Sklavenmarkt der weißen Mädchen - Joe D'Amato (1978)
Verfasst: Sa 26. Mär 2011, 19:48
von Onkel Joe
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Originaltitel: La via della prostituzione
Herstellungsland: Italien / 1978
Regie: Joe D'Amato
Darsteller: Laura Gemser, Ely Galleani, Gabriele Tinti, Venantino Venantini, Pierre Marfurt, Gota Gobert, Nicola D'Eramo, Anna Toffoli und Tom Felleghy.
Story: Die Journalistin Emanuelle wartet an einem Flughafen auf einen stadtbekannten Gangster, während sie mit ansehen muss, wie eine Frau im Rollstuhl geschlagen wird. Doch später trifft sie diese Frau wieder, jedoch diesmal nicht im Rollstuhl. Emanuelle stellt Nachforschungen über die Person an und gerät ohne es zu bemerken in die Fänge von Frauenhändlern.
Re: Sklavenmarkt der weißen Mädchen - Joe D'Amato (1978)
Verfasst: Fr 15. Okt 2021, 15:50
von buxtebrawler
„Journalisten – ein Beruf, für den ich absolut nichts übrighabe!“
Im Jahre 1978 verabschiedete sich der Italiener Joe D’Amato als Regisseur der „Black Emanuelle“-Sexploitation-Spielfilmreihe um einem damaligen breiten Publikum exotisch erscheinende rasende, reisende und ratternde Reporterin Emanuelle (Laura Gemser). D’Amato, der die Reihe ab dem zweiten Teil von seinem Vorgänger Bitto Albertini übernommen und mit seiner Handschrift als wenig zimperlicher Genre-Regisseur versehen hatte, hatte den dritten und fünften Beitrag der Reihe mit Horrorelementen angereichert (vermeintliche Snuff-Szenen, Kannibalismus) und den vierten mit sexualisierten Gewaltexzessen bisweilen schwer genießbar gestaltet, schaltete für seinen Abschied von Emanuelle diesbezüglich aber ein paar Gänge runter.
„In vieler Hinsicht sind Frauen wie eine ansteckende Krankheit!“
Emanuelle ist mit ihrer Freundin Susan Towers (Ely Galleani, „A Lizard in a Woman's Skin“) nach Nairobi gereist, wo sie versucht, für eine Reportage an ein Interview mit dem italienischen Straftäter Georgio Rivetti (Venantino Venantini, „Neun Gäste für den Tod“) zu gelangen, der sich dorthin zurückgezogen hat und eigentlich seine Ruhe haben möchte. Wenig überraschend haben sie keinen Erfolg und fahren zum Flughafen, wo sie, als Stewardessen verkleidet, Prinz Arausani (Pierre Marfurt, „Terror in Roma“) treffen wollen, der den Kontakt zu Rivetti vermitteln soll. Dort macht Emanuelle eine seltsame Beobachtung: Ein Mann (Gabriele Tinti, „Das wilde Auge“) schiebt eine junge Frau im Rollstuhl, lässt sich an einer Theke einen Koffer aushändigen und verlässt die Szenerie ohne die Frau, die nun von einem anderen Mann geschoben wird. Arausani arrangiert ein gemeinsames Treffen mit Rivetti. Das Quartett versteht sich gut miteinander, sodass man am nächsten Tag zu einer Safari aufbricht, wo Emanuelle sogar erfolgreich ein Geschäft zwischen Arausani und Rivetti vermitteln kann. Zurück in der Stadt erspäht Emanuelle erneut den Mann vom Flughafen und die junge Frau, die nun nicht mehr auf den Rollstuhl angewiesen scheint. Susan ermittelt, dass es sich beim Mann um Francis Harley handelt. Emanuelle reist nach New York, um ihren befreundeten Fotografen Jim Barnes (Bryan Rostron, „Ein Haufen verwegener Hunde“) zu treffen und ihn um Informationen zu Harley zu bitten. Barnes vermittelt sie an das Fotomodell Eva Trettel, die wiederum auf Ray Hamilton verweist, welcher sie schließlich mit einen Mädchenhändlerring in Berührung bringt. Dort trifft sie Harley tatsächlich wieder und beschließt kurzerhand, sich inkognito einzuschleusen. Man vermittelt sie nach San Diego…
Eine Fahrt durch Afrika, Bilder der Savanne – bereits in seinen ersten Bildern etabliert „Sklavenmarkt der weißen Mädchen“ sein Globetrotter-Sujet, das die gesamte Reihe auszeichnet. Als Emanuelles und Susans Auto eine Panne hat und in eine Werkstatt muss, gibt sich Susan dem Automechaniker körperlich hin, Laura masturbiert dazu und der Film hat seine ersten Softsexszenen. Weiter geht’s mit gleichgeschlechtlichen Liebeleien beider Damen unter der Dusche, bevor man sich auf die Safari begibt, wo Emanuelle und Laura es mit je einem der Männer treiben und nackt durch die Natur laufen. Der zumindest zum Teil originelle Schnitt kann leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass D’Amato seinen Film bis hierhin ebenso routiniert wie langweilig heruntergekurbelt hat, fast, als habe er keine große Lust mehr auf diese fünfte Fortsetzung und die Inszenierung der immer gleichen Schauwerte verspürt.
Nachdem der Prinz wieder abgereist ist, vergnügen sich Emanuelle, Laura und Rivetti noch mit einem Dreier, woraufhin sich der Film vom afrikanischen Kontinent verabschiedet. Beim Fotografen Barnes in New York platzt Emanuelle natürlich mitten in ein Erotik-Shooting. Mit nackter Haut geizt man wahrlich nicht, wenngleich die zig Verweise von einer kurzzeitig eingeführten und schnell wieder vergessenen Figur zur nächsten etwas ermüdend wirken und die Handlung Gefahr läuft, die Aufmerksamkeit ihres Publikums zu verlieren. Sobald sich Emanuelle aber in die bizarre konspirative Mädchenversteigerung eingeschlichen hat, gewinnt der Film an Unterhaltungswert, zumal er nun seinen pseudo-sozialkritischen Topos initiiert hat. Recht hübsch eingefangen hat D’Amato eine Sexszene in einem Fotolabor bei Rotlicht. In San Diego, wo Emanuelle nun selbst als Hostess antritt, muss sie vor Bordellbetreiberin Madame Claude (Gota Gobert, „KZ 09“) und ihrem Assistenten Stefan (Nicola D'Eramo, „Blutiger Schweiß“), einem tuntigen Transsexuellen, einen Eignungstest bestehen, indem sie einen Senator verwöhnt. Diesen besteht sie derart bravourös, dass Claude sogar selbst Hand an sich Hand legt. Stefan wird bei Emanuelles Anblick gar spontan bisexuell und treibt es mit ihr. Die völlige Überzeichnung, mit der diese Figur entworfen wurde, greift jedes Transsexuellen-Klischee auf und degradiert sie zu einer Art Comic-Relief – was jedoch später immerhin relativiert wird, wenn Stefan seine Kampfkunstfähigkeiten unter Beweis stellen darf.
Emanuelles investigativer Journalismus bei Madame Claude und Konsorten führt natürlich zur erwarteten Mischung aus weiteren entsprechend visualisierten Beobachtungen sexueller Aktivitäten und gefährlichen Situationen, die sogar Todesopfer fordern. Emanuelle spielt man einmal mehr übel mit, sie wird vergewaltigt und soll lobotomiert werden. Und natürlich wäre sie nicht Emanuelle, würde sie nicht ihren Körper und ihre Sexualität auch einsetzen, um brenzligen Situationen zu entkommen und letztlich ihre dunkle Haut einmal mehr zu retten. Man kennt das zur Genüge und schaut doch trotzdem auch diesmal wieder hin, denn Laura Gemser ist nach wie vor eine Augenweide. Die Sexploitation, in die ihre Rolle hier eingebettet wird, ist jedoch mittlerweile derart abgeschmackt, dass sie kaum noch wirkliche Überraschungsmomente hervorbringt. Der Wille, nicht ausschließlich ein männliches, weißes, heteronormatives Publikum mit anregenden Szenen zu unterhalten, ist erkennbar, die Filmfigur Emanuelle wirkt jedoch einmal mehr wie hin- und hergerissen zwischen der Verkörperung weltoffener, sexuell freizügiger, selbstbestimmter und selbstbewusster junger Frauen, die die Fesseln des Patriarchats durchschaut und abgestreift haben, und einer Projektionsfläche für diskussionswürdige Altherrenfantasien. Letztere werden ausgerechnet mit der finalen Pointe bedient, in der sich Emanuelle gegenüber einer ganzen Schiffsbesatzung bereitwillig prostituiert, um nach Los Angeles mitgenommen zu werden.
Bevor es zum Vollzug der „Zahlung“ kommt, wird jedoch abgeblendet, was das Konzept dieses Films, diesmal auf allzu krude Szenen, auf Gesplatter und Gekröse ebenso zu verzichten wie auf HC-Szenen und -Inserts, noch einmal unterstreicht. Schade nur, dass D’Amato den dadurch entstandenen Raum nicht in einem Maße mit sinnlicher Erotik wie noch im wirklich gut gelungenen zweiten Teil aufzufüllen verstand. Dafür darf Tinti, Gemsers Ehemann und Dauergast der „Black Emnuelle“-Reihe, diesmal einen Antagonisten verkörpern. Der kosmopolitische Ansatz der Reihe leidet dagegen ein wenig unter D’Amatos Drehort-Recycling. Der Soundtrack liefert ein paar Easy-Listening- und Disco-Nummern, die der eigentlichen Brisanz mancher Sequenz kaum gerecht werden – wie es strenggenommen das gesamte letzte Drittel inszenatorisch kaum tut. Irritierend rasch werden Totschlag, Missbrauch von Minderjährigen, Vergewaltigung und Todesangst denkbar undramatisch abgehandelt und von der Protagonistin ad acta gelegt, als sei all dies ihr täglich Brot. Was es wiederum gewissermaßen einige Filme lang ja auch tatsächlich war.
„Black Emanuelle VI: Sklavenmarkt der weißen Mädchen“ hat seine Momente, hat schöne Frauen, die eine oder andere geglückte Erotikszene und Gemsers Charisma, wirkt unterm Strich aber wie ein etwas müder Nachklapp. Jedenfalls tat es der Reihe gut, dass D’Amato den Staffelstab an Bruno Mattei übergab, der 1982 mit „Laura – Eine Frau geht durch die Hölle“ Emanuelle kurzerhand ins Gefängnis steckte…