Die Fortsetzung der "Mega-Derrick-Sause"
Derrick Collectors Box 10 (Folge 136-150)
Folge 145 - Schonzeit für Mörder? (Deutschland 1986)
Trümmerfeld des toten Tyrannen
Dr. Arnold Bothe wird schwerverletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Zufälligerweise befindet sich Derrick dort gerade zu einer Untersuchung, Stephan plagt die Wirbelsäule. Flugs eilt er zum Sterbenden, kann jedoch lediglich einen Blick in dessen aufgerissene Augen werfen. Bei ihren Ermittlungen treffen Stephan und Harry auf ein merkwürdiges Familiengefüge und die schrullige Haushälterin des Opfers. Offenbar waren alle nahe Verwandten von Dr. Bothe abhängig, der seine Überlegenheit gern und rücksichtslos auslebte. Verdächtig vor allem die junge Ehefrau des Getöteten und dessen Sohn, Helene Bothe (Lena Stolze) und Eberhard Bothe (Christoph Waltz) haben seit einiger Zeit ein Verhältnis ...
Lena Stolze überzeugt mit ihrer Darstellung der zerbrechlichen Witwe, Christoph Waltz mutet zunehmend psychotisch an, überspannt den Bogen jedoch nicht, so gerät Eberhard Bothe nicht zur Karikatur. Horst Bollmann gibt den Bruder des Toten nicht minder überzeugend, lässt sich ausführlich über die Stärke seines Herren aus, suhlt sich in eigener Schwäche. Sein Sohn wird von Volker Lechtenbrink zum Besten gegeben, Ralf Bothe ist ein mittelprächtiger Pianist, neigt zu philoposhischen Anwandlungen mit zynischer Schlagseite. Lechtenbrinks Vorstellung lässt mich nicht los, ist seine Darbietung großartig oder dilettantisch? Ab und zu taucht Hilde Volk als überforderte Haushälterin auf, versteckt sich hinter ihrem kratzbürstigen Schutzwall. Zu Beginn hat Horst Naumann herrliche Szenen mit Horst Tappert. Unser Stephan lässt sich nur widerwillig untersuchen, zeigt sich als ungeduldiger Patient, bewahrt dennoch die Contenance, unverschämter Stumpfsinn ist bekanntlich nicht seine Sache.
Was macht die Herrschaft eines unangreifbaren Familienoberhaupts mit seinen Schäfchen? Sie suchen sich Nischen zur Flucht, geben sich mit der eigenen Mittelprächtigkeit zufrieden, wagen es nicht aufzubegehren. Schlimmer noch, sie werden eventuell zu unkontrollierten Angstbeißern, vielleicht nur für einen kurzen Moment, fraglos mit fatalen Folgen. Nicht immer ist der Tod das Ende, auch nach seinem gewaltsamen Ableben wirkt die Kraft des Toten, treibt einen seiner Schützlinge in den Wahn. Ja, es ist eine oft gedroschene Phrase, aber einmal mehr ist Blut ist dicker als Wasser, bitter und gnadenlos schlägt das Finale zu. Kein Befreiungsschlag möglich, zu mächtig hängt der Schatten des Alleinherrschers über allen Angehörigen. Kurz blickt die Kamera in die Augen des Opfers, Derrick und den Zuschauer lässt dieser Blick nicht los. Was ist dort zu sehen? Finale Erkenntnis des Schreckens? Klarheit den Bogen überspannt zu haben? Tobender Höllensog? Eberhard Schoener unterlegt die Geschehen mit stimmungsvoller Klangmalerei, hier und da scheint eine Nähe zu Angelo Badalamenti zu bestehen.
7/10 (gut)