Die Fortsetzung der "Mega-Derrick-Sause"
Derrick Collectors Box 10 (Folge 136-150)
Folge 137 - Naujocks trauriges Ende (Deutschland 1986)
Der Knall nach dem Bums
Alfred Naujocks wird unmittelbar nach dem Verlassen eines Gebäudes erschossen, der Täter entkommt unerkannt in der Nacht. Offensichtlich nutzte das Opfer die Wohnung eines Bekannten als Liebesnest, Naujocks weibliche Begleitung ergriff nach den Schüssen auf ihren Lover die Flucht, ihre Identität bleibt zunächst ungeklärt. Schnell ist der tatsächliche Wohnungseigentümer Bertram Tass (Karl-Heinz Vosgerau) ermittelt, welcher ohne Umschweife entsprechende Vermutungen bestätigt. Auch Tass sucht die Räumlichkeiten nur zwecks eindringlicher Unterhaltungen mit jungen Damen auf, er wohnt mit seinen Stiefkindern Walter (Sascha Hehn) und Martina (Sissy Höfferer) unter einem Dach. Ferner lebt die kränkliche Großmutter der Geschwister im Haus, Frau Anders (Susi Nicoletti) und Walter sind Bertram Tass nicht sonderlich zugetan, Martina jedoch umso mehr. Derrick und Klein überbringen der Witwe des Getöteten die traurige Nachricht. Für Else Naujocks (Louise Martini) waren die Seitensprünge ihres Gatten kein Geheimnis, sie reagiert mit einer Mischung aus Bitterkeit, Zorn und unterschwelliger Hysterie auf die Todesmitteilung. Immerhin spielt ein glücklicher Zufall den Ermittlern in die Hände, ein Portraitmaler (Balduin Baas) fuhr kurz vor dem Mord mit dem späteren Opfer und dessen Begleiterim im Aufzug, er kann eine sehr genaue Zeichung der jungen Dame abliefern. Frau Naujocks erkennt das Mädchen sofort, auf dem Bild ist Anita Schuler (Bettina Redlich) zu sehen, interessanterweise die Tochter von Naujocks Chauffeur (Friedrich Georg Beckhaus) ...
Wie üblich liefern die Damen und Herren vor der Kamera solide Leistungen ab. Das Drehbuch gewährt einzelnen Figuren jedoch
(zu) wenig Raum zur Entfaltung, so bleiben die Charaktere überwiegend schablonenartig und lassen mich eher unberührt zurück. Louise Martini gelingt es dieses Strickmuster zumindest im Ansatz aufzubrechen, in kleineren Nebenrollen gefallen Balduin Bass und der gewohnt urige Dirk Dautzenberg als schrulliger Hausangestellter. Karl-Heinz Vosgerau, Sascha Hehn und Sissy Höfferer werden kaum gefordert, Bettina Redlich darf sich in der Disziplin
"Nachwuchszicke mit Nervensägenpotential" üben. In dieser vorherrschenden Mittelprächtigkeit lastet mehr Verantwortung auf den Helden der Reihe, Horst Tappert und Fritz Wepper tragen diese Last mit gewohnter Klasse und Cleverness, Dauersklave Berger (Willy Schäfer) ist für seine Verhältnisse ein wenig häufiger zu sehen.
Autor Herbert Reinecker hat viele unterhaltsame Geschichten erdacht,
"Naujocks trauriges Ende" bleibt weit hinter seinen Bestleistungen zurück. Nicht nur die Mehrheit der relevanten Charaktere bleibt flach, auch deren Beziehungen zueinander wirken mühsam konstruiert, nahezu seltsam krampfig. Regisseur Alfred Vohrer fehlt in der späten Phase seiner Karriere der Biss, die herrliche Flapsigkeit seiner Arbeiten aus den sechziger und siebziger Jahren. Leider verstarb Vohrer Anfang Februar 1986, wir haben es hier also mit einer seiner letzten Inszenierungen zu tun
(1985 produziert, im Januar 1986 erstmalig ausgestrahlt). Eberhard Schoener sorgt für ansprechende Musikuntermalung, sein Beitrag gehört zu den Stärken dieser Episode. Stephan Derrick und Harry Klein erbringen seit 1974 nicht nur die nötigen Beweise um zahlreiche Straftäter zu überführen, darüber hinaus sind Horst Tappert und Fritz Wepper unantastbare Institutionen, bei Bedarf verhelfen sie schwächelnden Drehbüchern durch ihre schiere Präzenz zum angenehmen Unterhaltungswert. Kein Höhepunkt der deutschen Fernsehgeschichte, für den Fan dennoch Befriedigung der Sucht.
6/10 (obere Mittelklasse)