Training Day - Antoine Fuqua (2001)
Verfasst: Mo 17. Mär 2025, 04:49
Training Day
Training day
USA 2001
Regie: Antoine Fuqua
Denzel Washington, Ethan Hawke, Scott Glenn, Tom Berenger, Harris Yulin, Raymond J. Barry, Cliff Curtis, Dr. Dre, Snoop Dogg, Macy Gray, Eva Mendes, Charlotte Ayanna
OFDB
Training day
USA 2001
Regie: Antoine Fuqua
Denzel Washington, Ethan Hawke, Scott Glenn, Tom Berenger, Harris Yulin, Raymond J. Barry, Cliff Curtis, Dr. Dre, Snoop Dogg, Macy Gray, Eva Mendes, Charlotte Ayanna
OFDB
Polizeifilme waren schon zu allen Zeiten beliebt, und sind beileibe keine Erfindung unserer Tage. Aber seit den 70ern und 80ern des letzten Jahrhunderts kommt es mir vor, als ob neben den bekannten Cop vs. Thug-Filmen mit guten Partnern, flotten Sprüchen und harter Action noch ein Subgenre dazugekommen ist. Eines, das sich der Abbildung der Wirklichkeit im Rahmen eines Polizeithrillers verschrieben hat, und den Finger auf Missstände legen möchte, ohne dabei eine spannende Narration zu vergessen. Filme wie BRENNPUNKT BROOKYLN oder FORT APACHE zeigen eine unbedingte Realität, die mit edelmütigen Ganoven und schönen und halbseidenen Damen nichts mehr zu tun hat. Hier regiert ausschließlich der persönliche Vorteil, und der Spruch aus dem Film SONNE UND BETON, „Der Klügere tritt nach“, ist hier bittere Wahrheit, denn dieser Tritt kann das Überleben sichern. Ein DARK BLUE – DIE FARBE DER KORRUPTION ist bei aller Hollwood’schen Buddy-haftigkeit ein Blick in ein Los Angeles, in welches sich keiner von uns verwöhnten Mitteleuropäern jemals wünscht, ganz zu schweigen von der härteren Variante COLORS – FARBEN DER GEWALT. Der hat vor allem einen sehr ruhigen und manchmal fast langweilig zu nennenden Fortgang, und überzeugt erst während der Laufzeit durch die Darstellung von Elend und Slum, von Kriminalität und einem Leben im Schatten, das sich niemals und auf keinen Fall in die Sonne bewegen wird. Für keinen der Charaktere, gleich auf welcher Seite des Gesetzes.
TRAINING DAY schließt an diese Filme an. Wir begleiten den jungen Cop Jake Hoyt, der sich bei der Drogenfahndung beworben hat, beim ersten Tag an der Seite seines mutmaßlich neuen Chefs, Harris Alonzo. Bewährt er sich an diesem Tag, darf er raus aus dem Streifendienst und an die richtig großen Dinger ran. Ehrgeizig ist er ja, aber ist er auch hart genug? Alonzo ist kein normaler Cop, und schon gar kein normaler Detective. Fortwährend provoziert er Jack, fordert ihn heraus, trampelt auf der Psyche Jacks herum. Sein Auto ist sein Büro, und damit cruist er durch LA, nimmt Drogenkonsumente hops (was nichts anderes bedeutet, als dass er ihnen seine Knarre an den Kopf hält, laute Sprüche ablässt, deren Geld und Dope klaut, und ihnen das Versprechen abnimmt, dass sie sich hier nie wieder blicken lassen), verteilt mitunter beschlagnahmte Gaben milde an die Ärmsten, und trinkt einen mit dem Drogendealer Roger. Das klingt jetzt nicht wirklich spektakulär, aber Alonzo hat halt eine andere Auffassung von Polizeidienst: Er verbrüdert sich mit Gangs und mit Dealern und dringt so ganz tief in die Drogenstrukturen der Stadt ein. Zu tief? Jake richtet seine Pistole auf ein paar arme Dope-Käufer. Jake verprügelt zwei Vergewaltiger und wird Zeuge, was Alonso mit den beiden macht (er lässt sie nämlich laufen!). Er raucht Angeldust. Er trinkt morgens um 10 seinen ersten 300-Dollar-Whiskey. Und er erschießt einen unbewaffneten Mann. Nein, das tut er nicht, das macht Alonzo. Aber Jake soll dafür seinen Greenhorn-Kopf hinhalten.
Die Welt, in der Alonzo und Jake sich bewegen, ist gnadenlos. Jede Schwäche des Cops wird sofort und gnadenlos aufgedeckt und ausgenützt. Jake wird ermahnt, niemals seinen Ehering im Dienst zu tragen, weil der Pöbel damit einen Ansatzpunkt hat ihm seine Würde zu nehmen. In den Schmutz der Straße zu stoßen. Und vergnügt auf ihn einzuschlagen. Alonzo lässt so etwas nicht mit sich machen, Alonzo ist ein Wolf. Er heult wie ein Wolf, er kämpft wie ein Wolf, und er weigert sich ein Schaf zu sein, solange er ein Wolf sein kann. Ist Jake auch ein Wolf? Ist er hart genug?
Ich sehe schon, ich lande immer wieder bei Alonzo, denn der ist die eigentliche Hauptfigur des Films. Jake ist ein junger Cop, der in einen Hexenkessel voller Abschaum blickt, den er niemals verstehen oder gar bändigen wird. Aber Alonzo, der ist der Richtige für so etwas. Er ist der Größte, der Stärkste, der Macker, und selbst wenn am Ende eine Pistole auf ihn gerichtet ist und seine vorgeblichen Kumpels sich vereint gegen ihn wenden, selbst dann rotzt er dem Mob noch seine Verachtung entgegen. Denzel Washington gibt alles, und seine Persönlichkeit und seine Ausstrahlung beherrschen den Film in jeder Sekunde. Wie mag der Schauspieler sich auf diese Rolle vorbereitet haben? Acht Wochen Leben im Slum und jeden Tag persönlich einen Bandenkrieg vom Zaun brechen?
Der andere große Darsteller ist die Stadt Los Angeles. So viel Dreck, so viel Verkommenheit, und die Viertel, die am respektabelsten aussehen tun das nur, weil die von den Homies auch am schärfsten kontrolliert werden. Gemeinsam mit Jake reisen wir in diese unsichtbare Welt, nicht so künstlich aufgeblasen wie in 8MM, und schon gar nicht so comichaft und übertrieben wie in ZWEI STAHLHARTE PROFIS. Aus jedem Meter Zelluloid schreit uns hier das wirkliche Leben entgegen, zeigt sich die Realität einer Stadt, die längst von der Kriminalität beherrscht wird, und in der die Cops nur die Möglichkeit haben zurückzuschlagen (was dann in den Fällen, wo sie den Falschen erwischen und alternativ entsetzlich über die Stränge schlagen, von der Presse breit ausgeschlachtet wird), oder unterzugehen. Oder eben mitzumachen beim großen Business, und abzusahnen wo es nur geht. Dass Alonzo seine Finger im Geschäft drin hat ist klar, aber wie tief drin steckt der Mann wirklich? Die Gerüchte, dass es wohl offensichtlich am letzten Wochenende Stunk mit ein paar Russen gab, die jetzt seinen Kopf wollen, diese Geschichten werden nur bruchstückhaft erklärt, und ergeben erst nach und nach ein vollständiges Bild. Nie wissen wir mehr als Jake, und warum er jetzt in der Wohnung dieses Dealers sitzt, zuschauen muss wie der Mann eiskalt von den Cops ermordet wird, und er dafür die Verantwortung zu übernehmen hat, das erschließt sich weder Jake noch uns vollständig. Wir haben zwar das Gefühl(!) dass Alonzo Recht hat mit seiner Einstellung, aber dass sein Vorgehen irgendwie falsch wirkt spüren wir ebenfalls. Doch wirklich wissen geht anders.
Und halt immer wieder Denzel Washington. Alonzo. Er beherrscht den Film, er beherrscht die Stadt, er beherrscht sein kleines Team, und er wird auch Jake beherrschen. Und wenn Jake nicht mitmacht, oder wenn er zu schwach ist, dann wird Jake wieder Streife fahren. Oder im Knast landen. Oder tot sein.
TRAINING DAY ist ruhig erzählt und lässt seinen großartigen Schauspielern viel Raum zum Spielen. Umso brachialer bricht dann die Gewalt in die Ruhe ein, raubt uns und den Charakteren den Atem, lässt uns schaudern. Erzählt wie ein Film aus der klassischen Phase der Traum-Fabrik, mit einem entspannten Beginn und einer sich nur allmählich steigernden Intensität, ist das Ende dann überraschenderweise merkwürdig un-Hollywoodesk. Die Geschichte endet einfach irgendwie, und auch dies ist Realismus: Kein eleganter Kugelhagel Woo’schen Ausmaßes, keine Cop-Partner die aus ihren 80-schüssigen Riesenwummen alle Bösen der Stadt im Alleingang beseitigen, keine brennenden Viertel die im Breitwandformat unter randalierendem Gangster-Rappern zusammenbrechen, sondern stattdessen bittere und schmerzhafte Realität. Und ein großartiger Film!!
8/10