The Beast in Heat - Luigi Batzella (1977)
Verfasst: Fr 17. Dez 2010, 20:54
Originaltitel: La Bestia in calore
Herstellungsland: Italien / 1977
Regie: Luigi Batzella
Darsteller: Macha Magall, Gino Turini, Edilio Kim, Xiro Papas, Salvatore Baccaro, Giuseppe Castellano, Brad Harris, Benito Pacifico, Alfredo Rizzo, Brigitte Skay
LA BESTIA IN CALORE wirkt auf den ersten Blick wie ein Flickenteppich. Es scheint, als habe Regisseur Luigi Batzella, der der Welt mit NUDA PER SATANA wohl einen der konfusesten Filme aller Zeiten bescherte, auch hier alles relativ wahllos zusammengeworfen, was ihm gerade einfiel. Ein homogenes Ganzes entsteht jedenfalls nicht, wenn von Szene zu Szene teilweise gar das Genre wechselt, in dem der Film sich bewegt. Einerseits ist LA BESTIA IN CALORE natürlich ein weiterer Beitrag des besonders in Italien beliebten Nazi-Exploitation-Films, und bedient sich freimütig im Genre-Arsenal. Statt Ilsa irrt eine gewisse Dr. Kratsch durch das Geschehen, ihren sadistischen Helferinnen in lesbischer Liebe zugetan, und ihre männliche Gefangenen wahlweise manuell befriedigend oder kichernd kastrierend. Es gibt eine Reihe von Geschmacklosigkeiten, die zwar allesamt wenig eindrucksvoll inszeniert wurden, allerdings durch den Inhalt des Gezeigten den einen oder anderen durchaus schockieren könnten. Auch hier werfen Nazis aus reiner Freude Babys in die Luft und schießen sie vom Himmel wie Tontauben, und eine Frau darf nach der vollzogenen Vergewaltigung gerne auch mal mit einem Schuß in ihr Geschlechtsteil hingerichtet werden. So weit, so schlecht, allerdings versteht es Batzella, wenn er die Gräuel nicht der Phantasie seiner Zuschauer überlässt, sondern sie in klaren, eindeutigen Bildern zeigen will, jede noch so garstige Folter allein durch den Einsatz katastrophaler Spezialeffekte der Lächerlichkeit preiszugeben. Bestes Beispiel wäre wohl eine Szene, in der einer Frau angebliche Ratten auf eine offene Wunde gesetzt werden. Jedem Laie dürfte auffallen, dass die Nager nichts weiter sind als zufrieden mümmelnde Meerschweinchen, und auch das Kunstblut, das den nackten Bauch der Schönen ziert, hat nur äußerst entfernte Ähnlichkeit mit dem, was normalen Menschen durch die Adern rauscht. All das übertrifft indes Salvatore Baccaro in der Rolle seines Lebens, nämlich als titelgebendes erregtes Biest, eine Kreation Dr. Kratschs, die davon spricht, eine neue Herrenrasse erschaffen zu wollen, und es wohl als lohnenswert erachtet, dass diese aus Affenmenschen besteht, die sich vor allem durch die Kunst des Grunzens und Grimassenschneidens sowie durch eine übergroße Libido auszeichnen. Ich kann nur spekulieren, was Batzella sich dabei dachte, Salvatore dabei zu zeigen wie er regelmäßig Frauen in seinem Käfig zu Tode vergewaltigt, und seinen Opfern dabei gar die Schamhaare ausreißt und sie genüsslich verschlingt. Allein diese drei Szenen sichern LA BESTIA EN CALORE einen Platz in meinem Herzen. Schlicht unfassbar...
Wäre das alles, wäre es schon eine ganze Menge, allerdings kann man LA BESTIA EN CALORE auch als Paradebeispiel einer gewissen Mentalität heranziehen, die von Lenzi über D'Amato bis eben hin zu Batzella eine ganze Riege italienischer Filmemacher der 70er und 80er beseelte: wenn das Budget niedrig ist, stockt man den Film einfach mittels aus anderen Werken entlehnter Szenen zu einer akzeptablen Laufzeit auf. Batzella tut dies auf äußerst raffinierte Weise. Ganze Subplots in LA BESTIA EN CALORE stibitzte er kurzerhand aus einem früheren seiner Filme, nämlich dem Kriegsstreifen QUANDO SUONA LA CAMPANA. So erklärt es sich dann auch, dass LA BESTIA EN CALORE über keine Hauptfigur verfügt, dass der Film einen mehr als fragmentarischen Eindruck erweckt und relativ wahllos von Spionagegeschichten und Kriegsszenen hin zu dem Versuch eines Charakterdramas und den oben erwähnten Exploitation-Sequenzen hüpft. Sämtliche Szenen bspw., die Brad Harris als Priester im italienischen Hinterland zeigen, der mit seinem Glauben hadert, da er Tag für Tag mit den Schrecken konfrontiert ist, die die Nazis unter der Bevölkerung anrichten, wurden - das muss man Batzella zugestehen - relativ geschickt in das neu gedrehte Material eingefügt. Es ist schon erstaunlich, welche Mühe sich Batzella einerseits dabei machte, diese und weitere CAMPANA-Szenen in LA BESTIA EN CALORE unterzubringen, sodass einem, der den früheren Film nicht kennt, die Übergänge kaum auffallen mögen, dann allerdings auch reichlich bei einem offenbar etliche Jahre zuvor entstandenen Kriegsfilm plündert, und alle etwas kostspieligeren Szenen mit Panzern, Flugzeugen und Soldaten ungemein lieblos und stümperhaft integriert. Während der Laie wohl gar nicht bemerkt, dass Brad Harris nicht extra für dieses Werk engagiert wurde, sondern die Priesterrolle schon vier Jahre zuvor verkörperte, sticht es einem schmerzhaft ins Auge, wenn Batzellas italienische Freiheitskämpfer auf sich nähernde deutsche Truppen zielen, von denen jedes Kind allein anhand des Bildmaterials und der Machart erkennen würde, dass diese schon mindestens zehn Jahre zuvor gefilmt worden sind.
Erstaunlich fand ich zudem, dass Batzella sich dem Subplot, der von italienischen Partisanen und den mit ihnen verbündeten Dorfbewohnern handelt, die lieber in den Tod gehen und ihre eigenen Kinder opfern als ihr Land zu verraten, schon beinahe seriös nähert. Viele Dialoge und Charakterszenen, die im Grunde einzig und allein um patriotisches Gedankengut kreisen, und den Film stückweise beinahe schon wie ein Propagandawerk für den Widerstand wirken lassen, stehen völlig im Kontrast zu den comichaften Folterungen und der überzogenen, lachhaften Darstellung der Nazis. Besonders hervorstreichen muss ich zuletzt, dass der Film, wie gesagt, zwar in Italien angesiedelt ist, jedoch die Rolle, die das Land des Stiefels zu Weltkriegszeiten spielte, mit keiner Silbe erwähnt wird. In Batzellas Paralleluniversum scheinen die Deutschen invasorisch in Italien eingefallen zu sein. Einen italienischen Faschismus gab es in seiner Exploitation-Variante der Staatsgeschichte scheinbar nicht. Ein Film, der sprachlos macht.