Caligula 2 - The Untold Story (1982)
Verfasst: Mi 5. Jan 2011, 20:03
Originaltitel: Caligola: La storia mai raccontata
Herstellungsland: Italien 1982
Regie: Joe D'Amato
Darsteller: David Brandon, Laura Gemser, Luciano Bartoli, Charles Borromel, Fabiola Toledo, Sasha D'Arc, Joan McCoy Didi Franks, Giorgia Williams, Jessica Lopez, Patricia Queen, Donatella Down
Falls Joe D'Amato jemals ein wahres Epos des Schmuddelkinos schuf, dann ist es mit Sicherheit dieses Filmchen, das sich, wie schon der Titel zeigt, rein inhaltlich an Tinto Brass CALIGOLA anhängt, dabei allerdings mehr ist als ein bloßes Rip-off des Vorgängers, sondern D'Amato Gelegenheit bietet, seinem Publikum eindrucksvoll zu beweisen, wie sehr er die Regeln und Motive des italienischen Sandalenfilms verinnerlicherte, übersetzt er sie mit CALIGULA 2 doch, meiner Meinung nach, beeindruckend in den Kontext des reinen Exploitation-Films. D'Amato, so scheint es, hat sich eine Liste ersonnen, in die er all die Ingredienzien eintrug, die man gemeinhin in einem Sandalenfilmchen vorfindet, und die dann Zeile für Zeile abgehakt. Seine Caligula-Variante erzählt nämlich keine geschlossene, lineare Geschichte, sondern hangelt sich tatsächlich von einem Themenkomplex zum nächsten.
Alles beginnt mit einem jungen christlichen Liebespärchen, das Caligula mitsamt einiger seiner Schergen in einem Wäldchen überfällt. Der männliche Teil wird kurzerhand ermordet, damit der Imperator den weiblichen ungestört schänden und dann ebenfalls beiseite schaffen kann. Kurz darauf schwört Laura Gemser, ebenfalls Christin und enge Freundin der Getöteten, bei der Beisetzung der toten Liebenden, sich an Caligula für den Tod ihrer Freunde und Gebetsgeschwister fürchterlich zu rächen. Im Folgenden vergisst der Film diese Rachegeschichte und wendet sich zunächst mal Verschwörungen und Intrigen innerhalb der Senatorenriege zu, die daran arbeitet, den stetig größenwahnsinniger und unzurechnungsfähiger werdenden Kaiser zu stürzen. Erst später darf Laura wieder auftreten, nachdem sie, um an den kaiserlichen Hof zu gelangen, eine Ausbildung als Prostituierte absolvierte, und sich an Caligula heranmachen, der tatsächlich in heißer Liebe zu ihr entbrennt, nicht ahnend, dass er sich den Feind ins eigene Schlafgemach holt.
D'Amato hat keine Mühen, höchstens Kosten gescheut, seinem Publikum exakt das zu liefern, nach dem es verlangt - oder eben nicht, da bspw. der Beginn, eindeutig propagandistisch, d.h. pro-christlich gefärbt, mit einer wenig unterschwelligen, Gott zugewandten Predigt von Nächstenliebe und Toleranz, so oder so ähnlich tatsächlich auch in einem beliebigen, moralinsauren Hollywood-Monumentalfilm der 50er hätte vorkommen können, in einem Film dieser Machart indes einfach nur verwundert, und einmal mehr unterstreicht, dass die italienischen Exploitation-Filmer sich oftmals, offenbar ohne sich gesteigerte Gedanken darüber zu machen, einzelne Motive und Themen aus anderen Kontexten übernahmen und in Bereiche verpflanzten, wo sie dadurch, dass sie dort am allerwenigsten hinpassen, schlichtweg absurd wirken. Auch der nachfolgende Verschwörungs-Plot erweist sich nicht unbedingt als sonderlich innovativ und reiht im Grunde ein altbekanntes Klischee ans nächste, höchstens Freunde ausschweifender und trotzdem wenig aussagekräftiger Dialoge kommen dabei auf ihre Kosten. Dass CALIGULA 2 zum Ende hin zu einem reinen, kitschigen Liebesfilm wird, der mit Weichzeichnern und schmalizgen Dialogen nicht sparsam umgeht, betont nur, wie versessen D'Amato gewesen sein muss, in diesem Werk einfach alles unterzubringen, was er als verkaufsfördernd erachtete, weshalb CALIGULA 2 mehr wie eine Collage wirkt, deren Einzelteile aus rein kommerziellen Gesichtspunkten besteht. Von Segment zu Segment wechselt das Genre, die Stimmung, die Intention. Alberne Klamauk-Szenen, die zwar nicht zahlreich sind, dann, wenn sie auftreten, jedoch keine Zote unangetastet lassen, treffen auf endlose Dialoge der Senatoren, die darüber beratschlagen, wie sie Caligula vom Thron zerren könnten, was dem Werk wohl eine historische Dimension verpassen soll, die allein deshalb nicht erreicht wird, da es leere Phrasen sind, die die Verschwörer austauschen, ohne den leisesten Hinweis auf ihre politischen Ambitionen oder die genauen Gründe für den geplanten Umsturz (außer dem, dass Caligula eben von Tag zu Tag verrückter wird). Es überrascht dabei wenig, dass D'Amato sogar einige nahezu seriöse Charakterszenen abdrehte, in denen Caligula wohl eine menschlichere Komponente erhalten sollte, und von denen einige gar nicht mal so schlecht gelungen sind, wenn man nun nicht unbedingt Arthouse-Niveau erwartet.
Konzentriert werden die beiden zugkräftigsten Pferde Splatter und Hardcore(!)-Sex auf jeweils zwei größere Blöcke. Für die Fraktion, die ersterem zugeneigt ist, gibt es eine vergleichsweise derbe Sequenz, in der Caligula einigen Verschwörern lange Spieße in die Hinterteile einführen lässt bis diese am andern Ende der Körper wieder austreten. Die expliziten Sexszenen beschränken sich fast ausschließlich auf eine längere Orgie, der man ansieht, dass sie wohl erst nachträglich in den fertigen Film eingefügt wurde, bei der D'Amato allerdings keine Wünsche offen lässt: von normalen, wenig inspirierten Hetero-Softsexeskapaden führt der schmierige Weg über unansehnliche, wohlgenäherte, nackte Herren und ejauklierende Zwerge bis hin zu einer Dame, die in Großaufnahme einen Pferdepenis bearbeitet. Für den das alles noch nicht genug ist, hat D'Amato auch noch diverse Grausamkeiten gegenüber Kindern, einen germanischen Fürsten als Leibwächter Caligulas, wohl ein moderner Ursus oder Maciste, ein paar überstrapazierte, scheinbar surreal sein sollenden Traumszenen sowie einen blutigen Faustkampf im Gepäck, der vor einem betrunkenen und aufgeilten Publikum aufgeführt wird, und dessen Blutfontänen die Zuschauer comichaft bespritzen und trotzdem nicht beim Essen und Erbrechen stören. Danke, D'Amato!