ACHTUNG! Folgende Abhandlung beinhaltet viele Mini-Spoiler. Zu viele um sie alle zu kennzeichnen, aber keine Sorge, große Plottwists werden nicht gespoilt.
„Django der Rächer“ gehört meiner Meinung nach zu den unterschätztesten Genrevertretern des Italowestern. Nicht, dass ihm keine Achtung entgegen gebracht wird, aber das gesamte Potential des Filmes scheinen nur wenige zu erkennen.
Die meisten Aspekte sind schlichtweg perfekt. Die Story, mag sie auch nicht die neueste sein, zieht einen kontinuierlichen Spannungsbogen und wartet stets mit neuen Twists und vormals unbekannten Charakteristikern der Hauptpersonen auf. Neros Django ist immer noch so seriös und pessimistisch wie das Original, weist aber schon ein wenig den Humor eines Polen/ Schweden auf. Kamera und Soundtrack sind ebenso perfekt wie Kostüme und Nebendarsteller.
Was den Film aber aus denen hervorhebt, die einfach nur „perfekt“ sind, ist dass Ferdinando Baldi hier einen Vergleich zwischen Amerikanischen und Italienischen Western anstellt. Dies macht er, indem er die erste Viertelstunde, die in Texas spielt, wie einen Ami-Western gestaltet, sobald wir dem Helden nach Mexiko folgen aber einen typisch italienischen Stil an den Tag legt. Die Bedeutung dieses Ortswechsels zeigt sich auch im Original- bzw. Englischen Titel „Texas, addio“/ „Texas, goodbye“.
Der gewichtigste Unterschied ist wohl die Gewalt, die in den italienischen Produktionen ja meist qualitativ und quantitativ die ihrer amerikanischen Vorgänger übertrifft. So haben wir es in Texas nur mit einem Toten zu tun. Und diesem gehen vier Minuten opferlose Schießerei voraus.
Vier Minuten pro Toten können wir uns in Mexiko nicht erlauben, hier beträgt der Bodycount nämlich 85 darunter Frauen, Greise und Unbewaffnete (ohne Gewähr, könnte mich verzählt haben
). Dementsprechend wird das Sterben und Töten als gar keine so große Sache mehr angesehen. Da gibt’s zum Beispiel diese schöne Szene, in der Django vier Leute in einer Bar niederschießt und die Bardame danach nichts Besseres zu tun hat, als den Tresen aufzuwischen. Als würde sie der Staub am Tresen mehr stören als die vier Leichen in ihrer Bar
. Wir finden auch mehrmals den beliebten Tabubruch Schützen und Erschossenen in der selben Einstellung zu zeigen, wogegen wir in Texas das in Amerika beliebte Getroffener-fällt-von-Felsen-runter haben.
Wie die Gewaltbereitschaft verändert sich auch der Held. Django ist ein texanischer Sheriff der noch an die Gerechtigkeit glaubt (wie putzig) wie ein richtiger Hollywood-Held. Wie wir wissen bevorzugten die Italiener (Gott schütze sie) einen viel cooleren Helden-Typus. Einen fremden Revolverhelden der fast schon mehr negative als positive Eigenschaften aufweist, um zu zeigen, dass in der harten Welt nicht der Gerechtere, sondern der Stärkere, Trickreichere überlebt. Was macht also Django? Er lässt seinen Stern in Texas und kommt als „Fremder“ nach Mexiko, wo er sich auch ziemlich unschön aufführt und seinen Colt hier und da auch mal gegen Unbewaffnete zieht.
Ein Unterschied zeigt sich auch im Score von Abril. Neben den Titelsong bekommen wir im Texas-Teil ein fröhliches kleines Thema, das stark an harmonische Ami-Western erinnert. In Mexiko kommt dieses Thema nicht mehr vor. Nein hier bekommen wir die traurig pathetische Instrumentalversion des Titelsongs, wie sie Morricone oder Bacalov nicht hätten besser komponieren können.
Dieses Spielchen kann man mit allen möglichen Aspekten des Filmes anstellen. Seien es der Schurke, die Nebencharaktere, die Kostüme (von Carlo Simi) oder die Grundstimmung. In Texas erinnert alles an einen Hollywood-Western wogegen in Mexiko eindeutig Spaghetti Territorium ist.
Dies bewirkt, dass der Film nicht nur einfach spannungsgeladen und unterhaltsam ist sondern auch sehr interessant für jeden Freund des Italowestern.
10/10