Der Silberspeer der Shaolin - Sung Ting-Mei (1977)
Verfasst: Do 12. Mai 2011, 15:02
Kleine Hartbox aus der Eastern Collection von CMV (#8)
Der Silberspeer der Shaolin (Taiwan 1977, Originaltitel: Xue lian huan)
Schurkenschaschlik
Lung Fei Yung (Wang Yu) geniesst einen legendären Ruf, bewaffnet mit einem silbernen Speer, gilt der erfahrene Kämpfer als nahezu unbesiegbar. Dies ist auch der hinterlistigen Mei (Hu Chin) bekannt, sie bietet Lung Fei Yung eine stattliche Summe an, damit dieser drei gefährliche Auftragsmörder beseitigt. Die clevere Dame will damit ihren Widersacher Nan (Kon Tak Mun) schwächen, die Macht in der Provinz an sich reissen. Umgehend macht sich Lung an die Arbeit, tatsächlich gelingt es ihm die Killer auszuschalten. Doch nun soll der Tanz erst richtig in Fahrt kommen, den Nan denkt gar daran sich geschlagen zu geben. Er bringt einen alten Waffenkonstrukteur in seine Gewalt, zwingt ihn zum Bau des blutigen Rings, einer Waffe die ihrem Träger gewaltige Kampfkraft verleiht...
Wang Yu wurde durch seine Hauptrollen in Produktionen der Shaw Brothers zum Star. Doch auch nach dem Ende der Zusammenarbeit mit der bedeutsamen Filmschmiede, gelangen ihm noch einige sehr unterhaltsame Eastern. Meist sind diese Filme nicht so stilsicher und anmutig ausgeführt, wie der Fan es von Shaw-Streifen gewöhnt ist, dem Unterhaltungswert tut diese Tatsache jedoch (oft) keinen Abbruch. So macht auch "Der Silberspeer der Shaolin" jede Menge Freude, sorgt für einige herrlich groteske Momente.
Schon die Kämpfe gegen die drei Killer sind echte Knüller. Einer der Burschen lebt in einem See, entsprechend mutet die Geräuschkulisse fast wie in einem Film über U-Boote an. Damit nicht genug, denn der zweite Mörder lebt in einer Höhle, wirft mit gewaltigen Äxten um sich. Hier muss unser Held einstecken, geht aber letztlich als Sieger vom Feld. Die Verletzung nutzt man geschickt, um die liebliche Verwandtschaft vorzustellen, die im weiteren Verlauf eine nicht unerhebliche Rolle spielt (auf die ich wegen Spoilergefahr aber nicht näher eingehen werde). Der Kampf gegen den dritten Killer ist völlig durchgeknallt geraten. Der Bösewicht lebt auf einem Friedhof, umgeben von Skeletten und zahlreichen Giftschlangen. Wang Yu muss sich zunächst mit Knochenmännern plagen und Schlangengeschleim ertragen, bevor der Unhold endlich aus seiner Kiste springt. Nach diesem sehr schmackhaften Auftakt ist die Marschrichtung klar, die Stimmung ist tendenziell leicht finster, es kommt jedoch immer wieder zu überdrehten -manchmal nahezu irrsinnigen- Auswüchsen.
Wang Yu sehe ich immer wieder gern. Der Mann mag kein geschulter Material Arts Halbgott sein, aber das ist mir als Laie sowieso egal, denn die Kämpfe sind stets ansprechend in Szene gesetzt. Hier fuchtelt er souverän mit dem Speer herum, zur Not bekommen seine Gegner gepflegt was aufs Maul, Hauptsache sie liegen am Ende der Auseinandersetzung reglos auf dem Boden. Kon Tak Mun gefällt als machtgieriger Oberschurke, seiner von Hu Chin dargestellen Feindin springt ebenfalls die Boshaftigkeit aus dem Gesicht. Bevor ich mich nun mit den Namen der weiteren Mitwirkenden "verjongliere", weise ich der Einfachheit halber darauf hin, dass sämtliche Nebenrollen ansprechend besetzt wurden. Im Umfeld der beiden "Oberbösen" treibt sich intrigantes Gesindel rum, welches (mehr oder weniger geschickt) die eigenen Interessen verfolgt.
Sicher mutet "Der Silberspeer der Shaolin" zum Teil recht obskur an, der heutigen Sprachmode folgend würde man vermutlich "trashig" sagen. Doch wer sich für Eastern erwärmen kann, sollte diesem sehr unterhaltsamen Streifen auf jeden Fall eine Chance geben. Der Flick bietet alle Zutaten an, die man von einem entsprechenden Genrebeitrag erwartet: Den unbeugsamen und zielstrebigen Helden, verschlagene Finsterlinge, hübsche Damen, jede Menge anonyme Metzelmasse. Obendrauf gibt es schöne Kulissen, die Augen des Zuschauers werden sogar mit einer Schneelandschaft verwöhnt. Die Kämpfe machen Spass, geizen dabei nicht mit diversen Übertreibungen, schreit also bitte nicht nach "Realismus". Wo so mancher Film dieser Gangart über eine schwache (bis nicht vorhandene) Story stolpert, gibt sich "Der Silberspeer der Shaolin" selbst in dieser Disziplin keine Blöße. Im Gegenteil, der Plot kann mit kleinen Wendungen punkten, die überzeugend in die Erzählung eingebettet wurden, Rache und Familiendrama poltern zusätzlich durch das rasante Finale. Übrigens weckt der blutige Ring wohlige Erinnerungen an die fliegende Guillotine, eine gewisse Nähe ist nicht von der Hand zu weisen. Sehr knuffig: Der blutige Ring "weiss" immer genau welche Ziele er zerschneiden soll, den Besitzer freut es. Die Musik soll nicht unerwähnt bleiben, sie setzt sich auf angenehme Art in den Gehörgängen fest.
Dank der DVD aus dem Hause CMV, kann man "Der Silberspeer der Shaolin" in angemessener Qualität geniessen. Für Zeilenzähler und Qualitätsfetischisten ist die Scheibe sicher nicht geeignet, mir hat das "nostalgische" Bild allerdings gut gefallen. Leider sind wenige Szenen leicht gekürzt, doch immerhin findet man diese Einstellungen im Bonusmaterial. Keine Angst, der Film funktioniert in der vorliegenden Version sehr gut. Für Einsteiger mag dieser Streifen nicht erste Wahl sein, doch der geneigte Fan darf sich auf gute und sympathische Unterhaltung freuen, knapp 85 kurzweilige Minuten vergehen wie im Fluge.
Gut = 7/10 (An dieser Stelle sei mir erneut der Hinweis auf diverse Wohlfühl- und Knuffigkeitspunkte erlaubt, die man als Fan hinzurechnen darf!)
Lieblingszitat:
"Ich töte nicht zum Spass. Es muss sein!"