ihrer Festnahme durch die islamische Religionspolizei in Teheran im vollen Gange sind, wird Iman Ermittlungsrichter am sogenannten Revolutionsgericht. Schnell stellt er fest, dass von ihm erwartet wird, Urteile am laufenden Band zu unterschreiben, ohne dass er Zeit hat, sich mit den Fällen auseinanderzusetzen. Darunter sind auch viele Todesurteile. Da er nun auch zu den möglichen Zielen der Proteste gehört, versuchen Iman und seine Frau Najmeh sich sowie die Töchter Rezvan und Sana möglichst von der Öffentlichkeit abzuschirmen und mögliche Sympathisanten der Protestbewegung von sich fernzuhalten. Doch das geht nicht lange gut: Rezvans Freundin Sadaf gerät in einen Protestzug und wird von der Polizei mit Schrotmunition getroffen. Wenig später verschwindet auch noch Imans Dienstwaffe, was ihm eine Gefängnisstrafe einbringen und ihn seinen Beruf kosten könnte. Iman will den Verlust deshalb unbedingt aufklären und sein Misstrauen richtet sich zunehmend gegen seine eigene Familie.
Re: Die Saat des heiligen Feigenbaums - Mohammad Rasulof (2024)
Verfasst: Di 14. Jan 2025, 03:27
von Adalmar
Dieser Film ist Deutschlands offizieller Kandidat für die Oscars, was schon etwas kurios anmutet, da lediglich ein deutscher Koproduzent und Mitfinanzierung durch die deutsche Filmförderung den iranischen Spielfilm zu einem "deutschen" machen. Aber ungeachtet dessen ist "Die Saat des heiligen Feigenbaums" (trotz einer erklärenden Texttafel am Anfang ist mir nicht 100%ig klar, in welchem genauen Bezug dieser Titel nun zum Filminhalt steht) trotz seiner stolzen Laufzeit von 168 Minuten ein durchgängig sehr spannender Film, eine fesselnde Mischung aus Familiendrama und Politthriller, die eindrücklich die Auswirkungen des Politischen auf das Private demonstriert. Der Gegensatz zwischen dem mittelalterlich-brutalen religiösen Regime und andererseits einer unverwechselbar von modernen Elementen wie den Sozialen Medien gekennzeichneten Gegenwart wird eindrucksvoll und konsequent dargestellt. Protagonist Iman, der mit der Zeit immer antagonistischere Züge annimmt, weiß sich nicht anders zu helfen als immer autoritärer vorzugehen, wird aber nie zur Hassfigur, sondern handelt überwiegend aus Verzweiflung heraus. Man kann sich vorstellen, dass er seinen Beruf unter dem Leitbild der Gerechtigkeit angetreten hat, um dann festzustellen, dass ein besseres Gehalt und eine größere Wohnung zu dem Preis kommen, dass er als Gehilfe einer Schreckensherrschaft herhalten soll. Wie um die Darstellungen des Films noch zu bestätigen, ging die politische Führung des Irans stark gegen den Film vor, Regisseur Rasulof musste sich durch Flucht aus dem Land offenbar einer mehrjährigen Haftstrafe entziehen. Dass die Grundlage des Films keine Fantasterei, sondern traurige Realität ist, wird durch die mehrfach eingestreuten realen Handyaufnahmen von den Protesten gegen die rigiden religiösen Vorschriften und deren gewaltsame Durchsetzung in Erinnerung gerufen.
Re: Die Saat des heiligen Feigenbaums - Mohammad Rasulof (2024)
Verfasst: Di 14. Jan 2025, 07:14
von jogiwan
Auf den bin ich schon sehr gespannt - danke für deine Eindrücke!
Re: Die Saat des heiligen Feigenbaums - Mohammad Rasulof (2024)
Verfasst: Di 14. Jan 2025, 17:31
von Dick Cockboner
Ich laufe gerade jeden Tag am Filmplakat vorbei. Bock drauf!